Werner Bräunig
Rummelplatz
Roman
Mit einem Vorwort von Christa Wolf
Herausgegeben von Angela Drescher
ISBN 978-3-8412-0422-6
Aufbau Digital, veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, Dezember 2011
© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin Die Originalausgabe
erschien 2007 bei Aufbau, einer Marke der Aufbau Verlag GmbH & Co. KG
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlages zulässig. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z.B. über das Internet.
Umschlaggestaltung capa, Anke Fesel unter Verwendung eines Fotos
von Andreas Trogisch / bobsairport
E-Book Konvertierung: le-tex publishing services GmbH,
www.le-tex.de
www.aufbau-verlag.de
Vorwort
I. Teil
I. Kapitel
II. Kapitel
III. Kapitel
IV. Kapitel
II. Teil Die Freiheit der Gefangenen
V. Kapitel
VI. Kapitel
VII. Kapitel
VIII. Kapitel
IX. Kapitel
X. Kapitel
XI. Kapitel
XII. Kapitel
XIII. Kapitel
XIV. Kapitel
XV. Kapitel
III. Teil Nänie auf den Tod eines Arbeiters
XVI. Kapitel
XVII. Kapitel
XVIII. Kapitel
XIX. Kapitel
XX. Kapitel
Anhang
»Aber die Träume, die haben doch Namen«
Textvarianten
I Aus der letzten Fassung
1 [Ruth Fischer]
2 [Christian Kleinschmidt]
II Szenenskizze und eine frühe Fassung
1 [Der Präsident]
2 [Die Mutter]
Anmerkungen
Lebensdaten Werner Bräunigs
Editorische Notiz
Danksagung
|5|Christa Wolf
Wenn ich dieses Manuskript lese – denn ich habe es gelesen, ehe es ein Buch wurde –‚ steigt eine Fülle von Erinnerungen in mir auf. Es war das Jahr 1965. Ich sehe einen Versammlungsraum, in dem von »oberster Stelle« der Vorabdruck eines Kapitels aus diesem Manuskript scharf kritisiert wurde – eine Kritik, die, trotz Widerspruchs einiger Kollegen von Werner Bräunig, wenig später vor dem wichtigsten Gremium der Partei wiederholt wurde und, wie ich glaube, den Autor entmutigt hat, diesen Roman weiter, zu Ende zu schreiben. Er bestritt das, er wollte mit seiner Prosa »teilhaben an der Veränderung der Welt«, und er sah, nach einem schwierigen, wechselvollen Lebenslauf, in der DDR, die ihm den Weg zum Schriftsteller ermöglichte, die Voraussetzungen für diese Veränderung, wie viele unserer Generation, zu der er, etwas jünger, noch gehörte. Eben darum konnte die Kritik, die sein Manuskript als mißlungen, sogar als schädlich bezeichnete, ihn so tief treffen. Er hat in sich keinen Widerstand dagegen aufbauen können. Er hat sich nur noch an Erzählungen gewagt. Einen zweiten Romanversuch hat er früh abgebrochen.
Von diesem hier aber, der von Anfang an in der Öffentlichkeit »Rummelplatz« hieß, fand sich ein umfangreiches Konvolut im Nachlaß von Bräunig, der mit zweiundvierzig Jahren starb, an der Krankheit Alkohol. Mit wachsendem Erstaunen, bewegt las ich diese wirklichkeitsgesättigte Prosa. Die Schauplätze, die Arbeitsvorgänge, die er in erstaunlicher und wohl beispielloser Genauigkeit beschreibt, kannte ich nicht, aber mir war beim Lesen, als würde Bekanntes in mir wieder wachgerufen: die Atmosphäre jener Zeit. Der Lebensstoff, den wir als aufregend, neu, herausfordernd erlebten und dem wir mit unseren Büchern gerecht werden wollten, |6|scheinbar in Übereinstimmung mit den Aufrufen der Partei – der Bräunig angehörte –, bis viele Autoren zu nahe, zu realistisch, vor allem kritisch an diesen Stoff herangingen und erfahren mußten: So war es nicht gemeint. Ein Buch wie dieses von Werner Bräunig hätte, wenn es nur erschienen wäre, Aufsehen erregt, es wäre in mancher Hinsicht als beispiellos empfunden worden. Noch einmal fühle ich nachträglich den Verlust, die Leerstelle, die dieses Nicht-Erscheinen gelassen hat.
Kann es heute noch wirken, nach vierzig Jahren? Nicht auf dieselbe Weise natürlich, wie es damals gewirkt hätte. Aber auch nicht nur als ein historisches Relikt, als ein Archiv-Fund. Dazu ist der Text zu lebendig und, wie ich glaube, auch zu spannend. Mag sein, daß ehemalige Bürger der DDR ihn anders, beteiligter lesen als Westdeutsche. Die aber, vorausgesetzt, sie interessieren sich dafür, wie wir gelebt haben, finden in diesem Buch wie in wenigen anderen ein Zeugnis eben dieser Lebensverhältnisse, der Denkweise von Personen, ihrer Hoffnungen und der Ziele ihrer oft übermäßigen Anstrengungen. Und vielleicht auch die Möglichkeit, dafür Verständnis und Anteilnahme aufzubringen.
Januar 2007