Das große Buch von den kleinen Wikingern
Neuausgabe der Edition SEEBÄR-Musik Stephen Janetzko als eBook
© 2018 Rolf Krenzer und Verlag Stephen Janetzko, http://www.kinderliederhits.de
Alle Rechte vorbehalten
Einband und Illustrationen: Mathias Weber
eISBN 978-3-941923-02-7
Die in diesem Buch enthaltenen Lieder von Martin Göth und einige der Geschichten, gelesen von Rolf Krenzer, gibt es auch auf der CD »Lieder und Geschichten von den kleinen Wikingern«, erschienen bei Edition SEEBÄR-Musik Stephen Janetzko, ISBN 978-3-941923-02-7, erhältlich z.B. über www.kinderlieder-und-mehr.de oder als Download.
In gleicher Ausstattung sind von Rolf Krenzer als eBook erschienen:
– Das große Buch von den kleinen Indianern, ISBN 978-3-941923-00-3
– Das große Buch von den kleinen Rittern, ISBN 978-3-941923-01-0
– Das große Buch von den kleinen Wikingern, ISBN 978-3-941923-02-7
– Das große Buch von den kleinen Römern, ISBN 978-3-941923-03-4
– Das große Buch von den kleinen Ägyptern, ISBN 978-3-941923-04-1
Alle Titel der Reihe sind auch als CD erschienen, erhältlich z.B. über www.kinderlieder-und-mehr.de oder als Download:
– Lieder und Geschichten von den kleinen Indianern, ISBN 978-3-932455-81-0
– Lieder und Geschichten von den kleinen Rittern, ISBN 978-3-940918-89-5
– Lieder und Geschichten von den kleinen Wikingern, ISBN 978-3-940918-94-9
– Lieder und Geschichten von den kleinen Römern
– Lieder und Geschichten von den kleinen Ägyptern
Rolf Krenzer
Das große Buch von den kleinen Wikingern
Mit Bildern von Mathias Weber
und Liedern von Martin Göth
Olli soll Wasser holen
Ein Tag auf dem Eis
Lied vom langen Winter (Lied)
Spielen wie die Wikinger-Kinder
Auf Skiern
Wintersonnenwende (Lied)
Auf einmal waren die Wölfe da
Mit dem Schlitten unterwegs
Skalden zu Besuch
Dichten und reimen mit den Wikingern
Für den König ein Lied
Ein König baute ein großes Schiff (Lied)
Jeder kann beim Schiffsbau helfen
Runensteine mit Zeichen und Runen
Von Sigurd, dem Drachentöter
Ohne Handwerker geht es nicht
Wer hilft mit, das Schiff zu bauen? (Lied)
Wer darf mit zum Fischfang fahren?
Mein Boot
Ein blinder Passagier
Seekrank
Wie soll das Schiff heißen?
Ein Festessen wird vorbereitet
Kochen und essen wie die Wikinger
Das große Fest auf Olafs Hof
Olaf und sein pfiffiger Hund (Lied)
Gut gerüstet
Ein Wikinger braucht Waffen und Kleider
Ballade vom Wikinger Hardeknud (Lied)
Was kleine Wikinger anziehen und brauchen
Setzt die Segel (Lied)
Morgen geht es an Bord
Mit dem Schiff übers Meer
Das Ruderlied (Lied)
Der Sturm ist vorbei
Hilfe, die Wikinger kommen!
Leif ist gekommen!
Das Wikinger-Liebeslied (Lied)
Die Heimkehr
Der letzte Abend
Siedeln in einem fernen Land
Mittsommernacht (Lied)
Ollis Geschenk
Zu den Geschichten dieses Buches
»Thorolf!«
Olli stieß den großen Bruder leise an. »Wach auf!«, flüsterte er, um die Geschwister, Cousins und Cousinen nicht zu wecken. Er hatte bereits lange wach gelegen und darauf gewartet, dass endlich der Tag begann. Die lange Winternacht musste doch nun bald zu Ende sein. Immer dauerte es fast bis Mittag, ehe es endlich richtig hell war.
Jetzt saß Olli in seinem Kittel mit der Kapuze bereits fertig angezogen neben Thorolf auf dessen Schlafbank. Sogar die kleinen Fellstiefel hatte er schon an den Füßen.
Thorolf öffnete verschlafen die Augen. Zu beiden Seiten des Hauses standen an den Innenwänden entlang niedrige Holzbänke, die mit Erde gefüllt waren. Auf den Bänken lagen dicke schwere Wolldecken und Felle, und darauf schliefen seine jüngeren Geschwister und die Verwandten und Kinder, die zur Sippe gehörten. Hier standen auch die Schlafbänke für die Mägde und Knechte, für die Sklavinnen und Sklaven.
Die Mutter war längst aufgestanden und rührte bereits in dem großen Topf mit der Gerstengrütze, der an einem kräftigen Haken über dem Herd mit dem Feuer hing.
Die Mägde hatten die Gerstenkörner gestern Abend in der steinernen Handmühle gemahlen. Das war Tag für Tag eine mühselige Arbeit.
Jetzt arbeiteten sie bereits leise im Haus. Als auf einmal das offene Feuer aufloderte, wurde es auch im Haus heller. »Was ist, Olli?«, brummte Thorolf verschlafen und setzte sich auf. »Warum weckst du mich?«
Olli schwieg. Dann schob er seinen Mund ganz dicht an Thorolfs Ohr.
»Ich sollte gestern Abend eigentlich das Wasser holen!«, sagt er so leise, dass Thorolf ihn kaum verstehen konnte.
»Na, und?« Thorolf gähnte und rieb sich die Augen.
»Mutter schimpft, wenn das Wasser nicht da ist! Sie braucht es doch!«
»Dann holst du eben jetzt das Wasser!«
»Es ist aber noch so dunkel!« Olli schlotterte vor Angst. »Und kalt ist es auch!« Er legte beide Arme um seinen großen Bruder und drückte sich ganz fest an ihn.
»Ich habe Angst!«, sagte er so leise, dass Thorolf ihn gerade noch verstehen konnte.
»Und warum bist du gestern Abend nicht gegangen?«, fragte er.
»Da hatte ich auch schon Angst!«
Sonst holten die Mägde oder die Sklavinnen das Wasser. Aber Mutter wollte immer, dass ihre Jungen auch mit anpackten. Deshalb hatte sie diesmal Olli zum Wasser holen geschickt.
»Hast du überhaupt schon einmal Wasser geholt?«, fragte Thorolf und tastete mit den Füßen nach seinen Schuhen, die irgendwo auf der platt gestampften Erde stehen mussten.
Olli schüttelte den Kopf.
»Noch nie!«, sagte er.
»Und wo willst du es holen?«, fragte Thorolf.
»An unserem Loch am Bach!«, antwortete Olli ernst.
»Aha!« Der große Bruder musste heimlich grinsen. Dann zog er seinen warmen Wollkittel und die Fäustlinge über.
»Komm!« Er nickte Olli zu, holte zwei Ledereimer und drückte einen davon dem Kleinen in die Hand.
»Ich geh mit Olli Wasser holen!«, sagte er, als sie an der Mutter vorbeikamen.
»Er muss aber auch seine Handschuhe anziehen!«, sagte sie nur und blickte kurz von ihrer Arbeit auf. »Es ist noch bitterkalt draußen!«
»Klar!« Thorolf nickte.
»Wo gehen wir hin?«, fragte er Olli, als sie dann vor dem Haus standen.
Olli deutete auf das Tor. »Zum Bach!«
Mutter hatte Recht. Es war wirklich bitterkalt. Gut, dass sie die Handschuhe angezogen hatten!
»Dann geh mal vor!«, rief Thorolf und ließ den Bruder vor.
Tapfer und mutig stapfte Olli durch den Schnee, der von vielen Füßen festgetreten war. Den Weg hatten diesen Winter schon viele genommen.
»Aber wo ist denn der Bach?«, fragte Thorolf nach einer Weile und blieb stehen.
Olli blickte sich nach allen Seiten um. Es war so hell geworden, dass er gut sehen konnte. Die herrliche Schlitterbahn, die hohen Schneewälle am Hang und ein Stück Himmel mit immer noch leuchtenden Sternen. Ein klarer, kalter Wintermorgen.
»Wo ist denn der Bach?«, lachte Thorolf. Olli zuckte mit der Schulter.
»Er ist fort!«, sagte er schließlich.
»Du stehst drauf!«, prustete Thorolf los.
»Hör mal!«, flüsterte er und legte den Finger auf den Mund.
Olli hielt den Atem an und lauschte.
Dann hörte er ein ganz leises Gluckern. So leise, dass er es kaum wahrnehmen konnte.
Und dann verstand er es plötzlich.
»Unter mir!«, sagte er langsam. »Unser Bach ist zugefroren ...«
Thorolf nickte.
»Eine dicke Eisschicht ist darüber«, erklärte er, »so dick, dass wir hier eine neue Schlitterbahn haben.«
»Aber wir brauchen doch Wasser!«, sagte Olli und sah sich nach einem Beil oder einem scharfen Stein um, mit dem man das Eis vielleicht ein wenig aufhacken konnte, um an das fließende Wasser zu gelangen.
»Komm!«, lachte Thorolf wieder. »Wir holen einfach zwei Eimer Schnee!«
Schon begann er, mit seinen Händen den einen Eimer zu füllen. Da packte auch Olli zu.
»Danke!«, sagte die Mutter, als sie später die vollen Schnee-Eimer hereinbrachten. Dann reichte sie den beiden eine kleine Holzschüssel, die bis zum Rand mit köstlich duftender Grütze gefüllt war.
Da setzte sich Olli auf einen Hocker neben den Schnee-Eimer und schaute versonnen zu, wie der Schnee langsam zu Wasser zerschmolz.