1 In DIE ZEIT, 27. Juli 2006, S. 60
2 In Süddeutsche Zeitung, 22. Juli 2006 o.S.
3 The New York Times, Articles selected for Süddeutsche Zeitung, 29.8.2005, S. 1
4 Vgl. W. Schmidbauer, Helfen als Beruf. Die Ware Nächstenliebe, Reinbek 1983
5 S. Freud in einem Brief an J. Dwossis, 15.12.1930, zit. n. P. Gay, Freud, Frankfurt 1989, S. 14
6 S. Freud, Selbstdarstellung, in: GW 14, S. 34
7 Freud begeht hier eine Fehlleistung: Hasdrubal war der Bruder Hannibals; den Schwur leistete Hannibal seinem Vater Hamilkar. In der Tat hatte Freud in seinen Halbbrüdern »Väter« im Alter seiner Mutter, die in England erfolgreiche Geschäfte machten und von denen sein Vater später unterstützt wurde.
8 S. Freud, Die Traumdeutung, in: GW 2/3, S. 199
9 Clark, R.W., Sigmund Freud, Frankfurt 1981, S. 30
10 Wie Han Israels, Der Fall Freud. Die Geburt der Psychoanalyse aus der Lüge. Hamburg 1999
11 In: Clark, a.a.O., S. 364
12 In: Gay, Peter, Freud. A Life for our Time, London 1988, S. 262
13 Goethe, Faust I, 2178 (Artemis-Ausgabe)
14 Zitate frei zusammengesetzt nach den Quellen laut Briefwechsel Freud-Jung, ed. McGuire u. Sauerländer 1974, S. 323 f.
15 Briefwechsel, S. 325
16 Nietzsche, F., Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, Leipzig (Reclam) o.Jz. Das zitierte Vorwort wurde 1886 verfasst. S. 12 der Reclam-Ausgabe ed. Kurt Hildebrandt
17 In diesem Klammersatz steht die Kritik noch als Selbstkritik, die Jung später grob gegen Freud richten wird.
18 Nietzsche 1886, S. 13. Der »Resignationismus«, den Nietzsche hier verurteilt, betrifft die Positionen Schopenhauers.
19 »Meine… alten und dreckigen Götter«. Aus Sigmund Freuds Sammlung, ed. Lydia Marinelli, Frankfurt 1998
20 Jung 1909, zit. n. Ges.W. Bd.4, S. 320
21 Freud an Jung, 12.11.1911, Briefwechsel, S. 507 f.
22 Jung an Freud, 14.11.1911
23 Jung an Freud, 8.6.1912; Freud an Jung, 13.6.1912
24 Freud, am 29.11.1912
25 »Bis zum Anschein des Todes aus freiem Willen«, Satz aus Apuleius, Der goldene Esel, XI, 21. Dort wird die Initiation in die Isismysterien beschrieben, zu der ein Ritual von Tod und Wiedergeburt gehört. Jung möchte auch durch dieses Zitat den widerspenstigen Freud in seine Mysterien einweihen; der Nachweis der Neurose erfüllt dann eine ähnliche Funktion wie der Nachweis von Sündhaftigkeit und Erlösungsmangel, mit dem jeder Prozess einer Bekehrung eingeleitet wird.
26 Alle Zitate aus Jungs Brief vom 3.12.1912, Briefwechsel S. 583
27 Zu Einzelheiten der Auseinandersetzung in dem Briefwechsel Freud/Jung siehe auch W. Schmidbauer, Der Mensch Sigmund Freud, Stuttgart 2005, S. 64 f.
28 Der Briefwechsel Freud/Jung wurde 1974 von William McGuire und Wolfgang Sauerländer im Fischer-Verlag publiziert. Die zitierten Briefe finden sich auf S. 593 ff.
29 Jung greift diese Szene in einem Brief vom 3.12.1912 auf, in dem sich seine Trennung von Freud ankündigt, s. Briefwechsel a.a.O., S. 584 und Jung, Erinnerungen, S. 162. An anderer Stelle nennt er diese Szene »die wichtigste in meiner Beziehung mit Freud«. (Briefwechsel, Fußnote, S. 584)
30 Täglich ging die wunderschöne
Sultanstochter auf und nieder
Um die Abendzeit am Springbrunn,
Wo die weißen Wasser plätschern.
Täglich stand der junge Sklave
Um die Abendzeit am Springbrunn,
Wo die weißen Wasser plätschern;
Täglich ward er bleich und bleicher.
Eines Abends trat die Fürstin
Auf ihn zu mit raschen Worten:
Deinen Namen will ich wissen,
Deine Heimat, deine Sippschaft.
Und der Sklave sprach: Ich heiße
Mohamed und bin aus Jemen,
Und mein Stamm sind jene Asra,
Welche sterben, wenn sie lieben.
(Heinrich Heine, Romancero, Der Asra)
31 Lydia Martinelli (Hg.), »Meine alten und dreckigen Götter« – Aus Sigmund Freuds Sammlung, Frankfurt 1998
32 Einige der Kriterien für Übergangsobjekte treffen auch auf die »Götter« von Freuds Sammlung zu. Sie wurden leidenschaftlich geliebt und dem Besitzer unterworfen, sie durften nicht verändert werden, vermittelten ein Gefühl der Geborgenheit und Wärme, gehörten zugleich zur Außen- und zur Innenwelt. Vgl. D.W. Winnicott, Übergangsobjekte und Übergangsphänomene, in: Von der Kinderheilkunde zur Psychoanalyse, München 1951, S. 295–311
33 Freud sagte im Jahr 1926 in einem Interview: »Meine Sprache ist deutsch. Meine Kultur, meine Bildung sind deutsch. Ich betrachtete mich geistig als Deutschen, bis ich die Zunahme des antisemitischen Vorurteils in Deutschland und Deutschösterreich bemerkte. Seit dieser Zeit ziehe ich es vor, mich einen Juden zu nennen.« Georg Sylvester Viereck, Glimpses of the Great, London 1930, S. 34
34 Ich stütze mich hier auf Vorarbeiten in dem Buch »Der Mensch Sigmund Freud«, Stuttgart 2005
35 Freud 1912, GW IX, S. 171 f.
36 Freud 1917, GW XI,S. 12
37 So zitiert Freud in »Jenseits des Lustprinzips« wohlwollend C. G. Jung, GW XIII, S. 21
38 Freud 1927, GW XIV, S. 357
39 Freud 1927, GW XIV, S. 370
40 Freud 1928,GW XIV, S. 304
41 Freud 1929, GW XIV, S. 425
42 Freud 1929, GW XIV, S. 428
43 Freud 1929, GW XIV, S. 503
44 Freud 1929, GW XIV, S. 505 f.
45 Freud 1932, GW XV, S. 58
46 Während Freud die erste Folge der Vorlesungen tatsächlich gehalten hat, ist die zweite als Stilmittel in Analogie zu den früheren gestaltet und führt diese nach wie vor beste Einführung in die Psychoanalyse zum Abschluss.
47 Freud 1937, GW XVI, S. 103
48 Freud 1937, GW XVI, S. 154 f.
49 Freud 1938, GW XVI, S. 157
50 Freud 1938, GW XVI, S. 157
51 Freud 1938, GW XVI, S. 158
52 Freud 1938, GW XVI, S. 159
53 Die österreichischen NS-Behörden verlangten sogar den Rücktransport der Exemplare von Freuds »Gesammelten Schriften«, um sie zu verbrennen. Martin Freud hatte sie vorsorglich in die Schweiz geschickt hatte. Die Freuds mussten für diesen Transport ebenso bezahlen wie für zahlreiche andere Schikanen, was sie ohne die Hilfe von Marie Bonaparte niemals hätten leisten können.
54 Gay 1987, S. 728
55 Vgl. W. Schmidbauer, Mythos und Psychologie, München 1970, 1999
56 V. S. Naipaul, Eine islamische Reise, Erstausgabe 1981, zit. n. München 2001, S. 139
57 Freud 1939, GW XVI, S. 171
58 Freud 1939, GW XVI, S. 174
59 Antisemitisches Pamphlet, das den Juden unterstellt, sich durch Bolschewismus und Kapitalismus die Welt zu unterwerfen.
60 Freud 1939, GW XVI, S. 191
61 Freud 1939, GW XVI, S. 191
62 Freud 1939, GW XVI, S. 195
63 Freud 1939, GW XVI, S. 197
64 Freud 1939, GW XVI, S. 198
65 Gay, S. 729
66 Jung 1931, S. 74
67 Jung 1931, S. 75
68 Ebd., S. 76
69 Ebd.
70 Ebd., S. 82 f.
71 Ebd., S. 84
72 Ebd., S. 83
73 Ebd., S. 85
74 Die Bedeutung der Konstruktion eines »germanischen Glaubens« für NS-Deutschland wird in den letzten Jahren historisch aufgearbeitet. Ihr wichtigster Vertreter war der Baltendeutsche Alfred Rosenberg, dessen 1930 erschienenes Buch »Der Mythus des 20. Jahrhunderts« versucht, an die Stelle des »verjudeten« Christentums eine germanische Religion zu setzen. In dieser sollen die Sakramente durch ein »Mysterium des Blutes« ersetzt werden und die Kinder in der Schule nordische Sagen und Märchen hören, nicht mehr »alttestamentliche Zuhälter- und Viehhändlergeschichten«. Vgl. Ernst Piper, Alfred Rosenberg. Hitlers Chefideologe, München 2005. Der Vatikan nahm Rosenberg so ernst, dass er dessen Hauptwerk auf den Index setzte, vgl. Dominik Burkhard, Häresie und Mythus des 20. Jahrhunderts. Rosenbergs nationalsozialistische Weltanschauung vor dem Tribunal der Römischen Inquisition, Paderborn 2005
75 Maidenbaum, A., Martin, S.A. (eds.) Lingering Shadows: Jungians, Freudians, and Anti-Semitism. Boston, Shambhala 199, S. 362 f. Die Textstelle stammt aus dem Vortrag »Die Rolle des Unbewussten«, den Jung 1914 in Aberdeen anlässlich der Jahresversammlung der British Medical Association hielt; er wurde in der deutschen Fassung gekürzt.
76 C. G. Jung, Zur gegenwärtigen Lage der Psychotherapie, Zentralblatt für Psychotherapie, 1934, 1/2, S. 9
77 Richard Noll, The Jung Cult. Origins of a Charismatic Movement, Princeton 1994
78 Hauer, Wilhelm Jakob, geb. 4.4.1881 in Ditzingen, gest. 18.2.1962 in Tübingen; Indologe, Religionswissenschaftler.
Der gelernte Maurer wurde zum Missionar ausgebildet und ging im Dienste der Basler Mission von 1906 bis 1911 nach Indien. 1927 erhielt er einen Lehrstuhl in Tübingen. 1933 wurde er Mitglied in Rosenbergs »Kampfbund für die deutsche Kultur«, wurde Mitglied der Hitler-Jugend, später der »Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt« (NSV), beim NS-Lehrerbund sowie dem NS-Dozentenbund. Sein Spezialgebiet war die »arische Weltanschauung«.
1933 war Hauer Gründer und Präsident der Deutschen Glaubensbewegung, eines Konkurrenzunternehmens zu den Deutschen Christen. In der »Deutschen Glaubensbewegung« sammelten sich zahlreiche Sekten, die völkisch-rassistisches Gedankengut vertraten und nach einer »germanischen« Religion suchten. Voraussetzung für die Aufnahme war der Kirchenaustritt. Organ der Organisation war das Magazin »Deutscher Glaube«, das ab 1936 unter dem Titel »Zeitschrift für arteigene Lebensgemeinschaft« erschien. Hauer trat 1937 der NSDAP bei und wurde 1942 Leiter der Gruppe »Lebensmächte und Wesen des Indogermanentums« beim Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften.
1945 wurde Hauer interniert, 1949 ging er in den Ruhestand, um danach die Zeitschrift »Wirklichkeit und Wahrheit« herauszugeben. 1956 gründete er die »Freie Akademie«.
79 Aniela Jaffé, Aus Leben und Werkstatt von C. G. Jung, Zürich 1968, S. 83–105
80 Vgl Jeffrey Satinover, Jung Love, First Things 56 (October 1995): 56–62.
81 Vgl. W. Schmidbauer, Biologie und Ideologie. Kritik der Humanethologie, Hamburg 1973
82 Vgl. W. Schmidbauer, Vom Umgang mit der Seele. Entstehung und Geschichte der Psychotherapie, Frankfurt 2000, S. 15 f.
83 Elisabeth Marshall-Thomas, Meine Freunde die Buschmänner, Stuttgart 1968, S. 46
84 Inzwischen ist mit Hilfe des Positronen-Emissions-Tomographen nachgewiesen, dass Placebo-»Schmerzmittel« tatsächlich die Gehirnareale (das Endorphin-System) beeinflussen, in denen das Schmerzempfinden lokalisiert wird. Die entsprechende Studie wurde von Jon-Kor Zubieta im Journal of Neuroscience (Bd. 25, S. 7754, 2005) veröffentlicht, wobei eine Äußerung des Autors (zit.n. Süddeutsche Zeitung v. 27.9.2005, S. 10) die ganze Naivität des betreffenden Gehirnforschers spiegelt: »Das ist ein starkes Argument gegen den Glauben, dass der Placeboeffekt nur auf Einbildung beruht«, sagt Zubieta. Als ob »Einbildung« nicht ein ebenso mächtiger Einfluss auf das Nervensystem wäre wie »Placebo«. Am Ende werden uns solche Neurowissenschaftler noch mit Fotos ihres tätigen Gehirns beweisen, dass sie wirklich denken, während alle anderen Forscher sich nur einbilden zu denken …
85 Franz Boas, The Religion of the Kwakiutl, in: Columbia Univ. Contributions to Anthropology Bd. X, New York 1930, 2. Teil, S. 35
86 J.R.R. Tolkien, Der Herr der Ringe, Stuttgart 1966/1984, Bd. III, S. 165
87 V. S. Ramachandran, S. Blakeslee: Die blinde Frau, die sehen kann. Rätselhafte Phänomene unseres Bewusstseins, Reinbek 2001
88 Gerhard Roth, Aus Sicht des Gehirns, Frankfurt 2003
89 Antonio Damasio, Descartes’ Irrtum. Fühlen, Denken und das menschliche Gehirn, München 1994
90 Ramachandran, V.S. (Hg.), Encyclopedia of Human Behavior, Bd. l–4, New York 1995
91 »Michael Persinger, Direktor der Forschungsabteilung an der kanadischen Sudbury Laurentian University, konstruierte einen Helm, den er Octopus nannte. Das von ihm erzeugte elektrische Magnetfeld wirkt stimulierend auf die Neuronen des Gehirns und veranlasst sie, elektrische Impulse an andere Hirnregionen zu senden. Mehr als 80 Prozent der Versuchspersonen, denen Persinger seinen Zauberhelm aufsetzte, nahmen eine höhere Wirklichkeit wahr, der sie sich in diesem Moment verbunden fühlten. Die Atheisten unter ihnen sprachen von Verbundenheit mit dem Universum, die Gläubigen wollten die Gegenwart Gottes gespürt haben.« Vgl. »Glaube ist nicht messbar. Neuro-Theologie«, Christian Feldmann, Sonntagsblatt, Internet-Ausgabe 2005
92 Limbus ist im Latein das Band, das z. B. als Besatz an Kleidern oder um den Kopf getragen wird. Im übertragenen Sinn ist es auch das Band, das die Sternzeichen verknüpft, woraus sich wohl im Mittelalter die Bedeutung eines Raums zwischen den Sphären ergab, in dem die ungetauft gestorbenen Kinderseelen verweilen, die weder schuldig noch erlöst sind, bis Christus am jüngsten Tag über sie entscheidet.
93 Papez, J.W., A Proposed Mechanism of Emotion, Arch. Neural Psychiatry, Bd. 38, S. 725–739, 1937 sowie MacLean, A. J., A Triune Concept of the Brain and Behavior, Toronto 1973
94 Slatzer, E., Beard, A.W., The Schizophrenia-like Psychoses of Epilepsy, British Journal of Psychiatry Bd. 109, S. 95–150, 1963
95 Ramachandran 2001, S. 292 f.
96 Ramachandran 2001, S. 291
97 Andrew Newberg, Der gedachte Gott – Wie Glaube im Gehirn entsteht, München 2003
98 W. Schmidbauer, Freuds Dilemma. Die Wissenschaft von der Seele und die Kunst der Psychotherapie, Reinbek 1999; ders., Der Mensch Sigmund Freud. Ein verwundeter Arzt?, Stuttgart 2005
99 Schopenhauer, A., Parerga und Paralipomena II, Kap. 15, § 181
100 Hardy, Alister, Der Mensch – das betende Tier. Religiosität als Faktor der Evolution. Stuttgart 1979, S. 134
101 Ronald L. Hubbard, 1911–1986, ist der Gründer von Scientology.
102 Dieses Motiv »Weil keiner mich heilen kann, werde ich Arzt« ist unter dem Begriff des »Helfer-Syndroms« beschrieben worden, vgl. W. Schmidbauer, Die hilflosen Helfer, Reinbek 1977
103 Franz Buggle, Denn sie wissen nicht, was sie glauben. Oder warum man redlicherweise nicht mehr Christ sein kann, Reinbek 1992
104 C. G. Jung, Seelenprobleme unserer Zeit, Zürich 1932
105 Wilfried Ruff, Entwicklung religiöser Glaubensfähigkeit, Forum Psychoanalyse 2005, 21, S. 298–307. Ruff, Arzt, Theologe und Psychoanalytiker, unterscheidet zwischen einem »magischen« und einem »personalen« Glauben. Der magische Glaube drohe, irrational zu werden und in Fanatismus zu entarten, während der reife Glaube sich in der Auseinandersetzung mit dem Zweifel und in der Anerkennung der Unfassbarkeit Gottes erweise.
106 Darunter versteht der britische Kinderarzt und Analytiker jene Gegenstände, die im Übergangsfeld zwischen der engen Mutterbindung und der Öffnung des Kindes zur Welt als Symbol von Geborgenheit und »Heimat« fungieren. Er sieht im Übergangsobjekt eine Verbindung von Gefühl, Kultur und Materie, die für das Entwicklungsschicksal der Kreativität wesentlich sei.
107 Wilfried Ruff, Entwicklung religiöser Glaubensfähigkeit, Forum Psychoanalyse 2005, 21, S. 305
108 K. Deschner, Kriminalgeschichte des Christentums, Bd. 1,2,3, Reinbek 1986 f.
109 Buggle 1992, S. 15
110 Dieser belehrt einen wiedergekehrten Heiland, man brauche ihn nicht mehr. Er störe, die Kirche habe seine Lehre weit über ihn hinausgeführt und verbessert.
111 Horst-Eberhard Richter, Der Gotteskomplex, Reinbek 1979
112 Buggle 1992, S. 15
113 W. Schmidbauer, Die sogenannte Aggression. Die kulturelle Evolution und das Böse, Hamburg 1972; ders., Biologie und Ideologie. Kritik der Humanethologie, Hamburg 1974
114 »Ich bin selbst ein Ketzer«, schreibt Freud 1920 an Georg Groddeck, »der sich noch nicht zum Fanatiker umgewandelt hat. Fanatiker, Leute, die imstande sind, ihre eigene Beschränktheit feierlich ernst zu nehmen, vertrage ich nicht.« Zit. n. Georg Groddeck, Der Mensch und sein Es, Wiesbaden 1970, S. 36
115 Robert Graves, Raphael Patai, Hebrew Myths, London 1964
116 Rüdiger Safranski, Der Wille zum Glauben, in: A. Gerlach, A.-M. Schlösser, A. Springer (Hg.), Psychoanalyse des Glaubens, Göttingen 2004, S. 131–144
117 Claude Lévi-Strauss, Traurige Tropen, Köln 1960, S. 98
118 Vgl. W. Schmidbauer, Jäger und Sammler. Als sich die Evolution zum Menschen entschied, Planegg 1973
119 Exodus 16, 14–15
120 »Wenn ein Autor von seinen Lesern aufgefordert, ja förmlich gedrängt wird, ›doch auch einmal etwas über sich selbst zu schreiben‹, so geht er nur, eben weil er so gedrängt wird, an die Erfüllung dieses Wunsches; denn er stürzt sich dabei kopfüber in die unvermeidliche Gefahr, ein Abu el Botlahn [Vater der Eitelkeit] oder Dschidd el Intifahch, [Großvater des Eigendünkels], wie der Araber sich auszudrücken pflegt, genannt zu werden. Und wenn er gar sich der oben stehenden Überschrift bedient, sich also einen Vielgelesenen nennt, so hat diese Gefahr schon gleich bei der ersten Zeile einen solchen Grad erreicht, daß sie gar nicht größer werden kann. Damit ist aber auch sogleich die Angst überwunden, welche man vor Gefahren zu haben pflegt, und ich kann freien und heiteren Gemütes meinen lieben Leserinnen und Lesern sagen, daß ich mich schon deshalb als einen Vielgelesenen bezeichnen darf, weil nur ein solcher von den Freuden und ganz besonders von den Leiden reden kann, durch deren Besprechung an dieser Stelle ich mein Herz gern einigermaßen erleichtern möchte.
Daß ich kein Abu el Botlahn, sondern im Gegenteile ein bescheidener, durch seine Erfolge schwer niedergedrückter Schriftsteller bin, kann ich schon durch den Standpunkt beweisen, von welchem aus ich heute ›meine Feder in die Tinte tauche‹. Glücklich, dreifach glücklich ist nämlich der Autor zu preisen, dessen Werke nie zum Drucke angenommen werden! Sie bleiben sein unbestrittenes geistiges Eigentum, und er kann, ohne jemals widerrechtlich nachgedruckt zu werden, zwischen seinen vier Wänden und im Kreise seiner heimlichen Bewunderer so oft, als es ihm beliebt, in ihren Schönheiten schwelgen; sie dürfen ihm so lieb und so kostbar sein und bleiben wie eine Sammlung von Diamanten, die man nie verkauft. Schon weniger glücklich ist der Autor, welchem die Fatalität begegnet, ein oder einige Male gedruckt zu werden. Er ist dem Löwen der Öffentlichkeit in die unerbittlichen Pranken geraten, wird von ihm hin- und hergeworfen und hat von Augenblick zu Augenblick den entsetzlichen Biß zu erwarten, der ihm den Garaus macht. Das Honorar ist nur die Lockspeise gewesen, welche ihn in eine Lage brachte, der er nur durch die nunmehrige größte schriftstellerische Enthaltsamkeit entrinnen kann. Von einem vertraulichen, behaglichen, häuslich verborgenen Genusse seiner Geistesfrüchte kann keine Rede sein! Und nun erst derjenige unglückliche Litterat, den der obenerwähnte p. t. Löwe so fest hält, daß er nicht wieder loskommen kann! Er ist einem so beklagenswerten Geschick verfallen, daß jedes nur einigermaßen mitleidige Menschenkind ihm – doch, wozu die Einleitung so lang machen! Ich gehöre ja leider selbst zu dieser Klasse von Duldern, und wenn ich von meinen Leiden erzähle, die von einigen seltenen Lichtblitzen nur um so stärker hervorgehoben werden, so werden damit die Qualen meiner Berufsgenossen auch beschrieben, und ich brauche sie also gar nicht eingangsweise aufzuzählen.«
121 Vgl. W. Schmidbauer, Die hilflosen Helfer, Reinbek 1977
122 Platon, Symposion, 191. b
123 Karl May, Ich, S. 34
124 Karl May, Ich, S. 413
125 Neulich schilderte ein Scientology-Aussteiger in einer Talkshow eindringlich, wie viel Zeit und Geld er aufwendete, um clear zu sein und andere zu trainieren – und wie ihm diese manische Abwehr zusammenbrach, als er an Krebs erkrankte. Seither kämpft er gegen Scientology als ein »faschistisches System«.
126 Paul Matussek, Die Konzentrationslagerhaft und ihre Folgen, Berlin 1971
127 Vgl. W. Schmidbauer, Lebensgefühl Angst, Freiburg 2005
128 Mark Twain schildert in dem Roman über Tom Sawyer und Huckleberry Finn, wie Tom von seiner Tante für einen Lausbubenstreich bestraft wird. Er soll an einem schönen Sommertag den Gartenzaun streichen. Tom gelingt es, den Spielkameraden, die ihn auf dem Weg zum Baden höhnisch bemitleiden, so überzeugend zu vermitteln, dass es nichts Schöneres gibt als einen Zaun zu streichen, bis sie am Ende nicht nur für ihn die Arbeit erledigen, sondern ihn anflehen und nach ihren Möglichkeiten dafür belohnen, dass er sie es tun lässt.