Hänsel und Gretel
Hansel and Gretel
Hans en Grietje
Jacob und Wilhelm Grimm wurden 1785 beziehungsweise 1786 in Hanau geboren. Nachdem sie die Jugend im hessischen Steinau an der Straße verbracht hatten, besuchten sie das Friedrichsgymnasium in Kassel. Später nahmen sie in Marburg das Studium der Rechtswissenschaften auf.
Bereits während des Studiums beschäftigten sie sich mit Literaturgeschichte und schafften so die Grundlage für die spätere Sammlung von Märchen und Sagen, die heute als ihr Hauptwerk bekannt ist. Die beiden Bände der Kinder- und Hausmärchen wurden erstmals 1812 beziehungsweise 1815 veröffentlicht.
Wilhelm Grimm starb 1859, sein Bruder Jacob im Jahr 1863.
„Knusper, knusper, knäuschen, wer knuspert an meinem Häuschen?“
"Nibble, nibble, gnaw, who is nibbling at my little house?"
„Knibbel knabbel knuisje, wie knabbelt er aan mijn huisje?“
Wer kann sich nicht erinnern, in seiner frühen Jugend die Geschichte von den armen Kindern gehört zu haben, die von ihren Eltern in den Wald geführt wurden, um dort zu verhungern? Der Grund dafür ist heute noch aktuell, wie manche Nachrichten immer wieder zeigen: Die Eltern plagte die Not und ohne ihre Sprösslinge, so hofften sie, hätten sie in Zukunft selbst mehr zu essen. Doch das Märchen findet ein gutes Ende: Die Kinder kommen wieder heim und können fortan ein glückliches und sorgenfreies Leben führen.
Das Märchen von Hänsel und Gretel hat, und das ist durchaus bemerkenswert, bereits vor langer Zeit Einfluss auf unsere Alltags- oder besser Feiertagskultur genommen. So kennt sicherlich jeder den Brauch, zu Weihnachten ein Knusperhäuschen zu basteln oder zumindest zu kaufen, bestehend aus Lebkuchen, verschiedenen Sorten Gebäck, jeder Menge Zucker und allerlei ebenso bunten wie schmackhaften Zutaten. Diese traditionelle Weihnachtsleckerei stellt das Haus der bösen Hexe dar, an dem sich auch Hänsel und Gretel gütlich taten, bevor die alte Dame sie hinein bat, mit dem Plan, die Kinder zu mästen, im Ofen zu garen und anschließend zu verspeisen.
Es fällt auf, dass dem Thema Essen in diesem Märchen eine zentrale Bedeutung zukommt. Der amerikanische Psychoanalytiker und Kinderpsychologe Bruno Bettelheim (1903 - 1990) sah hierin die tief verwurzelte Angst des Kindes symbolisiert, von den Eltern verstoßen und dem Verhungern ausgeliefert zu werden. Das Hexenhaus schließlich, an dem die Kinder knuspern, könne gar als Bild des Mutterleibes interpretiert werden. Doch derlei sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt, wer weitergehendes Interesse an solchen Überlegungen verspürt, möge sich dem Studium der einschlägigen Fachliteratur widmen.
Welche genauen Quellen dem Märchen zugrunde liegen, ist nicht bekannt. Ursprünglich wurde es mündlich überliefert und später außer von den Gebrüdern Grimm auch von dem deutschen Schriftsteller Ludwig Bechstein (1801 - 1860) sowie dem deutschen Zeichner, Radierer und Schriftsteller Franz von Pocci (1807 - 1876) nacherzählt, von letzterem zudem illustriert. Deutliche Parallelen bestehen zum Märchen „Le Petit Poucet“ (Der kleine Däumling) des französischen Schriftstellers Charles Perrault, zumindest was das Aussetzen der Kinder im Wald und die Markierung des Weges mittels Kieselsteinen angeht.
Noch eine Anmerkung zum Titel: Ursprünglich als „Hänsel und Gretel“ verfasst, schrieb sich dieser ab der 2. Auflage „Hänsel und Grethel“. Da der Name Gretel, als Kurzform von Margarete und Annegret heutzutage wesentlich geläufiger ist und bisweilen sogar als eigenständiger Vorname auftaucht, haben wir entschieden, die ursprünglichen Namen zu verwenden, auch in der englischen Fassung.
Mit diesem E-Book wird der Stoff, der Generationen fasziniert hat, auf komfortable Weise in deutscher Originalfassung und englischer sowie niederländischer Übersetzung verfügbar – ein ideales Angebot für alle Vorleser, die Kindern nicht nur dieses Märchen, sondern auch die englische und niederländische Sprache auf unterhaltsame Art und Weise nahebringen möchten.
Vor einem großen Walde wohnte ein armer Holzhacker mit seiner Frau und seinen zwei Kindern. Das Bübchen hieß Hänsel und das Mädchen Gretel. Der Holzhacker hatte wenig zu beißen und zu brechen, und einmal, als große Teuerung ins Land kam, konnte er auch das täglich Brot nicht mehr schaffen. Wie er sich nun abends im Bette Gedanken machte und sich vor Sorgen herumwälzte, seufzte er und sprach zu seiner Frau: „Was soll aus uns werden? Wie können wir unsere armen Kinder ernähren, da wir für uns selbst nichts mehr haben?“
„Weißt Du was, Mann“, antwortete die Frau, „wir wollen morgen in aller Früh die Kinder hinaus in den Wald führen, wo er am dicksten ist, da machen wir ihnen ein Feuer an und geben jedem noch ein Stückchen Brot, dann gehen wir an unsere Arbeit und lassen sie allein. Sie finden den Weg nicht wieder nach Haus und wir sind sie los.“ „Nein, Frau“, sagte der Mann, „das tue ich nicht. Wie sollt ich es übers Herz bringen meine Kinder im Walde allein zu lassen, die wilden Tiere würden bald kommen und sie zerreißen.“ „O Du Narr“, sagte sie, „dann müssen wir alle vier des Hungers sterben, Du kannst nur die Bretter für die Särge hobeln“, und ließ ihm keine Ruhe bis er einwilligte. „Aber die armen Kinder tun mir doch leid“, sagte der Mann.