Bibliographische Information Der Deutschen Bibliothek:
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Copyright © 2020 Rolf Friedrich Schuett
Erste Auflage
Herstellung und Verlag :
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier
(holz- und säurefrei)
Umschlaggestaltung : E. L. Schmidt
Printed in Germany
ISBN 978-3-7526-5123-2
Für Elke
Du liebst deine Neider und hasst, wen du beneidest.
Liebe an deinen Feinden ihren Hass und Neid!
Dem Mächtigen neidet man Schandtaten, die er begeht, und nicht die Wohltaten, die er vollbringen könnte.
Der Neid ist das einzige Lob, das dem Beneideten mehr schmeichelt als dem Neider.
Mancher wird um sein Glück beneidet, ist aber nur glücklich, weil er beneidet wird.
Ein Kunstgenuss beneidet den Künstler und genießt die Qual, die es ihn kostet.
Die Suche nach dem, was keiner hat und je hatte, kann Flucht vor dem Neid sein.
Nostalgie lebt von der Ahnung, daß man mit dem bisschen, was man heute hat, wenigstens früher beneidet worden wäre.
Was du mir neidest, das wünsch ich dir an den Hals.
Wo Leid zu Neid wird, beginnt Mord oder Wettstreit, werden Empörer zu Emporkömmlingen.
Gut ist Sozialneid, der nicht die Konkurrenz belebt.
Neider und Hasser ersetzen die beste Selbsterkenntnis.
Auf Beneidenswertes nicht neidisch zu werden, kann auch eine Art sein, die Welt zu verfehlen.
Mitleid mit den Ärmeren und Schwächeren maskiert gern Neid auf die Reicheren und Mächtigeren.
Du beneidest nur, wer etwas – aber eben nicht eine ganze Klasse – besser ist als du.
Dünkel schützt nicht nur vor Neid und Dunkel. Neidlos wird vor allem, wer sich überlegen dünkt.
Der Dritte Stand beneidet die Hungrigen der Dritten Welt um ihre authentischen Extremerfahrungen.
Schadenfreude gilt als einziges Heilmittel gegen Neid, und Neid auf Beneidenswertes schuf Recht.
Wer der Jugend ihre Weisheit neidet, missgönnt auch Greisen ihre Kraft.
Es gibt sogar Eifersucht auf Betrogene, und groß ist, wen man selbst um seine Fehler und Fiaskos, Schwächen und Schulden beneidet.
Man bereichert sich an deinem Sozialneid.
Wir halten uns für gleich, um uns nicht zu beneiden, und für ungleich, um uns nie überflügeln zu müssen.
Man gönnt sich selber den Neid, der niemandem sonst nix gönnt.
Und was sagen andere?
„Neid ist eine Art Lob.“
(Dichter John Gay, "Bettleroper")
"Neid kriecht nicht in leere Scheuern." (Sprichwort)
„Viele Frauen beneiden ihren Mann, weil er so glücklich verheiratet ist.“ (Jean Rigaux)
„Neid zeigt uns unsere Wünsche.“
(Sozialwissenschaftlerin Nadine Pomes)
"Der Neid entdeckt jedes Verdienst zuerst
... Moralische Entrüstung? Zu oft Neid!"
(Emanuel Wertheimer)
"Der Hass ist ein fruchtbares, der Neid ein steriles Laster." (Marie von Ebner-Eschenbach / 1880)
„Neid ist der Ärger über den Mangel an Gelegenheit zur Schadenfreude.“ "Selbst falsches Glück erzeugt echten Neid." (Anonymus)
„Um Neid ist keiner zu beneiden.“ (Wilhelm Busch)
„Wer nie beneidet wird, ist nicht beneidenswert.“
(Politologe Lothar Schmidt)
Reklame : „Geiz ist geil“ wie Ehrgeiz. Aber wer „Neid“ googelt, findet beinahe ausschließlich negative und pejorative Kommentare. Kaum jemand macht sich zum Anwalt von Scheelsucht. Wo doch sonst inzwischen fast alle christlichen oder humanistischen „Tugenden“ kritisch verteufelt und alle teuflischen „Laster“ aufklärerisch verherrlicht werden! Schließlich würde jedermann lieber beneidet werden von dem, den er selber beneidet. (Und wer beneidet nicht den. der ihn beneidenswert findet?)
Bin ich "neidzerfressen", will ich das vermeintlich Gute haben (können, sein), was du hast (kannst, bist), oder will nur nicht, dass du es hast (kannst, bist), sondern eher nur ich. Wünsch ich dir vielleicht sogar Böses an den Hals in der Schadenfreude? Genügt es mir, dass du etwas Beneidenswertes nicht bekommst (kannst, bist) − oder will nur auch ich es haben (können, sein)? Oder soll nur ich es haben und du nicht − oder du sogar das schlechtere Gegenteil? Viele werden um vieles beneidet, aber was ist beneidenswert? Neid richtet sich zu mancher Zeit sogar auf Leid oder Mitleid.
Ich will auch reich und mächtig und schön und gut und klug und berühmt sein wie du − wenn nicht viel mehr als du − oder auch statt deiner. „Sozialer Vergleich“ erzeugt Neid nach oben und Schadenfreude nach unten und oft auch Ressentiment : Ich werte vor mir und vor anderen ab, was ich nicht kriegen kann, und zwar nur, weil ich es nicht habe und doch zugleich liebend gern hätte. Der Ressentimentgeladene frisst bekanntlich sich selber auf, doch ist der Neid nicht auch eine konstruktivere Antriebskraft? Neidvoller Vergleich mit mehr oder weniger nahen Nachbarn weckt Rivalitätsenergie und Kampfgeist, wenn er nicht nur unproduktiv unterirdisch schwelt und sich an sich selbst vergiftet. Neid auf Naturbegabungen ist steriler als Neid auf Sozialerfolge.
Die Reichen und Mächtigen sprechen gern von „Sozialneid“ der materiell (oder geistig?) Minderbemittelten, wenn sie Sozialrevolutionen oder auch nur teure Reformen fürchten statt nur harmlose „Kulturrevolutionen“. Aber ist die Wut auf Sozialprivilegien (statt auf Naturprivilegien wie Naturtalente) wirklich niedriger Sozialneid der Niedrigerstehenden oder doch nur gerechter Ausdruck von Gerechtigkeitssinn? „Sozialgerecht“ handelt schließlich noch nicht sozial gerecht.
Neid ist der Wunsch, selber beneidet zu werden und den Beneideten um sein Beneidenswertes zu bringen (kann man ihn schon nicht selber umbringen). Ist es beneidenswert, nicht neidisch zu sein? Neid ist eine Missgunst, die nicht entwaffnet wird selbst durch den tröstlichen Gedanken, dass bislang ausnahmslos alle Menschen sterben müssen, nicht nur die Neider, und dass selbst der und das Beneidenswerteste einmal hinab muss in gar nicht so ferner Ferne.
Ist Neid im Grunde der Wunsch, Gott zu sein, also der, den alle beneiden, weil er als einziger keinen Grund hat, irgendjemand anderen zu beneiden? Ist „freigeistiger“ A(nti)theismus ein destruktiver Neid auf ein Wesen, das man selber sein möchte, wenn man es töten und sich an seine Stelle setzen könnte? Kein Wesen um irgendetwas zu beneiden heißt, wunschlos glücklich sich für den Allmächtigen selbst zu halten?
Die Philosophen sind davon abgekommen, die einst so beliebten Tugend- und Lasterkataloge aufzustellen und begriffsanalytisch zu untersuchen. Die Tugenden ständig anzupreisen, ist so wertlos, wie es trivial und sinnlos scheint, die Laster immer neu zu verdammen. Moral gilt ewig, und Amor(al) gibt´s ewig; der Rest ist nicht viel mehr als gesinnungsstarkes Morali(siere)n.
Eine Ausnahme war in letzter Zeit der Philosoph Martin Seel mit seiner „philosophischen Revue“ : „111 Tugenden, 111 Laster“ (Frankfurt/Main 2011, siehe Nr. 53 auf Seite →). „Praktische Philosophie“ der Neuzeit untersucht im Anschluss an Aristoteles lieber "gesellschaftliches Handeln" und interaktive Meta-Ethik als das oft mit Zeit und Ort wechselnde Hoch- und Unmoralische selber.
Die „europäischen Moralisten“ waren keine Moralprediger und Moralapostel, sondern analysierten seit dem 17. Jahrhundert die „mores“, also die Sitten und Gebräuche ihrer Epochen. Nicht jede Sitte ist ja deshalb schon sittlich. Und wie steht es mit dem Neid? Ist er nur der erzkapitalistische Wirtschaftsmotor? Die Moralisten entdeckten mehr Tugend im "Neidhammel" selber als in dessen "tugendterroristischen" Anklägern. Ihre Essays und Aphorismen sind jedenfalls beneidenswerter und lesbarer als die langweiligen Traktate der Neidverleider.
„Der Neid ist die aufrichtigste Form der Schmeichelei.“ (Politologe Richard Wiggins)
„Neid ist eigentlich Bewunderung: Lob, das anderen gilt und das sich selbst quält.“ (Hans Lohberger)
„Der Neid ist die Seele des überall florierenden, stillschweigend und ohne Verabredung zusammenkommenden Bundes der Mittelmäßigen gegen den einzelnen Ausgezeichneten in jeder Gattung … Der Neid der Menschen zeigt an, wie unglücklich sie sich fühlen, und ihre beständige Aufmerksamkeit auf fremdes Tun und Lassen, wie sehr sie sich langweilen.“ („Moralist“ Arthur Schopenhauer)
„Neid ist die Grundlage der Demokratie.“
(Logiker Bertrand Russell)
„Neid : den bescheidensten Fähigkeiten angepasster Wetteifer.“ (amerik. Aphoristiker Ambrose Bierce)
„Neid ist die frevlerische Sorge um das Wohl deines Nachbarn.“ (Politiker Ferdinand Lassalle)
„Neid und Eifersucht sind die Schamteile der Seele … Neid vergleicht, setzt gleich, ist Bescheidenheit.“
(Philosoph Friedrich Nietzsche)
„Neid ist unglückliche Selbstbehauptung.“
(Ur-Existenzialist Sören Kierkegaard)
„Der Neid ist unversöhnlicher als der Hass.“
(Uraphoristiker Larochefoucauld, 1667)
„Der Neid der Gelehrten fördert die Wissenschaft.“
(Talmud)
Es gibt auch Neid auf falsche Größe, auf Blender, Angeber, Schaumschläger, Hochstapler und Wichtigtuer, und vor wahrer Größe gibt es Neid, die sich in Liebe retten muss, um nicht zu verzweifeln im „Fegefeuer der Eitelkeiten“. Dabei scheint Gefallsucht als Neid auf RuhmBlaguehomo glorians