Übungsverzeichnis
Das Jammer-Café (Wolfs-Café)
Der Bittenkreis
Der GFK-Dialog
Der Kommunikationscocktail
Einige Überlegungen für Rollenspiel-Neulinge
Empathie-Stühle
Erwartungen und Forderungen an sich selbst
Gedanken zum Unterbrechen mit Empathie
Grundlegende Empathie-Fähigkeiten
Ihr inneres Klima vorbereiten
Mithilfe der GFK „Nein“ sagen – ein Training
Sich selbst auf ein „Nein“ von jemand anderem vorbereiten
Über ein misslungenes Rollenspiel hinwegkommen
Verwandeln Sie Ihre Wut
Vier Wahlmöglichkeiten: Die vier Arten des Zuhörens
Welche Bedürfnisse möchten Sie sich erfüllen, indem Sie Trainings und Workshops leiten?
Weltanschauungen – Vorstellungen über Menschen und das Leben
Wenn es sich schwierig anfühlt, vor und mit einer Gruppe zu sprechen (äußere Auslöser)
Wie wirken sich Etiketten aus?
Zwischen Bedürfnissen und Strategien unterscheiden, um Bedürfnisse zu erfüllen
Zwischen Beobachtungen und Interpretationen unterscheiden
Zwischen Gedanken und Gefühlen unterscheiden
Zwischen machbaren und nicht machbaren Bitten unterscheiden
Einleitung
„Wir müssen der Wandel sein, den wir in der Welt sehen wollen.“
(Mahatma Gandhi)
Vielen von uns fällt oft schwer, das umzusetzen, was Gandhi hier vorschlägt. Doch wir haben Gelegenheit, just dieser Wandel zu sein – nämlich dann, wenn wir unser Verständnis der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) weitergeben. Wie? Indem wir bestmöglich versuchen, genau das praktisch umzusetzen, worüber wir beim Vermitteln der GFK gerade sprechen. Es kann zuweilen schwierig sein, den Ansatz der GFK modellhaft vorzuleben, aber auch sehr anregend. Mir eröffnen sich so ständig Gelegenheiten zum vertieften Lernen.
Wann immer ich mich in ein Thema vertiefe, nutze ich die Gelegenheit, mit anderen das zu teilen, was ich bereits darüber weiß. Durch das Lehren – egal ob formell im Unterricht oder Workshop oder informell in einem privaten Gespräch – gewinnen „Lehrende“ in der Regel zusätzliche Einsichten in das Thema. Ich glaube nicht, dass man ein Fach vollends beherrschen muss, um andere darin zu unterrichten. Was man aber braucht, ist eine Sehnsucht, das zu teilen, was man bereits weiß. Dazu gehört auch, offen an den Stellen zu sein, wo man selbst noch dazulernen kann, und das dann gemeinsam mit der Gruppe zu tun.
Dieses Buch habe ich in der Hoffnung geschrieben, all jenen Anregungen zu geben, die die GFK in einer Lerngruppe oder einem Workshop vermitteln wollen. Ich hätte selbst gerne ein solches Buch zur Hand gehabt, als ich damals anfing, mein Verständnis der GFK weiterzugeben.
Ich freue mich, dass ich in diesem Buch darstellen kann, wie ich die GFK und meine Erfahrungen mit Gruppenprozessen miteinander verknüpfe. In Kapitel 7 erläutere ich näher, wie sich ein Ansatz namens FIRO (Fundamental Interpersonal Relations Orientation = fundamentale interpersonelle Beziehungsorientierung) in Kombination mit der GFK zum Leiten von Gruppen nutzten lässt. Ich gehe ebenfalls darauf ein, wie beide Ansätze helfen, ein besseres Verständnis zum Thema Führung zu erlangen, und sage etwas dazu, wie sich m. E. diese beiden Ansätze gegenseitig befruchten. Ich hoffe, dass hierdurch all jene, die die GFK in Gruppen einsetzen möchten, viele Anregungen erhalten.
Wie Sie dieses Buch verwenden können
Ich höre manchmal von anderen, dass sie keine Planung machen, weil sie im gegenwärtigen Moment sein und spontan handeln wollen. Für mich hingegen trägt ein Plan zu einer höheren Sicherheit bei. Er erleichtert mir das Präsentsein und den Umgang mit dem, was sich spontan ergeben mag. Dafür muss ich allerdings auch meinen Plan loslassen können, wenn ich sehe, dass er mir nicht länger dient.
Offensichtlich macht es einen Unterschied, ob wir ein halbtägiges Seminar oder Trainings von längerer Dauer planen. Für längere GFK-Seminare mache ich einen Plan, der eher allgemein gehalten ist, denn normalerweise kommen zu Seminarbeginn Bitten von den Teilnehmer*innen, die Einfluss auf die behandelten Inhalte haben.
Ein Plan hilft mir zudem, besser im Blick zu haben, was ich jeweils an Material vorbereite und mitbringe, zum Beispiel Handouts, Bücher und auch passende Zusatzmaterialien. Die folgenden Fragen erweisen sich beim Planen als hilfreich.
1. Ist dies Ihr einziges oder Ihr erstes Treffen mit dieser Gruppe?
Wie Ihr jeweiliger Plan aussieht, hängt in der Regel davon ab, ob Sie sich mit der Gruppe nur einmal oder mehrmals treffen. Die zur Verfügung stehende Zeit beeinflusst zudem nicht nur die Art und Weise, wie Sie unterrichten, sondern sie bestimmt auch, welche Materialien Sie mitbringen und wie Sie am ergiebigsten mit den Teilnehmer*innen arbeiten können.
2. Was wissen Sie über die Teilnehmer*innen?
Gehören alle Teilnehmer*innen derselben Organisation bzw. demselben Verein an oder arbeiten sie derselben Firma? Oder ist das nicht der Fall? Wenn Sie davon ausgehen können, dass die Teilnehmer*innen einander bereits kennen, wird Ihre Planung etwas anders aussehen als bei Menschen, die sich noch fremd sind.
3. Was passiert, wenn die Teilnehmer*innen derselben Organisation angehören?
Die meisten Organisationen sind hierarchisch organisiert. Für Sie kann es daher wertvoll sein zu wissen, ob unter den Teilnehmer*innen Manager, Lehrer oder andere Personen mit mehr Macht und Einflussnahme sind. Die Anwesenheit von Menschen verschiedener Hierarchieebenen in einer Organisation und / oder der Mangel an Gleichheit zwischen den Teilnehmer*innen kann die Bereitschaft zu Offenheit und Ehrlichkeit verringern. Gibt es eine Historie offener Konflikte innerhalb der Gruppe? Oder haben Sie Grund zu der Annahme, dass es einen anhaltenden Konflikt zwischen einigen Mitgliedern der Gruppe oder zwischen Gruppen innerhalb der Organisation gibt?
4. Kennen Sie bereits einige der Teilnehmer*innen?
Wenn Sie einige der Teilnehmer*innen bereits im Vorfeld kennengelernt haben, hat das gewisse Vorteile. Es kann aber auch dazu führen, dass man leichter Kontakt mit denjenigen hat, die man bereits kennt. Die anderen Teilnehmer*innen könnten das als falsches Signal wahrnehmen, im Sinne von „nicht gesehen oder gehört“ zu werden.
5. Wie viele Personen nehmen teil?
Sowohl für die Vorbereitung von Materialien als auch für die Auswahl der Übungen ist es hilfreich, die Anzahl der Teilnehmer*innen zu kennen. Bestimmte Übungen funktionieren besser in kleinen Gruppen und andere in größeren. Manchmal ist eine Einführung ein offenes Training, und Sie haben keine Ahnung, wer kommt oder wie viele Menschen kommen werden. Allein die Größe des Raums könnte vielleicht Grenzen setzen. Dann könnte es sinnvoll sein, mehrere flexibel gehaltene Pläne zur Auswahl zu haben.
(Fortsetzung in Kap. 3.2)
Wenn Sie mit einer bereits etablierten Gruppe arbeiten, zum Beispiel mit einer Arbeitsgruppe oder einem Team, kann es hilfreich sein, im Vorfeld mehr über die Gruppe herauszufinden, wie beispielsweise:
Was es bei der Vorbereitung zu beachten gilt
Wenn Sie sich mit einer bereits bestehenden Gruppe treffen, lohnt sich vielleicht, mögliche Fallstricke in die Vorbereitung einzubeziehen. Bedenken Sie jedoch, dass Sie mit Ihren Vorannahmen komplett falsch liegen können, und seien Sie offen für Überraschungen. Wenn Ihnen Ihr Auftraggeber die Gruppe beschreibt, dann denken Sie daran, dass dies lediglich die Perspektive dieser Person ist. Ich war mehr als einmal überrascht und deshalb ein bisschen unfokussiert. So hatte man mir zum Beispiel gesagt, die Mitglieder einer Gruppe seien als „unkontrollierbar“ zu bezeichnen. In meiner Wahrnehmung hingegen erwiesen sie sich als „sehr kooperativ“.
Manchmal begegneten mir offene oder unausgesprochene Konflikte innerhalb einer Gruppe. Die Person, die mich engagiert hatte, hoffte, ich würde sie lösen, jedoch ohne mir überhaupt davon zu erzählen. Einmal wurde 70 % der Gruppenmitglieder kurz vor meiner Ankunft mitgeteilt, dass sie ihren Job verlieren werden. Es dauerte einige Zeit, bis ich erkannte, was hier los war und dass sie überhaupt nicht offen waren, bei einigen Übungen mitzumachen. Das, was sie alle in diesem Augenblick brauchten, war Empathie und Klarheit.
Aufgrund von Konflikten oder anderen Herausforderungen, mit denen eine Gruppe konfrontiert ist, können Übungen, die nicht von allen Teilnehmer*innen vollständig akzeptiert werden, zu einem Unsicherheitsfaktor werden. Vielleicht ist es sogar für sie schwierig, ehrlich zu sein. Wenn die Gruppe hingegen offen für den Umgang mit Konflikten ist, eröffnet sich den Mitgliedern eine hervorragende Gelegenheit, viel dazuzulernen und Kommunikationsfertigkeiten zu integrieren. Normalerweise sind einige der Teilnehmer*innen begierig darauf, über den Konflikt zu sprechen, während andere zögern, insbesondere dann, wenn ein Vorgesetzter anwesend ist.
Wenn Sie eine Gruppe mit einem anhaltenden Konflikt nur einmal sehen oder unter Zeitdruck stehen, dann gilt es gut abzuwägen, wie Sie die gemeinsame Zeit nutzen. Weniger kann hier mehr sein, was bedeutet: Eher spezifische Fertigkeiten vermitteln, anstatt zu versuchen, den Konflikt als solchen zu bewältigen. Hier laufen Sie nämlich Gefahr, dass Sie die Gruppe mit dem, was dann vielleicht aufgetaucht ist, allein zurücklassen, ohne ihnen einige Werkzeuge für den weiteren Umgang damit präsentiert zu haben.8
(Fortsetzung von Kap. 3.1)
6. Weshalb kommen die Teilnehmer*innen in Ihren Workshop?
Die Motive unterscheiden sich von Teilnehmer zu Teilnehmerin. Einige interessieren sich dafür, wie sie etwas ausdrücken können, das ihnen als herausfordernd erscheint, oder wie sie am Arbeitsplatz Konflikte lösen können. Andere würden gern mehr über ihre Kommunikation mit Kindern in Erfahrung bringen, und einige möchten lernen, wie sie Herausforderungen in einer Gruppe bewältigen. Weitere Themen von Interesse könnten sein, wie man eine bestimmte Nachricht formuliert, wie man mit einer bestimmten Person kommuniziert oder wie man in einem Konflikt vermittelt.
Die Erwartungen hängen oft mit den Informationen zusammen, die sie über Ihr Training, Ihren Workshop bzw. Ihr Seminar erhalten haben. Geben Sie den Menschen das, wofür Sie da sind oder was Sie vor dem Training versprochen haben, ohne dabei von Ihren Werten abzuweichen.
7. Ist die Teilnahme freiwillig?
Nehmen einige Teilnehmer*innen am Workshop teil, weil sie meinen, dass sie da sein „müssen“ oder „sollten“? Hat ihnen jemand eine Art Belohnung für die Teilnahme versprochen oder eine Strafe angekündigt, wenn sie sich dagegen entscheiden? Je weniger Wahlfreiheit Menschen erleben, desto wichtiger wird es sein, ihr Bedürfnis nach Wahlfreiheit zu erkennen und zu behandeln. Ehe sie nicht mit ihrem eigenen freien Willen in Kontakt kommen, ist es schwierig, überhaupt irgendetwas zu lernen.
8. Der Zeitplan
Stellen Sie sicher, dass alle über die gleichen Informationen zum zeitlichen Ablauf verfügen: Kursbeginn, Pausenzeiten (Mittagessen, Kaffeepausen usw.). Werden alle Teilnehmer*innen zum gleichen Zeitpunkt erscheinen und zum gleichen Zeitpunkt wieder gehen? Gehören die Teilnehmer*innen einer bereits etablierten Gruppe an, ist es häufig effizienter und energiesparender, ihr übliches Zeitschema zu übernehmen. Halten Sie sich so weit wie möglich an den vereinbarten Zeitplan, denn sonst könnten einige der Teilnehmer*innen den Fokus auf Ihre Präsentation verlieren. Lesen Sie mehr darüber unter Abschnitt 3.6.3 „Einige Worte zum Thema Abschluss“ und „Pünktlich enden“.
Vielleicht überrascht es Sie, dass strukturelle Themen wichtiger sein können, um Vertrauen, Verbindung und Sicherheit zu schaffen, als Seminarmethoden. Wenn der gesamte Ablauf nicht ganz klar ist, kann sich das unterschiedlich auswirken, abhängig von einzelnen Teilnehmer*innen, der Gruppe insgesamt und der Kultur. Offenheit ist ein wichtiger Bestandteil der GFK, und deshalb kann es unterstützend sein, etwas Zeit und Energie darauf zu verwenden, Vertrauen zwischen Ihnen als Moderator und den Teilnehmer*innen herzustellen. Dieses Vertrauen ist die Grundlage für Ehrlichkeit und Offenheit. Das trifft auf alle Trainings zu, in denen Sie mehr als nur einen Tag miteinander verbringen. Natürlich werden Ehrlichkeit und Offenheit so praktiziert, wie es dem jeweiligen Zweck und Ziel der Gruppe entspricht.
Wenn Sie sich über die eben genannten Punkte im Klaren sind, dann fahren Sie mit den folgenden Fragen fort:
9. Was erhoffen Sie sich von der gemeinsamen Zeit?
Je klarer für Sie ist, in welcher Weise die Teilnehmer*innen durch Ihr Training profitieren sollen, desto leichter fällt die Entscheidung, was genau Sie machen. Die Ziele, die Sie verfolgen, können ganz unterschiedlich sein mit Blick darauf, was die Teilnehmer*innen erleben sollen, z. B.:
Inspiration: Dies lässt sich erreichen, indem Sie den Teilnehmer*innen zeigen, wie Sie die einzelnen Schritte der GFK in Ihrem Alltag einsetzen. Erzählen Sie auch Geschichten, die besser verdeutlichen, welche Rolle die GFK im Leben bestimmter Menschen gespielt hat.
Kompetenzaufbau: Wählen Sie Übungen aus, die es allen Teilnehmer*innen ermöglichen, auf diese Art und Weise unterschiedliche Kommunikationsfertigkeiten zu trainieren.
Verbindung: Wenn die Teilnehmer*innen nach Möglichkeiten suchen, eine tiefere Verbindung zwischen den Mitgliedern der Gruppe herzustellen, verwenden Sie kurze Übungen oder Spiele, die sich auf den Erfahrungsaustausch konzentrieren.
Unterschiede erkunden und erfahren: Vielleicht möchten Sie, dass jemand den Unterschied erlebt, was es heißt, „mit Sympathie gehört zu werden“ und mit „Empathie gehört zu werden“. Wählen Sie hierfür Übungen oder Aktivitäten aus, die die Teilnehmer*innen dazu einladen, anderen zuzuhören und sich selbst auszudrücken. Sie können mit unterschiedlichen Formen des Rollenspiels experimentieren oder versuchen, herausfordernde Botschaften in „leicht verständliche“ Nachrichten zu verwandeln.
Intellektuelles Verstehen: Sie können sich auch auf die Beschreibung der verschiedenen Schritte der GFK konzentrieren, auf deren grundlegende Prinzipien und einige Schlüsselunterscheidungen, um ein klares und verständliches Bild des Prozesses zu zeichnen.9
Spaß haben: Es gibt viele nützliche Spiele und leichte Übungseinheiten, um zu lernen, wie man mithilfe der GFK kommunizieren kann.
10. Welche Sitzordnung?
„Der Kreis ist die fundamentale Geometrie einer offenen menschlichen Kommunikation.“
(Harrison Owen)10
Seit Urzeiten sitzen Menschen in Kreisen, um zu reden, Konflikte zu bewältigen und Entscheidungen zu treffen. Den meisten von uns ist der Mythos von König Artus und den Rittern der Tafelrunde vertraut. Artus förderte die Zusammenarbeit und kultivierte die Einheit, indem er einen runden Tisch für seine Ritter baute, sodass bei Beratungen alle gleich waren. Untersuchungen der UBC Sauder School of Business zeigen, dass die mythischen Ideen des Königs Sinn ergeben. Die Forscher ließen Gruppen von Probanden eine kreisförmige und eine quadratische Sitzordnung einnehmen. Sie entdeckten: Wenn die Probanden in einem Kreis saßen, konzentrierten sie sich mehr auf Freundschaft und gegenseitige Fürsorge. In der quadratischen Anordnung hingegen achteten sie mehr auf Selbstverwirklichung. Der Kreis hat weder ein Oben noch ein Unten, auch verfügt er nicht über Seiten, die man einnehmen muss. In einem Kreis treffen wir uns einfach von Angesicht zu Angesicht. Im Kreis zu sitzen scheint für viele Menschen ein natürlicher Weg zu sein, mit anderen in Kontakt zu kommen. Eine der Forscherinnen, Juliet Zhu, behauptet, dass „die geometrische Form, in der wir sitzen, uns subtil beeinflusst, indem sie unsere Bedürfnisse nach Zusammensein oder Individualität stimuliert“.
In den meisten GFK-Trainings, an denen ich teilgenommen oder die ich geleitet habe, saßen wir im Kreis. Ich habe mich aus verschiedenen Gründen für diese Form entschieden: Im Kreis können alle einander sehen, wodurch der Dialog erleichtert wird. Die Form erleichtert es ebenfalls allen, jeden zu hören. Keine andere Form der Sitzordnung unterstützt die Interaktionen, wie es der Kreis tut. Die Werte, die für die GFK stehen – Gegenseitigkeit und die Bedürfnisse aller zu hören –, werden durch diese Art des Sitzens unterstützt. Das Sitzen im Kreis wird seit Jahrtausenden auf der ganzen Welt praktiziert, aber für Menschen, die z. B. mehr an Stuhlreihen gewöhnt sind, kann es sich immer noch seltsam anfühlen. Wenn Menschen entdecken, dass im Kreis jeder mehr Einfluss auf das haben kann, was man gemeinsam macht, kann das Spannungen reduzieren. Das ist ein Teil der Schönheit, die das Sitzen im Kreis ausmacht: Die Macht wird zwischen allen verteilt, und alle können von allen leicht gehört und gesehen werden. Der Kreis stärkt auch die Verbindung zwischen den Teilnehmer*innen, wenn sie sich gegenseitig anschauen können, anstatt nur nach vorne auf die Leitung zu blicken. Die Struktur vieler Schulungen und Konferenzen, in denen die GFK vermittelt wird, ist von dem Format „Open Space“ inspiriert. Das ist eine von Harrison Owen begründete Konferenzform, die es ermöglicht, dass die Fähigkeiten und Kenntnisse der gesamten Gruppe ihren Platz finden.11
Verwenden Sie den Kreis nicht, weil Sie denken, Sie müssen im Kreis sitzen. In einigen Räumen und in einigen Kontexten funktioniert der Kreis auch nicht. In diesen Fällen tun Sie das, was der Situation am besten entspricht.
11. Was sollen die Teilnehmer*innen mit nach Hause nehmen?
Sie können sich beispielsweise darauf konzentrieren, Klarheit zu schaffen, und hierfür einige Grundannahmen der GFK oder Schlüsselunterscheidungen (siehe Anhang) heranziehen. Sie können ein oder zwei Beispielsituationen vorstellen, mit denen die Teilnehmer*innen nach dem Workshop selbstständig üben können. Eine klare Fokussierung erleichtert Ihnen die Auswahl von Aktivitäten und Übungen. Vielleicht gibt es einige Dinge, die Sie den Teilnehmer*innen gerne zum Weiterüben ans Herz legen möchten. Bedenken Sie dabei jedoch: Die Teilnehmer*innen entscheiden selbst, was für sie am wichtigsten ist. Ich versuche auch, nicht alles im selben Training oder Vortrag zu behandeln, da ich aus meiner eigenen Erfahrung weiß, dass die GFK schrittweise erlernt wird.
12. Welche Strategien werden Sie nutzen?
Schauen Sie noch einmal auf das zurück, was Sie bisher herausgefunden haben, und nehmen Sie sich zur Beantwortung der gleich folgenden Fragen etwas Zeit. Fahren Sie mit den Punkten 13–16 fort, um die Dinge noch deutlicher zu machen.
13. Wie möchten Sie Ihren Vortrag eröffnen?
Wie möchten Sie sich selbst vorstellen, und was möchten Sie zu Ihren Absichten für dieses Training, diesen Workshop oder dieses Seminar sagen? Vorschläge dazu finden Sie in Kapitel 1.
14. Wie bringen Sie den Workshop zum Abschluss?
Ich beende die Trainings meistens mit einer Art Austausch von Dankbarkeit oder konzentriere mich darauf, wie die gemeinsame Zeit unsere Bedürfnisse erfüllt hat. Während eines GFK-Trainings ist es leicht, sich hauptsächlich darauf zu konzentrieren, wie wir mit herausfordernden Situationen, schwierigen Gesprächen und inneren oder äußeren Kräften verschiedenster Natur umgehen. Allzu leicht vergessen wir dabei: Eine der Stärken der GFK besteht darin, den „Scheinwerfer“ auf die Dinge zu richten, die es wert sind, gefeiert zu werden. U. a. aus diesem Grund ende ich genau mit diesem Fokus. Ein weiterer Grund ist: Die Teilnehmer*innen erfahren auf diese Weise, wie GFK in Situationen eingesetzt werden kann, die so verlaufen sind, wie wir es uns gewünscht haben. Weitere Vorschläge zum Abschluss finden Sie unter Abschnitt 3.6.3.
15. Was ist mitzubringen?
Wenn Sie regelmäßig Schulungen veranstalten oder Vorträge halten, dann habe ich einen heißen Tipp für Sie: Erstellen Sie eine Art „Packliste“, die sich für jeden Anlass verwenden lässt. Auf dieser Liste kann beispielsweise Folgendes stehen: Bleistifte, Papier, Flipchart, Klebeband, Schere, Namensschilder, Handouts, Feedback-Formulare und Kontaktinformationen für diejenigen, die weitermachen möchten.
16. Fallstricke
Gibt es etwas, das in einer bestimmten Situation besonders herausfordernd ist? Etwas, worauf Sie sich selbst vorbereiten können? Welche Vorbereitungen – im Innen oder im Außen – können Sie treffen, um sich sicherer im Umgang mit Herausforderungen zu fühlen?
Die intensive Beschäftigung mit der GFK kann emotionale Prozesse auslösen: interessante, lehrreiche, aber auch beängstigende. Emotionale Prozesse können lernförderlich sein, aber auch vom Lernen ablenken. Beides gilt sowohl für diejenigen, die gerade starke Gefühle erleben, als auch für diejenigen, die bei anderen solche Prozesse beobachten.
Welche Rolle emotionale Prozesse im Training spielen können oder sollen, hängt natürlich davon ab, zu welchem Zweck dieses Training zustande kommt, warum alle da sind, wie die Beziehungen der Teilnehmer*innen zueinander aussehen usw. Für mich selbst empfinde ich es als eine großartige Unterstützung, mir darüber im Klaren zu sein, mit welcher Intention ich die GFK vermittle. Komme ich mit einer Gruppe zusammen, damit die Teilnehmer*innen lernen, wie man auf andere Weise kommuniziert oder mit Konflikten umgeht, achte ich darauf, mich nicht für tiefere emotionale Prozesse zu öffnen. Stattdessen konzentriere ich mich auf die Dinge, die meiner Meinung nach mehr zum Lernen beitragen.
Das gilt insbesondere für bereits bestehende Gruppen, die sich miteinander nicht völlig sicher fühlen oder nicht an verletzliche Offenheit gewöhnt sind. In solchen Gruppen setze ich in der Regel meine „neutralen“ Übungen ein. Diejenigen, die es wollen, können in diesen Übungen persönliche Beispiele verwenden. Es ist aber genauso gut möglich, mit fiktiven Beispielen (die in den Übungen enthalten sind) zu arbeiten. So muss niemand etwas teilen, das für ihn oder sie eine Herausforderung sein könnte. Beispiele für solche Übungen finden Sie in Abschnitt 3.5.1. Meiner Erfahrung nach reichen bereits die Grundprinzipien der GFK aus, um darüber nachzusinnen. Wenn jemand persönliche Beispiele teilen möchte, empfange ich das mit Empathie und Fürsorge. Ich überlasse es dann so weit wie möglich der Person selbst, darüber zu entscheiden, wie offen sie oder er mit dem sein möchte, was in ihr / ihm gerade vorgeht. Habe ich die Vermutung, dass wir in Bereiche vordringen, die mehr Zeit in Anspruch nehmen, als ich mir gerade wünsche, kann ich sagen, dass ich den Fokus verlagern möchte. Manchmal nehme ich mir bei Bedarf im Anschluss noch Zeit mit der betreffenden Person.
Wenn ich die GFK vermittle, dann will ich in erster Linie Fertigkeiten teilen, die für mich selbst von unschätzbarem Wert waren und sind. Weiterbildung hat für mich in erster Linie mit dem Erlernen neuer Fähigkeiten zu tun und nicht so sehr mit dem Umgang mit emotionalen Prozessen. In bestimmten Situationen können diese Fähigkeiten jedoch auch dazu beitragen, dass wir innere Prozesse in einer neuen Tiefe bewältigen können.
Es folgen nun einige Ideen zu möglichen Inhalten. Was Sie nutzen möchten, hängt natürlich davon ab, wieviel Zeit Sie zur Verfügung haben. Betrachten Sie alles Folgende bitte als Vorschläge – als Inspirationsquelle, wenn Sie entscheiden, was Sie anbieten möchten.
Vorschlag 1
Themen:
Ablauf:
Verwenden Sie kurze Übungen zu einer oder mehreren der Grundkomponenten. Halten Sie sich kurz, sodass Sie noch Zeit zum Auswerten haben, und geben Sie Hinweise dazu, wo man weitere Informationen über die GFK finden kann. Beenden Sie pünktlich mit einer Art Feedback oder Auswertungsrunde.
Vorschlag 2
Themen:
Ablauf:
Machen Sie einige kurze Übungen rund um einige der Grundkomponenten, wobei Sie diese dann mit den Schlüsselunterscheidungen verbinden oder mit den von Ihnen ausgewählten zentralen Annahmen. Sagen Sie, wo die Teilnehmer*innen weitere Informationen über die GFK finden können. Beenden Sie pünktlich mit einer Art Feedback oder Auswertungsrunde.
Vorschlag 1
Themen / Ablauf:
Sagen Sie, wo die Teilnehmer*innen weitere Informationen über die GFK finden können. Beenden Sie pünktlich mit einer Art Feedback oder Auswertungsrunde.
Vorschlag 2
Themen:
Ablauf:
Passen Sie das Thema an die Gruppe an, indem Sie beispielsweise eine Variation der Übung „Kommunikationscocktail“ oder „Die vier Arten des Zuhörens“ einbeziehen. Geben Sie Auskunft darüber, wo die Teilnehmer*innen mehr Informationen zur GFK finden können. Enden Sie pünktlich, mit der Möglichkeit, Feedback zu erhalten.
Themen / Ablauf:
Themen / Ablauf:
Ziel:
Vorbereitung: Erstellen Sie eine Liste mit Sätzen Ihrer Wahl, die Beobachtungen, Gefühle, Bedürfnisse und Bitten abdecken. Um die zur Verfügung stehende Zeit effektiv zu nutzen, können Sie im Vorfeld ein Flipchart, ein Handout oder ein Whiteboard vorbereiten.
Diese Übungen ermöglichen eine aktive Teilnahme der Lernenden und können nach Belieben abgewandelt werden. Kündigen Sie vor den Übungsphasen an, dass es für Diskussionen jeweils nur einige Minuten geben wird, und halten Sie den Zeitplan ein, damit Sie alle Grundkomponenten behandeln können. Achten Sie darauf, dass die Lernenden nicht in langen Diskussionen stecken bleiben, und stellen Sie sicher, dass am Ende noch Zeit für Fragen, Beispiele und Erklärungen bleibt.
Beispiel: „Ich habe es nicht geschafft, meinen Computer vor dem Urlaub in die Reparatur zu bringen und du hast sofort gesagt: ‚Ich mache das, der Laden liegt auf meinem Weg zur Arbeit.‘“
Verwenden Sie die „Liste von Gefühlswörtern“ auf Seite 209 und finden Sie Begriffe, die beschreiben, was jemand fühlen könnte, wenn er sagt:
„Ich brauche mehr Zeit für mich allein.“
„Ich brauche innere Ruhe.“
Welcher dieser Sätze beschreibt eine Strategie, um ein Bedürfnis zu erfüllen, und welcher Satz beschreibt ein universelles Bedürfnis?
„Ich möchte, dass du mich mit Respekt behandelst.“
„Ich möchte, dass du mir in die Augen schaust, wenn ich mit dir rede.“
„Ich möchte, dass du mir zuhörst.“
„Ich möchte, dass du so lange mit dem Sprechen wartest, bis ich mit dem Reden fertig bin. Ist das o. k. für dich?“
Identifizieren Sie die Sätze, die eine konkrete, machbare Handlung zum Ausdruck bringen, und die Sätze, die dies nicht tun. Welche der Sätze drücken dem anderen gegenüber ganz klar aus, was er oder sie tun soll?
Diese Übung eignet sich für Gruppen von drei bis zehn Teilnehmenden. Man kann sie in 10 Minuten durchführen oder, wenn es den Teilnehmer*innen Spaß macht und sie die Übung sinnvoll finden, auch auf einen Zeitraum von einer Stunde ausdehnen. Erlauben Sie das spielerische Ausdrücken von Wünschen, die nicht so sorgfältig vorbereitet sind.
Mit dieser Übung lässt sich lernen, wie man im Alltag anders um einen Gefallen bittet, als man es normalerweise tut. Man stellt konkrete, machbare Bitten, wobei es nicht um sofortige Perfektion geht, sondern um das Lernen an sich. Sind wir nämlich mit anderen verbunden, können wir unsere Bitten auch eher salopp vortragen und erhalten dennoch Hilfe.
Vor Beginn dieser Übung können Sie miteinander vereinbaren, auch die Komponenten Beobachtung, Gefühle und Bedürfnisse zu üben. Es ist aber genauso gut möglich, nur die Komponente „Bitten in der GFK“ zu üben.
Ablauf: Bitten Sie die Teilnehmer*innen, im Kreis Platz zu nehmen. Person A beginnt. Sie wendet sich der rechts neben ihr sitzenden Person B zu und äußert eine Bitte. B wird dann entscheiden, ob die Frage von A eine klare, machbare Bitte ist oder nicht. Wenn Person B das, worum A bittet, als machbare Bitte wahrgenommen hat, sagt sie „Ja“.
Dann macht Person B weiter und wendet sich an die rechts neben ihr sitzende Person C mit einer anderen machbaren Bitte. Wenn C „Nein“ sagt, liegt das daran, dass C das Anliegen von B nicht als machbare Bitte wahrnimmt, und C erklärt dann, woran das liegt. Wenn B die Erklärung von C nicht versteht oder nicht akzeptiert, kann die Gruppe helfen. Ermöglichen Sie der Person, die sich im Bitten übt, so viele Gelegenheiten, wie sie braucht, um ihr Anliegen als klare Bitte zu formulieren.
Beachten Sie bitte Folgendes: Die Person, die die Bitte stellt, muss sich nicht unbedingt vorher überlegen, worum sie bittet und wie sie dies gemäß der GFK-Kriterien (s. u.) tun soll. Die Teilnehmer*innen werden wahrscheinlich viel mehr Spaß haben und mehr lernen, wenn sie spontan Bitten an ihre Sitznachbar*innen richten und erst danach untersuchen, ob diese Bitten den GFK-Kriterien entsprechen. Spielen Sie mit einer Mischung aus Alltagssprache und „klassischer“ GFK.
Anhand der folgenden Kriterien können Sie entscheiden, ob das, worum jemand bittet, im Sinne der GFK eine Bitte ist oder nicht:
Variante: Wenn Sie üben möchten, Bitten an eine Gruppe zu richten, dann gehen Sie wie oben beschrieben vor. Die bittende Person wendet sich dann allerdings nicht nur an eine neben ihr sitzende Person, sondern an die ganze Gruppe. Anschließend entscheidet auch die gesamte Gruppe, ob die geäußerte Bitte den o. g. Kriterien entspricht oder nicht.
Ziel der Übung: Die Teilnehmer*innen lernen darauf zu achten, welche Art der Sprach bzw. welche Überzeugungen eher verbindungsfördernd oder verbindungsbehindernd sind. Sie lernen auch den Umgang damit.
Zweck:
Vorbereitung / Materialien:
Bereiten Sie DIN-A4-Karten für die folgenden Punkte vor (pro Punkt eine Karte):
Urteil: gut / schlecht / richtig / falsch
Etiketten: Ich bin … / Du bist … / Sie sind …
Vorwurf: Schuld
Etwas verdient haben: Strafe / Belohnung
Keine Wahl: Kann nicht / muss / soll
Forderung: Drohung
Vorgehensweise: