EINLEITUNG
Das ZUGANGEBOT
Die ZUGKOMPOSITION
Zermatt am Fuße des MATTERHORNS
Ausflug zum GORNERGRAT
Erste Etappe: ZERMATT – BRIG
Exkurs: BRIG
Zweite Etappe: BRIG – ANDERMATT
Ausflug über die Furka Bergstrecke von REALP NACH OBERWALD
Exkurs: ANDERMATT
Dritte Etappe: ADNDERMATT – DISENTIS
Exkurs: DISENTIS
Vierte Etappe: DISENTIS – CHUR
Exkurs: CHUR
Ausflug nach AROSA
Fünfte Etappe: CHUR – FILISUR
Ausflug von FILISUR NACH DAVOS
Sechste Etappe: FILISUR – ST. MORITZ
Ausflug nach SAMEDAN
Exkurs: ST. MORITZ
Ausflug von St. Moritz mit dem Bernina Express NACH ITALIEN
Der Glacier Express (im heutigen Kursbuch als GEX bezeichnet) feiert 2020 seinen 90. Geburtstag. Er wird von den Schweizern stets mit einem gewissen Stolz als der langsamste Schnellzug der Welt bezeichnet. Tatsächlich benötigt dieser Zug für die Tagesreise auf der ca. 290 km langen Strecke zwischen Zermatt im Wallis und St. Moritz in Graubünden knapp 8 Stunden. Das entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von immerhin 40 km/h, inklusive aller Aufenthalte in den Stationen. Dass in der heutigen zunehmend beschleunigten Gesellschaft ein Zug mit Langsamkeit beworben wird, erscheint anachronistisch, ist für den Glacier Express aber genau zutreffend. Der Großteil seiner Fahrgäste will überhaupt nicht so schnell wie möglich von einem Ort zum anderen befördert werden, sondern möchte ganz in Ruhe die Fahrt selbst genießen. Für sie ist der Spruch „Der Weg ist das Ziel“ der Grundsatz für einen erholsamen und dennoch interessanten Tag im Zug.
Aber die niedrige Geschwindigkeit ist nicht das alleinige Qualitätsmerkmal des Luxus-Zuges. Auch der für einen Schmalspurzug außergewöhnlich hohe Komfort und die großen Panoramafenster, durch die die Fahrgäste die vorüberziehende grandiose Bergwelt sowohl im Sommer als auch im Winter bequem von ihren Sitzen beobachten können, locken jährlich rund 240 Tausend Fahrgäste aus rund 50 Nationen der Welt an. Die vom Glacier Express befahrene Strecke mit 291 Brücken und 91 Tunneln durch die drei Schweizer Kantone Wallis, Uri und Graubünden ist sicherlich einzigartig.
Vergleichen kann man das Innere eines Glacier-Express-Wagens mit dem langgestreckten Zuschauerraum eines 3D-Kinos, aus dessen Polstern die Gäste durch die großen Panoramafenster das dargebotene, recht abwechslungsreiche Programm verfolgen können. Im Gegensatz zu Kino und Theater gehören im Glacier Express Kulisse und Darsteller aber zur Realität und können in Echtzeit betrachtet werden. Wer diese Außenwelt nicht nur sehen, sondern auch hören, riechen und fühlen will, kann unter Komfortverzicht alternativ die abschnittsweise auf gleicher Strecke verkehrenden Regionalzüge benutzen, bei denen sich vielfach noch die Fenster öffnen lassen.
Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich, zumal verschiedenste Landschafträume vom fast mediterranen Rhonetal bis zu baumlosen Hochgebirgsregionen durchfahren und zwei europäische Wasserscheiden überquert werden. Ein zu Beginn der Reise verschüttetes Glas Wasser gelangt über die Rhône ins Mittelmeer, vergießt man es zwischen dem Furka- und dem Albulatunnel, nimmt es den Weg über den Rhein in die Nordsee und aus dem Engadin landet es über Inn und Donau im Schwarzen Meer.
Die Höhendifferenz zwischen den beiden Endbahnhöfen Zermatt (1605 m) und St. Moritz (1775 m) beträgt zwar nur 170 m, aber der Glacier Express muss unterwegs mehrfach deutlich höhere Pässe erklimmen und in viel tiefere Täler hinabsteigen. Im Laufe der Fahrt über die Gesamtstrecke überwindet der Zug in der Summe zusätzlich 5264 Höhenmeter, und zwar zur Hälfte abwärts und zur Hälfte aufwärts. In dieser Beziehung liegt er weltweit ganz vorne, sogar vor den Zügen der Andenbahnen und der Lhasa-Bahn.
Der vorliegende Reiseführer soll Sie auf Ihrer Fahrt im Glacier Express von Zermatt nach St. Moritz begleiten. Text und Fotos weisen Sie rechtzeitig auf aus dem Zug sichtbare Sehenswürdigkeiten, ungewöhnliche Ausblicke und bahntechnische Besonderheiten hin, damit Sie darauf stets vorbereitet sind und die entscheidenden Sekunden nicht verpassen. Die Angabe dieser Zeitpunkte erfolgt häufig mit Bezug auf den letzten planmäßigen Halt bei planmäßiger Fahrzeit. Durch betriebsbedingte Zwischenhalte – beispielsweise beim Warten auf einen verspäteten Gegenzug – kann sich die Fahrzeit verlängern, und die Sehenswürdigkeit würde dann entsprechend später am Zugfenster erscheinen. Allerdings sind Verspätungen auf der Route des Glacier Express genauso wie auf allen Bahnstrecken der Schweiz eine seltene Ausnahme.
Mit einem grauen Kasten im oberen Teil der Seite markiert sind die Texte zusätzlicher Empfehlungen für Ausflüge oder Stadtbesichtigungen entlang der Fahrtstrecke, die Sie vor, nach oder bei einer Unterbrechung der Reise mit dem Glacier Express unternehmen können.
Zwei Bahngesellschaften sind für die Betriebsführung des Zuges verantwortlich. Auf der westlichen Hälfte der Fahrtstrecke zwischen Zermatt und Disentis werden vom Glacier Express die Gleise der Matterhorn Gotthard Bahn (MGB) mit ihren steilen Zahnstangenabschnitten befahren. Auf der östlichen Hälfte zwischen Disentis und St. Moritz nutzt der Zug einen Teil des Netzes der Rhätischen Bahn (RhB), auf dem wegen des reinen Adhäsionsbetriebes die Strecken nicht so steil sind. Die nicht minder großen Höhenunterschiede werden mit Kehrschleifen und zahlreichen Kehrtunneln überwunden werden. Beide Varianten der Trassierung von Bahnstrecken im Hochgebirge haben ihren besonderen Reiz.
Seit der Eröffnung des Furkatunnels im Jahre 1982 verkehrt der Glacier Express fast ganzjährig mit einer kurzen Pause von Mitte Oktober bis zur zweiten Dezemberwoche. Obwohl gerade der Winter in der schneereichen Bergwelt seine besonderen Reize hat, reicht bis Mitte April je ein täglicher Zug pro Fahrtrichtung. Diese Stammzüge mit den Abfahrtszeiten 8:52 Uhr in Zermatt und 9:15 Uhr in St. Moritz führen seit März 2019 erstmals neben der ersten und der zweiten Klasse einen Wagen der „Excellence Class“ für die besonders anspruchsvolle Kundschaft mit. Die beiden Züge begegnen sich mittags um 12:45 Uhr in dem kleinen Bahnhof Mumpé-Tujetsch. Ab Mitte Mai folgt beiden Zügen jeweils ein weiterer Glacier Express im Abstand von genau einer Stunde. Da selbst die Gäste aus fernen Ländern inzwischen ein dichtes Besuchsprogramm und zu wenig Zeit für eine Fahrt über die Gesamtstrecke haben, verkehren ab Mitte Mai Glacier-Express-Züge auf Teilstrecken, die es ausdauernden Bahnfahrern sogar ermöglichen, eine Hin-und Rückfahrt über einen Großteil der Gesamtstrecke an einem Tag durchzuführen. So verkehrt ein Zug für Frühaufsteher bereits um 7:02 Uhr ab St. Moritz bis Brig, der von dort nach einem halbstündigen Aufenthalt wieder zurückfährt (St. Moritz an 20:58 Uhr). Nicht 14, sondern „nur“ 12 Stunden unterwegs ist der auf die Teilstrecke Zermatt – Chur – Zermatt beschränkte Glacier Express mit einem fast einstündigen Aufenthalt in der Hauptstadt Graubündens. Dieses recht dichte Angebot mit drei, zwischen Brig und Chur sogar vier Zugpaaren pro Tag im Sommer ermöglicht Fahrgästen, die für eine ganztägige entschleunigte Reise keine Lust haben oder unterwegs eine Pause einlegen möchten, Fahrkarten für Teilstrecken zu lösen. Das beliebige Ein-und Aussteigen ist inzwischen mit Ausnahme der Zwischenhalte auf der Albulabahn an allen planmäßigen Haltestationen möglich: In Tiefencastel, Filisur und Samedan darf man in Züge Richtung St. Moritz nicht einsteigen und in der Gegenrichtung nicht aussteigen, um eine Belegung der Plätze für Kurzstrecken zu vermeiden.
Neben diesen regelmäßig verkehrenden Glacier-Express-Zügen gibt es noch Sonderzüge, teilweise mit historischen Wagen oder mit Laufweg über die Furka-Bergstrecke.
Der Glacier Express besteht in der Regel aus sechs komfortablen, in den Schweizer Nationalfarben lackierten Panoramawagen mit dem Schweizer Kreuz an den Übergängen. Bei der Abfahrt in Zermatt befinden sich vorne hinter der Lok die drei Wagen der zweiten Klasse. Die Inneneinrichtung besteht entsprechend der Fensterteilung aus 12 Tischen mit jeweils 4 Sitzplätzen. Jeder Wagen bietet somit 48 Sitzplätze, die Hälfte davon am Fenster. In den beiden Wagen der ersten Klasse am Schluss des Zuges sind die Sitze breiter, so dass auf einer Wagenseite die Tische mit nur zwei Sitzplätzen ausgestattet sind. Hier haben von den 36 Fahrgästen pro Wagen 24 einen Fensterplatz. Zwischen den beiden Wagenklassen befindet sich der vollständig rot lackierte Servicewagen, in dem hinter den schmalen Fenstern die hochwertigen, zum Teil frisch zubereiteten Speisen für die Bedienung am Platz bereitgestellt werden. Die glatten Seitenwände bieten Platz für das großformatige Logo des Glacier Express. In einem Drittel dieses Wagens ist die Panoramabar platziert. Sie ist ein beliebter Treffpunkt für Fahrgäste, die sich mit Mitreisenden aus anderen Ländern der Welt und aus ganz anderen Kulturkreisen austauschen möchten oder einfach nur Souvenirs und Geschenke kaufen wollen.
Seit dem 2.3.2019 ist in den beiden Stammzügen ein besonders komfortabler Panoramawagen eingereiht. Um hier Platz nehmen zu dürfen, muss der Fahrgast nicht nur die 1. Klasse buchen, sondern zudem einen Zuschlag von 420 Schweizer Franken entrichten. Als Gegenleistung bietet der Wagen 10 Tische mit jeweils zwei elektrisch verstellbaren Borcad-Sesseln an, an denen mittags von einem Butler ein 5-Gänge-Menü mit Weinbegleitung serviert und am Nachmittag die Tea Time stilvoll genossen werden kann. An einem Ende des Wagens befindet sich kein Wagenübergang, sondern über die gesamte Breite die Glacierbar, die exklusiv den Fahrgästen der „Excellence Class“ vorbehalten ist und an der man Champagner schlürfen kann. An ihrer Decke ist ein riesiger Kompass installiert, der insbesondere in den Spiraltunneln zum Amüsement der Fahrgäste beiträgt. Bespannt wird der Glacier Express auf dem Streckenabschnitt der Matterhorn Gotthard Bahn (MGB) zwischen Zermatt und Disentis von den 1985 bis 1990 abgelieferten Loks der Serie HGe 4/4II für gemischten Adhäsions- und Zahnradbetrieb. Die 13 Exemplare ziehen nicht nur den Glacier Express, sondern auch andere Reisezüge und sogar Güterzüge über die Schmalspurgleise der MGB. Die Bezeichnung HGe 4/4II verrät viel über die Technik der Lokomotive:
H: |
Zahnradantrieb |
G: _ |
Schmalspur |
e: _ |
elektrischer Antrieb |
4/4: |
4 angetriebene Achsen von insgesamt 4 Achsen |
II: |
römische 2, die besagt, dass es sich um die zweite Loktype dieser Bauart handelt |
Auf dem Netz der RhB werden vorzugsweise die recht betagten Loks der Serie Ge 4/4II vor den Glacier Express gespannt. Die 10 ältesten von Ihnen wurden bereits im Jahre 1973 gebaut, 13 Schwestermaschinen sind rund 11 Jahre jünger. Alle Exemplare tragen noch stolz das Wappen von Graubünden mit dem Steinbock als Wappentier an der Lokfront. Gelegentlich erscheinen aber auch deren Nachfolger Ge 4/4III aus den 1990er Jahren an der Zugspitze. Der auf den Laufweg St. Moritz – Brig und zurück beschränkte Glacier Express wird am frühen Morgen und späten Abend auf der Albulabahn an den planmäßigen InterRegio angehängt, der von einer Ge 4/4III (morgens) oder einem hoch modernen dreiteiligen Triebwagen des Typs „Allegra“ (abends) gezogen wird. Allegra ist nicht nur ein weiblicher Vorname, sondern auch ein rätoromanischer Gruß („Freue Dich!“) vom Vormittag bis zum Nachmittag.
Bahngesellschaft |
MGB |
RhB |
||
Typ |
HGe 4/4II |
Ge 4/4II |
Ge 4/4III |
ABe 8/12 „Allegra“ |
Anzahl Lokomotiven |
13 |
23 |
12 |
15 |
Hersteller |
BBC, ABB, SLM |
SLM |
SLM/ABB Adtranz |
Stadler Rail |
Indienststellung |
1986 1989–1990 |
1973/1984 |
1993/94/99 |
Ab/since 2010 |
Spurweite |
1000 mm |
1000 mm |
1000 mm |
1000 mm |
Achsformel |
Bo’Bo’ |
Bo’Bo’ |
Bo‘Bo‘ |
Bo’Bo’+2’2’+Bo’Bo’ |
Dienstmasse |
64 t |
50 t |
62 t |
122 t |
Länge über Puffer |
14,80 m |
12,94 m |
16,00 m |
49,50 m |
Höchstgeschwindigkeit Adhäsion |
100 km/h |
90 km/h |
100 km/h |
100 km/h |
Höchstgeschwindigkeit Zahnrad |
40 km/h |
-- |
-- |
-- |
Anzahl der Motoren |
4 |
4 |
4 |
8 |
Stundenleistung |
1932 kW |
1700 kW |
3100 kW |
2800 kW |
Dauerleistung |
1875 kW |
1400 kW |
2400 kW |
2320 kW |
Anzahl Sitzplätze |
-- |
-- |
-- |
100 |
Teilstrecke |
Zermatt-Disentis |
Disentis-St. Moritz |
St. Moritz-Chur |
Chur-St. Moritz |
Das Bergsteigerdorf Zermatt (1620 m) ist weltbekannt durch seine Lage am Fuße des Matterhorns (4478 m), des Berges der Berge schlechthin. Das Matterhorn, von der Zermatter Bevölkerung „Ds Hore“ oder „Ds Horu“ genannt, ist zwar nur der fünfthöchste Berg der Schweiz und nur der siebthöchste Gipfel der Alpen, aufgrund seiner hakenartigen Pyramidenform auf einem 2000 m hohen Plateau und seiner freistehenden Lage jedoch der ungewöhnlichste Berg und eine Herausforderung für jeden Bergsteiger.
Die ursprüngliche römische Siedlung Pratobornum (Matte im Quellgebiet bzw. in den Grenzmarken) lag in der Nähe zum Theodulpass, über den schon die Römer ihren Süd-Nord-Handel betrieben. In die Dorfgemeinschaft von 100 Familien des seit 1495 umbenannten zer Matt (zur Wiese) wurde im 17. Jahrhundert nur der Gomser Hotelier Seiler aufgenommen. Im 19. Jahrhundert kamen erste Bergsteiger nach Zermatt. Allgemein bekannt wurde das Matterhorn jedoch erst 1849 durch den englischen Maler John Ruskin. 1838 eröffnete der Arzt Josef Lauber das erste Gasthaus Mont Cervie mit 3 Gästebetten.
Zwischen 1850 und 1860 wurde die Straße zwischen St. Niklaus und Zermatt für Postkutschen ausgebaut. Angetrieben durch den beginnenden Alpinismus errichtete Alexander Seiler 1855 das erste Hotel Monte Rosa, zunächst allerdings nur für die Sommersaison. 1858 wurde ein Bergführerverein gegründet.
Am 14.7.1865 erfolgte die Erstbesteigung des Matterhorns durch eine 7-köpfige Seilschaft unter der Leitung des Engländers Edward Whymper, welche den Gipfel drei Tage vor einer anderen Seilschaft erreichte. Der Abstieg endete für vier Bergsteiger aber tödlich, nachdem einer von ihnen ausgeglitten war und drei weitere mitgerissen hatte. Nur durch das Reißen des Seils wurden Whymper sowie Vater und Sohn Taugwalder, zwei Zermatter Bergführer, vor dem Tod gerettet. Das gerissene Seil kann heute im Matterhorn Museum Zermatlantis besichtigt werden. In dessen unterirdischer Museumswelt befindet sich darüber hinaus ein dem ehemaligen Dorfplatz nachgebildeter Museumsdorfplatz mit begehbaren Gebäuden, in denen die Geschichte Zermatts und des Horu wie seine dramatische Erstbesteigung anschaulich nacherzählt werden. Die Gräber der verunglückten Erstbesteiger liegen auf einem Friedhof auf einer Halbinsel zwischen Vispa und Triftbach.
An der Fassade des Hotels Monte Rosa, in dem schon Edward Whymper logierte, können Sie eine ihm gewidmete Gedenktafel finden.
Die Eisenbahnstrecke von Visp nach Zermatt wurde nach nur zweieinhalb Jahren Bauzeit im Jahre 1891 eröffnet. Die Eisenbahningenieure hatten mit großer Voraussicht verstanden, dass die Landbevölkerung des Mattertals ihren Lebensunterhalt auch anderweitig verdienen musste: Die bis dahin von der Außenwelt abgeschnittenen, von ihrem Land lebenden Bewohner mussten sich auf den Tourismus umorientieren, um ihre Familien zu ernähren. Die neue Bahnverbindung brachte den Menschen aus dem Mattertal mit den Touristen einen neuen Wirtschaftszweig und Wohlstand.
Unterstützt wurde der Aufbau des Tourismus durch die 1895 in Betrieb genommene Gornergratbahn.
Beide Bahnen wurden zunächst nur im Sommer befahren.
Nachdem Hermann Seiler 1902 den ersten Skikurs der Schweiz angeboten und Ende 1928 sogar seine englischen Stammgäste zum Winterurlaub eingeladen hatte, wurde Zermatt jedoch immer mehr für Wintertouristen attraktiv. Die Visp-Zermatt-Bahn fuhr deshalb 1928 erstmals auch im Winter.
Heutzutage ist Zermatt der südlichste Sommer- und Wintersportort der Schweiz. Im Sommer locken 400 km Spazier- und Wanderwege sowie ein Sommerskigebiet, im Winter 360 km Skipisten und 30 km Wanderwege.
Schon auf der 600 m langen Bahnhofstraße im Zentrum registriert man positiv, dass im ganzen autofreien Zermatt nur Elektrofahrzeuge, Pferdekutschen und –schlitten fahren dürfen. Durch das Zentrum fließt die Mattervispa. Der ursprüngliche Dorfcharakter ist noch am ehesten auf dem Marktplatz oder an der englischen Kirche und angeschlossenem Friedhof mit vielen Bergsteigergräbern nachzuempfinden.
Seit 2009 fährt die Gondelbahn Matterhorn-Express von Zermatt über Furi zum Schwarzsee mit Blick auf das Schwarzsee paradise und weiter über Furgg bis Trockener Steg. Vom Schwarzsee (2583 m) über Staffel und Staffelalp steigen geübte Bergsteiger über den Hörnliweg bis zur Hörnlihütte (3260 m) zum Base Camp Matterhorn auf, um – teilweise nach dem Besuch der Bergführerkapelle Maria zum See – den Gipfel des Matterhorns zu erklimmen. Der Plan der Schweizer Ingenieure Henri Golliez und Xavier Imfeld von einer Matterhornbahn aus dem Jahre 1906, wodurch jedermann den Gipfel des Berges hätte erreichen können, wurde abgelehnt. So bleibt der Zugang zum Gipfel nur den Bergsteigern vorbehalten. Der Bergführer Ulrich Inderbinen (1900–2004) bestieg das Matterhorn, zuletzt 90-jährig, insgesamt 371 Mal.
Viele Touristen fahren vom Trockenen Steg (2939 m) zum Klein Matterhorn (3820 m), in dessen Innerem ein Aufzug zum Gipfel führt. Dort befindet sich auf 3883 m der höchste mit einer Bahn zu erreichende Aussichtspunkt Europas mit Blick auf das Matterhorn glacier paradise und die französischen Alpen sowie bis nach Italien zur Po-Ebene.
Mit einer Tunnelbahn, der Alpenmetro Sunnegga, kann man das Sunnegga paradise östlich von Zermatt auf 2280 m Höhe erreichen. Mit einer Gondelbahn geht es dann weiter zum Blauherd (2577 m) und dann weiter mit einer anderen Gondelbahn zum Rothorn paradise auf das Rothorn (3103 m).
Mancher Tourist findet Gefallen am Heliskiing in der Region Zermatt von insgesamt fünf Gipfeln aus.
Vor und nach solchen Hochgenüssen wird noch aufs Beste für das kulinarische Wohl gesorgt. Überall lockt in der Sommersaison die berühmte Walliser Aprikosenwähe, die man auch im Glacier Express probieren kann. In der Zermatter Bäckerei Fuchs gibt es das berühmte Bergsteigerbrot sowie Whymperli in Form des Matterhorns, Zermatter Birnbrot und die berühmte Zermatter Nusstorte. Höhepunkt sind handgemachte Matterhörnli, deren Füllung sogar auf Wunsch des Kunden individuell angefertigt wird.
In der Zermatter Horu-Käserei werden neben verschiedenen Bergkäse- und Joghurtsorten Zermatter Kräuterkäse mit Kräutern vom Furi und eine spezielle Zermatter Fondue-Mischung angeboten.
Die Bergbauern Zermatts schätzen die kleinen, aber kräftigen Eringer-Rinder, die im Mattertal schon seit Jahrhunderten gezüchtet werden. Eringer-Rinder zählen zu den kleinsten Rinderrassen Europas und können sich unproblematisch auf steilen Hängen halten. Vom Zugfenster aus kann man sie auf den Weiden und Wiesen im Mattertal beobachten. Darüber hinaus sind die Walliser Kuhkämpfe mit dieser Rasse berühmt. Zunächst als Wintervorrat, später als Delikatesse wird das Fleisch dieser Tiere seit dem 14. Jahrhundert zur Herstellung von Walliser Trockenfleisch verarbeitet, das im Gegensatz zum Bündner Trockenfleisch ausschließlich aus Schweizer Fleisch besteht.