Die Serie SPACE TROOPERS ist packende und actionreiche Military Science Fiction. Im Kampf gegen die Aliens entscheidet sich das Schicksal der gesamten Menschheit. Für Fans von Battlestar Galactica und Leser von David Weber oder Jack Campbell.
Dieses Collector’s Pack enthält die Folgen 7-12.
P. E. Jones ist das Pseudonym einer deutschen SF-Autorin. Sie wurde 1964 geboren, lebt und arbeitet in der Pfalz. Seit ihrer Kindheit faszinieren sie vor allem Science-Fiction- und Fantasy-Stoffe. Sie ist ein begeisterter Trekkie und besucht die verschiedensten Universen regelmäßig in Rollenspielen.
Folgen 7-12
beBEYOND
Digitale Originalausgabe
»be« - Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment
Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln
Textredaktion: Dr. Arno Hoven
Lektorat/Projektmanagement: Stephan Trinius
Illustrationen: Illustration Arndt Drechsler basierend auf Quellen von Fotolia und Canstock
eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf
ISBN 978-3-7325-4179-9
www.be-ebooks.de
www.lesejury.de
Folge 7
Das Artefakt
Die Wohnung kam Lien leer vor ohne ihren Mann, vor allem nach den Wochen, die sie in der Nervenheilanstalt verbracht hatte. Dass man sie hatte gehen lassen, kam ihr beinahe wie ein Wunder vor. Ein wenig hatte sie das Gefühl gehabt, als wäre sie nicht zu ihrem Schutz dort gewesen, sondern als hätte man sie wegsperren wollen. Als hätte jemand Angst vor dem gehabt, was sie tun könnte.
Umso erstaunter war sie über ihre Entlassung gewesen. Sollte es da einen Zusammenhang mit dem Besuch dieses freundlichen Reporters gegeben haben, der sie über Kim und dessen Soldatenfreunde befragt hatte? Wie war doch gleich sein Name gewesen? Jerry Gebhardt, richtig. Er war sehr interessiert gewesen an Kims neuem Freund, diesem sympathischen jungen Mann mit den rotblonden Haaren, den Kim bei seinem Erdenbesuch vor einigen Monaten als Zacharias vorgestellt hatte. Zusammen mit Wang hatte sie damals vergeblich versucht, Kim zum Bleiben zu bewegen. Und nun war auch Wang gegangen.
Lien ließ die Reisetasche im langen Flur stehen, hängte ihren Mantel ordentlich auf und tauschte ihre Straßenschuhe gegen die bestickten Hausschuhe. Der dicke Teppich schluckte das Geräusch ihrer Schritte, als sie ins Wohnzimmer ging.
Einen Augenblick blieb sie dort stehen und sah sich um. Sie dachte an ihr früheres Leben und vor allem an Wang. Er hätte jetzt genauso gut in seinem Büro im Glaspalast sein können. Oder er hätte jeden Augenblick nach Hause kommen und sie mit einem Kuss auf die Stirn begrüßen können. Aber Wang würde nie wieder nach Hause kommen.
Und Kim? Was war mit Kim? Würde er zurückkehren?
Ihr einziger Sohn, der irgendwo da draußen im kalten Weltall gegen einen furchtbaren Feind kämpfte. Der verraten und verkauft worden war von der Regierung, in deren Namen er sein Leben riskierte.
Sie erinnerte sich an den Brief von Kim, in dem er ihren Mann darum gebeten hatte, der Regierung der Vereinten Nationen die Kredite zu kündigen. Wang hatte den Brief in seinem Arbeitszimmer verbrannt, kurz bevor er im Büro dieses verräterischen Präsidenten angerufen hatte, um Kims Bitte nachzukommen. Sie erinnerte sich auch an die Stimme des Mannes am anderen Ende der Leitung – arrogant und abweisend hatte sie geklungen. Der Mann hieß Georges De La Reye und war der Sicherheitsberater des Präsidenten.
Sie erinnerte sich auch an De La Reyes Worte: Ob Wang sich der Konsequenzen bewusst sei, wenn er seine Drohung wahr mache. Ob er sein Handeln gegenüber den Vereinten Nationen verantworten könne. Ob er wisse, dass diejenigen, die er damit bestrafen würde, weder der Präsident noch der Senat seien, sondern die einfachen Leute auf der Straße.
Natürlich war Wang sich dessen bewusst gewesen. Sie beide hatten lange darüber gesprochen. Aber letztendlich hatte er sich dazu verpflichtet gefühlt – Kim zuliebe. War es Zufall gewesen, dass es nur eine Woche danach ein Bombenattentat auf das Bürogebäude der Zentralbank gegeben hatte, bei dem Wang starb?
Ohne es recht zu wollen, betrat Lien Wangs Heimbüro. Auch hier erinnerte nichts daran, dass er tot war. Oder doch? Vielleicht die Post, die ungeöffnet auf dem Schreibtisch lag. Langsam ging Lien um das schwere dunkle Möbelstück herum und setzte sich auf den ledernen Stuhl. Ihre Hände zitterten, als sie das zerknitterte Schriftstück aus der Tasche ihrer Kaschmirweste holte und glatt strich.
Wie oft hatte sie diese Worte bereits gelesen? Aber an ihrem Inhalt hatte sich nichts geändert. Wang hatte durch eine Abstimmung erwirkt, dass sie, Lien, im Falle seines Todes den Vorsitz der Bank antreten sollte. Die Abstimmung hatte wenige Tage vor seinem Tod stattgefunden. Als hätte er geahnt, dass er bald sterben würde.
Mit immer noch zitternden Händen zündete Lien ein Räucherstäbchen an und legte es in die dafür vorgesehene Schale. Dieselbe Schale, in der Wang vor einigen Wochen Kims Brief verbrannt hatte.
Es musste einen Grund dafür gegeben haben, dass ihr Sohn darum gebeten hatte, der Regierung damit zu drohen, die Kredite platzen zu lassen. Kim tat nichts ohne Grund. Er war ein guter Junge – und das Allerwichtigste, was ihr noch geblieben war.
Und sie wollte keine Han-Sung mehr sein, wenn sie ihn nicht in seinem Bestreben unterstützte. Selbst wenn das bedeuten sollte, dass ein Bombenattentat auf sie verübt wurde – so wie auf Wang – oder man sie am Ende wieder in die Klinik einwies.
Es gab eine neue Regierung, die nun die Vereinten Nationen lenkte. Ein Admiral in weißer Uniform hatte sich mit Waffengewalt an die Spitze gebracht. Aber die, die ihn unterstützten, waren immer noch dieselben wie zuvor. In Wirklichkeit hatte sich also nichts geändert. Das hatte Lien in ihrem Leben gelernt. Mochten die Gesichter derjenigen, die an der Macht waren, auch ausgetauscht werden, letztendlich änderte sich nichts. Feigheit und Korruption wechselten nur ihre Namen.
Die Vereinten Nationen waren krank, zerfressen von der Gier der Mächtigen nach immer mehr Geld. Jene Gier, die auch zum Krieg gegen die Islamisten geführt hatte und laut Kims Worten ebenfalls zum Krieg gegen diese Aliens, gegen die er kämpfte. Ihr Mann und ihr Sohn hatten recht. Es war an der Zeit, dass irgendjemand ein Zeichen setzte. Und sie hatte die Macht dazu. Wang hatte sie ihr übertragen.
Wie in Trance holte Lien das weiße Papier aus der obersten Schreibtischschublade und öffnete den Federhalter ihres Mannes. Der technische Schnickschnack war ihr zuwider. Sie schrieb ihre Anweisung an die Zentralbank lieber mit feiner, akkurater Schrift auf altmodischem Papier. Morgen würde die ganze Welt wissen, dass die Kredite der Vereinten Nationen gekündigt worden waren.
Für Kim.
Und für Wang.
Sie war es ihnen schuldig.
John spürte den Blick von Gunnery Sergeant Hartfield auf sich, als er sich als Letzter in die Reihen der Soldaten auf dem Hangardeck quetschte. Der alte Fuchs schien sein Auge wie immer überall zu haben, selbst dann, wenn er für Colonel Forsman Spalier stehen musste.
John hasste es, zu diesen großen öffentlichen Zeremonien antanzen zu müssen. Ein Trost war, dass er erst vor Kurzem eine Beförderung erhalten hatte. Also würde man ihn heute wohl nicht nach vorne rufen, um ihm vor den Augen aller Lametta anzuheften. Die Ausgehuniform, die überall zwickte, musste er trotzdem tragen; und das allein war schon schlimm genug.
»Aaaachtung!«, rief Hartfield.
Die Bewegungen der zahlreichen Füße, die in Habachtstellung gebracht wurden, hallten dumpf im Hangar wider. Dann schritt Colonel Forsman, ein ergrauter Hüne, zwischen seinen Offizieren hindurch vor die Reihen der Soldaten.
John entdeckte Uniformen aller Gattungen: Troopers, Techniker und Schiffsmannschaft. Auch von den Offizieren waren nahezu alle vertreten. Selbst Captain Fajid, die weißhaarige Frau mit der großen Erfahrung und Autorität, war anwesend. Auch First Lieutenant Goldblum durfte nicht fehlen – die Frau, die ihn mehrmals vom Leben zum Tod befördern wollte und dafür noch nicht einmal belangt wurde, weil niemand es nachweisen konnte.
Schließlich blieb Forsman stehen und sah sich abwartend um. Es hatte den Anschein, als wollte er sich vergewissern, dass niemand fehlte.
Schmerzlich wurde sich John der Lücken in ihren Reihen bewusst: eine Folge der Kämpfe gegen die Aliens. Auch in seinem Fireteam fehlte jemand. Ophelia befand sich immer noch auf der Krankenstation, nachdem sie bei der Evakuierung der letzten Kolonie verletzt worden war. Aber Hauptsache, sie lebte und kam bald wieder auf die Beine.
»Um den Gerüchten zu begegnen, die auf der Washington kursieren, habe ich mich dazu entschlossen, ihnen allen einen kurzen Abriss der aktuellen Geschehnisse auf der Erde zu geben«, verkündete Forsman.
Gemurmel machte sich breit, das jedoch schnell wieder verstummte. John hob erwartungsvoll den Kopf. Er ahnte jetzt, was Forsman ihnen allen mitteilen wollte.
»Die Vereinten Nationen werden zurzeit von einer Notfallregierung unter Admiral Held geführt, nachdem die Opposition ein Misstrauensvotum gegen Präsident Green gestellt und die Admiralität daraufhin einen Putsch durchgeführt hat.«
Stimmen wurden laut. Sowohl Oppositionsführer Symore als auch Held wurden mit wenig schmeichelhaften Bezeichnungen belegt. Doch Hartfield schaffte mit einem einzigen »Ruhe!« wieder Ordnung.
Unbeeindruckt fuhr Forsman fort: »Den Anstoß für diese Entwicklungen gaben Teile des Explorationsberichts über den Kassiopeia-Sektor, die öffentlich wurden und die belegten, dass die Regierung unter Präsident Green von der Existenz der Aliens wusste. Und zwar bevor der Kassiopeia-Sektor zur Kolonisation freigegeben wurde.«
Ein Pfiff ertönte. Aber dieses Mal genügte bereits ein Blick von Hartfield, damit wieder Schweigen herrschte.
»Meine Offiziere und ich bedauern zutiefst die Verluste, die durch Fehlentscheidungen der alten Regierung verursacht wurden – sowohl auf Seite der Zivilisten als auch des Militärs. Auch ich kann den Entschluss, der zur Freigabe des Kassiopeia-Sektors führte, nicht gutheißen. Dennoch muss ich an dieser Stelle betonen, dass ich die Offenlegung der Dokumente zu diesem prekären Zeitpunkt und unter den gegebenen Umständen aufs Schärfste verurteile. Umso mehr, als die Offenlegung von diesem, meinem Schiff ausging und durch einen meiner Männer hinter meinem Rücken erfolgte. Ich schwöre Ihnen, dass der Schuldige mit gebotener Härte verurteilt wird, sobald wir seiner habhaft sind. Und das werden wir! Daher appelliere ich an Sie alle, uns dabei zu unterstützen, diesen Verräter ausfindig zu machen, um ihn seiner gerechten Strafe zuführen zu können. Damit an ihm ein Exempel statuiert werden kann. So wahr mir Gott helfe!«
Forsmans sonst so ruhiger Bass war mit jedem Wort zorniger geworden. Die letzten Worte schrie er wie eine Kampfansage. Noch nie hatte John den Colonel so in Rage erlebt. Im Hangar war es im Anschluss so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören.
Dann ging ein sichtlicher Ruck durch den hünenhaften Körper des Colonels. Seine zornige Miene glättete sich. Er zog seine Uniform gerade und wandte sich den Reihen seiner Offiziere zu.
»Nichtsdestotrotz möchte ich den Augenblick nutzen, um eine Person unter meinen Offizieren zu belobigen – für ihren kühlen Kopf, den sie angesichts eines Hackerangriffs auf unseren Zentralcomputer bewahrte und durch den sie Schlimmeres von uns abwandte.«
Eine erwartungsvolle Pause entstand.
John glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen. Wollte Forsman etwa Goldblum dafür belobigen, dass sie ihre Falle durchkreuzt hatte, die sie dem Verräter hatten legen wollen?
»First Lieutenant Elizabeth Goldblum, treten Sie vor!«
Die rothaarige Offizierin mit den Kurven eines Models trat mit selbstzufriedenem Lächeln vor. Forsman schüttelte ihr die Hand und überreichte ihr eine kleine Schatulle.
»Hiermit überreiche ich Ihnen in Anerkennung Ihrer herausragenden Leistungen im Kampf gegen unseren Feind die Ehrenmedaille in Silber.«
Forsman salutierte. Die anderen Offiziere und die Soldaten taten es ihm gleich. Dann wurde der erste Hochruf laut.
»Ich könnte kotzen!«, schrie John und trat gegen Ophelias Krankenbett.
Die Erschütterung pflanzte sich fort bis in ihren Brustkorb und schürte den Schmerz, der dort immer noch wohnte. »Beruhige dich«, presste sie hervor.
Er fuhr zu ihr herum, als habe ihn eine Schlange gebissen. »Beruhigen soll ich mich? Diese Schlampe, diese Fotze, diese … diese …«
»John, du sprichst über einen Offizier!«
»Na und? Sie hat versucht, mich umzubringen. Sie hat versucht, uns alle umzubringen. Sie hat -«
»John, verdammt! Man kann dich hören. Willst du, dass wir beide vor dem Kriegsgericht landen?«
Nervös sah Ophelia sich um. Die Betten in der Krankenstation waren nur durch Vorhänge voneinander getrennt. Sie bezweifelte zwar, dass ihre Bettnachbarn klar genug im Kopf waren, um mitzukriegen, was John da redete. Aber wenn sich Schwester Lombard zufällig in der Nähe aufhielt, konnte das ernsthafte Konsequenzen haben.
»Das ist die Wahrheit, und das weißt du sehr gut. Ich -«
»John«, keuchte Ophelia.
Mit schmalen Lippen holte er Luft und stützte sich auf ihr Bett. »Ich wünsche mir«, zischte er mit vor Zorn glitzernden Augen, »ich könnte meine Hände um ihren dürren Hals legen und langsam zudrücken, bis ihre Augen aus den Höhlen quellen und ihre Zunge blau wird.«
»Es reicht«, flüsterte sie. »Wenn du mir nichts anderes zu sagen hast, kannst du sofort wieder gehen.«
Zornig starrte er sie an, bis er sich abrupt vom Bett abstieß und ihr wieder den Rücken zukehrte.
Bei dieser Bewegung erbebte die Matratze unter ihr und erschütterte ihren Körper, sodass die Verletzung wieder schmerzte. Wider Willen entschlüpfte ihr ein leises Stöhnen.
Mit gerunzelter Stirn drehte er sich zu ihr um. »Hast du Schmerzen?«
»Nein, ich liege hier nur so zum Spaß«, fauchte sie.
Es war schon erstaunlich genug, dass er sie fragte. Noch seltsamer war, dass er sich plötzlich behutsam auf die Bettkante setzte. Einen Augenblick hatte sie sogar den Verdacht, er wollte ihre Wange streicheln. Aber er musterte sie nur besorgt. »Ich bin ein Esel«, sagte er plötzlich. »Wie lange musst du eigentlich noch hierbleiben?«
Das war so verdächtig nah an einer Entschuldigung, dass sie glaubte, sich verhört zu haben. »Mindestens noch zwei Wochen. Aber bis wir die Erde erreichen, bin ich wieder fit, meint Doktor Donaghue. Wir fliegen doch zur Erde, oder?«
»Wüsste nicht, wo wir sonst hinfliegen sollten, nachdem die letzte Kolonie gefallen ist. Irgendjemand muss die Erde doch raushauen, oder?«
»Sag mal«, fragte sie mit leichtem Spott, »wolltest du dich eben etwa entschuldigen?«
»Möglicherweise.«
»Hey! Wer bist du? Und was hast du mit John gemacht?«
Er grinste. »Ich bin sein Doppelgänger. Hast du das nicht bemerkt?«
»Sehr witzig.« Nun, da er ihr so nahe war, konnte sie nicht widerstehen, und strich über seinen Arm.
In seinen hellen Augen blitzte es. Aber ehe er sich verdrücken konnte, fasste sie nach seinem Handgelenk. Sie wusste, dass sie ihn nicht festhalten konnte – schon gar nicht in ihrem Zustand. Aber sie wusste auch, dass er sich nicht mit Gewalt losreißen würde. Nicht in diesem Augenblick.
»Hör mal«, bat sie leise, »pass in Zukunft ein bisschen besser auf, was du zu wem sagst! Denn wenn du jetzt in der Brigg landest, kann ich dich dort nicht einmal besuchen. Und wer soll dir dann Lebwohl sagen, ehe du erschossen wirst?«
Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem frechen Grinsen. »Heißt das etwa, du würdest mich vermissen?«
»Halt die Klappe, du Idiot! Versprichst du mir das?«
Wieso nur hatte sie jedes Mal das Verlangen, ihn zu streicheln, wenn er sie so ansah?
»Ich dachte, ich soll die Klappe halten!«
»Versprochen?« Sacht zupfte sie an seinem Ohr.
Jetzt lächelte er. »Aber nur, weil du es bist.«
»Da stimmt was nicht«, sagte Harlan.
Damit sprach er endlich aus, was John schon seit geraumer Zeit dachte. Denn würde alles in Ordnung sein, wären sie nach ihrer Ankunft im Antares-Sektor schon längst durch das Sprungtor in Richtung Erde geflogen. Stattdessen hingen sie nun schon seit einigen Stunden mehr oder weniger an einer Stelle. Als würden sie auf irgendetwas warten.
Johns Blick fiel unwillkürlich auf Ophelias leeres Bett. Wie jedes Mal in den letzten paar Wochen, wenn er es sah, wurde ihm bewusst, wie sehr sie ihm fehlte, obwohl er sie jeden Morgen an ihrem Krankenbett besuchte. Nur ein paar Tage noch, dann würde man sie aus der Krankenstation entlassen. Das hatte sie ihm bei seinem heutigen Besuch gesagt. Aber die Zeit bis dahin schien sich zu dehnen wie Kaugummi.
»Wenn ihr mich fragt, dann wartet hier jemand auf Befehle«, knurrte Phil. Mit düsterer Miene starrte er auf die Tür ihres Quartiers.
Kim, der auf seinem Bett lag, beugte sich mit einem Ruck vor. »Du meinst, die … äh … Regierung ist wieder handlungsunfähig? Ein neuer Putsch? Oder …«
Phil schüttelte den Kopf. »Unwahrscheinlich.«
»Was dann?«
Es war so offensichtlich, auf was alle hier warteten, dass John sich wunderte, weshalb es niemand aussprach. »Warum schaust du nicht nach?«, fragte er Kim unschuldig.
»Null Problemo!« Kims Augen leuchteten auf. Sofort sprang er von seinem Bett herunter, kramte sein Pad hervor und begann, die Abdeckung der Gegensprechanlage neben der Tür zu lösen.
Wortlos postierte Chadim sich an der Tür.
»Muss das wirklich sein«, warnte Mirek.
Aber niemand schien gewillt, seine Worte zu beachten.
Ebenso wortlos wie Chadim setzte John sich zu Kim auf das Bett neben der Tür. Phil zog sich den Stuhl heran, während Harlan wartete, bis er sich über Phils Schulter beugen konnte.
Geübt schloss Kim derweil das Pad an ein paar Kabel an, die er aus der gelösten Abdeckung gezogen hatte. Dann huschten seine Finger über die Tasten des Pads.
»Such nach den Funkverbindungen der letzten Stunden«, sagte Phil.
»Hab sie schon.« Kims Augen leuchteten. »Zwei Stück. Die letzte Aufzeichnung ist ´ne knappe halbe Stunde alt.«
»Na, dann mach schon«, knurrte Phil
Da war schon Forsmans Bass aus Kims Pad zu hören.
»Hier spricht Colonel Forsman von der Washington. Erbitte nochmals Anweisung für Zielort. Forsman, Ende.«
Statisches Rauschen antwortete.
»Hier spricht Colonel Forsman von der Washington. Erbitte Anweisung für Zielort. Verteidigungsministerium, hören Sie mich?«
»Hier spricht der kommissarische Verteidigungsminister Etherton. Bleiben Sie dran, Washington! Ende.«
»Kommissarisch?«, echote Kim. »Wieso denn kommissarisch?«
John wäre froh gewesen, wenn er wenigstens gewusst hätte, was kommissarisch überhaupt bedeutete.
»Wahrscheinlich wurde der vorherige Minister abgesetzt und ein Nachfolger noch nicht offiziell benannt«, antwortete Mirek aus dem Hintergrund.
»Schnauze!« Phil wirkte ungehalten.
Immerhin erklärten Mireks Worte halbwegs, was mit kommissarisch gemeint war.
»Washington für Verteidigungsministerium. Hören Sie uns?«
»Washington hört.«
»Neuer Zielort für die Washington ist Kassiopeia 1.3. Bestätigen!«
Eine merkliche Pause entstand, ehe Forsman erwiderte: »Erbitte Wiederholung.«
»Neuer Zielort der Washington ist Kassiopeia 1.3. Suchen Sie nach möglichen Ursachen für den Überfall der Aliens. Bestätigen!«
»Spinnen die?«, platzte es aus John heraus.
»Scht«, machten Harlan und Kim gleichzeitig, während Phil ihm gegen den Kopf schlug.
»… Art von Ursachen sollen wir suchen?«
»Suchen Sie nach Ruinen einer fremden Zivilisation. Entsprechende Karten gehen Ihnen zu. Schließen Sie nichts aus! Das Ergebnis Ihrer Suche könnte von eminenter Bedeutung sein. Melden Sie Ihre Ergebnisse direkt an die Innere Sicherheit der Vereinten Nationen! Erbitte Bestätigung!«
»Washington hat verstanden!«
»Verteidigungsministerium, Ende.«
Die Stimme ging in statischem Rauschen unter. Dann herrschte atemlose Stille im Quartier.
»Das darf doch nicht wahr sein, oder?«, stöhnte Harlan.
Als würde sofort die Antwort auf seine Frage kommen, knackte es in der Gegensprechanlage, und aus dem Lautsprecher ertönte Forsmans Stimme. John spürte, wie Kim neben ihm vor Schreck zusammenzuckte.
»Hier spricht Colonel Forsman. Unsere Befehle haben sich geändert. Wir fliegen Kassiopeia 1.3 an. Halten Sie sich für weitere Kampfeinsätze bereit! Forsman, Ende.«
»Na klasse«, knirschte John. »Anstatt heimzukehren dürfen wir wieder unseren Arsch riskieren!«
»Team Alpha übernimmt Planquadrat A5, Bravo B5, Delta A6 und Gamma B6.« Bei diesen Worten zeigte Hartfield auf die Karte, die an der Wand des Besprechungsraums hing.
John entdeckte darauf einen Ausschnitt der Oberfläche des Planeten Kassiopeia 1.3, der in fein säuberliche Quadrate unterteilt worden war. Jedes von ihnen trug das Kürzel eines Fireteams. John musterte die Karte, fand das Planquadrat seines Teams und kontrollierte, welche Einheiten den benachbarten Quadraten zugeteilt waren. Es gab keine Berührungspunkte mit Corporal Stannis´ Fireteam, wie er feststellte. Das war das Entscheidende. Mit dem Rest konnte er leben.
»Sie haben drei Tage Zeit, um ihr Gebiet zu durchkämmen«, fuhr Hartfield fort. »Dann wechseln wir den Quadranten. Also machen Sie Ihre Arbeit sorgfältig. Wenn Sie etwas übersehen, wird niemand zurückkehren, um es zu überprüfen.«
Die Planquadrate maßen zehn mal zehn Kilometer. Das konnte man schaffen, falls das Gebiet nicht zu unwegsam war. Aber daran wollte John lieber nicht denken.
»Das Gelände ist teilweise sehr hügelig und zudem dicht bewaldet. Machen Sie sich auf Gewaltmärsche gefasst. Zudem gab es Feindsichtungen an der Grenze von Planquadrat A5.«
»Was ist mit Fernerkundung, Sir?«, warf Elba mit seinem sonoren Bass ein.
»Negativ. Alle bisherigen Scans und Erkundungsflüge wurden durch die Turbulenzen in der oberen Atmosphäre und die Umschichtung des Magnetfelds gestört und führten zu keinen Ergebnissen. Das Gute daran ist, dass auch der Feind keine Luftunterstützung hat. Seien wir froh, dass wir dank dieser Karte wenigstens den Suchradius einigermaßen einschränken konnten.«
Mit einem Kopfnicken wies Hartfield auf eine Karte, die die gesamte Hemisphäre umfasste und auf der ein Kreis eingezeichnet war. Allerdings enthielt sie nur wenige Details. John erkannte sie sofort. Das war tatsächlich der schlechte Abdruck einer Karte aus dem Sheldon-Bericht.
»Wann starten wir?«, fragte er.
»Morgen. Packen Sie Ihre Sachen, und halten Sie sich bereit.«
John war sich nicht mehr sicher, ob er sich darüber freuen sollte, dass Ophelia für diensttauglich erklärt worden war. Der Wind pfiff durch die offene Luke, und der Wald, dem sich die bockende Landefähre näherte, wirkte alles andere als einladend. Die Fähre konnte unmöglich landen, also würden sie sich trotz der vielen Luftlöcher abseilen müssen. In der Krankenstation wäre Ophelia wesentlich besser aufgehoben gewesen.
Unwillkürlich sah John in ihre Richtung. Im selben Augenblick wurde die Fähre so stark geschüttelt, dass er gegen die Kabinenwand prallte. Mit einem zornigen Ruck klinkte er sich in der Abseilvorrichtung ein. »Okay, ich zuerst. Dann Chadim, Phil, Oph, Kim, Harlan und Mirek. Zusammenbleiben. Wer unten ist, sichert. Alles klar?«
Er sah sechs hoch gereckte Daumen und meldete dem Piloten per Helmfunk: »Ready!«
Ein »Go!« kam als Antwort.
Ohne sich noch einmal umzudrehen, sprang John ins Nichts. Dann vergaß er alles andere. Die Wipfel der Bäume kamen in schwindelerregender Schnelligkeit auf ihn zu. Er wusste, dass er rechtzeitig abbremsen und sich ausklinken musste. Aber er genoss das Kribbeln so sehr, dass er wartete, bis die Wipfel ihn streiften. Natürlich war der Bremsweg dadurch zu kurz. Hart kam er am Boden auf, konnte den Aufprall aber durch eine Rolle abmildern.
Das Gewehr im Anschlag sah er sich um. Merkwürdig geformte, in sich verdrehte Gewächse bogen sich im Wind. Sie sahen eher wie die Karikaturen von Bäumen und Sträuchern aus. John hatte gewusst, was ihn erwartete, schließlich hatte er vor einem knappen halben Jahr den von Aliens drastisch veränderten Wald nahe der Kolonistenstadt gesehen. Aber dass die Umwandlung in der Zwischenzeit auch in diesem weit abgelegen Areal so weit fortgeschritten war, damit hatte er nicht gerechnet.
Ein Krachen in den Ästen kündete Chadim an. Als John das dumpfe Geräusch hörte, mit dem der Araber auf dem Boden landete, drehte er sich kurz um und deutete hinter sich. Chadim gab das Okay-Zeichen und sicherte nach hinten.
Kurz darauf kam Phil mit dem Granatwerfer. Nun, da John die schwere Waffe bei sich wusste, fühlte er sich gleich ein wenig sicherer. Unwillkürlich ertappte er sich dabei, dass sein Blick sich nach oben richtete, da jetzt Ophelia herabkommen würde. Wie gebannt starrte er hoch, bis ihre schlanke Gestalt endlich den Boden erreicht hatte und ihm ihr hochgereckter Daumen verkündete, dass alles in Ordnung war. Pflichtschuldig wandte er sich wieder dem Teil des Waldes zu, den er eigentlich sichern sollte, und wies Ophelia an, neben Phil zu warten.
Das war nicht gut, schoss es ihm durch den Kopf. Das war ganz und gar nicht gut. Er mochte sie zu sehr.
Es gab gute Gründe, nichts mit einem Mitglied des eigenen Teams anzufangen. Erst recht, wenn man der Anführer war. Besser, er fing gleich damit an, ein wenig mehr Abstand zu halten.
Nach wenigen Minuten waren endlich alle um ihn versammelt, und das Seil verschwand zwischen dem Grün der Bäume. Nun waren sie bis auf die regelmäßigen Meldungen an Hartfield auf sich allein gestellt. Das flaue Gefühl in seiner Magengegend nahm zu.
»Chadim zu mir«, sagte er. »Wir zwei gehen vor. Kim, Oph, Flankendeckung. Phil, Mitte. Mirek, Harlan, Nachhut.«
Sie waren am Rande ihres Planquadrats auf halber Höhe eines Hanges gelandet. Er peilte die gegenüberliegende Hügelkette an, weil er sich von dort einen Überblick über ihr Gebiet verschaffen wollte. Um dorthin zu gelangen, mussten sie wohl oder übel das Tal durchqueren.
Sie marschierten den Hang hinunter, und je tiefer sie kamen, umso dichter wurde die Vegetation. Es blies ein recht starker Wind, von dem sie im Wald jedoch wenig mitbekamen. Riesige dunkle Blüten erhoben sich an den Ästen über ihren Köpfen, und Lianen wurden zu Stolperfallen. Die Wipfel der verdrehten Bäume rückten immer enger zusammen, je weiter sie nach unten kamen. Und der Hang wurde zunehmend steiler.
»Zusammenrücken!«, befahl John.
Er hatte keine Lust, einen seiner Teamkameraden in dem Maul einer Blüte zu verlieren oder in einem Bodenloch, das durch den dicken Moosteppich unter ihren Stiefeln verdeckt wurde.
Am frühen Nachmittag erreichten sie endlich den Talboden. Das Licht war dunkelgrün. Tiefe Schatten lauerten hinter jedem der fremdartigen Gewächse. Es war, als befänden sie sich am Grund eines Meers aus grünen Blättern.
Obwohl John eigentlich am Grunde des engen Tals hatte rasten wollen, wartete er jetzt nur so lange, bis alle einen Schluck getrunken hatten, ehe er mit den Aufstieg begann. Dass sich die anderen genauso ungemütlich fühlten wie er, erkannte er daran, dass niemand protestierte.
Der Aufstieg war noch schlimmer als der Abstieg. Vermoderte Baumstämme versperrten ihnen den Weg, und das Moos auf den Steinen war an manchen Stellen kniehoch. John hatte zunehmend das Gefühl, darin zu versinken. Als wäre das Moos ein gigantisches Lebewesen, das sie in sich hineinsaugen wollte.
Er musste sich schütteln, um den Gedanken loszuwerden. So unbequem er den Combatsuit fand, in diesem Augenblick war er froh darum, ihn zu tragen. Denn er war eine Hülle, die ihn von dem schmatzenden Moos trennte, das nach ihm zu gieren schien, als wollte es kosten, ob es sich lohnte, den Panzer zu knacken.
Wie sehr ihn dieses Grauen trieb, bemerkte er erst, als er keuchend die Kuppe des windigen Hügels erreichte. Es dämmerte schon. Sie waren den ganzen Tag gelaufen, ohne eine nennenswerte Pause zu machen. Aber wer hätte schon in diesem Tal eine Pause machen wollen?
Nach Atem ringend, blieb er stehen und sah sich um, während die anderen nach und nach zu ihm aufschlossen. Kim und Ophelia ließen sich gleichzeitig nebeneinander auf den steinigen Boden fallen, während Mirek und Phil sich an einen Baum lehnten. Auch Harlans Brust pumpte sichtlich nach Luft. Einzig Chadim schien unbeeindruckt.
»Alter«, keuchte Harlan. »Wir sind am Arsch.«
Im Stillen konnte John ihm nur beipflichten. Denn was er von hier oben sah, gefiel ihm kein bisschen. Die Hügel, die sie zu allen Seiten umgaben, waren nicht nur ausgesprochen schroff, sondern durchzogen zudem das Gebiet wie sich umeinander windende Ketten. Dieses Gelände in drei Tagen zu durchkämmen war schlicht unmöglich.
»Und hier sollen Ruinen sein?«, fragte Phil. »Welcher Idiot baut in diesem Gelände denn eine Stadt?«
John hatte es nicht aussprechen wollen, aber der gleiche Gedanke war ihm auch bereits gekommen.
»Was ist das?«, rief Kim und zeigte mit der ausgestreckten Hand in Richtung der untergehenden Sonne.
Er war aufgestanden und hatte sich neben John gestellt. Johns Blick folgte Kims Finger und fand die Spiegelung, die Kim meinte.
»Könnte ein See sein«, mutmaßte Phil.
Die Worte erinnerten John an etwas. »Kim, war da nicht irgendwas über einen See in den Kommunikationsaufzeichnungen?«
»Ich glaub schon.«
Nachdenklich musterte John das helle Gleißen.
»Wenn ihr mich fragt«, sagte er schließlich, »dann suchen wir an der falschen Stelle.«
Harlan war heilfroh, dass John sie am nächsten Tag dem windigen Höhenrücken folgen ließ. Zwar bedeutete dies, dass sie sich auf einer sich schlängelnden Route durch ihr Planquadrat bewegten. Aber jeder Umweg war besser, als noch einmal dieses lichtlose Tal durchqueren zu müssen. Allein bei dem Gedanken daran richteten sich all seine Nackenhaare auf.
Als die Abenddämmerung hereinbrach, glaubte er seine Beine nicht mehr zu fühlen, so erschöpft war er. Dabei hatten sie gerade mal die Hälfte ihres Gebiets durchwandert. Der morgige Tag würde um keinen Deut leichter sein. Und die Aussicht, dass die ganze Schinderei ziemlich sinnlos war, machte das Ganze nur noch schlimmer.
Schweigend schlang Harlan seine Tagesration hinunter. Aber auch die anderen schienen wenig erpicht auf ein Gespräch zu sein.
»Ophelia und ich übernehmen die erste Wache, Mirek und Phil die zweite, Harlan und ich die dritte, Kim und Chadim die letzte«, sagte John, nachdem sie schweigend ihr karges Essen beendet hatten.
Harlan seufzte. Nicht genug, dass Ophelia erneut bevorzugt wurde, sondern John meinte obendrein, zwei Wachen übernehmen zu müssen.
Phil stieß Harlan den Ellbogen zwischen die Rippen. »Sagst du es ihm oder ich?«, raunte er.
Beschwichtigend legte Harlan die Hand auf Phils Arm. »Hör mal, John! Nichts für ungut. Ist ja okay, wenn du zwei Wachen übernimmst, aber lass uns nicht wie völlige Waschlappen dastehen. Nimm wenigstens die erste und die letzte. Damit wir uns ein bisschen besser fühlen.«
John antwortete nicht.
In die Stille hinein platzte Kim: »Ich kann mit Harlan die dritte Wache übernehmen.«
Einen Augenblick hatte Harlan den Eindruck, John wollte ihn anschnauzen. Doch nach einer kleinen Pause zuckte er nur mit den Schultern.
»Okay – Mami Harlie. Aber das Wiegenlied kannst du dir sparen. Nur damit das klar ist.«
Harlan lachte. »Hey, dabei hatte ich mir schon eins zurechtgelegt. Das trifft mich jetzt echt hart.«
»Idiot«, knurrte John. Aber er grinste dabei.
»Ich glaube, vor ein paar Monaten wäre John dir wegen des Vorschlags noch an die Kehle gegangen. Meinst du nicht?«, fragte Kim.
Die Gestalten der anderen waren dunkle Silhouetten in der mondlosen Nacht. Den Geräuschen nach zu schließen schienen alle fest zu schlafen.
»Kann sein.«
Harlan fröstelte. Der ständige Wind ging ihm zunehmend auf die Nerven, und die Kälte der Nacht fraß sich langsam durch den Combatsuit. Nicht dass er in der letzten Nacht gut geschlafen hatte. In dieser war es auch nicht besser.
»Echt jetzt! Er hat sich geändert.«
»Liegt vielleicht daran, dass er jetzt Teamleader ist. Wir hatten im Footballteam einen, der war anfangs ein richtiger Kotzbrocken. Bis er auf einmal Quarterback wurde. Ab da war er die Rücksicht in Person. Manche brauchen das.«
Harlan bereute schon, dass ausgerechnet Kim mit ihm Wache hielt. Noch mehr peinliche Fragen brauchte er wirklich nicht.
Aber Kim brach erneut das Schweigen. »Glaubst du, da läuft was? Zwischen John und Ophelia, meine ich.«
»Kleiner, du fragst mich Sachen! Ich hoffe nicht.« Im Stillen befürchtete er jedoch, dass sich tatsächlich zwischen den beiden etwas entwickelte. John zeigte ihr zwar oft die kalte Schulter, aber das war umso verdächtiger.
»Im Ernst jetzt! Findest du es nicht komisch, dass sie immer die erste Wache mit John kriegt? Und als sie auf der Krankenstation war, hat er sie jeden Tag besucht. Ich meine ja nur …«
Harlan seufzte. »Hör mal, Kleiner! Das müssen die selber wissen. Meinst du nicht?«
Eine Weile herrschte Schweigen. Aber Harlan hatte das unbestimmte Gefühl, dass Kim irgendetwas auf dem Herzen hatte.
»Stimmt was nicht, Kleiner?«, fragte er schließlich.
Minutenlang starrte Kim zu Boden. »Glaubst du wirklich, dass nur der Sheldon-Bericht an dem Putsch schuld ist?«
»Klar! Was denn sonst?«
Wieder verstummte er. Aber Harlan wartete einfach ab. Wenn Kim etwas zu sagen hatte, würde er schon reden.
»Ich glaub, ich hab Mist gebaut«, erklärte er nach einiger Zeit.
»Wieso denn?«
Kim sah auf. »Ich glaube, ich bin mit schuld an dem Putsch. Ich hab meinen Vater darum gebeten, dass die Zentralbank der Regierung die Kredite kündigt.«
Harlan blieb der Mund offen stehen.
In diesem Augenblick zerplatzte ein Glutball an einem Hang, der im angrenzenden Planquadrat lag; und ein dumpfes Donnergrollen zerriss die Stille.
Sofort sprang Harlan auf, das Gewehr im Anschlag. Dann erst begriff er, was der Glutball bedeutete.
»Shit«, entfuhr es ihm. »Kleiner, die Aliens haben unsere Nachbarn aufgespürt.«
John blieb einen Augenblick stehen und lauschte.
Der Soldat, der offenbar einem der anderen Teams angehörte, schrie noch immer. Nein, inzwischen war es eher ein hohes Wimmern. Dabei waren die Aliens schon lange abgezogen. Wahrscheinlich hatten sie das arme Schwein in einen Kokon gesteckt, um ihresgleichen aus ihm zu machen.
»Warum hört er denn nicht auf?« Kims Stimme zitterte.
Sie hatten über drei Stunden gebraucht, um die Hälfte der Strecke zurückzulegen, die sie von dem armen Kerl trennten. Das Tackern der Gewehre war schon nach einer halben Stunde verstummt, als ein letzter Glutball es beendet hatte. Seitdem schrie der Soldat.
Wenn er die Namen und Nummern der Fireteams richtig in Erinnerung hatte, musste das Corporal Dubois´ Gruppe sein. Ein hagerer, wortkarger Typ, der stets unrasiert wirkte.
»Könnte eine Falle sein«, argwöhnte Harlan.
»Und ob das eine Falle ist!« Phil klang so überzeugt, als habe er nachgesehen.
»Der Mann hat Schmerzen! Weshalb sollte er da nicht schreien?« Natürlich musste Mirek das sagen.
»Verdammt, das ist eine Falle«, blaffte Phil. »Die Aliens sitzen bestimmt in den Büschen und warten nur darauf, bis irgendjemand so blöd ist, um nachzuschauen.«
»Sollen wir ihn etwa verrecken lassen? Das kann doch nicht dein Ernst sein.«
»Private Reno hat recht«, sagte Chadim ruhig.
John holte tief Luft. Wieso kapierten die anderen nicht, was los war? Dass da irgendeine arme Sau gerade zu einem Alien verwandelt wurde.
»John! Bitte! Sag doch endlich was!«, flehte Kim.
»Und was, du Idiot?«, fauchte Phil.
Stumm legte Ophelia die Hand auf Johns Arm. In seinen Ohren rauschte es.
»Chadim, mit mir«, hörte er sich sagen. »Ihr anderen verschanzt euch hier und haltet Funkstille! Phil, du hast hier so lange das Kommando, bis ich wieder da bin.«
»John …« Ophelia umklammerte seinen Arm.
Mit einem Ruck riss er sich los und marschierte davon. Er vergewisserte sich nicht einmal, ob Chadim hinter ihm war.
»Das geht so nicht weiter!«
Admiral Held warf die Akte mit so viel Schwung auf den Tisch, dass die Blätter sich aus dem Pappumschlag lösten und sich über den Besprechungstisch verteilten.
Nervös rückte Jerome Reno seine Krawatte gerade. Sein Blick fand Symore, der neben ihm im kleinen Kabinettsaal der Vereinten Nationen saß. Nur knapp fünfzig Kongressabgeordnete waren der Verhaftung entkommen, von denen man ein halbes Dutzend ausgewählt hatte, die dem Stab der neuen Regierung unter Held angehören durften. Jerome war sich immer noch nicht sicher, ob er sich dafür beglückwünschen sollte, dass er dazugehörte. Ihm war durchaus bewusst, dass ein Versagen schnell eine Verhaftung nach sich ziehen konnte. Oder noch Schlimmeres.
»Kann mir irgendjemand der verehrten Anwesenden erklären, wie diese chinesische Hausfrau sich zur Zweiten Vorsitzenden der Zentralbank aufschwingen und den Vereinten Nationen die Kredite kündigen konnte?« Eine Ader pochte an der Schläfe Helds, während er sich mit beiden Händen auf den Tisch stützte.
Einmal mehr fand Jerome, dass die weiße Admiralsuniform mit den goldenen Knöpfen in Kombination mit Helds schlohweißen Haaren wie eine Zirkusuniform wirkte.
Symore räusperte sich. »Nun, wie es scheint, hat ihr Mann es irgendwie geschafft, dass seine Frau zu seiner Stellvertreterin ernannt wurde. Der Vorstand hat die Wahl einen Tag vor Mister Han-Sungs Tod bestätigt. Und …«
»Sagen Sie mir nicht das Offensichtliche!«, schrie Held. »Ich bin nicht verblödet. Sagen Sie mir, was wir dagegen unternehmen können! Der Aktienindex ist in den Keller gegangen. Wenn wir nicht handeln, geht unsere Wirtschaft den Bach runter. Und da draußen im All warten ein paar hungrige Aliens, die uns zum Frühstück verspeisen wollen – falls die hier versammelten Herrschaften das vergessen haben sollten. Also strengen Sie Ihre grauen Zellen an! Zeigen Sie mir, dass es einen Grund gibt, weshalb Sie hier sitzen. Und weshalb ich Sie nicht alle durch meine militärischen Berater ersetzen sollte.«
»Wir könnten die Wahl anfechten«, schlug Symore vor.
Held stieß sich vom Tisch ab. »Mit welcher Begründung?«
Auf Symores Halbglatze tauchten dicke Schweißtropfen auf. »Mister Han-Sungs Urteilsvermögen war offensichtlich sehr getrübt, als er -«
»Schwachsinn«, würgte Held ihm das Wort ab. »Han-Sung war der scharfsinnigste Mann, den ich kannte.«
»Wieso hat der Vorstand der Zentralbank eigentlich Mrs Han-Sung als Kandidatin für den Stellvertretenden Vorsitz akzeptiert? Sie besitzt doch keinerlei Referenzen …«
»Woher soll ich das wissen? Vielleicht hatte Han-Sung etwas gegen den Vorstand in der Hand? Aber bis wir das herausgefunden haben, haben die Aliens unsere Gehirne ausgelöffelt. Ich erwarte etwas Konkreteres! Nun?«
Helds aggressives Auftreten konnte Jerome keine Angst machen. Je mehr ein Offizier schrie, umso weniger Verstand hatte er. Das hatte Jerome oft genug erfahren.
»Die Sache ist ziemlich einfach«, sagte er und genoss die verwunderten Blicke, die sich prompt auf ihn richteten. »Sobald Misses Wang wieder in die Nervenheilanstalt eingewiesen wird, sollte die Kündigung der Kredite mit Leichtigkeit aufgehoben werden können.«
»Sie vergessen, dass Misses Wang als geheilt entlassen wurde. Sonst hätte sie den Vorsitz nicht antreten können.«
Jerome lächelte. »Dann müssen wir eben dafür sorgen, dass sie wieder als krank eingewiesen wird.«
Das war ganz großer Mist!
John war alles andere als glücklich, dass er diese Entscheidung getroffen hatte. Aber Mirek hatte recht. Er konnte den armen Kerl nicht einfach schreien lassen, ohne sich um ihn zu kümmern. Wenn er nicht nachsehen würde, würde er sich für den Rest seines Lebens im Spiegel nicht mehr in die Augen blicken können.
Und all das passierte nur, weil sie nach irgendwelchen dämlichen Ruinen suchten, von denen keiner eigentlich wusste, ob sie wirklich existierten. Geschweige denn, dass es was nützte, sie zu finden. Die Aliens würden deshalb trotzdem die Erde angreifen. Falls sie nicht schon dort waren und gerade Nell und Ma töteten. Und er lief sich hier in diesem Scheiß-Dschungel die Hacken ab, anstatt die zu verteidigen, an denen ihm etwas lag.
Mist, verdammter!
Er brauchte all seine Willenskraft, um seinen Zorn hinunterzuschlucken, damit er wieder klar denken konnte. Das Gewehr auf dem rechten Arm, hob er die linke Faust, um Chadim »Halt« zu signalisieren. Der Araber reagierte sofort. John lauschte.
Das Wimmern kam nun direkt von der anderen Seite des Hangs. Obwohl John nicht wirklich hoffte, etwas zu sehen, schaltete er das Visier von Nachtsicht auf Infrarot um.
»Shit!«, entfuhr es ihm.
Da war tatsächlich ein Mensch auf der anderen Seite des Hangs. Es sah aus, als wäre er eingeklemmt – unter einem Felsbrocken oder einem Baum. So genau konnte er das nicht erkennen. In der Umgebung konnte er weitere Körper ausmachen, die aber deutlich kälter waren. Das mussten Tote sein. Er konnte drei zählen. Wahrscheinlich waren das die restlichen Angehörigen des Fireteams.
Er konnte allerdings nirgends Wärmesignaturen finden, die auf Aliens hinwiesen. Doch keine Falle? Unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher war, dass sie sich tarnten.
»Ich habe ein gutes Schussfeld von hier.« Chadims Stimme klang völlig emotionslos.
John verstand den Vorschlag. Chadim wollte dem schreienden Mann den Gnadenschuss geben. Nach einem Moment des Zögerns schüttelte John den Kopf.
»Du bleibst hier! Behalt ihn im Visier! Falls ich es nicht bis zu ihm schaffe, kannst du es tun. Und wenn das hier doch eine Falle ist, hoffe ich, dass du wirklich so gut schießt, wie du sagst.«
Das Tal war in der Nacht noch unheimlicher als am Tag. John war froh, als er zur Rechten einen umgestürzten Baum entdeckte, auf dem er das zerklüftete Tal überqueren konnte. Bis zum äußersten angespannt, schlich er der Quelle des Wimmerns entgegen.
Zu seiner eigenen Überraschung erreichte er den Mann, ohne angegriffen zu werden.
»Scht«, machte er und legte dem Mann die Hand auf die Brust. Etwas Glitschiges befand sich dort, das John herunterwischte, ohne lange nachzudenken. Ein starkes Keuchen war daraufhin zu hören.
»Scht«, machte John noch einmal.
»Nein …«
»Ich bin Lance Corporal McClusky. Was ist passiert?«
»Nein … fort … Das ist eine Falle …«
Ein Schuss hallte im Tal wider. Instinktiv ließ John sich fallen. Er rollte weiter über den Boden, riss die Waffe hoch und feuerte blind eine Salve auf die dunkle Masse, die plötzlich auf ihn zukam.
Ein weiterer Schuss peitschte. Etwas zerplatzte. Gleichzeitig leuchtete es irgendwo über ihm am Hang gleißend hell auf.
John war froh, dass er die Nachtsichtfunktion ausgeschaltet hatte. Sonst hätte das grelle Licht ihn derart geblendet, dass er handlungsunfähig gewesen wäre.
Der dunkle Körper vor ihm wurde zerrissen und überschlug sich. Ein weiterer Schuss knallte. Wieder war ein Platzen zu hören. Dann krachte etwas Schweres den Hang hinab. Die neue Explosivmunition war wirklich Gold wert.
John lauschte mit angehaltenem Atem.
»Status, Chadim«, wagte er endlich per Helmfunk anzufordern.
»Drei Aliens eliminiert. Keine weiteren Angreifer in Sicht.« Chadim klang so ruhig wie immer.
Langsam drehte John sich zu dem Verletzten um. Im spärlichen Schein der Sterne konnte er endlich erkennen, weshalb der Mann stöhnte. Ein Baum war durch eine Explosion in Stücke gerissen worden, und ein breiter Ast hatte den Unterleib des Mannes durchbohrt und ihn förmlich festgenagelt. Das, was er von dem Soldaten heruntergewischt hatte, waren seine Eingeweide gewesen, die aus dem aufgeplatzten Bauch quollen.
John musste würgen. Das würde nicht wieder gut werden. Um Fassung bemüht, packte er die Hand des Schwerverletzten.
»Wie ist Ihr Name?«
»Laitinen … Kalle …«
»Was ist passiert, Private Laitinen?«
»Ruinen … Dubois … glaubt nicht … Ruinen am See … Jemand muss …« Ein Stöhnen unterbrach Laitinen.
»Scht«, machte John erneut.
»Dubois … Jemand muss …«
»Ich kümmere mich darum. Wo sind die anderen?«
»Mitgenommen. Sigurd … jemand … meine Frau …«
»Ich werde ihr Grüße von Ihnen ausrichten.«
»Sigurd …«
Vorsichtig legte John das Gewehr ab und griff nach seinem Messer. Er wusste, wo er zustechen musste, damit es schnell ging. Im nächsten Moment erschlafften die Arme des Mannes, und seine Hand ließ die von John los.
»Wir bleiben«, knirschte Phil.
Mireks Blick war gebannt von dem Glutball, der die Nacht erhellte. Die Stelle war genau dort, von wo das Wimmern hergekommen war. Er hatte schon einmal zu lange gewartet.
»Aber John …« Weiter kam Ophelia nicht.
»John hat gewusst, dass es eine Falle ist«, sagte Phil.
»Willst du damit etwa sagen, er ist selber schuld, wenn …«
»Nein, verdammt! Was ich damit sagen will, ist, dass John genau weiß, auf was er sich einlässt. Und was er auf keinen Fall gebrauchen kann, ist, dass wir jetzt blind losrennen und uns einmischen, ohne zu wissen, was los ist.«
Ophelia schwieg.
Aber Phils Worte brachten Mirek erst so richtig in Rage. »Du bist also auch nur einer dieser Kommissköppe, die Befehle einfach nur befolgen, anstatt über sie nachzudenken und eventuell zu hinterfragen!«
»Halt die Klappe, Mann!«, fauchte Phil.
»Weshalb? Damit ich dir nicht die Wahrheit ins Gesicht sagen kann? Wenn da draußen irgendjemand unsere Hilfe braucht, dann sind wir dazu verpflichtet …«
»Einen Scheiß sind wir! John wollte, dass wir hier warten, und wenn er das wollte, dann hatte er einen guten Grund dafür.«
»Seit wann befolgst du Johns Befehle?«
»Seit er unser Lance Corporal ist. Das scheinst du ja vergessen zu haben.«
»Und du scheinst vergessen zu haben, was unsere Pflichten als Menschen sind. Dass wir helfen sollen, wenn jemand in Not -«
»Halt die Klappe, oder ich stopf sie dir!«
»Mirek«, mischte Harlan sich ein. »Lass gut sein, Alter! Was Phil sagen will, ist, dass wir John vertrauen sollten. Wenn er Hilfe braucht, wird er sich melden.«
»So wie der Verletzte, der seit Stunden schreit?«
Harlan schüttelte den Kopf. Und in diesem Moment fiel es auch den anderen auf.
Es herrschte Stille. Egal, wie angestrengt Mirek lauschte, er konnte nichts hören außer seinem eigenen angestrengten Atem. War das nun gut oder schlecht?
»Wir warten«, erklärte Phil noch einmal.
Mirek schwieg.
In der anschließenden Stille knackte es im Helmfunk. Noch nie war Mirek so froh gewesen, Johns Stimme zu hören.
»Reno für McClusky. Sind auf dem Rückweg. Ende.«
Kim sprang auf und deutete hangabwärts. »Da sind sie!«
Ein feiner Silberstreif begann sich bereits am Horizont abzuzeichnen. Als Mirek Kims ausgestrecktem Finger mit seinem Blick folgte, entdeckte er die Gestalten der beiden Männer im Combatsuit, die sich aus dem Dunst schälten, der aus dem Tal stieg und vom Wind über der Hügelkuppe weggewirbelt wurde.
Johns Blick hinter dem Helmvisier wirkte düster. »Lagebesprechung«, sagte er knapp.
Irgendetwas stimmte nicht mit ihm, begriff Mirek. Aber John schien nicht gewillt, darüber zu sprechen. Mit einem Seufzer ließ er sich auf einen der Felsbrocken fallen. Die Müdigkeit war so offensichtlich, dass Mirek einen Teil seines Misstrauens vergaß.
»Corporal Dubois´ Team hat die Ruinen gefunden. Am See. Aber wie es scheint, haben die Aliens dort auf sie gewartet. Ich würde meinen Sold darauf verwetten, dass die Aliens die Ruinen genauso suchen wie wir.«
»Aber wieso, Alter?« Harlan natürlich.
»Vielleicht war der Befehl, uns hierherzuschicken, doch nicht so dumm. Vielleicht haben die Aliens ja nur deshalb Kassiopeia 1.3 und die anderen Kolonien übernommen, weil sie hier etwas suchen.«
»Und was soll das bitte schön sein?«, fragte Ophelia.
John zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Aber ich werde Hartfield informieren. Jemand muss sich am See noch mal umsehen. Und wie es scheint, sind wir am nächsten dran.«
Mirek hatte geahnt, worauf es hinauslaufen würde, ehe John es aussprach. »Das ist nicht dein Ernst. Da ist gerade ein Fireteam draufgegangen, und du willst, dass wir uns freiwillig melden?«
»Hast du eine bessere Idee?«
»O ja«, erwiderte Mirek. »Die Entscheidung den Offizieren zu überlassen, zum Beispiel.«
»Vorhin klang das bei dir noch ganz anders«, knurrte Phil.
Harlan lachte. »Willst du ewig leben, Pussy?«
Unwillkürlich dachte Mirek an Elizabeth. »Nein, aber …«
»Hey«, sagte John, »ich hab das jemandem versprochen. Wenn ihr nicht mitkommt, geh ich eben alleine. Ich muss es einfach tun. Könnt ihr das denn nicht verstehen?«
»Doch.« Mirek wunderte sich darüber, wie dumpf seine Stimme klang. »Das verstehe ich sehr gut, John.«
»Hartfield für McClusky. Hören Sie mich?«
»Klar und deutlich. Sprechen Sie!«
Als Hartfield sich sofort meldete, fiel John ein Stein vom Herzen, auch wenn er sich das ungern eingestand.
»Sir, wir haben Neuigkeiten. Das Fireteam von Corporal Dubois wurde von den Aliens ausgelöscht, nachdem es Hinweise darauf gefunden hatte, dass sich die gesuchten Ruinen offenbar am See westlich von unserem Standort befinden. Wir könnten bis zum Abend dort sein, um die Sache zu überprüfen. Erbitte Anweisung!«
»Heißt das, Ihr Team meldet sich freiwillig?«
John sah kurz auf. »So ungefähr, Sir.«
»Woher haben Sie Ihre Informationen?«
»Von Private Laitinen. Einem inzwischen verstorbenen Mitglied von Dubois´ Team.«
»Sie haben mit ihm gesprochen, ehe er starb?«
»Aye, Sir.«
Eine Weile herrschte Stille im Helmfunk. Johns Blick irrte zu den Hügelketten im Osten, wo die Sonne sich in einem Rausch aus Farben aus dem Dunst erhob.
Washington