Ich konnte mir nicht erklären, was eben geschehen war. Teros Worte hallten in meinem Kopf wider, doch sie ergaben keinen Sinn.
Ich bin der Thronerbe von Kjartan. Das hatte er mit solch fester Stimme gesagt, als würde er es wirklich so meinen. Sollte das heißen, dass er mich das vergangene Jahr über belogen hatte? Meine Gedanken kreisten umher, versuchten eine logische Erklärung für die sechs kleinen Worte zu finden. Sechs Worte, die mir wie Peitschenhiebe vorkamen. Sechs Worte, die alles veränderten.
Es war erstaunlich, welche Macht die Sprache auf uns haben konnte. Es waren lediglich Worte, geformt aus Buchstaben, die sich vor vielen Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden irgendjemand ausgedacht hatte. Doch diese besaßen die Kraft, sich in den Gedanken festzusetzen, sich tiefer und tiefer in das Herz zu bohren und dort ihre Spuren zu hinterlassen. Worte waren imstande zu verletzen und genau das taten sie in diesem Augenblick – sie schmerzten.
»Es tut mir leid …«, setzte Tero an. Sein Blick taxierte mich. An seiner gebückten Haltung, den Kopf vor Scham leicht eingezogen, konnte ich sehen, dass er die Wahrheit gesprochen hatte. Er war wirklich der Kronprinz von Kjartan und kein gewöhnlicher Jäger, der in den Wäldern beheimatet war.
»Wieso?« Mehr brauchte es nicht, um ihm begreiflich zu machen, dass er mir eine Erklärung schuldig war. Ich hatte mich Tero anvertraut, ihm mein Herz geöffnet und ihm einen Einblick in meine tiefste Gefühlswelt gegeben. Und was hatte er getan? Er hatte mein Vertrauen missbraucht, es durch den Dreck gezogen.
Aleksi trat einen Schritt an Tero – seinen Bruder – heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Mari schaute unbeholfen zwischen den beiden Männern hin und her. Ich vermutete, dass sie bereits von dem Geheimnis wusste, das mir soeben offenbart wurde. Von uns allen war sie die Einzige, die nicht im Geringsten überrascht wirkte.
Ich schaute zu meinen Freunden, die allesamt verwirrt dreinblickten. Stumm tauschten wir Blicke aus, wussten nicht, wie wir mit der Situation am besten umgehen sollten.
»Ich bin immer noch derselbe«, versuchte Tero sich und seine Lügen zu rechtfertigen. »Es war nie meine Absicht, euch zu belügen oder zu enttäuschen, aber ich wollte mit meiner Vergangenheit abschließen.«
»Du bist ein reicher Mann mit viel Einfluss. Weshalb solltest du auf ein solches Leben verzichten wollen?«, fragte Eggi neugierig.
Hilfe suchend sah Tero zu Aleksi, der versuchte, ihm aufmunternde Blicke zuzuwerfen. Er trat von einem Fuß auf den anderen, kratzte sich an dem mittlerweile längeren Bart. Es schien, als wüsste Tero keine Antwort darauf.
Langsam trat ich auf ihn zu, wobei seine Züge augenblicklich weicher wurden und sich sein Gesicht erhellte. Mit einem wütenden Funkeln in den Augen machte ich ihm allerdings begreiflich, dass es keinen Grund gab, vor Erleichterung aufzuatmen. Es fiel mir schwer, noch weiter die Fassung zu bewahren, denn ich fühlte mich hintergangen.
Erst hatte Eira mich betrogen, mir alles genommen, was mir lieb und teuer war, anschließend hatten Jalmari und Valeria sich in unsere Gruppe eingeschleust, nur um uns ebenfalls zu hintergehen, und nun hatte der Mann, den ich in mein Herz gelassen hatte, mir das Messer in den Rücken gerammt, kaum hatte ich mich von ihm abgewendet. Ich verstand nicht, weshalb Tero mir so etwas antat, obwohl er genau um meine Vergangenheit wusste. Er wusste, was ich durchzustehen hatte, was man mir angetan hatte, und nichtsdestotrotz handelte er aus freien Stücken und tanzte mir auf der Nase herum.
Ich baute mich vor Tero auf, stellte mich auf Zehenspitzen, um mit ihm auf einer Höhe zu sein und ihn in Grund und Boden starren zu können. Als ich ihm in die Augen schaute, begann mein Herz zu poltern, aber ich versuchte es im Zaum zu halten. Natürlich konnte ich die Gefühle, die ich für diesen Lügner hegte, nicht von einem Moment auf den nächsten abstellen. Das Herz wollte schließlich, was das Herz wollte. Dennoch hatte mein Verstand mich fest im Griff und dieser riet mir dazu, schleunigst das Weite zu suchen und meiner eigenen Wege zu gehen.
Etarjas Worte hatten sich in den vergangenen Tagen nur allzu oft bewahrheitet. Sie hatte mich darauf vorbereitet, dass ich nicht jedem meiner Freunde über den Weg trauen konnte und einige mich hintergehen würden. Nachdem Jalmari und Valeria verschwunden waren, hatte ich allerdings gedacht, das Schlimmste bereits überstanden zu haben. Dass Tero ebenso unehrlich war, damit hatte ich nicht gerechnet.
»Du hast mir all die Monate etwas vorgespielt«, spie ich. »Wie konntest du es nur wagen, Tero? Ich habe dir mein Herz und meine Seele geöffnet, dich in mein Leben gelassen und mit offenen Armen empfangen. Und nun muss ich herausfinden, dass du mich all die Zeit belogen hast? Ich weiß nicht mehr, wer du überhaupt bist und welches deiner Worte jemals der Wahrheit entsprach.«
Tero schluckte schwer und befeuchtete anschließend seine Lippen. Er wollte etwas sagen, doch ich konnte seinen Angstschweiß förmlich riechen. Langsam streckte er die Hand nach mir aus und legte sie an meinen Oberarm. Die Berührung hinterließ ein angenehmes Prickeln auf meiner Haut, dennoch entzog ich mich ihm.
»Bitte, Nerina«, flüsterte Tero, während eine Träne seine Augenwinkel verließ und seine Wange hinunterglitt. »Es war nie meine Absicht, dich zu verletzen.«
»Woher soll ich wissen, ob du die Wahrheit sagst? Du hast mich belogen, Tero. Belogen!«
Ich zitterte am ganzen Körper und die Wut übermannte mich. Trotz der Tatsache, dass ich ein eher friedliebender Mensch war, hätte ich am liebsten ausgeholt und meine Faust in Teros Gesicht platziert.
Aleksi trat zur Unterstützung neben seinen Bruder und musterte mich ermahnend. »Tero ist ein guter Mensch, Nerina. Er hatte seine Gründe. Und wenn man es genau nimmt, dann hat er nicht gelogen, sondern lediglich seine wahre Herkunft verschwiegen.«
»Als ob das nicht dasselbe ist«, hörte ich Asante hinter mir sagen.
»Nein, ist es nicht.« Aleksi wurde lauter, seine Stimme herrisch, wie es sich für einen Mann seiner Abstammung gehörte. Dennoch passte es nicht zu seinen sonst so sanften Zügen.
Kurz ließ ich mir seine Worte durch den Kopf gehen. Bestand wirklich ein Unterschied zwischen Lügen und die Wahrheit bewusst verschweigen? Vielleicht hatte Aleksi recht und Tero hatte aus einem bestimmten Grund so gehandelt. Doch wir mussten es von ihm hören.
»Tero, wieso hast du gelogen?« Nun hob ich die Hand, um sie auf seinen Arm zu legen. Er schaute auf sie hinab und atmete stoßweise ein und aus.
Seine Stimme nahm einen friedlichen Klang an. »Mein Vater hat mich vor langer Zeit enterbt, das war keine Lüge. Ich habe mich in die falsche Frau verliebt und dafür wurde mir mein Titel und mein Vermögen genommen. Ich wollte doch nur vergessen, kannst du das nicht verstehen? Wozu alte, schmerzhafte Erinnerungen wieder an die Oberfläche bringen, wenn sie in der Vergangenheit liegen? Ja, ich war ein Prinz, habe am Hofe gelebt und die Gepflogenheiten eines angehenden Königs beherrscht, doch das ist lange her. Durch Tjana wurde ich zu einem anderen Menschen, einem besseren Mann, der in den Wäldern daheim ist. Und als ebenjener Mann solltet ihr mich sehen und nicht als einen Prinzen.«
Seine ehrlichen Worte berührten mich. Ich konnte nachempfinden, wie er sich fühlte und weshalb er so gehandelt hatte. Dennoch hätte Tero sich mir viel früher anvertrauen können. »Danke für deine Ehrlichkeit«, flüsterte ich und meinte die Worte auch so.
»Kannst du mir vergeben?«
Nun war ich es, die schlucken musste. Zu gerne hätte ich ihm diese Tat einfach verziehen, doch der Schmerz war zu frisch und die Wunde noch lange nicht verheilt. Ich konnte die Beweggründe nun immerhin besser verstehen, doch das änderte nichts an der Tatsache, dass ich hintergangen worden war.
»Die Zeit heilt alle Wunden«, erwiderte ich ruhig. »Es wird dauern, doch irgendwann wird die Zeit reif sein. Doch du musst dir mein Vertrauen erst wieder verdienen. Das verstehst du doch, oder?«
»Und nicht nur das ihre.« Asante trat neben mich, die Hände zu Fäusten geballt in die Seite gestemmt. Für einen Moment hatte ich die anderen vollkommen ausgeblendet. Selbstverständlich war ich nicht die Einzige, die er belogen hatte. Auch unsere Freunde mussten diesen Verrat erst einmal verarbeiten.
Tero hielt dem strengen Blick unseres Anführers stand. Schließlich nickte er mit zusammengepressten Lippen. »Natürlich.« Mehr sagte er nicht, ehe er an uns vorbeischritt und am Lagerfeuer zurückließ.
Ich schaute Tero hinterher, der in gebückter Haltung die Hütte betrat und die Tür lautstark hinter sich ins Schloss fallen ließ.
»Ihr wart zu hart zu ihm«, meinte Aleksi, als sein Bruder außer Hörweite war. »Ihr seid für ihn wie Familie. Bitte verzeiht ihm.«
Laresa gesellte sich an die Seite ihres Bruders. Ihr Arm war noch immer verbunden, doch blutete glücklicherweise kaum noch und verheilte gut. »Das hat Tero sich selbst zuzuschreiben«, sagte sie schroff.
»Wir alle haben unser Päckchen zu tragen«, konterte ich. Ich wusste, dass auch ich eben noch zu hart zu Tero gewesen war, doch die Wunden, die Jalmari und Valeria hinterlassen hatten, waren zu frisch. Doch es war falsch, diese Wut nun auf Tero zu projizieren. Menschen machten Fehler, jeder von uns. »Wir haben auch Valeria vertraut und wo hat uns das hingeführt? Und Kasim, möge er in Frieden ruhen, ist auf Geheiß Kjartans zur Gruppe gestoßen, um Tero zu finden. Du und Asante hattet mir die ersten Tage ebenfalls verschwiegen, dass ihr vom Orakel über den Verrat an mir informiert wurdet.«
Schweigen legte sich über die Gruppe. Sie alle blickten beschämt zu Boden, denn sie wussten, dass ich recht hatte. Jeder von uns hatte Dinge, über die er ungern sprach und die er lieber für sich behielt. Es stand uns nicht zu, über andere in diesem Umfang zu urteilen. Natürlich dauerte es, ehe wir Tero wieder vollends vertrauen konnten, doch wir sollten ihn keinesfalls endgültig abschreiben, auch wenn ich vor wenigen Minuten noch genauso gedacht hatte. Seine Erklärung kam zwar viel zu spät, doch Tero hatte uns nun endlich die Wahrheit offenbart. Die Wahrheit über seine Herkunft und seine Vergangenheit. Das war etwas, das wir ihm hoch anrechnen mussten.
»Ich muss Nerina zustimmen.« Heorhiy war bisher ein schweigsamer Zuhörer gewesen, genau wie seine Schwester. Immerhin waren die beiden erst seit Kurzem an unserer Seite und hatten kein Recht, sich in unsere Angelegenheiten einzumischen. Nun aber fixierte er uns nacheinander, in seinen Augen lag all die Weisheit dieser Welt. Doch wurden sie von dunklen Schatten umrahmt – er war gezeichnet von all dem Schrecken, den er durchlebt hatte. »Tero mag unrecht gehandelt haben, dennoch ist er euer Freund und steht euch treu zur Seite. Ich mag noch nicht lange bei euch sein, doch ich habe in meinem Leben viel gesehen und gelernt, auf meine Instinkte zu vertrauen. Er ist ein guter Mensch, der nur in bester Absicht handelt. Er verdient eine zweite Chance.«
Ein Lächeln breitete sich um Aleksis Mundwinkel aus, welches auch Maris Gesicht erhellte. Schüchtern stand sie in einiger Entfernung hinter dem Prinzen, warf ihm verstohlene Blicke zu, die er nicht bemerkte. Dann zupfte sie ihr Kleid zurecht und ging auf ihn zu. Als er sie sah, entspannte sich sein gesamter Körper und ich fragte mich, wie viel die beiden wohl miteinander verband. Ein Prinz und eine Kammerzofe konnten im Grunde keine gemeinsame Zukunft haben. Doch anscheinend lag es in deren Familie, für jemanden niederen Standes zu schwärmen.
Meine Gedanken führten mich zu etwas, das Tero zuvor gesagt hatte. »Wenn Tero enterbt wurde, wie kann er dann der König von Kjartan werden?«
Die Frage schien Aleksi zu überraschen. Er zog die Brauen zusammen und legte den Kopf schief, ehe er mir antwortete. »Vater kam nie dazu, Teros Enterbung rechtsgültig zu machen, und ich lege keinen Wert darauf, ein Königreich zu regieren. Tante Izay ist eine wundervolle Herrscherin, doch ihre Zeit neigt sich dem Ende entgegen. Kjartan braucht Tero mehr, als ihm bewusst ist.«
»Was geschah mit dem Königspaar?«, wollte Desya ehrfürchtig wissen.
»Sie starben kurz nachdem Tero dem Palast auf ewig den Rücken gekehrt hatte. Ich werde euch alles erzählen, sobald wir Kjartan erreicht haben. Es ist besser, ihr seht es selbst.«
Aleksi sprach in Rätseln, doch seine traurige Miene ließ uns alle verstummen. Niemand wagte es, ihn weiter zu bedrängen und so entschieden wir, es dabei zu belassen. Der Schmerz schien noch zu tief zu sitzen.
Es war mittlerweile tief in der Nacht, die Sterne am Himmel leuchteten hell. Ich beobachtete ihr Funkeln eine Weile, denn es spendete mir wie immer den benötigten Trost. Die anderen waren am Lagerfeuer nach und nach in einen ruhigen Schlaf geglitten und auch meine Lider wollten allmählich zufallen. Die kühle Herbstluft ließ mich allerdings frösteln.
Leise erhob ich mich, darauf bedacht, die anderen nicht zu wecken. Es war ein friedlicher Anblick, wie meine Freunde aneinandergekuschelt am Feuer lagen und sich gegenseitig zusätzliche Wärme spendeten.
Die Tür knarrte, als ich sie einen Spaltbreit öffnete, um mich ins Haus zu schleichen. Die Dielen unter meinen Stiefeln quietschten bei jedem Schritt. In der Stille der Nacht war das Geräusch ohrenbetäubend, auch wenn ich mich über die Monate daran hätte gewöhnen müssen.
Im Schlafsaal brannte ein Licht, weshalb ich Tero darin vermutete. Kurz überlegte ich, stattdessen in die Küche zu gehen, doch meine Beine wollten mir nicht gehorchen und trugen mich weiterhin geradeaus.
Tero lag auf seinem Bett, die Hände hinter seinem Kopf verschränkt und den Blick an die Decke gerichtet. Seine Augen waren weit aufgerissen und er blinzelte nicht ein einziges Mal. Anscheinend war er mit den Gedanken ganz woanders und bemerkte mein Eintreten nicht einmal. Erst als ich mich zu ihm auf die Bettkante setzte, nahm ich eine leichte Regung wahr, doch er schaute mich nicht an.
Ich wusste nicht, wie ich ein Gespräch mit ihm anfangen sollte, schließlich wollte ich nicht einmal hier bei ihm sein. Doch mein Herz hatte über meinen Verstand gesiegt und mich instinktiv zu ihm geführt.
Auch Tero schwieg weiterhin und war in seine Gedanken vertieft. Nur allzu gerne hätte ich sie gelesen, gewusst, weshalb er so am Grübeln war. Ich streifte meine schmutzigen Stiefel ab, die lautstark auf den Holzboden fielen, und zog die Knie an die Brust. Im sanften Kerzenschein sah Tero so friedvoll und zerbrechlich aus. Als würde ich nichts als einen Scherbenhaufen zurücklassen, sollte ich ihn berühren.
Zaghaft streckte ich meine Hand aus und legte sie auf seine Brust. Sein Herz setzte zwei Schläge aus, ehe es in gewohntem Takt weiterschlug.
»Es tut mir leid, wenn wir zu hart zu dir waren«, begann ich zögerlich. Ich wartete auf eine Reaktion – vergeblich. Seufzend fuhr ich fort. »Wir verstoßen dich nicht, falls du das glaubst. Du bist ein Teil von uns und das wirst du immer bleiben.«
Nun drehte er den Kopf doch zu mir und rang sich ein Schmunzeln ab. »Ihr wart nicht zu hart. Ich wusste, wie ihr reagieren würdet, wenn ich euch die Wahrheit erzähle. Dein schmerzverzerrter Gesichtsausdruck, als du erfahren hast, wer ich wirklich bin, war dennoch wie ein Messerstich ins Herz für mich.«
Tero richtete sich auf und rutschte näher an mich heran. »Ich wollte dich nie verletzen oder gar enttäuschen.«
»Schon in Ordnung«, versicherte ich ihm, ehe ich mir der Bedeutung meiner Worte im Klaren war. Ich griff nach Teros Hand und zog gedankenverloren die Linien der Innenfläche nach. Als ich am Handgelenk angekommen war, fuhr ich seinen Unterarm hoch, entlang der Narbe, die sich dort befand. Dann schaute ich ihm wieder in die Augen. »Versprich mir aber eines«, sagte ich, während meine Fingerspitzen noch immer auf der Narbe ruhten. »Ab sofort keine Geheimnisse mehr.«
Noch bevor ich das letzte Wort gesprochen hatte, entriss er mir seinen Arm und ließ sich zurück in das Kissen gleiten. Im Schein des Kerzenlichts konnte ich sehen, wie er mit sich rang. Sein Kiefer spannte sich an, er schaute durch den Raum, um meinem Blick auszuweichen. Dann öffnete er den Mund, nur um ihn kurz darauf wieder zu schließen.
»Ich kann nicht, Nerina.« Erneut machte sich der Schmerz seiner Worte in meinem Herzen bemerkbar. »Ich liebe dich, das tue ich wirklich. Mit allem, was ich habe, allem, was ich bin. Ich würde jeden Berg erklimmen, jedes Reich bezwingen, nur um an deiner Seite zu sein. Aber es gibt Dinge über mich, die ich dir einfach noch nicht erzählen kann. Bitte glaube mir, wenn ich sage, dass eines Tages der richtige Zeitpunkt gekommen sein wird. Früher oder später wirst du alles von mir wissen, das schwöre ich bei den sieben Königreichen.«
Tero ergriff meine Hand, hielt sie so fest, dass es beinahe schmerzte. Ich versuchte, seinem intensiven Blick auszuweichen, denn ich würde nur schwach werden, wenn er mich so ansah. Und Schwäche war etwas, das ich mir in diesem Stadium unserer Reise nicht erlauben konnte.
Mein Herz verzehrte sich nach Tero, wollte mit ihm zusammen sein und an seiner Seite für eine bessere Zukunft kämpfen. Eine Zukunft, in der es ein wir geben konnte und in der alles anders werden sollte. Doch solange er mir nicht grenzenlos vertraute, so wie ich ihm, war es einfach nicht möglich. Es konnte für mich keine Zukunft an der Seite eines Mannes geben, der Geheimnisse vor mir hatte. Egal, wie sehr es auch wehtat, ich musste dieser Wahrheit ins Auge sehen.
Ich stand von der Bettkante auf und verließ wortlos den Schlafsaal. Tero rief mir hinterher, doch ich blendete seine Worte aus. Ich wollte sie nicht hören.
Meine Eltern hatten mich vieles gelehrt und mir viele Weisheiten mit auf den Weg gegeben. Doch mir wurde bewusst, dass nicht alles von dem stimmte, was sie mir erzählt hatten. Denn die Liebe war nicht immer die stärkste Macht der Welt.