Dieses Buch soll der Wissensvermittlung in den grundlegenden und prüfungsrelevanten Fragen des Strafprozessrechts dienen. Das Strafprozessrecht ist im Wesentlichen stringent aufgebaut, gleichwohl tun sich viele Studierende mit dieser Materie etwas schwer, weil es wahrscheinlich „nur“ das Prozessrecht ist und nicht das materielle Strafrecht, was u. U. greifbarer erscheint.
Die Verfasser sind seit vielen Jahren in der Lehre im Strafrecht/Strafprozessrecht und anderen Rechtsgebieten tätig und haben dieses Lehrbuch daher aus den Erfahrungen und Wünschen der Studierenden heraus erarbeitet.
Gerade das Strafprozessrecht ist es, was in seiner falschen Anwendung im Ermittlungsverfahren Strafprozesse gefährden kann. Die Verfasser erleben in ihrer beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwältin und Richter am Amtsgericht immer wieder, welche fatalen Fehler in Unkenntnis des Strafprozessrechts gemacht werden, die vor Gericht zum Problem werden können. Dieses Lehrbuch soll daher dazu dienen, verständlich mit konsequenten Schemata die Angst vor dem Strafprozessrecht zu nehmen und die Studierenden auf Klausuren, aber auch auf ihre berufliche Praxis, bestmöglich vorzubereiten. Die einzelnen Maßnahmen werden daher „ohne weitere Schnörkel“ so aufbereitet, wie sie in der Klausur und der Praxis zu prüfen sind.
Bad Soden a. Ts., Oberursel, November 2017 |
Die Verfasser |
Nutzungshinweis:
Die im Buch verwendete Schreibweise von Vorschriften (mit römischen und arabischen Ziffern)
z. B.: § 163b I 1 StPO,
ist wie folgt zu lesen:
§ 163b Absatz 1 Satz 1 StPO.
Dr. iur. Frank Füglein
Dr. iur. Frank Füglein ist Richter in Frankfurt am Main und seit vielen Jahren Güterichter am größten Amtsgericht in Hessen. Er war lange Jahre Strafrichter und arbeitet auch heute noch als Haftrichter, wo er unmittelbar mit der StPO konfrontiert ist. Er weiß, wie gerichtliche Verfahren verlaufen und enden können und weshalb es sinnvoll ist, im Vorfeld Wissen im Strafprozessrecht zu sammeln. Er ist zudem Referent, Dozent an diversen Hochschulen, Autor, Prüfer im juristischen Staatsexamen sowie Moderator und Rechtsexperte in der ZDF Sendung „Zu Recht? – Streitfälle im Fokus“.
Sabrina Perpelitz
Rechtsanwältin und Mediatorin Sabrina Perpelitz ist seit vielen Jahren erfolgreiche Rechtsanwältin, unter anderem mit dem Schwerpunkt Strafverteidigung. Zudem ist sie erfolgreich in der Konfliktbewältigung und Unternehmensoptimierung durch strukturiertes Mediationsmanagement tätig. Sie ist Dozentin an der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung, Referentin und Autorin. Frau Perpelitz versteht es wie kaum eine andere, Theorie und Praxis zu lehren und so Studierende zu begeistern.
Kurz und knapp empfiehlt sich folgender Prüfungsaufbau:
A. Obersatz
B. Grundrechtseingriff
C. Rechtsgrundlage des Eingriffs
D. Ergebnis
Zunächst ist in einem Obersatz das Ziel der polizeilichen Maßnahme zu benennen (z. B. eine Durchsuchung, Identitätsfeststellung, Blutentnahme usw.).
Beispiel:
„Ziel der polizeilichen Maßnahme könnte eine Identitätsfeststellung gemäß § 163b I StPO gewesen sein.“
Hieran anschließend ist darzulegen, ob die Maßnahme in ein Grundrecht des betroffenen Bürgers eingreift und in welches.
Beispiel:
„Durch diese Maßnahme haben die handelnden Polizeibeamten in das Grundrecht des XY auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen.“
Nunmehr ist zu klären, ob die Maßnahme der Polizeibeamten durch ein Gesetz gedeckt ist. Ab hier spielt „die eigentliche Musik“ in der strafprozessualen Prüfung!
Beispiel:
„Die Maßnahme könnte durch § 163b I StPO gedeckt sein.“
Die handelnden Polizeibeamten müssten sachlich, örtlich und instanziell zuständig gewesen sein. Zumeist wird dies bereits im Bearbeitervermerk einer Klausur bejaht (genau lesen!).
Beispiel:
„Laut Bearbeitervermerk waren die handelnden Polizeibeamten zuständig.“
Anderenfalls ist die sachliche, örtliche und instanzielle Zuständigkeit zu prüfen.
Es müsste der Verdacht einer Straftat gegeben sein, denn ohne einen solchen Verdacht wäre die Maßnahme nach der StPO rechtswidrig. Hierbei ist im jeweiligen Paragraphen der StPO, an dem man gerade arbeitet, nachzulesen, welcher Verdachtsgrad erforderlich ist. Dieser ist sodann zu benennen, zu definieren und der Sachverhalt ist zu subsumieren. Die unterschiedlichen Verdachtsgrade sind in Kapitel 2, Abschnitt A. genau definiert.
Beispiel:
„Gemäß § 163b I StPO müsste der Anfangsverdacht gegeben sein. Dieser liegt vor, wenn …… Hier ist es wie folgt zu beurteilen: ……“
Der Adressat der Maßnahme könnte der Verdächtige, der Nichtverdächtige oder aber der Beschuldigte sein. Im Falle der Sicherstellung/Beschlagnahme ist der Gewahrsamsinhaber der richtige Adressat der Maßnahme. Der für den Fall entsprechende Adressat muss sodann benannt, definiert und subsumiert werden!
Beispiel:
„Adressat der Maßnahme müsste der Beschuldigte sein. Beschuldigter ist, wer …… Hier ist es wie folgt zu beurteilen: ……:“
Hier ist im jeweiligen Paragraphen der StPO nachzulesen, unter welchen Voraussetzungen die jeweilige Maßnahme ergriffen werden darf. Es steht wirklich alles, was Sie wissen müssen, im Gesetz!
Beispiel:
„Gemäß § XY müsste X und Y gegeben sein. Hier ist es wie folgt zu beurteilen: ……“
Hier stellt sich die Frage in der Prüfung, wer befugt war, die Maßnahme anzuordnen; z. B. die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder der Richter. An diesem Punkt ist bei Vorliegen der Voraussetzungen auch auf die Thematik „Gefahr in Verzug“ einzugehen.
Beispiel:
„Gemäß § 163b I 1 StPO können die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes die zur Feststellung der Identität erforderlichen Maßnahmen treffen. Hier haben die Polizeibeamten X und Y den Verdächtigen zur Preisgabe seiner Identität aufgefordert. Demnach waren sie auch anordnungsbefugt.“
Hier sind die Formvorschriften zu benennen, die eventuell in Betracht kommen, etwa besondere Belehrungen, die Bekanntgabe der Maßnahme etc.
Eine Maßnahme ist (so es keine verdeckte Maßnahme ist) immer bekannt zu geben. Daher wird im folgenden Schema die Bekanntgabe nicht gesondert aufgeführt.
Beispiel:
„Die Polizeibeamten hätten dem Verdächtigen bekannt geben müssen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird, § 163b I 1, 2. Halbsatz i. V. m. § 163a IV 1 StPO. Dies haben sie getan.“
Sollten besondere Belehrungspflichten gegeben sein, so ergeben sich diese aus dem Gesetz. Untenstehend werden diese, soweit erforderlich, benannt.
(Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit)
Letztlich ist zu beurteilen, ob die Maßnahme auch verhältnismäßig war. Dafür müsste sie geeignet, erforderlich und angemessen gewesen sein. Die entsprechenden Begriffe sind sodann zu benennen, zu definieren und der Sachverhalt zu subsumieren.
Beispiel:
„Die Maßnahme müsste auch verhältnismäßig gewesen sein, das heißt, sie muss geeignet, erforderlich und angemessen gewesen sein.
Im Ergebnis ist sodann darzulegen, ob die geprüfte Maßnahme rechtmäßig oder rechtswidrig war.
Beispiel: „Die Maßnahme war rechtmäßig.“
Das oben genannte Schema muss am konkreten Fallbeispiel angewandt werden. Sie haben bereits gesehen, dass Sie diverse Grundbegriffe (etwa Verdächtiger, Anfangsverdacht, Gefahr in Verzug etc.) benötigen und diese definieren müssen. Vorweg sei aber die Angst genommen, dass es sicherlich nicht so viele Definitionen sind wie in manch anderen Rechtsgebieten. Also locker bleiben
Für verschiedene Maßnahmen sind verschiedene Verdachtsgrade erforderlich, was ein einfacher Blick in das Gesetz sofort verdeutlicht. Folgende Verdachtsgrade sollten Sie beherrschen, definieren und subsumieren können:
Der Anfangsverdacht ist gegeben, wenn konkrete, tatsächliche Anhaltspunkte das Vorliegen einer Straftat als möglich erscheinen lassen (vgl. § 152 II StPO).
Merke:
Bloße Vermutungen, die nicht durch konkrete Umstände belegt werden können, reichen nicht aus.
Der hinreichende Tatverdacht ist dann gegeben, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung bei aktueller Tatbewertung nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens größer ist als der Freispruch.
Merke:
Der hinreichende Tatverdacht wird bei der Anklage und der Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidend.
Der dringende Tatverdacht ist dann gegeben, wenn eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte als Täter oder Teilnehmer in Betracht kommt.
Merke:
Der dringende Tatverdacht ist z. B. für den Erlass eines Haftbefehls durch den Haftrichter erforderlich. Dies müssen Sie also auch im Vorfeld bei der vorläufigen Festnahme beachten!
Als typische Adressaten einer strafprozessualen Maßnahme kommen der Verdächtige, der Nichtverdächtige und der Beschuldigte in Betracht. Diese klausur- und praxisrelevanten Adressaten müssen Ihnen bekannt sein.
Der Verdächtige ist derjenige, auf dessen mögliche Täterschaft oder Teilnahme konkrete, tatsächliche Anhaltspunkte hinweisen.
Nichtverdächtig (oft auch als „Unverdächtiger“ oder „andere Person“ beschrieben) ist jemand, gegen den ein Tatverdacht nicht begründet werden kann.
Der Beschuldigte ist der Tatverdächtigte, gegen den aufgrund gesteigerter Verdachtsmomente konkret die Ermittlungstätigkeit geführt wird.
Jede Maßnahme muss verhältnismäßig sein, das heißt, sie muss geeignet, erforderlich und angemessen sein.
Eine Maßnahme ist dann geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg erreicht werden kann.
Eine Maßnahme ist dann erforderlich, wenn eine gleich wirksame, aber den Betroffenen weniger belastende Maßnahme nicht zur Verfügung steht.
(„Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne“)
Eine Maßnahme ist dann angemessen, wenn die Maßnahme an sich und der Zweck der Maßnahme nicht in einem unangemessenen Verhältnis stehen.
Einige strafprozessuale Maßnahmen setzen eine richterliche Vorabentscheidung voraus. So regelt etwa § 105 StPO hinsichtlich der Durchsuchung, dass diese nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden darf.
Grundsätzlich ist bei diesen Maßnahmen also die richterliche Entscheidung die Regel und nicht die Ausnahme. Die Gerichte haben auch durch geeignete Maßnahmen (etwa durch tägliche Eildienste oder auch durch Rufbereitschaften) sicherzustellen, dass ein Richter erreichbar ist. In der Praxis wird dies jedoch oft durch zeitliche Pausen (etwa in der Nacht) nicht gewährleistet. Dann stellt sich die Frage, wann genau Gefahr im Verzug vorliegt und ohne den Richter entschieden werden kann.
Gefahr im Verzug liegt dann vor, wenn eine gerichtliche Anordnung nicht eingeholt werden kann, ohne dass der Erfolg der Maßnahme gefährdet würde.
Anordnungen unter Inanspruchnahme dieser Eilkompetenz müssen mitsamt der ihnen zugrunde liegenden Umstände des Einzelfalles vor oder jedenfalls unmittelbar nach der Durchsuchung in den Ermittlungsakten dokumentiert werden (BVerfG, NStZ 2001, 382; BeckRS 2015, 48330, Rn 72).
Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sind Amtsträger, die bei Gefahr im Verzug die Befugnis zur Anordnung und Durchführung besonderer Maßnahmen zur Strafverfolgung haben. Rechtsgrundlage ist § 152 Abs. 1 GVG i. V. m. der jeweiligen Landesverordnung. Voraussetzung für die Zuerkennung der Eigenschaft als Ermittlungsperson ist unter anderem die Erreichung des 21. Lebensjahres sowie die Tätigkeit von mindestens zwei Jahren in dem bezeichneten Beamten- oder Angestelltenverhältnis.
Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sind vielfach Polizeibeamte, aber auch der Forstdienst, Steueraufsichtsdienst, Grenzaufsichtsdienst, Bergämter oder die Forst- und Fischereiverwaltungen stellen Ermittlungsbeamte dar. Aus praktischen Erwägungen können auch landesfremde Beamte zu Ermittlungspersonen bestellt werden.
Beispielsweise regelt § 105 I StPO, dass die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft bei „Gefahr im Verzug“ eine Durchsuchung einer Wohnung anordnen dürfen.
(Amtsermittlungsgrundsatz)
Das Offizialprinzip wird in § 152 I StPO geregelt und besagt, dass das Strafverfahren vom ersten Einschreiten bis zur Strafvollstreckung allein dem Staat zusteht. Die Staatsanwaltschaft wird hier von Amts wegen tätig und nimmt grundsätzlich keine Rücksicht auf Privatinteressen oder auf Entscheidungen von Einzelnen, sofern der Rechtsfrieden der Gesamtheit im erheblichen Maße beeinträchtigt wird.
Antragsdelikte sind Straftaten, die für ihre Verfolgung als Prozessvoraussetzungen ausnahmsweise einen Strafantrag verlangen. Das Erfordernis eines Strafantrags ist jeweils ausdrücklich im Gesetz angeordnet.
Hierbei lassen sich drei Gruppen unterscheiden:
Strafantragsberechtigt ist grundsätzlich der Verletzte oder dessen gesetzlicher Vertreter.
Die Privatklagedelikte hat der Gesetzgeber in § 374 StPO geregelt. Bei den Privatklagedelikten handelt es sich um einen Katalog von Straftaten, bei denen es grundsätzlich dem Verletzten zuzumuten ist, seine Interessen an der Bestrafung des Täters selbst im Wege der Privatklage durchzusetzen. Auch dieses Verfahren wird beim Strafrichter durchgeführt, es handelt sich hierbei nicht um eine zivilrechtliche Streitigkeit!
Die öffentliche Anklage durch die Staatsanwaltschaft wird nach § 376 StPO bei diesen Delikten nur erhoben, wenn ein öffentliches Interesse hieran vorliegt.
Das Legalitätsprinzip besagt gemäß §§ 152 II, 170 I StPO, dass die Staatsanwaltschaft jedem Anfangsverdacht nachzugehen und bei hinreichendem Tatverdacht Anklage zu erheben hat.
Zur Identifizierung eines Verdächtigen können neben den klassischen Maßnahmen, wie etwa der Identitätsfeststellung nach § 163b StPO, auf die noch gesondert eingegangen wird, andere Maßnahmen getroffen werden. Dies bietet sich insbesondere dann an, wenn der Verdächtigte seine persönlichen Daten nicht preisgeben will und diese auch nicht auf einfacherem Wege herausgefunden werden können. Hiervon zu unterscheiden ist noch die Vernehmungsgegenüberstellung. Die rechtliche Grundlage der Identifizierungsgegenüberstellung ist streitig. Während eine Meinung die Rechtsgrundlage in § 81b StPO sieht, gehen weitere Meinungen von § 58 II oder § 81a StPO aus. Die Rechtsprechung tendiert zu § 81a StPO. Demnach gilt grundsätzlich der Richtervorbehalt, bei Gefahr im Verzug steht die Anordnungskompetenz der Staatsanwaltschaft und deren Ermittlungspersonen zu. Bei dem Verfahren der Gegenüberstellung ist darauf zu achten, dass alles vermieden werden muss, was die Beweiskraft beeinträchtigen könnte. Insbesondere ist darauf zu achten, dass bei Vorlage von Lichtbildern nicht nur Lichtbilder des Beschuldigten vorgelegt werden. Bei der körperlichen Gegenüberstellung ist dem Zeugen nicht nur der Beschuldigte an sich gegenüberzustellen, sondern ebenfalls eine Reihe anderer Personen mit gleichem Geschlecht, ähnlichem Alter und ähnlicher Erscheinung. Hierzu vergleichen Sie untenstehend die Regelungen der Nr. 18 RiStBV.
„Nr. 18 RiStBV
(1) Soll durch eine Gegenüberstellung geklärt werden, ob der Beschuldigte der Täter ist, so ist dem Zeugen nicht nur der Beschuldigte, sondern auch eine Reihe anderer Personen gleichen Geschlechts, ähnlichen Alters und ähnlicher Erscheinung gegenüberzustellen, und zwar in einer Form, die nicht erkennen lässt, wer von den Gegenübergestellten der Beschuldigte ist (Wahlgegenüberstellung). Die Wahlgegenüberstellung kann auch mittels elektronischer Bildtechnik durchgeführt werden (wie z. B. Wahlvideogegenüberstellung).
(2) Die Gegenüberstellung soll grundsätzlich nacheinander und nicht gleichzeitig erfolgen. Sie soll auch dann vollständig durchgeführt werden, wenn der Zeuge zwischenzeitlich erklärt, eine Person erkannt zu haben. Die Einzelheiten sind aktenkundig zu machen.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten bei der Vorlage von Lichtbildern (Wahllichtbildvorlage) mit der Maßgabe, dass dem Zeugen mindestens acht Personen gezeigt werden sollen, entsprechend.“
In bestimmten Fällen wird die einstweilige Unterbringung beschlossen werden. Dies ist dann der Fall, wenn dringende Gründe für die Annahme gegeben sind, dass jemand eine Straftat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit begangen hat und dass seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet werden wird. Die Unterbringung ordnet das Gericht an und zwar dann, wenn es die öffentliche Sicherheit erfordert.
Der Unterbringungsbefehl ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung nicht mehr vorliegen.
Durch § 127b StPO wird das Haftrecht um einen weiteren Haftgrund, nämlich die Befürchtung, dass der Beschuldigte sich der Hauptverhandlung entziehen werde, § 127b I Nr. 2 StPO, erweitert. Zu beachten ist, dass die Hauptverhandlungshaft lediglich für das beschleunigte Verfahren gilt. Das Gesetz sieht nämlich in bestimmten Fällen vor, dass das Strafverfahren abgekürzt wird, indem das Zwischenverfahren entfällt. Dies wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Beschuldigte geständig ist oder andere Beweismittel zur Verfügung stehen. Dieses Verfahren wird durch die Hauptverhandlungshaft abgesichert.
Voraussetzung der Hauptverhandlungshaft ist gemäß § 127b I, II StPO, dass ein dringender Tatverdacht vorliegt, die Befürchtung aufgrund bestimmter Tatsachen besteht, der Beschuldigte werde der Hauptverhandlung fernbleiben und die Erwartung, dass die Hauptverhandlung innerhalb einer Woche durchgeführt werden kann.
Der Haftbefehl ist auf höchstens eine Woche ab dem Tage der Festnahme zu befristen.
Über den Erlass des Haftbefehls soll der für die Durchführung des beschleunigten Verfahrens zuständige Richter entscheiden.
An bestimmten Stellen des Gesetzes spricht der Gesetzgeber von „Straftaten von erheblicher Bedeutung“, so z. B. in § 163e StPO. Hierunter sind Straftaten zu verstehen, die mindestens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurechnen sind, den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sind, das Gefühl der Rechtssicherheit in der Bevölkerung zu beeinträchtigen. Die erhebliche Bedeutung wird grundsätzlich bei Verbrechen und bei Vergehen mit einer Strafrahmenobergrenze über 2 Jahren zu bejahen sein.
Häufig werden anlässlich einer Durchsuchung zufällig Beweise für eine andere Straftat gefunden, weshalb sie auch „Zufallsfunde“ genannt werden. Wie mit diesen umzugehen ist, erklärt § 108 StPO.
„Beschlagnahme anderer Gegenstände, § 108 StPO
(1) Werden bei Gelegenheit einer Durchsuchung Gegenstände gefunden, die zwar in keiner Beziehung zu der Untersuchung stehen, aber auf die Verübung einer anderen Straftat hindeuten, so sind sie einstweilen in Beschlag zu nehmen. Der Staatsanwaltschaft ist hiervon Kenntnis zu geben. Satz 1 findet keine Anwendung, soweit eine Durchsuchung nach § 103 Abs. 1 Satz 2 stattfindet.
(2) Werden bei einem Arzt Gegenstände im Sinne von Abs. 1 Satz 1 gefunden, die den Schwangerschaftsabbruch einer Patientin betreffen, ist ihre Verwertung zu Beweiszwecken in einem Strafverfahren gegen die Patientin wegen einer Straftat nach § 218 des Strafgesetzbuches unzulässig.
(3) Werden bei einer in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 genannten Person Gegenstände im Sinne von Abs. 1 Satz 1 gefunden, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht der genannten Person erstreckt, ist die Verwertung des Gegenstandes zu Beweiszwecken in einem Strafverfahren nur insoweit zulässig, als Gegenstand dieses Strafverfahrens eine Straftat ist, die im Höchstmaß mit mindestens fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist und bei der es sich nicht um eine Straftat nach § 353b des Strafgesetzbuches handelt.“
Der durchsuchende Richter oder Beamte ordnet die einstweilige Beschlagnahme der Zufallsfunde an. Gefahr im Verzug ist hierbei nicht notwendig. Die einstweilige Beschlagnahme kann durch den Durchsuchungsbeamten vorgenommen werden. Hiernach ist der Zufallsfund der Staatsanwaltschaft zur Prüfung und Entscheidung vorzulegen, ob er in einem anderen Ermittlungsverfahren beschlagnahmt werden soll und kann (beachten Sie ein mögliches Beschlagnahmeverbot), vgl. hierzu die Erläuterungen zur Beschlagnahme.