Selber messen

Blutdruckmessen ist einfach, preiswert und tut nicht weh. Eine ideale Untersuchungsmethode, mit der Sie Ihr Schicksal in die Hand nehmen können.

Man kann den Blutdruck in der Regel nicht spüren, aber man kann ihn mit recht wenig Aufwand sichtbar machen: Nämlich auf der Anzeige eines Blutdruckmessgeräts. Da der Blutdruck bei jedem Menschen schwankt, ist es sinnvoll, den Blutdruck zu beobachten. Die Selbstmessung zu Hause ist eine gute Ergänzung zur Messung in der Arztpraxis oder Apotheke, weil sie helfen kann, einen erhöhten Blutdruck zu bestätigen oder auszuschließen und die Therapie optimal zu steuern. Sie trägt dazu bei, einem möglichen „Weißkitteleffekt“ (siehe S. 22) auf die Spur zu kommen: Viele Menschen haben in der Arztpraxis erhöhte Blutdruckwerte, während die Werte zu Hause normal ausfallen.

  1. Der Grenzwert liegt bei der Selbstmessung zu Hause nicht bei 140/9 mmHg, sondern nur bei 135/85 mmHg. Denn zu Hause sind die Patienten meist entspannter als in der Arztpraxis.

Sollte bei Ihnen ein Bluthochdruck festgestellt werden und eine Therapie mit Arzneimitteln notwendig sein, hat die Selbstmessung ebenfalls eine wichtige Funktion: Sie können überprüfen, ob die Medikamente richtig dosiert sind und Ihr Blutdruck gut eingestellt ist. Sie können zudem besser verfolgen, was Ihre sonstigen Bemühungen bringen, wie etwa Abnehmen oder weniger Alkohol trinken.

Verschiedene Methoden

Eine Blutdruckmessung, bei der man nicht mehr mit Kanülen in den Körper eindringen muss, gibt es bereits seit 120 Jahren. Hat sich der Erfinder der indirekten Blutdruckmessung, der italienische Kinderarzt Scipione Riva-Rocci, noch einen Fahrradschlauch um den Oberarm gebunden und ihn aufgepumpt, tut es heute eine Manschette mit Klettverschluss. Wahrscheinlich ist Ihnen schon einmal die Bezeichnung „RR“ für Bluthochdruck untergekommen: Damit wird der „nach Riva-Rocci“ gemessene Blutdruck abgekürzt, nämlich mit Manschette am Oberarm oder am Handgelenk. Zusätzlich verwendete Riva-Rocci eine Queck­silbersäule (von daher auch die Einheit mmHg: „Millimeter Quecksilbersäule“, S. 18) und tastete den Puls, der verschwindet, wenn der Manschettendruck den systolischen Druck übersteigt.

Heute kann ohne Quecksilbersäule und Tasten gemessen werden, aber eine Manschette gehört zu jedem Gerät. Die Manschette wird beim Messen so weit aufgepumpt, dass sie die Arterie abklemmt und kein Blut mehr durchfließt. Anschließend lässt man die Luft langsam aus der Manschette entweichen. Ab dem Zeitpunkt, an dem der Druck der Manschette auf den Druck gesunken ist, den das Herz durch das Zusammenziehen (siehe „Systole“, S. 20) aufbaut, beginnt das Blut wieder in den Unterarm zu fließen. Der Wert, den das Messgerät in dem Moment anzeigt, entspricht dem systolischen Blutdruck, dem oberen Wert. Lässt man den Druck in der Manschette weiter ab, erreicht er nach einer bestimmten Zeit den Druck, der am Ende der Erschlaffungsphase des Herzmuskels herrscht. Dieser Wert entspricht dem diastolischen Blutdruck, dem unteren Wert. Das Blut kann jetzt ungehindert strömen.

Es gibt zwei Möglichkeiten, diese beiden Werte zu erfassen: Entweder werden Strömungsgeräusche des Blutes über die Armschlagader, die zwischen dem systolischen und dem diastolischen Druck auftreten, mit einem Stethoskop abgehört. Mit dieser sogenannten auskultatorischen Methode (lat. auscultare = zuhören, lauschen) messen die meisten Ärzte den Bluthochdruck, weil sie sehr genau ist. Die Geräte zum Selbermessen beruhen heute dagegen meist auf der oszillometrischen Methode, bei der ein Sensor im Gerät die Schwingungen (Oszillationen) elektronisch erfasst, die das Blut beim Durchfließen an der Gefäßwand auslöst, wenn der Manschettendruck den systolischen Druck unterschreitet.

Viel Komfort und Vollautomatik

Kaufen können Sie Blutdruckmessgeräte ­in der Apotheke oder im Sanitätshaus, manchmal auch in Supermärkten und natürlich im Internet, wo Sie aber nicht beraten werden. Die Kosten für ein Blutdruckmessgerät übernehmen in der Regel die Kassen, wenn zum ersten Mal die Diagnose Hypertonie gestellt wird. Sie brauchen dafür aber eine ärztliche Bestätigung. Fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse nach.

Für den Hausgebrauch stehen viele komfortable, vollautomatische Geräte zur Verfügung. Per Knopfdruck erzeugen sie einen vorbestimmten Manschettendruck und auch das Ablassen des Drucks wird automatisch gesteuert. Auf einem digitalen Display werden systolischer und diastolischer Blutdruck sowie meist die Herzfrequenz angezeigt. Bedienkomfort und Ausstattung der Geräte wurden in den letzten Jahren weiter verbessert: Manche Geräte können bis zu 500 Messwerte speichern, so haben Sie die Möglichkeit, den Verlauf Ihres Blutdrucks zu verfolgen. Ein Extra mancher Modelle: Sie verfügen über eine drahtlose oder kabelgebundene Schnittstelle zu einem digitalen Speichermedium, sei es ein Rechner, Smartphone oder Tablet. Die Messdaten werden gespeichert, können an den Arzt geschickt werden oder sind zum Beispiel als Grafik ausdruckbar.

Unbedingt wünschenswert: Das Gerät sollte einen unregelmäßigen Herzschlag anzeigen. Das kann ein Hinweis auf eine Herzrhythmusstörung sein. Und bei Herzrhythmusstörungen kann es schwierig werden, den Blutdruck zu messen, weil er sich möglicherweise von Schlag zu Schlag verändert. Deshalb ist in diesen Fällen die Messung mit dem Stethoskop in der Arztpraxis zu bevorzugen. Sprechen Sie in jedem Fall mit Ihrem Arzt über den unregelmäßigen Puls. Auch darüber, ob eventuell trotzdem eine Selbstmessung zuverlässig genug ist. Etwa indem Sie den Blutdruck dreimal hintereinander messen und daraus den jeweiligen Mittelwert des systolischen und diastolischen Blutdrucks bilden.

 Keine   Ausrede! 

Die Überprüfung der Blutdruckwerte mindestens einmal im Jahr ist empfehlenswert. Ab dem 50. Lebensjahr besser halbjährlich. Je älter Sie werden, desto höher ist das Risiko, einen Bluthochdruck zu entwickeln. Doch auch Jüngere können sich nicht in Sicherheit wiegen: Ein Fünftel der 50- bis 59-Jährigen weist zu hohe Werte auf, vor allem Männer. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen für alle Versicherten ab dem 35. Lebensjahr alle zwei Jahre die Kosten für einen „Gesundheits-Check-up“, bei dem geprüft wird, ob bei Ihnen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenschäden oder Diabetes vorliegen.

Vergleichsmessung

Egal für welches Gerät Sie sich entscheiden, lassen Sie sich von einer Fachkraft einweisen. Das gilt insbesondere für Geräte mit Stethoskop, die schwieriger zu handhaben sind. Gleichzeitig kann in der Arztpraxis auch die Messgenauigkeit Ihres Gerätes überprüft werden, denn nicht nur billige Geräte zeigen teilweise falsche Werte an. Sie können vor dem Kauf fragen, ob das Sanitätshaus oder die Apotheke das Gerät auf Leihbasis herausgibt, damit Sie es in der Arztpraxis testen lassen können. Nach etwa zwei Jahren sollten Sie noch einmal eine Parallelmessung veranlassen – das ist in etwa die Zeitspanne, nach der die Genauigkeit eines Geräts nachlassen kann.

Tragen Sie die Werte regelmäßig in einen Blutdruckpass ein. Sie können außergewöhnliche Situationen vermerken, wie z. B. Stress oder körperliche Beschwerden. Besprechen Sie mit dem Arzt regelmäßig Ihre Messergebnisse. Das führt zu einer besseren Blutdruckeinstellung. Einen Blutdruckpass be­kommen Sie zum Beispiel bei der Deutschen Hochdruckliga e.V., der Deutschen Herzstiftung e. V. oder in Apotheken.

Handgelenk oder Oberarm?

Sie haben die Wahl zwischen Geräten, die am Handgelenk angelegt werden, und Geräten für den Oberarm. Vorteil beim Messen am Oberarm: Das Gerät befindet sich in Herzhöhe. Dafür sind die kompakten Handgelenkgeräte bequemer anzuwenden. Doch starke Sehnen und Knochen des Unterarms können die Messung am Handgelenk behindern. Die Messung am Handgelenk wurde lange Zeit von Experten eher kritisch beurteilt – Tests haben aber gezeigt, dass gute Geräte für das Handgelenk genauso zuverlässig messen wie Oberarmgeräte.

Sie müssen ein Handgelenkgerät auf Herzhöhe halten. Das gelingt zum Beispiel, wenn Sie die Hand ausgestreckt auf eine erhöhte Oberfläche legen. Befindet sich das Handgelenk mit dem Gerät unterhalb des Herzens, wird der Druck zu hoch bestimmt, oberhalb des Herzens fällt er zu niedrig aus. Als Sicherheitsmaßnahme beginnen manche Handgelenkgeräte gar nicht erst mit dem Messen, bevor Sie die richtige Position eingenommen haben.

Manche Handgelenkgeräte sind wie Armbanduhren nur links gut handhabbar. Einige Bluthochdruckpatienten sollten den Blutdruck aber rechts messen, weil bei ihnen auf dieser Seite die Werte höher liegen. Achten Sie in diesem Fall beim Kauf darauf, dass das Gerät auch rechts gut sitzt und ablesbar ist.

     Checkliste  

So messen Sie richtig

Sie bekommen nur zuverlässige Ergebnisse, wenn Sie sich an be­stimmte Regeln halten:

Maße der Manschette

Die Manschette muss die richtige Größe haben, sonst misst das Gerät nicht richtig. Bei Oberarmgeräten ist die Standardgröße meist für einen Oberarmumfang bis 32 Zentimeter gedacht. Weil die Standardmanschette für stärkere Oberarme zu hohe Werte liefert, gibt es Sondermaße. Auch Handgelenkgeräte gibt es mit verschieden großen Manschetten, in der Regel für Umfänge von 13,5 bis 21,5 Zentimeter.

  1. Für Bluthochdruckkranke sind Schulungsprogramme entwickelt worden, wie das „Hypertonie-Behandlungs- und Schulungsprogramm“ von Ulrike Didjurgeit et al., das „Behandlungs- und Schulungsprogramm für Patienten mit Hypertonie“ von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf oder die „Modulare Bluthochdruck­schulung IPM“ des Instituts für Präventive Medizin an der Universität Erlangen-Nürnberg. Alle drei Programme sind im Rahmen der Disease-­Management-Programme (DMP) für Typ-2-Diabetes oder koronare Herzerkrankung zugelassen. Denn sowohl Diabetiker als auch Patienten mit verengten Herz­gefäßen haben häufig Bluthochdruck als Begleiterkrankung. Auch wenn Sie „nur“ unter Bluthochdruck leiden: Sprechen Sie Ihren Arzt auf ein solches Schulungsprogramm an. DMP sind strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch kranke Menschen, die auf wissenschaftlich ge­sicherten Erkenntnissen basieren. Die gesetzlichen Krankenkassen beraten dazu und übernehmen auch die Kosten. Mehr unter: www.hypertonie-schulungsprogramm.de, www.patientenschulungsprogramme.de und www.ipm-aktuell.de

Die Risiken erkennen

Wiegen Sie zu viel? Bewegen Sie sich zu wenig? Rauchen Sie? Es gibt vielfältige Gründe, warum der Druck zu hoch wird. Und einige Faktoren, die das Herz-­Kreislauf- Risiko zusätzlich erhöhen. Es geht um Ihr persönliches Risikoprofil.

Meistens lässt sich keine eindeutige Ursache für den Bluthochdruck erkennen. Man spricht von einer primären oder essenziellen Hypertonie – Bluthochdruck also als eigenständige Erkrankung, für deren Ausbruch oft ein ungesunder Lebensstil verantwortlich ist. Häufig liegt der hohe Blutdruck in der Familie. Doch die Veran­lagung kommt nur dann zum Zug, wenn sich andere Belastungen hinzugesellen. Diese ergeben sich meistens aus der Lebensweise: Übergewicht, Bewegungsmangel, starker Kochsalzgenuss, chronischer Stress und hoher Alkoholkonsum – alles Risikofaktoren für die Entstehung eines hohen Blutdrucks.

Davon zu unterscheiden sind weitere Risikofaktoren, die wie der Hochdruck Herz und Gefäße bedrohen. Zu diesen sogenannten unabhängigen kardiovaskulären Risikofaktoren gehören das Rauchen ebenso wie erhöhte Blutfettwerte oder Diabetes – Krankheitsbilder, die oft mit einem Hochdruck einhergehen. Selten, bei etwa 5 von 100 Hypertonikern, liegt dem Bluthochdruck eine andere Erkrankung zugrunde. In diesen Fällen wird von einer sekundären Hypertonie gesprochen. Häufig betrifft das jüngere Menschen und meistens handelt es sich um Erkrankungen der Niere und ihren Gefäßen (siehe S. 200). Bluthochdruck muss immer zusammen mit anderen Risikofaktoren betrachtet werden. Denn Ziel einer Hochdrucktherapie ist es nicht nur, die Blutdruckwerte zu senken, sondern langfristig eine Gefäß-, Herz- oder Nierenerkrankung, vor allem einen Herzinfarkt, Schlaganfall und Nierenversagen zu verhindern. Das Gesamtrisiko steigt deutlich an, sobald neben dem hohen Blutdruck, zu viel Zucker und Fette im Blut die Gefäße malträtieren und Zigarettenrauchen hinzukommt. Um es dramatisch auszudrücken: Der Bluthochdruck verwandelt sich von einem beißenden Hund in einen reißenden Wolf – bei gleichen Blutdruckwerten wohlgemerkt. Das gilt auch, wenn bereits ein Diabetes, eine Nieren- oder Herzerkrankung vorliegt. Auch höheres Alter und männliches Geschlecht sowie Gefäßerkrankungen in der Familie erhöhen Ihr individuelles Gesamtrisiko. Zur Berechnung des persönlichen Risikos gibt es auch Tabellen und Computerprogramme – Grundlage sind große Bevölkerungsstudien (Risikorechner siehe S. 53).

Mit dem Arzt zusammen sollten Sie Ihr persönliches Risikoprofil erstellen. Daraus ergeben sich dann die Stell­­schrauben, an denen Sie drehen können.

Veränderte Gene

Bluthochdruck wird zum Teil vererbt. Aber auch andere biologische Gründe spielen eine Rolle.

Ein einzelnes defektes Gen, das immer zu Bluthochdruck führt? Das ist eher die Ausnahme. Meistens handelt es sich dann um mehrere Gene, die zum Beispiel den Salzhaushalt im Körper regu­lieren. In jüngerer Zeit spürten die Wissenschaftler in großen Studien an vielen Tausend Menschen Erbvarianten auf, die bei vielen Menschen vorkommen und die im Mittel jeweils nur einen kleinen Effekt von etwa 0,5  mmHg bis 1 mmHg auf den Blutdruck haben, zusammengenommen aber einen signifikanten Effekt haben können.

Tausende Erbvarianten

Von seltenen Ausnahmen abgesehen hat die Natur nicht nur einem Gen oder wenigen einzelnen Genen die Kontrolle des Blutdrucks überlassen, sondern es sind Hunderte, vermutlich sogar Tausende von verschiedenen Erbvarianten und ihren Kombinationen an der Blutdruckregulation beteiligt. Eine schlaue Konstruktion – so kann sich das Gesamtsystem leichter ausbalancieren.

Für eine Hypertonie ist demnach meist ein Zusammenspiel mehrerer veränderter Gene verantwortlich, die direkt oder indirekt an der Blutdruckregulation beteiligt sind. Diese Gendefekte wirken auf Nervensystem, Nierenfunktion, Gefäßweite, Hormone und Zellmembranen ein. Dass erbliche Faktoren eine Rolle spielen, lässt sich daran ablesen, dass Hochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Familien gehäuft vorkommen. Kinder haben ein doppelt bis dreifach höheres Risiko, einen Bluthochdruck zu entwickeln, wenn ein oder beide Elternteile Hypertoniker sind. Auch Zwillingsstudien legen nahe, dass genetische Faktoren die Entstehung eines Bluthochdrucks beeinflussen. Weil man insgesamt noch wenig über die Erbfaktoren weiß, hat die Genetik des Bluthochdrucks bisher nur in Einzel­fällen einen Einfluss auf Untersuchungs­methoden und Behandlung.

Es beginnt im Mutterleib

Die Biologie des Bluthochdrucks ist komplizierter, als lange angenommen wurde. Nicht nur die Erbanlagen machen Menschen von Geburt an anfälliger für den Hochdruck, sondern auch die Einflüsse während der Entwicklung im Mutterleib. So zeigt eine Reihe von Studien, dass ein niedriges Geburtsgewicht öfter mit der späteren Entwicklung eines Bluthochdrucks einhergeht. Schon während des ersten Lebensjahres haben Babys mit niedrigem Geburtsgewicht höhere Blutdruckwerte als jene Babys, die ein normales Gewicht hatten.

Zu viel, zu salzig

Weniger Pfunde, weniger Salz – und Ihr Blutdruck sinkt.

Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Übergewicht und Bluthochdruck. Doch wer zu dick ist, riskiert nicht nur, an einem zu hohen Blutdruck zu erkranken. Auch andere Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen (erhöhte Cholesterinwerte), Gicht, Gelenkerkrankungen oder Krebs gehen häufig mit einem Übergewicht einher. Diese Gesundheitsstörungen entwickeln sich oft schleichend. Doch viele Menschen neigen zudem auch noch dazu, erste Anzeichen für eine Überlastung des Körpers, wie zum Beispiel Atemnot und starkes Schwitzen, zu verharmlosen und einfach in Kauf zu nehmen.

Der Grund für eine Gewichtszunahme ist zunächst ganz simpel: Sie führen mit der Nahrung mehr Energie zu, als Sie verbrauchen. Doch die dahinterstehenden Ursachen sind recht vielfältig und vielschichtig. Manche schieben alles auf die Erbanlagen. Die Gene sind jedoch selten allein für die überflüssigen Pfunde verantwortlich. Übergewicht kommt meistens auch durch unseren Lebensstil zustande: Wir bewegen uns wenig, gleichzeitig essen wir viel und fett. Mit zunehmendem Alter werden viele Menschen immer bequemer – was fatal ist, da der Energie-Grundumsatz ab dem 30. Lebensjahr langsam, aber stetig sinkt.

Essen als Ersatzhandlung

In einer so reichen Gesellschaft wie der unsrigen essen die wenigsten dann, wenn sie Hunger haben. Das riesige Angebot an Nahrungsmitteln lockt, egal ob zu Hause, am Arbeitsplatz oder unterwegs. Viele Menschen haben es deshalb verlernt, die Hunger- und Sättigungssignale wahrzunehmen. Was auch daran liegt, dass Essen noch andere Bedürfnisse zumindest kurzfristig zu befriedigen vermag. Essen wird zur Ersatzhandlung. Viele Menschen neigen dazu, Ärger und Kummer in sich „hineinzufressen“, unangenehme Gefühle mit Essen zu überdecken. Oft handelt es sich dabei um unbewusste, häufig in der Kindheit geprägte Muster. Auch nach einer Schwangerschaft werden viele Frauen ihre überflüssigen Kilos nicht mehr los. Und viele nehmen nach einer Raucherentwöhnung zu. Völlig falsch ist es aber, deshalb das Rauchen beizubehalten (siehe S. 43) – ein Argument, das vor allem junge Frauen häufig nennen.

Selten liegt dem Übergewicht eine hormonelle Störung, etwa eine Schilddrüsenunterfunktion, zugrunde. Wenn Sie gegen Ihren Bluthochdruck Betablocker (siehe S. 121) einnehmen, kann es sein, dass die Waage etwas mehr anzeigt als vorher. Weitere Medikamente, die eine Gewichtszunahme fördern können, sind zum Beispiel die Pille, Neuroleptika, Antidepressiva, Kortison oder bestimmte Medikamente zur Senkung des Blutzuckers wie Insulin.

Maß nehmen

Der Body-Mass-Index (BMI) ist ein Maß zur Beurteilung des Körpergewichts. Er beschreibt das Verhältnis des Körpergewichts zur Körpergröße und wird nach folgender Formel berechnet:

  1. BMI ausrechnen:
  2. Körpergewicht (kg) 
  3. Körpergröße x Körpergröße (m²)
  4. Wenn Sie also 1,70 m groß sind und 80 kg wiegen, rechnen Sie wie folgt: 80 : (1,70 x 1,70) = 27,68. Sie haben also einen BMI von rund 28 kg/m² und liegen damit im Bereich des Übergewichts.

Menschen mit einem BMI von 18,5 bis 24,9 gelten als normalgewichtig. Ein BMI von unter 18,5 gilt als Untergewicht und von über 25 als Übergewicht. Ab einem BMI von 30 spricht man von Fettleibigkeit (Adipositas).

Der BMI sagt allerdings nur etwas über das gesamte Körpergewicht aus und macht keine Angaben zum Körperfett. Zwei Menschen können den gleichen BMI, aber eine unterschiedliche Menge Körperfett haben. Ein Bodybuilder mit viel Muskeln und wenig Körperfett kann also den gleichen BMI haben wie ein Mensch mit wenig Muskeln und viel Fett. Von solchen Ausnahmen abgesehen, deutet ein BMI ab 30 in der Regel auf einen erhöhten Körperfettanteil hin.

Apfel oder Birne?

Neben dem Gewicht spielt die Figur eine Rolle, sprich die Fettverteilung. Der klassische Bierbauch der Männer („Apfelform“) ist gefährlicher als das Fett um Po und Hüften herum („Birnenform“), zu dem meistens die Frauen neigen. Denn das im Bauchraum verteilte Fett belastet u. a. durch Freisetzen von Botenstoffen die Blutgefäße und stört Stoffwechselvorgänge. So ist das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes bei der Apfelform höher. Als Richtwerte gelten: Ist der Bauchumfang bei Männern weiter als 101 Zentimeter, ist die Gesundheit gefährdet, bei Frauen sollte die Taille nicht mehr als 87 Zentimeter messen. Das Maßband sollten Sie in der Mitte zwischen Beckenkamm und unterster Rippe anlegen.

Verstecktes Salz

„Die Dosis macht das Gift“ – diese viel zitierte Aussage des Arztes Paracelsus aus dem 16. Jahrhundert hat auch für das Kochsalz seine Gültigkeit. Einerseits ist es lebensnotwendig, wir brauchen davon etwa 2 bis 3 Gramm am Tag. Andererseits begünstigt die Aufnahme von zu viel Kochsalz die Entwicklung eines Bluthochdrucks.

Die tägliche Kochsalzaufnahme wird in Deutschland im Mittel auf 10 bis 12 Gramm geschätzt und ist von daher viel zu hoch. 10 Gramm, das entspricht etwa zwei Teelöffeln. Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Naturvölkern in Brasilien, Kenia und Papua-Neuguinea, die weniger als 3 Gramm Salz täglich zu sich nehmen, Bluthochdruck selten vorkommt und der Blutdruck im Alter nicht ansteigt.

Fertigprodukte sind Salzbomben

Salz nehmen wir nicht nur durch Salzen beim Kochen oder am Tisch zu uns, sondern auch indem wir zu industriell bearbeiteten Produkten greifen. Fastfood, Fertiggerichte, Gemüse aus der Dose oder Brot – diesen Lebensmitteln wird zur Konservierung und Geschmacksverbesserung Kochsalz zugesetzt. Verbraucher sollten die Nährwert­tabellen auf den Verpackungen vergleichen, ab Dezember 2016 ist es Pflicht, dass dort der Salzgehalt angegeben wird. Früher nannten Anbieter oft nur den Gehalt an Natrium – Natrium ist aber nur ein Bestandteil von Salz, der andere ist Chlorid.

Salzreiche Kost hält das Wasser im Gewebe fest. Dadurch sammelt sich mehr Wasser in den Blutgefäßen, wodurch der Blutdruck steigt. Zu viel Salz in der Nahrung kann nicht nur den Blutdruck erhöhen, sondern geht auch mit einem erhöhten Risiko einher, an Nierenerkrankungen, Osteoporose oder Magenkrebs zu erkranken. War Salz früher rar – was es zu einem der teuersten Güter auf den internationalen Handelsstraßen des Mittelalters machte –, gehen wir heute verschwenderisch damit um. So ist aus dem „weißen Gold“ die „weiße Gefahr“ geworden.

Mangelnde Bewegung

Sportmuffel riskieren chronisch krank zu werden. Dabei wirkt körperliches Training mindestens so gut wie ein Medikament.

Eigentlich ist der Mensch ein Muskelwesen, doch in den letzten Jahrzehnten hat er sich immer mehr zu einem Nervenwesen verwandelt. Viele Menschen sitzen stundenlang am Computer und leisten Kopfarbeit. Was sich bewegt, sind höchstens die Finger an Tastatur und Maus sowie die Augen am Bildschirm. Abends tauschen wir den Bürostuhl mit dem Sofa aus und schalten den Fernseher an. Mit bedenklichen Folgen: Nur etwa ein Drittel der Erwachsenen in Deutschland achtet auf körperliche Aktivität, nur ein Viertel treibt regelmäßig Sport, wie eine Befragung des Robert-Koch-Instituts ergab. Auch Kindern (siehe S. 159) scheint Bewegungsraum und der natürliche Bewegungsdrang verloren gegangen zu sein, sie sitzen heute lieber vor dem Fernseher oder vor dem PC, als draußen zu spielen.

Wer sich wenig bewegt, erhöht sein Risiko, in den nächsten 20 Jahren zu sterben, um mehr als die Hälfte, wie zum Beispiel eine Untersuchung von norwegischen und britischen Wissenschaftlern nahelegt. Körperliche Inaktivität stellt einen eigenstän­digen Risikofaktor für Ihre Gesundheit dar – unabhängig davon, ob Sie noch anderen Lastern frönen. Bluthochdruck und andere Herz-Kreislauf-Krankheiten, Adipositas, Krankheiten des Zucker- und Fettstoffwechsels, Haltungsschäden, Rückenschmerzen, Osteoporose und sogar Krebs: Das kann der Preis sein für die Trägheit. Zudem hat Be­wegungsmangel nicht nur körperliche Auswirkungen: Auch der schrittweise Verlust kognitiver Funktionen, wie z. B. Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit oder Wachheit, beschleunigt sich.

Wer sich einmal das Bein gebrochen hat, weiß, was Bewegungsmangel anrichten kann: Die Muskulatur des eingegipsten Beins bildet sich zurück und man braucht Wochen und Monate, um die Muskeln wieder aufzubauen. Auch nach zwei bis vier Wochen Bettruhe ist die Leistungsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigt. Die Kreislauf­regulation ist gestört, der Blutzucker ist angestiegen und die Muskelkraft verloren gegangen. Das Prinzip dahinter ist ganz einfach. Wenn an den Körper keine Anforderungen gerichtet sind, schlafft er ab. Und umgekehrt: Wird er beansprucht, durch Bewegung und Sport, stellt er Leistungsreserven zur Verfügung.

30

Sekunden

Fakten

30 %

aller Deutschen bezeichnen sich als „Sportmuffel“.

18 %

sogar als „Antisportler“.

42 %

erklären sich zum „Couch-Potato“ (bei den unter 40-Jährigen sind es sogar 55 Prozent!).

45 %

geben Zeitmangel als Grund an, sich nicht zu bewegen.

Quelle: Studie „Beweg Dich, Deutschland!“ der Techniker Krankenkasse 2016. Befragt wurden 1.210 deutschsprachige Personen ab 18 Jahren.

Anti-Aging-Mittel Nummer eins

Dabei gibt es gegen Bewegungsmangel ein einfaches Mittel: Bewegung! Körperlich aktiv zu sein hat ein enormes gesundheitsförderndes Potenzial (siehe S. 78). Es gibt kaum ein Medikament oder eine andere Maßnahme, die an die Effekte von körperlichem Training heranreicht. Nicht von ungefähr ist Sport das Anti-Aging-Mittel Nummer eins: Als trainierter 70-Jähriger kann man durchaus so fit sein wie ein untrainierter 30-Jähriger. Und mit einem Bewegungsprogramm stehen die Chancen gut, den scheinbar im Alter unvermeidlichen Anstieg des Blutdrucks zu bändigen.

Riskanter Alkohol

Ein guter Wein zum Essen, ein Hefeweizen im Biergarten, ein Sekt zum Geburtstag – keine Frage, Alkohol bedeutet ein Stück Lebensqualität. Doch Alkohol hat ein doppeltes Gesicht.

Einerseits ist Alkohol als Genussmittel ein fester Bestandteil gesellschaftlichen Lebens, andererseits ein Rauschmittel, das abhängig machen kann. Gab es früher noch die deutliche Zweiteilung zwischen denjenigen, die angeblich unbedenklich trinken können, und den Alkoholikern, geht man heute davon aus, dass gesundheitliche Folgen schon ab geringen Mengen zu erwarten sind. Nach einer Befragung des Robert-Koch-Instituts trinkt über ein Viertel der Erwachsenen (ein Drittel der befragten Männer und ein Fünftel der befragten Frauen) in Deutschland mehr oder weniger zu viel.

Die Deutsche Hochdruckliga rechnet vor: Bei regelmäßiger Einnahme von mehr als 30 Gramm Alkohol am Tag verdoppelt sich das Risiko für die Entwicklung eines Bluthochdrucks gegenüber Menschen, die keinen Alkohol trinken. 30 Gramm, das entspricht etwa einem dreiviertel Liter Bier oder einem drittel Liter Wein. Experten schätzen, dass bei fast 10 Prozent aller Hochdruckkranken Alkohol eine Rolle spielt. Schon ein einmaliger Alkoholkonsum kann bei Hochdruckkranken den Blutdruck um 5 bis 10 mmHg für etwa eine Stunde ansteigen lassen. Bei gesunden Menschen dagegen klettern die Werte nur minimal nach oben.

Alkohol ist ein Zellgift

Doch Bluthochdruck ist bei Weitem nicht der einzige Schaden, den Alkohol anrichten kann. Denn Alkohol ist ein Zellgift, das sich über das Blut im ganzen Körper verteilt und potenziell sämtliche Organe in Mitleidenschaft zieht. So greifen Getränke mit hohem Alkoholanteil beispielsweise die Schleimhaut in Mund und Rachen, im Kehlkopf- und Speiseröhrenbereich an, was zu Krebs führen kann. Auch Brustkrebs und Tumore an den Verdauungsorganen können Folgen erhöhten Alkoholkonsums sein, ebenso wie Schäden am Herzmuskel, Störungen der Leberfunktion sowie neurologische Erkrankungen. Außerdem macht Alkohol dick, was wiederum den Blutdruck in die Höhe treibt. Mit sieben Kilokalorien pro Gramm ist der Energiegehalt von Ethanol – wie Alkohol chemisch heißt – fast so hoch wie der von Fett mit neun Kilokalorien pro Gramm. Daneben besteht das Risiko für eine psychische und körperliche Abhängigkeit, die meistens schleichend beginnt und schließlich nicht nur die Gesundheit, sondern das Leben zerstören kann.

Wie gesund ist Rotwein?

Doch andererseits werden insbesondere dem Rotwein jede Menge gesundheitliche Wirkungen zugesprochen. Tatsächlich besagen viele Studien, dass ein bisschen Alkohol – täglich etwa ein kleines Glas – das Herz schützt. Diese Wirkung ist allerdings unabhängig vom Getränk, gilt also für alle Alkoholika, und ist eben nur bei sehr gemäßigtem Konsum zu erwarten. Ab einer bestimmten Menge (siehe Kasten, S. 90) kippt die Waage und das Krankheits- und Sterberisiko steigt. Kritiker weisen zudem auf statistische Unsauberkeiten dieser Studien hin. So sei zum Beispiel nicht belegt, dass es der Alkohol ist, der sich positiv auf die Gesundheit moderater Trinker auswirkt, und nicht etwa eine gesunde Ernährung.

Deshalb sind sich Experten einig, dass ein fraglicher begrenzter Vorteil die vielen negativen Effekte von Alkohol nicht wettmachen kann. Sie sollten also versuchen, nur mäßig und nicht regelmäßig Alkohol zu konsumieren oder das Gläschen Bier oder Wein ganz wegzulassen. Der Blutdruckanstieg durch Alkohol geht übrigens wieder vollkommen zurück, wenn Sie auf alkoholhaltige Getränke verzichten.

Ständige Überlastung

Stress gehört zum Leben. Doch nach einer Phase der Anspannung muss eine entspannte Phase folgen. Dauerstress macht krank und treibt den Blutdruck in die Höhe.

„Ich schaff das nicht“ – allein dieses Gefühl reicht aus: Das Herz fängt an zu rasen, der Atem geht schneller, die Muskeln verspannen sich und der Blutdruck steigt. Durch das Gefühl der Überforderung hat der Körper eine Hormonkaskade in Gang gesetzt, die zu diesen körperlichen Reaktionen führt. Das sympathische Nervensystem animiert das Nebennierenmark dazu, die Hormone Adrenalin und Noradrenalin auszuschütten. Diese beiden Stresshormone führen zu einem Blutdruckanstieg und zu einer Beschleunigung der Herztätigkeit. Parallel dazu stimuliert das Hirn die Nebennierenrinde, sodass sie das Stresshormon Kortisol produziert. Eine der Aufgaben von Kortisol ist es, dem Körper genügend Glukose bereitzustellen – daher erhöht sich der Blutzuckerspiegel durch die Ausschüttung von Kortisol.

Der Jäger und das wilde Tier

Diese kurzfristige Reaktion des Körpers ist ein uralter Mechanismus, der tief im Körper des Menschen steckt: Der Jäger steht vor einem wilden Tier, wach und energiege­laden, bereit zu kämpfen oder wegzulaufen. Wenn die Gefahr vorüber, der Bär oder Löwe erlegt ist, fährt der Körper das Stressprogramm wieder herunter. Auch heute noch macht diese Reaktion Sinn: Wir brauchen die volle Konzentration und auch den höheren Blutdruck, um einen Vortrag oder eine Prüfung zu überstehen oder eine andere schwierige Aufgabe bewältigen zu können. Die Anspannung kann uns beflügeln und zu Höchstleistungen anspornen. Von daher ist Stress zunächst weder positiv noch negativ, sondern gehört einfach zum Leben. Doch zum Leben gehört auch die Entspannung. Der Wechsel zwischen angespannten und entspannten Phasen ist der Grundrhythmus, der unser Leben strukturiert.

Doch wenn Sie von Ihrem Chef schlecht behandelt werden, wenn die Arbeit in dem vorgegebenen Zeitrahmen kaum zu schaffen ist, wenn es laut ist im Büro, wenn Sie alleinerziehend und berufstätig sind, wenn ein naher Angehöriger gestorben ist, dann können Sie im Allgemeinen nicht fliehen und können auch niemanden zur Strecke bringen, sondern müssen sich der Situation Tag für Tag stellen. Das kann Dauerstress erzeugen. Das Auspendeln zwischen Anspannung und Entspannung funktioniert nicht mehr.

Symptome von chronischem Stress

Wenn Sie zu viel und zu lange Stress haben, kann das krank machen. „Ich bin gestresst!“ – das hört sich so harmlos an. Doch wer einmal aufgrund von Überlastung fix und fertig war, weiß, wie sehr chronischer Stress die Lebensqualität beeinträchtigen kann. Die Symptome sind ganz unterschiedlich: Die einen haben dauernd Rücken- oder Kopfschmerzen, andere können sich nicht mehr konzentrieren, nicht mehr schlafen oder haben Probleme mit Magen oder Darm. Wieder andere fühlen sich allgemein fiebrig und krank oder sind chronisch erschöpft. Der Daueralarm schwächt das Immunsystem und es kommt zu mehr Infektionen. Die andauernde Aktivierung der Stresshormone verursacht darüber hinaus Schäden an den Blutgefäßen, ein Bluthochdruck oder andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen können sich entwickeln.

  1. Patient, 78 Jahre alt, war in der industriellen Forschung tätig und hat seit 30 Jahren Hochdruck: „Ich war beruflich sehr überlastet. Ich vermute, dass mein Bluthochdruck auch daher kommt. Man muss sich eben auch zurücknehmen können. Das fällt mir sehr schwer.“

Die Wirkung von Arzneimitteln kann durch Alkohol verstärkt oder abgeschwächt werden. Zusammen mit der Einnahme von Mitteln gegen Bluthochdruck besteht die Gefahr, dass der Blutdruck stark abfällt und es zu Kreislaufstörungen kommt. Umgekehrt können die Medikamente die Wirkung des Alkohols verstärken.

Die Sucht nach Nikotin

Ein Rauchstopp ist unter allen Maßnahmen sicherlich die effektivste, um Herz-Kreislauf-Krankheiten vorzubeugen.

Der Trend zum Rauchen ist zwar rückläufig, aber immer noch raucht knapp jeder Dritte unter der männlichen Bevölkerung ab 15 Jahren und jede fünfte unter der weiblichen. Rauchen erhöht den Blutdruck zumindest kurzzeitig, beim Kettenrauchen über die gesamte Zeit, in der wir wach sind und rauchen. Für Herz und Kreislauf ist Rauchen aber vor allem deshalb gefährlich, weil es eine Arteriosklerose (siehe S. 170) fördert. Durch das Einatmen von Kohlenmonoxid sind die roten Blutkörperchen statt mit Sauerstoff auch mit Kohlenmonoxid beladen, sodass das Gewebe im Körper schlechter mit Sauerstoff versorgt wird. So kann das „schlechte“ LDL-Cholesterin (siehe S. 46) leichter in die Gewebewände eindringen. Zudem machen die im Rauch enthaltenen Substanzen die Blutplättchen (Thrombozyten) haftfreudiger, sodass gefährliche Blutgerinnsel entstehen können.

Tabakkonsum führt zwar nicht zum chronischen Bluthochdruck, gehört aber neben Bluthochdruck und erhöhtem Cholesterin zu den Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Für den Herzinfarkt (siehe S. 188) ist Rauchen sogar der Risikofaktor Nummer eins. Auch die Gefahr eines Schlaganfalls (siehe S. 194) oder von Durchblutungsstörungen in den Beinen (siehe „PAVK“, S. 173) erhöht sich deutlich. Einmal abgesehen davon, dass sich das Krebsrisiko verdoppelt. Insgesamt gilt Rauchen als das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko in den Industrieländern.

Tausende giftige Stoffe

Tabakrauch besteht aus mehr als 3 500 verschiedenen Stoffen – darunter Gifte wie Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffe, Phenole, Benzole oder verschiedene Schwermetalle. Der entscheidende suchterzeugende Stoff ist allerdings das Nikotin – das Abhängigkeitspotenzial des Nikotins wurde lange unterschätzt. Denn es setzt im Gehirn eine Vielzahl von Botenstoffen frei, die angenehme Gefühle erzeugen: Stress, Angst und Schmerzen werden vermindert, Aufmerksamkeit und Konzentration gesteigert, die Stimmung hellt sich auf.

Manche Menschen atmen den Tabakrauch tagtäglich unfreiwillig ein: die Passivraucherinnen und -raucher. Auch sie sind den giftigen und krebserregenden Stoffen ausgeliefert – die Konzentration von Schadstoffen ist im Nebenstromrauch teilweise sogar noch höher als im Hauptstromrauch. Daher kann auch Passivrauchen Lungenkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen. Mit einem Rauchstopp tun Sie demnach nicht nur etwas für Ihre eigene Gesundheit, sondern bewahren auch Ihre Mitmenschen vor gesundheitlichen Schäden durch den Zigarettenqualm.

     Checkliste  

Wie stark sind Sie abhängig?

Der Fagerström-Test gibt Aufschluss: Beantworten Sie folgende Fragen ehrlich und rechnen Sie die Punkte (Pkt.) zusammen. Wenn Ihre Punktzahl höher ist als sieben Punkte, müssen Sie von einer sehr starken Abhängigkeit ausgehen.

Wie viele Zigaretten rauchen Sie am Tag?

Wie schnell nach dem Aufwachen rauchen Sie Ihre erste Zigarette?

Auf welche Zigarette zu verzichten fällt Ihnen besonders schwer?

Fällt es Ihnen schwer, dort auf das Rauchen zu verzichten, wo es verboten ist (z. B. in der Bahn, im Kino)?

Rauchen Sie in den ersten Stunden nach dem Aufstehen mehr als während des übrigen Tages?

Rauchen Sie auch, wenn Sie so krank sind, dass Sie im Bett liegen müssen?

Erhöhte Blutfettwerte

Zu viele Fette schwimmen im Blut? Auch das greift die Gefäße an. Spüren tut man davon nichts – wie beim Bluthochdruck.

Erhöhte Blutfettwerte und erhöhter Blutdruck – verbünden sich diese beiden „stillen Killer“, wird es besonders gefährlich. Herzinfarkt (siehe S. 188), Schlaganfall (siehe S. 194), akute Durchblutungsstörungen (siehe S. 173) eines Beines oder seltener auch eines Armes können die fatale Folge sein. Der plötzliche Verschluss von Herzkranzgefäßen kann zum Herztod führen.

Triglyzeride und Cholesterin

Es gibt zwei Arten von Blutfetten (Lipiden): Cholesterin und Triglyzeride. Ein bestimmter Gehalt dieser Fette im Blut ist normal und notwendig, weil der Körper sie für vielfältige Zwecke braucht:

HDL und LDL

Nicht nur die Höhe des Cholesterinspiegels ist entscheidend, sondern auch, in welcher Form das Cholesterin vorliegt: als HDL oder LDL. Das sind Lipoproteine, Verbindungen aus Fett und Eiweiß, die das Cholesterin umhüllen und zu den Zielorganen befördern. Den Transport von der Leber zu den Zellen – die damit zum Beispiel die Zellwand reparieren – übernimmt das Low Density Lipoprotein (LDL), das heißt ein Lipoprotein von niedriger physikalischer Dichte. Den Transport zurück von den Zellen zur Leber – die Cholesterin recycelt oder abbaut – obliegt einem anderen Lipoprotein, dem High Density Lipoprotein (HDL), das heißt einem Lipoprotein von hoher physikalischer Dichte.

Vor allem ein hoher LDL-Gehalt im Blut weist auf ein erhöhtes Risiko für eine Arteriosklerose (siehe S. 170) hin: LDL lagert sich in feine Risse in der Arterienwand ein und verursacht dort bestimmte Formen von Entzündungen. Deshalb gilt LDL als „böses Cholesterin“. HDL als „gutes Cholesterin“ kommt eine Schutzfunktion zu, weil es Cholesterin aus der Blutbahn abtransportiert. Neueren Forschungsergebnissen zufolge scheint es auch die gefährliche Oxidation von LDL-Partikeln in der Gefäßwand zu verhindern. Auch zu viele Triglyzeride im Blut begünstigen Ablagerungen in den Arterien und leisten einer Arteriosklerose Vorschub. Sehr hohe Triglyzeridwerte können außerdem zu einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse führen.

Weil erhöhte Cholesterin- und Triglyze­ridwerte keine Beschwerden machen, sollten Sie Ihre Werte regelmäßig kontrollieren lassen. Die gesetzlichen Krankenkassen empfehlen und bezahlen alle zwei Jahre für Erwachsene, die über 35 Jahre alt sind, einen Gesundheitscheck, den sogenannten Check-up 35. Einen Termin dazu können Sie etwa bei Ihrem Hausarzt vereinbaren.

Bluthochdruck als Nebenwirkung Die Pille oder Hormonpräparate gegen Wechseljahrsbeschwerden und Zyklusstörungen können den Blutdruck steigen lassen. Außerdem einige Rheumamittel, nämlich die nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) sowie kortisonhaltige Tabletten. Sowohl unter NSAR als auch unter Kortison kann es dazu kommen, dass Salz und Wasser vom Körper zurückgehalten werden, was einen Bluthochdruck fördert. Falls Sie auf das Schmerzmittel oder das Kortison ange­wiesen sind, empfiehlt sich ein Diuretikum (siehe S. 117), weil diese Mittel die Salz- und Wasserausscheidung fördern.

Atemstillstände im Schlaf

Schnarchen und Bluthochdruck können miteinander zu tun haben – wenn das Schnarchen von Atemstillständen unter­brochen wird.

Die Betroffenen wachen von den Atem­aussetzern meistens nicht auf. Im Gegensatz zu ihren Bettgenossen, die sich durch die häufig lauten und unregelmäßigen Atemgeräusche belästigt und beunruhigt fühlen. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Schlafapnoe. Der Begriff leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet wörtlich tatsächlich „Atemstillstand im Schlaf“. Meistens verschließen sich bei den Betroffenen die Luftwege dadurch, dass während des Schlafs die Muskulatur der oberen Atemwege erschlafft. Deshalb verwenden Mediziner auch den Begriff obstruktive Schlafapnoe (OSA, Obstruktion = Verengung, Verstopfung). Weil dem Körper bei den nächtlichen Erstickungsanfällen Sauerstoff fehlt, wird das sympathische Nervensystem aktiviert, was den Blutdruck steigen lässt. Erhöht sich dadurch der Blutdruck zunächst nur nachts, sind nach einiger Zeit auch tagsüber die Werte erhöht.

Abnehmen und Alkohol vermeiden

Gewicht und Alkohol spielen eine wesentliche Rolle bei einer Schlafapnoe. Betroffen sind vornehmlich übergewichtige Männer im mittleren Lebensalter, bei denen sich das Fett auch im Schlund verteilt hat. Oft reicht es schon, wenige Kilo abzunehmen oder im Schlaf die Rückenlage zu vermeiden, um nachts regelmäßiger zu atmen und besser zu schlafen. Am Abend sollten Sie außerdem wenig oder keinen Alkohol trinken – denn dieser erhöht die Bereitschaft zu Apnoephasen, genauso wie Schlaftabletten.

Sind diese Maßnahmen erfolglos, empfiehlt sich eine Therapie mit einem Be­atmungsgerät, das kontinuierlich positiven Atemwegsdruck (