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Flaschenpost ahoi!

Der zweite Bodenseekrimi für Kinder

Thurid Neumann

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Impressum:

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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© 2020 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

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Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchausgabe erschienen 2013.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Cover: Heike Georgi

Lektorat: Redaktions- und Literaturbüro MTM: www.literaturredaktion.de

ISBN: 978-3-86196-240-3 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-96074-243-2 - E-Book (2020)

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Inhalt

Bodenseepiraten

Die Schatzkarte

Die Schatzsuche

Die zwei Männer im Herrenhaus

Erkenntnisse auf dem Salemer Affenberg

Rätsel über Rätsel

Im Herrenhaus

Zimmer Nummer zwölf

Das Archäologische Landesmuseumsfest

Per aspera ad astra

Entdeckt

Am Teufelstisch

Piratenschmaus

Die Autorin

Nachwort

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Bodenseepiraten

Mit roten Backen hüpfte der kleine blonde Lockenkopf Flo aus dem Auto seiner Eltern, das gerade auf dem Hof ihrer Freunde Markus und Sibylle angekommen war. Markus und Sibylle lebten zusammen mit ihren Söhnen Max und Tim in einem Konstanzer Vorort am Bodensee. Flo hatte dort schon letztes Jahr zusammen mit ihrer älteren Schwester Lara die Sommerferien verbracht, weil ihre Eltern selbst keine Zeit gehabt hatten, sondern arbeiten mussten. Und obwohl ihre Eltern dieses Jahr mit ihnen die letzten zwei Ferienwochen ans Meer nach Italien fahren würden, wollten Lara und Flo auch in diesem Sommer unbedingt wieder an den Bodensee zu Max und Tim. Also hatten Markus und Sibylle die beiden Mädchen für die ersten vier Wochen zu sich eingeladen.

Anders als vor einem Jahr fuhren sie dieses Mal jedoch nicht alleine mit dem Zug, sondern wurden von ihren Eltern mit dem Auto nach Konstanz gebracht, da diese ihren Freunden wenigstens einen kurzen Besuch abstatten wollten, bevor sie am nächsten Tag wieder zur Arbeit mussten. Außerdem hatten sie auf dem Autogepäckträger Laras und Flos Fahrräder transportiert. Flo konnte es kaum erwarten, wieder im See zu baden und auf den Ponys Jerry und Louis von Bertolis, den Nachbarn von Markus und Sibylle, zu reiten.

Während ihre Eltern schon damit beschäftigt waren, das Gepäck ins Haus zu tragen, sah sich Flo nach Max und Tim um. Sie wollte ihnen unbedingt ihr Geschenk geben. In dem Moment kamen die beiden auch schon auf ihren Fahrrädern angesaust. Mit quietschenden Reifen hielten sie auf dem Hof und sprangen von ihren Rädern. Flos blaue Augen glänzten, als sie zu ihnen lief.

„Hier! Die ist für euch!“, verkündete sie stolz, als sie Max und Tim eine Flasche überreichte.

Lara trat hinter ihre kleine Schwester und schmunzelte, als sie die ratlosen Gesichter der beiden Jungs sah. „Das ist eine Flaschenpost“, erklärte sie ihnen und band ihre braunen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen.

„Eine Flaschenpost?“, fragte Tim und runzelte die Stirn, während er das grüne Ding in seiner Hand genauer betrachtete.

Max stieß seinem kleinen Bruder unauffällig mit dem Ellenbogen in die Seite und sagte schnell: „Oh, eine Flaschenpost. Danke, Flo. Das ...“

„Das ist echt super, wirklich“, fügte Tim nickend hinzu.

Flo strahlte. „Ihr müsst lesen, was drinsteht“, sagte sie und trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen.

„Oh, klar, ja, warte“, meinte Max.

Er zog den Korken von der Flasche und angelte nach dem Stück Papier, das sich zusammengerollt darin befand.

Dann zog er es heraus, faltete es auseinander und las laut vor:

Lieber Max, lieber Tim! Ich freue mich darauf, dass wir mit euch wieder die Sommerferien hier am Bodensee verbringen dürfen! Küsschen, Flo.

Flo hüpfte vergnügt auf und ab, während Lara sich nur mit Mühe das Lachen verkneifen konnte.

„Äh, danke, Flo“, sagte Tim und Lara kam es so vor, als wäre er ein bisschen rot geworden.

„Ich kann nämlich schon Briefe schreiben“, erklärte Flo eifrig und sah Max und Tim stolz an. „Ich bin jetzt kein Baby mehr. Ich komme nach den Sommerferien nämlich schon in die zweite Klasse“, fügte sie hinzu.

„Na, ein Baby warst du letztes Jahr doch auch schon nicht mehr. Wenn ich denke, wie du dabei geholfen hast, das Geheimnis um Schloss Krähenstein aufzudecken“, erinnerte sie Max.

„Tja, dieses Jahr werden wir wohl einfach nur faul am See liegen und die Ferien genießen“, seufzte Lara und zuckte die Schultern.

Jetzt grinsten Max und Tim die beiden Mädchen an.

„Also, eigentlich hatten wir nicht vor, uns den ganzen Tag über in der Sonne zu grillen ...“, begann Max.

„... oder auf den Ponys Cowboy zu spielen“, ergänzte Tim. Seit Lara und Flo den beiden Jungs in den letzten Sommerferien das Reiten beigebracht hatten, waren Max und Tim begeisterte Reiter geworden. Und seit Bertolis, die Nachbarn ihrer Eltern, im Herbst letzten Jahres zwei weitere Ponys von der Insel Mainau bekommen hatten, Romeo und Sissi, konnte jetzt jedes der Kinder, wenn Lara und Flo aus Freiburg zu Besuch waren, auf einem eigenen Pferd reiten.

„Obwohl ich zugeben muss, dass ich die Sommerferien durchaus mit Schwimmen und Reiten verbringen könnte“, ergänzte Max und blickte verträumt zum blauen Sommerhimmel empor. Dann zwinkerte er Tim zu.

„Warum tut ihr beiden denn so geheimnisvoll?“, wollte Lara wissen und sah neugierig von einem zum anderen.

„Also“, begann Max, „es ist so, dass wir uns eine Überraschung für euch ausgedacht haben ...“

„Eine Überraschung? Ich liebe Überraschungen!“, rief Flo und klatschte begeistert in die Hände.

„Flo!“, wies Lara sie zurecht. „Wenn du Max ausreden lassen würdest, dann wüssten wir vielleicht schon, um was für eine Überraschung es sich handelt.“ Denn so vernünftig Lara mit ihren elf Jahren auch schon war, in ihrer Neugier war sie durch fast nichts zu bremsen.

„Packt eure Badesachen und kommt mit zu unserem Geheimbadeplatz“, forderte Tim sie auf, „dann werdet ihr die Überraschung sehen.“

„Au prima!“, rief Flo. „Mir ist sowieso ganz heiß von der Autofahrt!“

„Wir müssen aber erst unsere Eltern fragen“, ermahnte sie Lara. „Wo sind sie überhaupt?“

„Ich glaube, sie sind schon im Haus“, mutmaßte Tim.

„Oh je, jetzt haben wir ihnen gar nicht dabei geholfen, das Gepäck hineinzutragen“, stellte Lara zerknirscht fest.

„Und Jerry und Louis und Romeo und Sissi haben wir auch noch nicht begrüßt“, bemerkte Flo und schob ihre Unterlippe nach oben.

„Okay, also eins nach dem anderen“, riet Max. „Zuerst fragen wir unsere Eltern, ob wir noch vor dem Mittagessen zum See dürfen, und dann gehen wir zu unseren Ponys, um ihnen zu sagen, dass sie heute Abend mit uns ausreiten.“

Lara grinste. Noch vor einem Jahr hatten sich Max und Tim über sie lustig gemacht, wenn sie sich mit den Ponys unterhielten. Und jetzt taten sie es selbst. „Prima! Wir könnten unsere Eltern aber auch fragen, ob wir etwas zum Mittagessen mitnehmen und bis zum Abend am See bleiben dürfen“, schlug Lara vor.

Eine Stunde später liefen die vier durch ein kleines Wäldchen und Schilf, bis sie zu ihrem Geheimbadeplatz am See kamen. Lara breitete eine große Decke aus und stellte die Kühltasche mit dem Essen und Trinken daneben.

Zum Glück hatten ihre Eltern die Idee mit einem Picknick am See gut gefunden und ihnen auch gleich Nudelsalat, Brot, Obst, Kekse und Bertolis selbst gemachte Zitronenlimonade eingepackt. „Und wo ist jetzt eure Überraschung?“, wollte Flo nun endlich wissen, während sie sich gespannt umsah.

„Ja, genau! Wo ist sie jetzt?“, hakte auch Lara nach, die bisher nichts entdecken konnte.

Der Geheimbadeplatz sah so aus wie immer: wie eine kleine Insel inmitten von Schilf. Das Wasser im See glitzerte einladend in der Sonne und der warme Sommerwind ließ das Schilf sanft rauschen.

„Kommt mit“, sagte Max rätselhaft.

Tim, Lara und Flo folgten ihm am Ufer entlang. Gleich hinter der Kurve würden sie das Schloss Krähenstein sehen und Laras Herz schlug jetzt genauso schnell wie damals, als sie dessen Geheimnis noch nicht gekannt hatte. Doch dieses Mal hüpfte ihr Herz einfach nur vor Neugier auf und ab, weil sie unbedingt wissen wollte, was für eine Überraschung Max und Tim für sie hatten.

„Tatatata!“, trompetete Max, als sie um die Kurve wateten. Mit offenen Mündern blieben Lara und Flo stehen. Was sie dort sahen, war einfach unglaublich.

„Wow! Das ... das ist ja ein ... echtes Floß!“, brachte Lara nur stammelnd heraus.

„Ein Piratenfloß!“, jubelte Flo und schnalzte mit der Zunge.

„Ein Piratenfloß?“, wiederholte Tim und sah Flo fragend an.

„Ja! Das ist ein Piratenfloß! Und ich bin für die Flaschenpost zuständig“, erklärte Flo munter.

Max kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Aber ja doch!“, rief er dann. „Das ist es! Wir stechen dieses Jahr als Bodenseepiraten in See!“

Lara sah Max mit hochgezogenen Brauen an. Wie alt war Max jetzt? Dreizehn? War man da aus dem Piratengeburtstagsfeieralter nicht schon lange heraus?

„Bodenseepiraten“, sagte sie kopfschüttelnd und tauchte ihre Hand ins kühle Wasser. Dann hielt sie Max ihre nasse Hand an die Stirn. „Ich glaube, du hast einen Sonnenstich“, stellte sie fachmännisch fest, während Flo schon auf das Floß kraxelte.

„Flaschenpost ahoi!“, rief sie und salutierte dabei wie ein Matrose.

„Flaschenpost ahoi!“, echote Tim und kletterte neben sie auf das Floß.

„Alles klar zum Entern! Macht die Leinen los!“, posaunte Max und band den Strick von dem Pfahl los, den er und Tim extra für das Floß am Ufer in den Boden gerammt hatten.

Lara stand mit offenem Mund da. Doch dann sprang auch sie auf das Floß und rief: „Setzt die Segel!“

Max zwinkerte ihr zu.

Hey! Es waren Sommerferien! Die schönsten Ferien des Jahres! Und warum sollten sie nicht vier Wochen lang den Sommer wie einen Piratengeburtstag genießen?

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Die Schatzkarte