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Print ISBN 978-3-415-06135-4
E-ISBN 978-3-415-06156-9

© 2017 Richard Boorberg Verlag

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Inhalt

Vorwort

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

A. Allgemeines

I. Vermessungsrecht als Länderaufgabe

II. Grundlagen

a. Aufgabenkatalog des amtlichen Vermessungswesens/ Rechtsgrundlagen

b. Begriffsbestimmungen

c. Verhältnis der amtlichen Vermessung zu privatrechtlichen vermessungstechnischen Leistungen (Ingenieurvermessungen)

d. Zuständigkeiten im amtlichen Vermessungswesen

e. Hoheitliche Vermessungen von Amts wegen oder nur auf Antrag

f. Verfahrensschritte von Beginn bis zur Beendigung der Amtshandlung

III. Bedeutung der amtlichen Vermessung

a. Amtliche Vermessung als Maßstab für die Bestimmung der Reichweite des Eigentums an Grund und Boden in räumlicher Hinsicht (Lage, Grenzverlauf, Größe, Geometrie eines Grundstücks)

b. Argumente, aus denen sich die rechtliche Bedeutung der amtlichen Vermessung ableiten lässt

c. Keine Erstreckung der gesetzlichen Vermutung nach § 891 BGB und des öffentlichen Glaubens nach § 892 BGB auf die Angaben unter Ziffer 3 e des Bestandsverzeichnisses des Grundbuchs (Wirtschaftsart/Lage)

d. Ausschluss der gesetzlichen Vermutung nach § 891 BGB und des öffentlichen Glaubens nach § 892 BGB aufgrund wasserrechtlicher Bestimmungen

e. Keine Klärung zivilrechtlicher Fragestellungen im amtlichen Vermessungswesen

B. Die amtliche Vermessung im Zusammenhang mit Grenzstreitigkeiten

I. Ausgangssituation

a. Nachbarschaftliche Auseinandersetzungen

b. Anstehende Grenzbebauung

c. Weitere Anlässe für Grenzstreitigkeiten

d. Rechtliche Fragestellungen

II. Verfahrens- bzw. Klagegegenstand

a. Grenzverlauf in der Örtlichkeit

b. Im Streit stehende Rechtsakte der amtlichen Vermessung

c. Grenzfeststellung

d. Abmarkung

e. Fortführungsriss

f. Fortführungsnachweis (FN)/Veränderungsnachweis (VN)

g. Berichtigung des Liegenschaftskatasters

h. Formulierung des Rechtsschutzbegehrens

III. Notwendige Beiladung im Verwaltungsverfahren bzw. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren

IV. Formelle Rechtmäßigkeit

a. Zuständigkeiten

b. Verfahren, Form, Frist

V. Materielle Rechtmäßigkeit

a. Maßgeblichkeit des Liegenschaftskatasters

b. Zulässige Messtoleranzen

c. Beschreibung des Liegenschaftskatasters

d. Funktion des Liegenschaftskatasters

e. Auslegung des Liegenschaftskatasters

f. Keine eindeutige Auslegung des Liegenschaftskatasters

g. Berichtigung des Liegenschaftskatasters

h. Klage gegen einen Fortführungsnachweis bei Flächenberichtigung

i. Klage auf Auskunftserteilung aus dem Liegenschaftskataster

VI. Zivilrechtliche Folgen bei Uneindeutigkeit oder Unrichtigkeit des Liegenschaftskatasters

a. Grenzverwirrung im Sinne des § 920 BGB bei Uneindeutigkeit des Liegenschaftskatasters

b. Unrichtigkeit des Liegenschaftskatasters

c. Gesetzliche Vermutung des § 891 BGB und gutgläubiger Erwerb gem. § 892 BGB

d. Buchersitzung (§ 900 BGB)

e. Erwerb des Grundstücks im Rahmen der Zwangsversteigerung im Umfang des Katasterinhalts

f. Kein gutgläubiger Erwerb der im Liegenschaftskataster ausgewiesenen Flächengröße

g. Staatshaftungsanspruch bei fehlerhafter Flächenausweisung

h. Rechtliche Auswirkungen einer Grenzbebauung

C. Privatrechtliche Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit Grenzstreitigkeiten

I. Ausgangssituation

II. Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1 BGB bei Grenzverletzungen

a. Beeinträchtigungen im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB

b. Eigentumsbeeinträchtigung im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB durch Überbauung

c. Duldungspflichten aus 1004 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 912 BGB

d. Analoge Anwendungen des § 912 BGB

e. Duldungspflichten aus Nachbarrechtsgesetzen

f. Duldungspflichten aus § 242 BGB

g. Ausschluss des Beseitigungsanspruchs wegen § 275 Abs. 2 S. 1 BGB bzw. § 251 Abs. 2 S. 1 BGB

h. Überbaurente/Sondernutzungsgebühren bei überbauten öffentlichen Flächen

i. Keine Pflicht des Eigentümers zur Duldung der Inanspruchnahme seines Grundstücks für die Herstellung des Straßenkörpers

j. Störereigenschaft des Anspruchsverpflichteten aus § 1004 Abs. 1 BGB

k. Wiederholungsgefahr bei Unterlassungsanspruch

l. Verjährung des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB bei Grenzverletzungen

m. Ausschluss der Rechte wegen Eigentumsstörung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben

III. Herausgabe- sowie Beseitigungsansprüche aus § 985 BGB sowie aus § 861 BGB bei Grenzverletzungen

a. Anwendbarkeit der §§ 985, 861, 862 BGB bei Überbauten

b. Duldungspflichten; Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

c. Verjährung/Verwirkung

IV. Auswirkung einer erteilten Baugenehmigung auf eine Grenzstreitigkeit

a. Keine Wechselwirkungen zwischen öffentlich-rechtlicher Baugenehmigung und zivilrechtlichen Ansprüchen oder Sondernutzungsgebühren

b. Einschränkungen

c. Baugenehmigung ohne Einfluss auf die amtliche Vermessung

d. Kein Anspruch auf bauordnungsrechtliches Einschreiten im Falle eines Überbaus

e. Zweigleisig ausgestalteter Rechtsschutz, soweit Verstoß gegen drittschützende öffentlich-rechtliche Bestimmungen vorliegt

V. Grenzanlagen im Sinne der §§ 921, 922 BGB

D. Gebühren für hoheitliche vermessungstechnische Leistungen

I. Ausgangssituation

II. Rechtsgrundlage für die Gebühren für vermessungstechnische Leistungen

a. Landesgebührengesetz (LGebG) von Baden-Württemberg bzw. Kommunalabgabengesetz (KAG) von Baden-Württemberg in Verbindung mit der Gebührenverordnung MLR (GebVO MLR)

b. Maßgebende Fassung der Gebührenverordnung

c. Rechtsgrundlagen für Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure

III. Formelle Rechtmäßigkeit

a. Zuständigkeiten

b. Verfahren, Form, Frist

IV. Materielle Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheids

a. Allgemeines

b. Schuldnerauswahl

c. Zurechnung der öffentlichen Leistung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 2 Abs. 3 Landesgebührengesetz Baden-Württemberg (LGebG)

d. Schriftliche Erklärung gegenüber der Behörde gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 LGebG Baden-Württemberg

e. Haftung für die Gebühren- und Auslagenschuld eines anderen kraft Gesetzes (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Landesgebührengesetz Baden-Württemberg)

f. Gebührenerleichterungen aus Gründen der Billigkeit

g. Schuldnerauswahl/Gesamtschuldnerschaft

h. Allgemeine gebührenrechtliche Grundsätze

i. Häufige Problemstellungen im Vermessungsgebührenrecht

E. Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure

I. Rechtsstellung

a. Rechtsgrundlagen

b. Rechtsstellung als Beliehener

c. Pflichten/Beschränkungen des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs

d. Persönliche Voraussetzungen

e. Sonstiges

II. Honoraransprüche des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs

a. Allgemeine Grundsätze

b. Rechtslage in Baden-Württemberg

c. Rechtslage in anderen Bundesländern

d. Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur als Klagegegner

e. Bindung an festgeschriebene Gebührensätze

f. Honoraransprüche bei von Amts wegen vorzunehmenden Vermessungsleistungen

Stichwortverzeichnis

Vorwort

Ein qualitativ hochwertiges Vermessungswesen ist unabdingbare Voraussetzung für eine moderne Wirtschaftsnation. Infrastrukturprojekte, Raumordnungsverfahren, Bebauungspläne, Hochwasserschutz, Koordination von Rettungseinsätzen, effiziente Landwirtschaft, Eindämmung des Flächenverbrauchs oder der Bau eines Eigenheims sind nur einige wenige Schlagworte, die in untrennbarem Zusammenhang mit validen Geodaten stehen.

Die amtliche Vermessung gewährleistet durch die Sicherung des Grundeigentums zu dem die Rechtssicherheit im Rechtsverkehr und dient damit einem überragend wichtigen Gemeinschaftsgut.

Mit dieser hohen Bedeutung des Vermessungswesens sind jedoch auch zahlreiche rechtliche Fragestellungen sowohl öffentlich-rechtlicher als auch zivilrechtlicher Natur verbunden. Die auf Länder- und Bundesebene umfangreich ergangene und oftmals weitgehend unbekannte Rechtsprechung vor dem Hintergrund der in den einzelnen Bundesländern unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen zu diesen Themengebieten wird in diesem Buch systematisch erfasst und allgemeinverständlich dargestellt. Schwerpunkte werden hierbei insbesondere im Bereich Grenzstreitigkeiten und im Berufsrecht der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure gesetzt.

Dieses Buch wendet sich jedoch nicht nur an Vermessungsfachleute im amtlichen Vermessungswesen und an Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure, sondern soll darüber hinaus ein wichtiges Hilfsmittel für Rechtsanwälte und Richter in der Verwaltungs- und Zivilgerichtsbarkeit, die sich mit Grenzstreitigkeiten oder sonstigen Streitigkeiten aus dem breiten Spektrum des Vermessungswesens zu befassen haben sowie für Notare und nichtamtliche Vermessungsbüros sein. Zugleich soll es auch eine Orientierungshilfe für interessierte Bürger bieten, die sich mit den vielfältigen mit dem Grundeigentum und Grundstücksverkehr verknüpften Fragen befassen.

Mein Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich des amtlichen Vermessungswesens im Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg, im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg sowie bei den unteren Vermessungsbehörden für die langjährige konstruktive Zusammenarbeit. Besonderen Dank möchte ich in diesem Zusammenhang den Kollegen Manfred Zöllner und Hartmut Unger für viele gewinnbringende fachliche Diskussionen aussprechen.

Dieses Buch befindet sich auf dem Stand vom 31.07.2017.

Markus Kriesten

Stuttgart, September 2017

Abkürzungsverzeichnis

a.A

andere Auffassung

aaO

am angegebenen Ort

Abs.

Absatz

a.F.

alte Fassung

Art.

Artikel

mwN

mit weiteren Nachweisen

n.F.

neue Fassung

ADV

Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland

AGBGB (Bayern)

Gesetz zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (und anderer Gesetze des Landes Bayern)

AGG

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

ALKIS

Amtliches Liegenschaftskataster-Informationssystem

Anm.

Anmerkung

BAG

Bundesarbeitsgericht

BauGB

Baugesetzbuch

BauO (NRW)

Bauordnung (für das Land Nordrhein-Westfalen)

BauprüfVO (NRW)

Verordnung über bautechnische Prüfungen (im Land Nordrhein-Westfalen)

BayObLG

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BayStrWG

Bayerisches Straßen- und Wegegesetz

BayVBl.

Bayerische Verwaltungsblätter

BbgVermG

Brandenburgisches Vermessungsgesetz

BFH

Bundesfinanzhof

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BremÖbVIG

Bremisches Gesetz über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

DGK

Deutsche Geodätische Kommission

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung

DVOzÖbVIG NRW

Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und -ingenieure in Nordrhein-Westfalen

DVOzVermKatG NRW

Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster (in Nordrhein-Westfalen)

EGBGB

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

EGGVG

Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz

ErbbauRG

Erbbaurechtsgesetz

ErbbauVO

Erbbaurechtsverordnung

ETRS 89

engl. European terrestrial reference system 1989 (Europäisches terrestrisches Referenzsystem 1989)

EU

Europäische Union

EuGH

Europäischer Gerichtshof

FG

Finanzgericht

FN

Fortführungsnachweis

FR

Fortführungsriss

GBO

Grundbuchordnung

GBV

Grundbuchverfügung

GebG NRW

Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen

GeboVerm

Verordnung über die Benutzungsgebühren der unteren Vermessungsbehörden (in Bayern)

GebVerz MLR

Gebührenverzeichnis des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg

GebVO MLR

Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum über die Festsetzung der Gebührensätze für öffentliche Leistungen der staatlichen Behörden in seinem Geschäftsbereich

GG

Grundgesetz

GK

Gauß-Krüger

GKG

Gerichtskostengesetz

HOAI

Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure)

HVG

Hessisches Vermessungsgesetz

HVwKostG

Hessisches Verwaltungskostengesetz

INSPIRE

engl. Infrastructure for spatial information in Europe

KAG

Kommunalabgabengesetz (von Baden-Württemberg)

KG

Kammergericht (Berlin)

KG

Kostengesetz (Bayern)

KOVerm

Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen (in Niedersachsen)

KrWG

Kreislaufwirtschaftsgesetz

LBO

Landesbauordnung (Baden-Württemberg)

LBOVVO

Verfahrensordnung zur Landesbauordnung (Baden-Württemberg)

LDG

Landesdisziplinargesetz (von Baden-Württemberg)

LG

Landgericht

LGDIG Rheinland-Pfalz

Landesgeodateninfrastrukturgesetz Rheinland-Pfalz

LGebG

Landesgebührengesetz (von Baden-Württemberg)

LGebG NRW

Landesgebührengesetz (von Nordrhein-Westfalen)

LGVerm Rheinland-Pfalz

Landesgesetz über das amtliche Vermessungswesen in Rheinland-Pfalz

LK-Vorschrift - VwVLK

Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg für die Führung des Liegenschaftskatasters

LV-Vorschrift-VwVLV

Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg für die Durchführung von Liegenschaftsvermessungen

LwAnpG

Landwirtschaftsanpassungsgesetz

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

MiZi

Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen

NachbG NRW

Nachbarrechtsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NJW-RR

Neue Juristische Wochenschrift, Rechtsprechungs-Report

NÖbVInG

Niedersächsiches Gesetz über Öffentlich bestellte Vermessungsingenieurinnen und Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure

NÖV

Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen

NotZ

Deutsche Notarzeitschrift

NRG

Nachbarrechtsgesetz (des Landes Baden-Württemberg)

NRW

Nordrhein-Westfalen

NVermG

Niedersächsisches Gesetz über das amtliche Vermessungswesen

NWVBl.

Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter

NVwKostG

Niedersächisches Verwaltungskostengesetz

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NVwZ-RR

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, Rechtsprechungsreport

ÖbVermIng BO NRW

Berufsordnung für die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure / Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen in Nordrhein-Westfalen

ÖbVI

Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur

ÖbVI-BO

Verordnung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg über die Bestellung und Amtsausübung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure

ÖbVIG NRW

Gesetz über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und-ingenieure in Nordrhein-Westfalen

OLG

Oberlandesgericht

OLGR

Oberlandesgericht-Report

OVG

Oberverwaltungsgericht

OWiG

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

Rpfleger

Rechtspfleger

SächsVermKatG

Sächsisches Vermessungs- und Katastergesetz

SchfHwG

Schornsteinfegerhandwerksgesetz

SMG

Schuldrechtsmodernisierungsgesetz

StrG

Straßengesetz (für Baden-Württemberg)

ThürVermGeoG

Thüringer Vermessungs- und Geoinformationsgesetz

TIM-online

Topographisches Informationsmanagement online

TV-L

Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder

UStG

Umsatzsteuergesetz

UTM

engl. Universal Transverse Mercator

VA

Verwaltungsakt

VBlBW

Verwaltungsblätter Baden-Württemberg

VermG (Ba-Wü)

Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg

VermGBln

Gesetz über das Vermessungswesen in Berlin

VermGeoLSA

Vermessungs- und Geoinformationsgesetz Land Sachsen-Anhalt

VermKatG (Bayern)

Vermessungs- und Katastergesetz Bayern

VermKatG (NRW)

Vermessungs- und Katastergesetz NRW

VermWertGebO NRW

Vermessungs- und Wertermittlungsgebührenordnung für das Land Nordrhein-Westfalen

VermWertGebT

Anlage zur Vermessungs- und Wertermittlungsgebührenordnung Nordrhein-Westfalen (Gebührentarif)

VersR

Zeitschrift für Versicherungsrecht

VG

Verwaltungsgericht

VGH

Verwaltungsgerichtshof

VN

Veränderungsnachweis

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz

VwVG

Verwaltungsvollstreckungsgesetz

WEG

Wohnungseigentumsgesetz

ZMR

Zeitschrift für Miet- und Raumrecht

ZPO

Zivilprozessordnung

Literaturverzeichnis

von Alberti / Burr / Düsselberg, Eckstein, Nonnenmacher / Wahlen: Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Auflage, 2012

Keddo, Der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur: Stellung und Funktion im Rechtssystem, 2008

Kopp/Ramsauer, Kommentar zum VwVfG, 18. Auflage, 2017

Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 76. Auflage, 2017

Schlabach, Gebührenrecht der Verwaltung in Baden-Württemberg, Stand August 2016

Strobel, Vermessungsrecht für Baden-Württemberg, 2. Auflage, 1992

A. Allgemeines

I. Vermessungsrecht als Länderaufgabe

Die Gesetzgebungsbefugnis im Bereich des amtlichen Vermessungswesens liegt bei den Bundesländern. Dies ergibt sich aus der allgemeinen grundgesetzlichen Aufgabenzuweisung der Artikel 70 ff. Grundgesetz. Das amtliche Vermessungswesen ist nach ganz herrschender Meinung unter keinen der in Artikel 73 und 74 aufgeführten Regelungsbereiche zu subsumieren.1 Es greift daher die in Artikel 70 Grundgesetz normierte Aufgabenzuweisung an die Bundesländer. Dies schließt es allerdings nicht aus, dass einzelne Vermessungsaufgaben, bspw. soweit sie im Zusammenhang mit der Landesverteidigung stehen,2 kraft Sachzusammenhang vom Bund wahrgenommen werden.3

Um im amtlichen Vermessungswesen eine bundesweit weitgehende Harmonisierung und Einheitlichkeit zu gewährleisten, haben die Bundesländer mit der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) eine institutionalisierte Zusammenarbeit geschaffen, der die Koordination des amtlichen Vermessungswesens obliegt.4

II. Grundlagen

a. Aufgabenkatalog des amtlichen Vermessungswesens/ Rechtsgrundlagen

Die Leistungen des amtlichen Vermessungswesens sind zu unterscheiden von denjenigen Vermessungsdienstleistungen, die dem rein privatrechtlichen, d. h. nicht hoheitlichen Bereich zuzuordnen sind. Die Aufgaben des amtlichen Vermessungswesens werden in den jeweils einschlägigen landesrechtlichen Normen beschrieben. Sie kennzeichnen sich dadurch, dass an ihrer Erfüllung ein gesteigertes öffentliches Interesse besteht. Maßgeblich ist in Baden-Württemberg das Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg, in Bayern das bayerische Vermessungs- und Katastergesetz sowie das Abmarkungsgesetz, in Nordrhein-Westfalen das Vermessungs- und Katastergesetz oder in Niedersachsen das Niedersächsische Gesetz über das amtliche Vermessungswesen. Trotz gewisser Unterschiede sind in den genannten vermessungsrechtlichen Normen wesentliche Übereinstimmungen zu finden.

Gemäß § 1 Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg gehören die Landesvermessung, die Führung des Liegenschaftskatasters, die Durchführung von Liegenschaftsvermessungen einschließlich Abmarkung der Flurstücksgrenzen, der Nachweis der Landesgrenze und das Vorhalten, Bereitstellen und Übermitteln von Geobasisinformationen zum Aufgabenkatalog des amtlichen Vermessungswesens in Baden-Württemberg.5

b. Begriffsbestimmungen

1. Legaldefinitionen

Die in § 1 Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg genannten Begrifflichkeiten werden in dessen weiteren Bestimmungen genauer beschrieben.

2. Liegenschaftsvermessungen

Für die Rechtspraxis von besonderer Bedeutung ist die Durchführung von Liegenschaftsvermessungen. Liegenschaftsvermessungen sind gemäß § 5 Abs. 1 Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg Katastervermessungen und Grenzfeststellungen.

Katastervermessungen werden in § 5 Abs. 2 Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg legal definiert. Dabei handelt es sich um Vermessungen zur Fortführung des Liegenschaftskatasters. Gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg gehören dazu insbesondere die Festlegung neuer Flurstücksgrenzen und die Aufnahme neuer und veränderter Gebäude in das Liegenschaftskataster.

3. Abgrenzung zwischen Grundstück und Flurstück

Der Begriff Flurstück ist ein zentraler Begriff im Bereich des amtlichen Vermessungswesens. Ebenso wie unter dem Begriff Grundstück wird auch unter dem Begriff Flurstück ein räumlich fest abgegrenzter Teil der Erdoberfläche verstanden.6

Der Unterschied zwischen Flurstück und Grundstück besteht darin, dass das Flurstück die buchungstechnische Einheit des Liegenschaftskatasters ist, während es sich bei dem Begriff Grundstück um die buchungstechnische Einheit des Grundbuchs handelt. Die vermessungsrechtlichen Normen der Länder stellen auf den Begriff Flurstück bzw. Liegenschaftskataster ab, während nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Grundbuchordnung die Begriffe Grundstück bzw. Grundbuch maßgebend sind. Insbesondere wird der Vertragsgegenstand bei Veräußerungen von Grund und Boden durch die grundbuchrechtliche Buchungseinheit Grundstück und nicht durch die katasterrechtliche Buchungseinheit Flurstück bestimmt.

4. Rechtlicher Bezug zwischen Grundstück und Flurstück

Der rechtliche Bezug zwischen Grundstück und Flurstück bzw. zwischen Grundbuch und Liegenschaftskataster wird insbesondere über § 2 Abs. 2 Grundbuchordnung hergestellt. Danach werden die Grundstücke im Grundbuch nach den in den Ländern eingerichteten Verzeichnissen benannt (Liegenschaftskataster).

Dies erfolgt dadurch, dass im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs unter Spalte 3 b die Flurstücksbezeichnung nach dem Liegenschaftskataster aufgeführt ist.7 Zwischen Grundbuch und Liegenschaftskataster soll eine bestmögliche Übereinstimmung bestehen. Aus diesem Grunde teilen die katasterführenden Stellen Fortführungen des Liegenschaftskatasters dem Grundbuchamt mit.8 Eine Übernahme der katasterrechtlichen Fortführung im Grundbuch erfolgt gemäß § 13 Grundbuchordnung grundsätzlich auf Antrag des am Grundstück Berechtigten. Im Hinblick auf die Übereinstimmung zwischen Grundbuch und Liegenschaftskataster sind gemäß § 5 Abs. 4 Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg Katastervermessungen aufzuheben, wenn die beabsichtigte Rechtsänderung nicht innerhalb einer von der Vermessungsbehörde festgesetzten angemessenen Frist im Grundbuch eingetragen worden ist.9

In Ausnahmefällen kann eine Divergenz zwischen den grundbuchrechtlichen Angaben und den Angaben des Liegenschaftskatasters bestehen. Dies gilt vor allem dann, wenn eine Fortführung des Liegenschaftskatasters mangels Mitwirkung des materiell Berechtigten (vgl. §§ 13, 19 Grundbuchordnung) grundbuchrechtlich nicht umgesetzt werden kann, für den Zeitraum, in dem die Katastervermessung noch nicht aufgehoben worden ist.

Ein Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne besteht in der Regel aus dem in Spalte 3 b des Bestandsverzeichnisses des Grundbuchs bezeichneten und im Liegenschaftskataster erfassten Flurstück. Es ist aber auch zulässig und nicht ungewöhnlich, dass ein Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne aus mehreren Flurstücken besteht,10 auch wenn anzustreben ist, dass ein Grundstück nur aus einem Flurstück besteht.11

Die Veräußerung des Grundstücks erfasst in diesen Fällen dementsprechend auch sämtliche dazugehörigen Flurstücke.12

Umgekehrt ist es aber unzulässig, dass ein Flurstück im katasterrechtlichen Sinne aus mehreren Grundstücken im grundbuchrechtlichen Sinne besteht.13

Dementsprechend kann das Grundstück im Rechtssinne als aus einem oder mehreren Flurstücken bestehende Fläche definiert werden, die im Grundbuch eine besondere Stelle hat und damit in selbstständiger Weise gebucht ist.14

5. Grundstück als Grundlage des Privatrechtsverkehrs

Grundlage für den Privatrechtsverkehr ist die grundbuchrechtliche Buchungseinheit Grundstück. Dieses ist aber nur durch die katasterrechtliche Komponente Flurstück/Flurstücke hinsichtlich der genauen Lage, Größe und Geometrie für den Rechtsverkehr inhaltlich hinreichend bestimmbar. Diese Bestimmbarkeit würde entfallen, wenn ein Flurstück im Sinne des Liegenschaftskatasters sich auf mehr als ein Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne erstrecken würde. Damit würde Verwirrung über die Reichweite des Grundeigentums entstehen, weil dann die genaue Abmessung des jeweiligen Grundbuchgrundstücks unklar wäre.15

Besteht das Grundstück – wie im Regelfall – nur aus einem Flurstück, kann eine Teilfläche eines Grundstücks nur dann rechtliche Selbstständigkeit erlangen, wenn sie amtlich vermessen wird, aus ihr ein eigenes Flurstück mit eigener Flurstücksnummer im Liegenschaftskataster gebildet wird und für sie zudem ein eigenes Grundbuchblatt angelegt wird.16

Vorgänge innerhalb des Liegenschaftskatasters, wie z. B. eine Flurstückszerlegung, entfalten isoliert keine materiell-rechtliche Wirkung.17 Insbesondere bewirkt eine Flurstückszerlegung noch keine materiell-rechtliche Verselbstständigung von Teilflächen des einheitlichen Grundstücks.18

6. Flurstückszerlegung/Zuflurstück/Flurstücksverschmelzung

Die Festlegung neuer Flurstücksgrenzen im Sinne des § 5 Abs. 2 Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg erfolgt in erster Linie durch Flurstückszerlegungen und Flurstücksverschmelzungen.19

Bei Flurstückszerlegungen wird ein bislang selbstständiges Flurstück im Sinne des Liegenschaftskatasters in mehrere Flurstücke oder Zuflurstücke aufgespalten, die sich ihrerseits katasterrechtlich verselbstständigen.20 Von Zuflurstücken spricht man, wenn durch Zerlegung entstandene Flurstücke nur vorübergehend verselbstständigt werden und im selben Fortführungsnachweis/Veränderungsnachweis, in dem sie entstehen, mit anderen Flurstücken oder Zuflurstücken verschmolzen werden.21

Da die Zerlegung die Voraussetzung für die Teilung eines Grundstücks oder die Abschreibung eines Grundstücksteils ist (sofern ein Grundstück nicht bereits aus mehreren Flurstücken besteht), hat der am Flurstück Berechtigte grundsätzlich einen Rechtsanspruch gegenüber der amtlichen Vermessung auf Durchführung der Zerlegung.22

Bei Flurstücksverschmelzungen werden zwei oder mehrere bislang katasterrechtlich selbstständige Flurstücke zu einem Flurstück im katasterrechtlichen Sinne zusammengefasst.23

7. Gebäudeeinmessung/amtliche Grenzfeststellungen

Zu den bedeutsamen Aufgaben des amtlichen Vermessungswesens zählen weiterhin die Aufnahme neu erstellter oder in ihrem Umfang veränderter Gebäude (Gebäudeeinmessungen oder Gebäudeaufnahmen)24 sowie die amtlichen Grenzfeststellungen.25

c. Verhältnis der amtlichen Vermessung zu privatrechtlichen vermessungstechnischen Leistungen (Ingenieurvermessungen)

1. Abgrenzung

In der Praxis gibt es neben den genannten hoheitlichen Vermessungsleistungen auch zahlreiche andere bedeutsame vermessungstechnische Leistungen, die regelmäßig in Anspruch genommen werden. In Abgrenzung von der hoheitlichen oder amtlichen Vermessung spricht man insoweit von „Ingenieurvermessung“. Während die hoheitlichen Vermessungsleistungen aus den Vermessungsgesetzen der Länder und den einschlägigen Gebührenverordnungen erkennbar sind, zählen die sonstigen vermessungstechnischen Leistungen zu dem Bereich der Ingenieurvermessungen.26

Insbesondere zählen hierzu die bei der Realisierung eines privaten Bauvorhabens – wie etwa dem Bau eines Einfamilienhauses – notwendigen vermessungstechnischen Arbeiten, wie bspw. die Geländeaufnahme oder die Absteckung des Bauvorhabens. Die Erstellung eines Lageplans, der nach bauordnungsrechtlichen Bestimmungen verpflichtender Bestandteil eines Bauantrages ist,27 gilt zum Teil ebenfalls nicht als hoheitliche, sondern als privatrechtliche Tätigkeit.28

Bei der Abgrenzung zwischen hoheitlicher und privater Natur der Tätigkeit des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs ist zu beachten, dass sich der öffentlich-rechtlich geprägte Charakter der Tätigkeit eines Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs auf die staatlichen Aufgaben und Kompetenzen beschränkt, die der Staat als ihrer Natur nach zu seinem öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereich gehörend an den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur delegiert hat.29

Amtliche Vermessungsleistungen werden nach den amtlichen Gebührensätzen abgerechnet, während Ingenieurvermessungen nach Maßgabe des unverbindlichen Teils der Honorarordnung für Architekten (HOAI) vergütet werden.30

2. Berechtigung zur Durchführung amtlicher Vermessungen

Amtliche Vermessungen dürfen nur von den Vermessungsbehörden oder von Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren durchgeführt werden.31

3. Keine amtliche Grenzfeststellung durch private Vermessungsbüros

Ein privates Vermessungsbüro ist nicht befugt, amtliche Vermessungsleistungen durchzuführen. Insbesondere kann ein privates Vermessungsbüro keine amtliche Grenzfeststellung vornehmen. Ein privates Vermessungsbüro ist zwar berechtigt, einem Auftraggeber den Grenzverlauf aufzuzeigen. Dies geschieht aber nicht durch amtliche Grenzzeichen, sondern ist auf andere Art und Weise vorzunehmen, wie bspw. durch das Einschlagen von Holzpflöcken oder durch die Verwendung von wetterresistentem Spray.

Dabei ist zu beachten, dass diese Vermessungen keinerlei amtliche Wirkung entfalten. Insbesondere wird hierdurch nicht der Grenzverlauf gegenüber dem Nachbargrundstück rechtsverbindlich festgestellt. Dementsprechend ist ein privates Vermessungsbüro bei der nichtamtlichen Bestimmung der Grenze auch nicht an die amtlichen Gebührensätze gebunden.

Die Festlegung einer Grenze durch ein privates Vermessungsbüro kann jedoch insoweit rechtlich relevant werden, als bei einer auf diese Vermessung gestützten Grenzbebauung im Falle eines Überbaus der Vorwurf grober Fahrlässigkeit im Sinne des § 912 Abs. 1 BGB gegenüber dem Überbauenden entfallen kann.32

4. Ingenieurvermessungen durch private Vermessungsbüros oder Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure

Ingenieurvermessungen werden von privaten Vermessungsbüros durchgeführt.

Daneben können auch Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure private Ingenieurvermessungen durchführen, sind dabei jedoch rein privatrechtlich tätig.33

Unzulässig wird die Ingenieurvermessung durch den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur erst dann, wenn hierdurch die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Amtspflichten als Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur nicht mehr gewährleistet ist. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die Ingenieurvermessung den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur zeitlich derart in Anspruch nimmt, dass er nicht mehr in der Lage ist, Aufträge zur Durchführung amtlicher Vermessungen zeitnah zu erfüllen.34

5. Ingenieurvermessungen durch juristische Personen des öffentlichen Rechts

Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts sind berechtigt, private ingenieurtechnische Vermessungsleistungen anzubieten. Dies gilt nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs selbst dann, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts nach steuerrechtlichen Bestimmungen von der Erhebung der Umsatzsteuer befreit ist.35

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs stellen steuerrechtliche Vorschriften grundsätzlich keine Marktverhaltensregeln dar, so dass auch unter Berücksichtigung des Vorsprungsgedankens hieraus kein wettbewerbsrechtlich unlauteres Verhalten erkannt werden kann.36

d. Zuständigkeiten im amtlichen Vermessungswesen

1. Zuständigkeiten der unteren Vermessungsbehörden und Öffentlich bestellter Vermessungsingenieure

Amtliche Vermessungen können nur von den hierzu befugten Stellen ausgeführt werden. In Baden-Württemberg werden diese Stellen nach Maßgabe der §§ 7, 8, 12 Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg bestimmt. Danach werden Liegenschaftsvermessungen von der unteren Vermessungsbehörde oder von Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren erledigt.37

Die Rücknahme einer von einem zwischenzeitlich aus dem Amt ausgeschiedenen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur vorgenommenen amtlichen Vermessung muss nicht von der unteren Vermessungsbehörde vorgenommen werden, sondern kann auch durch einen anderen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur erfolgen.38

Ein weiteres mögliches Aufgabenfeld des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs ergibt sich aus § 46 Abs. 4 S. 3 Baugesetzbuch. Danach können Gemeinden die Vorbereitung der im Umlegungsverfahren zu treffenden Entscheidungen sowie die zur Durchführung der Umlegung erforderlichen vermessungs- und katastertechnischen Aufgaben Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren übertragen. Ein Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur kann hieraus jedoch keinen subjektiven Rechtsanspruch ableiten, da die Norm eine reine Verfahrensvorschrift ohne Drittschutz für die lediglich reflexartig begünstigten Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure darstellt.39

In Baden-Württemberg sind Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure zudem Sachverständige im Hinblick auf die Erstellung des Lageplans.40

2. Untere Vermessungsbehörden in Baden-Württemberg

Untere Vermessungsbehörden sind in Baden-Württemberg gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg in Verbindung mit § 15 Landesverwaltungsgesetz in den Landkreisen die Landratsämter und in den Stadtkreisen die Gemeinden selbst.

In Baden-Württemberg haben zudem zahlreiche Gemeinden von der Möglichkeit des § 10 Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg Gebrauch macht, wonach einer Gemeinde auf ihren Antrag von der obersten Vermessungsbehörde41 die Aufgaben der unteren Vermessungsbehörde für ihr Hoheitsgebiet übertragen werden können. Eine solche Gemeinde gilt gemäß § 10 Abs. 2 Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg als untere Vermessungsbehörde, die insoweit der Fachaufsicht der oberen Vermessungsbehörde42 untersteht.

3. Ausschließliche Zuständigkeiten Öffentlich bestellter Vermessungsingenieure

In Baden-Württemberg wurde durch das Gesetz zur Änderung des Vermessungsgesetzes und anderer Gesetze vom 30.11.2010 im Hinblick auf die Bestrebungen zur Stärkung des ÖbVI-Anteils an Liegenschaftsvermessungen der neue § 8 Vermessungsgesetz eingeführt.

Danach dürfen ab dem 01.07.2011 Katastervermessungen zur Festlegung neuer Flurstücksgrenzen (Zerlegungen, Verschmelzungen) nur noch von Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren durchgeführt werden. Ausnahmen sind lediglich nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 S. 2 Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg zulässig.

Gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg dürfen die unteren Vermessungsbehörden Katastervermessungen zur Festlegung neuer Flurstücksgrenzen in den dort genannten Fällen noch ausführen. Hierzu zählen insbesondere Katastervermessungen im Rahmen von Bodenordnungsverfahren nach dem Baugesetzbuch43 oder dem Flurbereinigungsgesetz, an langgestreckten Anlagen44 oder an Grundstücken, die bereits im Eigentum des Rechtsträgers der unteren Vermessungsbehörde stehen45 oder an deren Erwerb dieser ein Interesse darlegt.46

4. Ausschließliche Zuständigkeit der unteren Vermessungsbehörde im Hinblick auf die Führung des Liegenschaftskatasters

In Baden-Württemberg bestimmt § 8 Abs. 1 Nr. 1 Vermessungsgesetz für Baden-Württemberg, dass die unteren Vermessungsbehörden zuständig sind für die Führung des Liegenschaftskatasters. Vergleichbare Bestimmungen existieren auch in anderen Bundesländern.47

Dabei haben die Vermessungsbehörden die Befugnis, Rechte zur Nutzung und Weiterverwendung von Geobasisdaten (entgeltlich) einzuräumen. In Baden-Württemberg ist dies in § 2 Abs. 4 Vermessungsgesetz geregelt. In anderen Bundesländern existieren vergleichbare Bestimmungen.48

Die ungenehmigte Nutzung von Geobasisinformationen kann eine Ordnungswidrigkeit darstellen.49