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Das kleine Wetterbuch

Für Gärtner und Gartenbesitzer

 

Mit 11 Abbildungen und Zeichnungen

Von Prof. Dr. Paul Holdefleiß

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Erstveröffentlichung: Gartenbauverlag Trowitsch & Sohn, Frankfurt/ Oder, 1940
Überarbeitung und Titelgestaltung: Julia Evers, Ratingen, 2015
Die Zeichnungen in diesem Buch sind nach Angaben des Verfassers in der
Werkstatt "Deutscher Garten" gefertigt.
Alle Ausführungen sind auf dem wissenschaftlich-technischen Stand von 1940.

 

 

Inhaltsübersicht

Title Page

Ein Wort an den Leser

Was ist eigentlich gutes und schlechtes Wetter

Die Wettervorhersage

Die Ursachen der Wetteränderungen (das Hoch, das Tief)

Die Wetterkarte lässt vieles erkennen

Das Lesen der Wetterkarte

Die Windrichtung und -stärke

Wie sich ein Hoch und ein Tief bildet

Staub, Nebel und Windrichtung

Luftströmungen und Gewitterbildung

Wie entsteht der Hagel

Nachtfrost, Raureif oder Raufrost

Kalte oder mäßige Winter

Wie wirken sich die Sonnenflecken aus

Schlussbemerkungen zur Wettervorhersage

Ausführung der eigenen Beobachtungen

Anhang: Wetterkarten

Ein Wort an den Leser

 

Bei der Abhängigkeit des Pflanzenbauers — sei er Gärtner, Gartenfreund, Landwirt — vom Wetter ist es begreiflich, daß sich immer wieder die Frage erhebt: Wenn wir nun einmal nicht in der Lage sind, »dasWetter zu machen«, d. h. die Wetterlage zu beeinflussen, wie können wir dann wenigstens möglichst langfristig vorhersehen, wie das Wetter heute und morgen und in der nächsten Zeit in dem kleinen Weltwinkel, den wir bewohnen, sein wird. Wohlgemerkt, wir haben die Vorhersagen, die im Durchschnitt für ein größeres Gebiet gelten. Aber gerade die kleinen Abweichungen, die für unseren jeweiligen Wohnort in Frage kommen, sind es, die uns interessieren, und die mitunter für unseren Garten ausschlaggebend sind. Da gibt es nur eins: Mitarbeiten!

Haben sich bisher die hierfür bestimmten kleinen Hilfsbücher meist darauf beschränkt, die technischen Hilfsmittel und deren Handhabung zu schildern und praktische Anleitung zu geben, wie die Eigenbeobachtungen mit denen der Wetterwarten vereinigt werden müssen, so soll hier vor allem aus der Entstehung der einzelnen Bestandteile (Faktoren) der Wetterlage heraus das Verständnis für die verschiedenen Wetterlagen und daraus wieder die Möglichkeit für die Voraussagen geboten werden.

Wer dieses Heft nur ein einziges Mal richtig durchgelesen hat, diese klaren, schlichten Darstellungen schwierigster Probleme, der hat plötzlich eine ganz andere Stellung zum Wetter und zur Wettervorhersage. Er weiß plötzlich, wann etwa und warum diese oder jene Wetterlage eintreten muss. Und bei Anwendung des Gelernten wird er viele Schäden in seinem Garten, an seinen Pflanzen zu verhüten wissen.

 

PROF. HOLDEFLElSS ✝

 

Was ist eigentlich gutes und schlechtes Wetter

 

Wenn im täglichen Leben über das Wetter gesprochen wird, so geschieht dies nur selten im Tone der Befriedigung, nämlich nur dann, wenn es einmal den persönlichen Wünschen entspricht, oft aber noch gleichzeitig mit drohender Miene, dass es auch die höchste Zeit wäre, daß endlich einmal das erhoffte Wetter eingetreten ist. Viel häufiger ist man mit jedem Wetter unzufrieden, mag kommen, was nur immer will. Vermeintlich lässt ein finsteres und tückisches Schicksal immer nur das Wetter eintreten, das man nicht haben will. Zu dieser Einstellung dem Wetter gegenüber ist zunächst schon hier in der Einleitung zu unserem »Praktischen Wetterbuch« zu sagen, dass es gar nicht so einfach ist, zu entscheiden, was eigentlich »schlechtes« und »gutes« Wetter ist. Der verständige Gartenpraktiker weiß ebenso wie der erfahrene Landwirt, dass sehr oft ein von anderen als schlecht bezeichnetes Wetter für seine Arbeiten und die Entwicklung seiner Kulturen gerade sehr gut ist, und dass umgekehrt sogenanntes schönes,sonniges und trockenes Wetter auch manchmal sehr schlimm sein kann. Und außerdem weiß der erfahrene Praktiker, dass die Wetterverhältnisse das von der Natur der Gegend und von der örtlichen Lage seiner Wirkungsstätte Gegebene sind, mit dem man sowohl bei der Übernahme der Stelle, als auch bei der Durchführung aller Maßnahmen und Arbeiten, bei langjähriger Wiederholung immer besser, rechnen muss. Das ist gerade der Gewinn einer reifen Erfahrung, im eigenen Betrieb immer besser die Eigenart des Grund und Bodens sowohl, wie auch die verschiedenen Möglichkeiten der örtlichen Witterungsverhältnisse in richtiger Weise berücksichtigen zu können. Auch nach langer Lebensarbeit erkennt man, dass man nie ganz auslernt, und dass manches etwas Besseres im Gefolge hat, als man vorher geglaubt hat, allerdings auch nicht selten umgekehrt Es soll die eine Aufgabe dieses kleinen Wetterbuches sein, für diese Zusammenhänge ein gewisses Verständnis zu vermitteln.

Die Wettervorhersage

 

Ein großer Teil der Menschen wünscht und erwartet vom Meteorologen, dass er das Wetter besorgt, das gerade gewünscht wird, wobei, wenn dies wirklich möglich wäre, die Verschiedenheit der Wünsche neue Schwierigkeiten bereiten würde.

Andererseits fordert der Praktiker von der Meteorologie, wenn sie nach seiner Meinung für ihn überhaupt einen Zweck haben soll, zum mindesten die Wettervorhersage, d. h. die Angabe, was für Wetter am nächsten Tage und möglichst auch in der nächsten Woche, im nächsten Monat und im nächsten Sommer- und Winterhalbjahr sein wird. Ein im gewissen Maß berechtigter Wunsch ist es tatsächlich, möglichst früh zu wissen, ob noch späte Frühjahrsfröste oder sehr früher Herbstfrost zu erwarten sind, ebenso ob der kommende Winter lange und strenge Kälteperioden haben oder vorwiegend milde sein wird, in Rücksicht auf den zu beschaffenden Wintervorrat von Heizungsmaterial. Hierzu ist nun zu bemerken, dass eine vollkommene Sicherheit oder noch weniger eine Unfehlbarkeit in der Wettervorhersage oder Beurteilung des kommenden Wetters im Voraus bis jetzt noch nicht erwartet werden kann. Die Vorgänge in unserer irdischen Luftatmosphäre unterliegen so vielen, zum Teil noch nicht genügend bekannten und jähen Veränderungen ausgesetzten Einflüssen, dass eine Vorausberechnung des bald oder später kommenden Wetters, namentlich in Bezug auf die genaue Zeit des Eintritts und den Stärkegrad der Erscheinungen zunächst noch stets unsicher sind. Aber der allgemeine Charakter des nächstdem zu erwartenden Wetters, ob trocken oder feucht, Kälte- oder Wärmeperiode, ruhige oder veränderliche, unruhige Wetterlage, auch ob Sturm zu erwarten ist, kann immerhin unter Benutzung der täglich erscheinenden Wetterkarten und des Barometers im Voraus mit einer gewissen Sicherheit beurteilt werden. Auch die Erkennung der Nachtfrostgefahr am Nachmittag ist vorher mit Hilfe des Thermometers und des Luftfeuchtigkeitsmessers (Hygrometers) unter Feststellung des Taupunktes so gut wie sicher möglich, was gerade für den Gartenbau und Obstbau besonders wichtig ist.

Die Ursachen der Wetteränderungen (das Hoch, das Tief)

 

Auf den täglich herausgegebenen Wetterkarten fallen zunächst die mit »Hoch« und »Tief« bezeichneten Bezirke auf, die von mehr oder weniger eng verlaufenden Barometer- oder Luftdrucklinien umgeben sind. In einem Tief ist der Luftdruck niedriger und die Luft feuchter als in der Umgebung und in seiner Mitte wird die Luft nach oben abgesaugt. Dadurch entsteht gleichsam eine Säule der aufwärts strömenden Luft, die in besonders starken Fällen als eine Staub- oder Windhose oder als eine Wasserhose sichtbar wird. Die aufwärts gerissene Luft muss zwangsläufig unten von allen Seiten her ersetzt werden. Diese Luftzuführung unten am Fuß eines Tiefs, also die Winde im unteren Teil der Atmosphäre, würden von allen Seiten nach dem Mittelpunkt des Tiefs gerichtet sein, wenn die Erde sich nicht in etwa 24 Stunden einmal um sich selbst drehte. Dadurch lenkt sie alle Windrichtungen auf unserer nördlichen Halbkugel nach rechts, auf der südlichen Halbkugel nach links ab. Diese Ablenkung der Windrichtungen bildet ein ausnahmsloses Naturgesetz. Wegen der Ablenkung aller Windrichtungen nach rechts umkreisen die unteren Winde das Tief auf der nördlichen Halbkugel dem Uhrzeiger entgegengesetzt.