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Strategien der Macht

Wenn immer mehr Menschen glauben, Politik werde über ihre Köpfe hinweg gemacht und sei ihrem Einfluss entzogen – ist das ein populistischer Trugschluss? Oder ist der Eindruck der Bürger, sie seien entmachtet, womöglich zutreffend?

Soviel Sprengstoff diese Fragen bergen, so analytisch-nüchtern geht der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim in seiner Systemdiagnose vor. Er belegt: Die Parteienherrschaft hat eine neue Qualität erreicht. Hinter der demokratischen Fassade haben die Parteien einen Machtapparat installiert, der der Volkssouveränität Hohn spricht und absolutistische Züge trägt.

Arnim deckt auf, welcher Mittel und Methoden sich die politische Klasse bedient, um die Regeln zu ihrem eigenen Vorteil umzugestalten. Parteienherrschaft und Willkür wirksam zu begrenzen ist dringend geboten!

Zum Autor:

Hans Herbert von Arnim, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftler, früherer Rektor der Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und Verfassungsrichter in Brandenburg, hat als einer der Ersten Machtmissbrauch, Inkompetenz und Opportunismus in den politischen Parteien angeprangert. Der Autor zahlreicher Bestseller, u.a. Staat ohne Diener, Fetter Bauch regiert nicht gern und Die Deutschlandakte, gehört zu den versiertesten Kennern unserer Wahlsysteme und Parteienstrukturen.

Hans Herbert

von Arnim

DIE HEBEL DER MACHT

UND WER SIE BEDIENT

Parteienherrschaft statt Volkssouveränität

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

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in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

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Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN: 978-3-641-20880-6
V001

www.heyne.de

Inhalt

Vorwort

Teil 1: Darf die Politik in eigener Sache entscheiden und alle Kontrollen beseitigen?

1. Wer sitzt an den Hebeln der Macht?

Ausgehebelt: Zum Beispiel Blitzgesetze

Auf die Spielregeln kommt es an

Wer legt die Regeln der Macht fest?

Das Spiel…

… und die Bedeutung seiner Regeln

2. Entscheidungen in eigener Sache

Wann entscheidet das Parlament in eigener Sache?

Eine Frage des persönlichen Vorteils

Eigeninteresse und Gemeinwohl

Wirksame Kontrollen sind unerlässlich

3. Ausgehebelt: Kartelle schalten politische Kontrollen aus

Wie man Kontrollen beseitigt

Wie man die parlamentarische Opposition gleichschaltet und die Gewaltenteilung beseitigt

Wie man die öffentliche Kontrolle schwächt

Wie man Medien einbindet

Wie man den Ausschluss der Öffentlichkeit auf die Spitze treibt

Wie man Sachverständige für seine Zwecke instrumentalisiert

Wie man die eigene Basis hinters Licht führt

Wie man die Wähler entmachtet

Teil 2: Verdeckte Aktionen – Wie Parteien agieren

1. Ausweitung des Einflusses

Wo die Parteien den Hebel ansetzen

Abgeordnetendiäten

Staatliche Parteienfinanzierung

Wahlrecht

Parteiliche Ämterpatronage

Die einschlägigen Vorgehensweisen

2. Camouflage-Gesetze

Bundestag

Das Verfahren zum Abgeordnetengesetz 2014

Das Fraktionsgesetz von 1994

1995: Verfassungsänderung in eigener Sache?

Die Diätennovelle von 2007

Erneute Versuche zur Diätenerhöhung 2008 und 2011

Das Verfahren von 2013 zur Drei-Prozent-Sperrklausel bei Europawahlen

Exemplarische Fälle aus den Bundesländern

Bayern

Ein Abgeordnetengesetz entsteht – und wird zum fatalen Muster für andere Landtage · Das Gesetzgebungsverfahren 2000: Vortäuschen falscher Tatsachen · Ein Fraktionsgesetz wird erschlichen – und zum Muster für den Bund

Hessen

Das Verfahren zum Diätengesetz von 1981 · Das Verfahren zum Diätengesetz von 1988 und später: Der Geburtsfehler wirkt bis heute fort

Saarland

Ministerpension und Fraktionszuschüsse · Das Fraktionsgesetz

Hamburg: Wie ein vorbildliches Abgeordnetengesetz entstand

3. Abschieben in den Haushaltsplan

4. Ämterpatronage: Bestellung geneigter Amtsträger

Das schleichende Gift

Einschlägige Fälle

Ämterpatronage vor Gericht

Der Fall Graefen/Bartz

Politische Beamte

Zunahme von Konkurrentenklagen

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

5. Parallelen im Privatrecht

Privatautonomie und öffentliche Freiheit

Die Verfallbarkeit der betrieblichen Altersversorgung

Teil 3: Der Kampf ums Recht: Was darf die Politik in eigener Sache?

1. Von entscheidender Bedeutung: ein fairer politischer Wettbewerb

Die Rolle kleinerer Parteien

Was der politische Wettbewerb bewirkt

Ein offener politischer Prozess

Die politische Chancengleichheit

2. Wahlrecht

Strikte Gerichtskontrolle von Sperrklauseln bei Kommunal- und Europawahlen

Verteidigung des Status quo: Beschwichtigende Staatsrechtler

Zwei Politiker als Staatsrechtslehrer: Hans Hugo Klein und Walter Schmitt Glaeser

Der lange Schatten einer abwegigen Doktrin: Gerhard Leibholz

Bedingte Erkenntnis: Thilo Streit und Heinrich Lang

Diskriminierung der parlamentarischen Opposition

Überhangmandate und Ausgleichsmandate: Es droht eine explosionsartige Vergrößerung des Bundestags

Die Blockade notwendiger Reformen durch die Regierungsmehrheit

Teil 4: Das Bundesverfassungsgericht verschärft die Regeln – die Politik ignoriert sie

1. Das Verfassungsgericht legt die Regeln der Gesetzgebung fest

Kreditaufnahme

Hartz IV und Asyl

Beamtenbesoldung

Unbestimmtheit der inhaltlichen Vorgaben

Evidenzkontrolle

Begründungspflicht nur bei Grundrechtsverletzungen?

2. Politikfinanzierung

Die Finanzierung der Abgeordneten

Vorkehrungen zur Ermöglichung öffentlicher Kontrolle: Das Diätenurteil von 1975

Umfassende Neuregelung · Öffentliche Kontrolle unerlässlich · Strenger Gesetzesvorbehalt · Einheitliche Kostenpauschale: Verstoß gegen den strengen Gleichheitssatz

Funktionszulagen: Ein Kampf ums Recht

Die geltenden Grundsätze · Der Bundestag und seine Fraktionen · Verfassungswidrig? · Bundesländer

Die Finanzierung der Parteien

Das Urteil von 1992: Die unmittelbare Finanzierung von Parteien

Entscheidung in eigener Sache · Die Parteienfinanzierung: Ausdruck des Parteienstaats · Die Problematik staatlicher Parteienfinanzierung · Absolute Obergrenze

Die mittelbare Finanzierung der Parteien …

… durch die Finanzierung der Fraktionen · … durch die Finanzierung parteinaher Stiftungen · … durch die Finanzierung von Mitarbeitern der Abgeordneten · Fraktionen, parteinahe Stiftungen und Abgeordnetenmitarbeiter: massenhafte Umgehungen der Kontrollen und Grenzen

Teil 5: Das Wahlrecht öffnen, die Politikfinanzierung begrenzen: Konsequenzen der Rechtsprechung

1. Wahlrecht

Fünfprozentklauseln bei Bundestags- und Landtagswahlen nicht mehr haltbar

Starre Wahllisten: verfassungswidrig?

Vorwahlen zur Durchsetzung von Freiheit, Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl?

2. Politikfinanzierung

Die Schlüsselfunktion der öffentlichen Kontrolle

Begründung im Gesetzgebungsverfahren

Einhaltung von Mindestfristen

Verstöße gegen den Gesetzesvorbehalt

Kosten- und Mitarbeiterpauschalen: Festlegung der Höhe im Haushaltsplan

Scheinbare Ermächtigung im Abgeordnetengesetz: verfassungswidrige Täuschung der Öffentlichkeit

Allgemeine Kostenpauschale · Abgeordnetenmitarbeiter · Bewilligung von Fraktionsmitteln

Funktionszulagen, Fraktionen, Stiftungen

Resümee der Politikfinanzierung

Multiple Verfassungswidrigkeit

Verfassungswidrige Ermächtigungen · Verfassungswidrig: Kostenpauschale, Mitarbeiterpauschale, Fraktionsfinanzierung, Stiftungsfinanzierung

Fazit: Ein missbräuchliches, vielfach verfassungswidriges Gesamtsystem

Teil 6: Grenzen der Kontrolle

1. Rechtliche Grenzen der Gerichtskontrolle

Fehlende Klagebefugnis und mangelnde Klagebereitschaft

Beschränkte gerichtliche Prüfung

Wahlanfechtung: Eine Art Popularklage?

Die Notwendigkeit einer Erweiterung der Klagebefugnis

2. Verflechtung von Rechtsprechung und Politik

Richterliche Unabhängigkeit unter Druck

Angewiesenheit des Gerichts auf die Politik

Richterbestellung durch die »Gegenseite«

Der großzügige Umgang des Bundesverfassungsgerichts mit Befangenheitsvermutungen

Das Bundesverfassungsgericht: Wegbereiter überzogener Politikfinanzierung?

Asymmetrie des gerichtlichen Gegenhaltens

Begünstigung durch das Bundesverfassungsgericht

Staatliche Parteienfinanzierung · Fraktionsfinanzierung · Stiftungen · Diäten

Ausschöpfen und Überschreiten der Grenzen

Der Sperrklinken-Effekt

Lange Prozessdauer: Verschärfung der Probleme

Autoritätsverlust der Rechtsprechung durch Zickzackkurs

Ergebnis: Zwei zurück, drei vor

3. Sonstige Kontrollinstanzen

Der Bundespräsident

Generelle Zurückhaltung des Präsidenten

Keine Fristen für Bundespräsident und Bundesregierung

Geheimverfahren

Kontrolle durch Öffentlichkeit und Sachverstand

Sachverständige

Das Dilemma · Kontaminierter Sachverstand

Aktivierung der öffentlichen Kontrolle

Die bayerische Verwandtenaffäre · Cornelia Yzer und das Problem der Doppel- und Dreifachbezahlung und -versorgung

Kontrolle durch Rechnungshöfe?

Teil 7: Der Fehler liegt im System: Das Kartell auf dem Weg in den exzessiven, bürgerfernen Parteienstaat

1. Systemische Fehlentwicklungen

Wesentliche Elemente

Die strukturellen Regeln des Machterwerbs

Zersetzung durch Ämterpatronage

Staatliche Parteienfinanzierung

Bezahlung und Versorgung von Amtsträgern

Lähmung der Gewaltenteilung und Schwächung des Parteienwettbewerbs

Die Verflüchtigung der politischen Verantwortung

Formales Staatsrecht und politische Praxis

Verantwortliche Parteien?

Verhältniswahl und Koalitionen · Angleichung der etablierten Parteien · Funktionsstörung des politischen Wettbewerbs · Der bundesdeutsche Föderalismus und die Rolle des Bundesrats

Verantwortliche Personen

Mehrheitswahl von Abgeordneten und Exekutivspitzen

Das System hinter dem System

Das Auseinanderklaffen von Form und Inhalt als Folge des hintergründigen Parteienwirkens

Was sich hinter den demokratischen Formeln tatsächlich verbirgt

Artikel 21 des Grundgesetzes: rührend weltfremd · Staatliche Parteienfinanzierung: kleingerechnet · Sperrklauseln: Abschottung des Kartells gegen Konkurrenz · Wahl ohne Auswahl · Abgeordnete: Parteivertreter statt Volksvertreter · Die Fiktion von der demokratischen Legitimationskette

Zweierlei Sprachen: Die Diskrepanz von Reden und Tun

Zurück zum Bürgerstaat: Das Parteienregime eindämmen, den Bürgereinfluss stärken

Fundamentale Reformen?

Weniger weitgehende Änderungen?

2. Frühe Kritiker der Fehlentwicklungen

Richard von Weizsäcker

Erwin K. Scheuch

Hans Herbert von Arnim

3. Die etablierte Politikwissenschaft

Diskreditieren der Kritiker durch Klaus von Beyme und Michael Greven

Politische Klasse und politische Elite

Berufspolitiker als politische Klasse

Führungsgruppen als politische Elite

Politische Vermachtung: Kartellparteien

Parteien: Täter oder Opfer?

Der Wandel der Parteien

Ein untauglicher Versuch, den Parteienstaat zu rechtfertigen

Fazit: Systematisches Ausblenden des unausgewogenen politischen Prozesses

4. Beurteilung: Verlust der Richtung im Kern des Staates

Vorläufige Wertungen

Verfassungstheoretische Grundannahmen: Ausgewogenheit und Richtigkeit demokratischer Entscheidungen

Erschütterung der Grundannahmen: Gefährdung der demokratischen und rechtsstaatlichen Legitimation

Teil 8: Wohin treibt Europa?

1. Verlust der Selbstbestimmung?

2. Die Finanzierung der Parteien: Symbol für politische Kartellierung und Bürgerferne der EU

3. Europäische Diäten

Ausholen zum großen Coup: Vom Scheitern und schamlosen Lügen

Die derzeitigen Regelungen

Überzogene Pauschalen

Abwegige Gleichmacherei

4. Beamte, Kommissare und Richter im Schlaraffenland

5. Die Wahlen zum Europäischen Parlament und das Demokratiedefizit

Ungleiches Wahlrecht

Kein vollwertiges Parlament

Reine Parteienwahl

Sperrklausel durch die Hintertür

6. Die Währungsunion: Mutter vieler Übel

7. Flüchtlingspolitik und Brexit

Teil 9: Das System korrigieren: Direkte Demokratie und ihre Ersatzformen

1. Schein- und Vorformen direkter Demokratie

Meinungsumfragen sind keine Beteiligung

Das Demonstrationsrecht: Ventil für Unzufriedenheit und Protest

Ein Grundrecht

Große Worte des Bundesverfassungsgerichts

Pegida

Der Bürgerbonus – ein charmanter Vorschlag

Planungszellen und »Citizens’ Jury«

2. Frischer Wind durch neue Parteien?

Die Bedeutung eines offenen politischen Prozesses für die Demokratie

Die AfD: Von der Protest- zur Reformpartei?

Bisherige Entwicklung

Zum Programm

3. Der Bedarf an direkter Demokratie

Ergänzung der gerichtlichen und sonstigen Kontrolle durch direkte Demokratie

Direkte Demokratie für Verfassungsgebung und Verfassungsänderung

Einführung direkter Demokratie durchs Parlament

Eine Entscheidung in eigener Sache

Widerstand gegen den Absolutismus der politischen Klasse?

Direkte Demokratie in den Ländern

Restriktive Auslegung der Tabubereiche

Einseitige Bestellung der Verfassungsgerichte

Beeinträchtigung der parlamentarischen Demokratie?

Direkte Demokratie in der Europäischen Union

Teil 10: Die fatale Rolle der Wissenschaft

1. Die Politikwissenschaft: teilweise blind

Unkritische Haltung

Politiknähe

2. Die Staatsrechtslehre: teilweise Bremser

3. Mangelnde Zusammenarbeit

4. Ein neuer Ansatz tut not

Teil 11: Zusammenfassung

Anhang

Anmerkungen

Register

Vorwort

Demokratie ist Herrschaft durch und für das Volk. Was den Bürgern frommt, ist allerdings höchst umstritten. Wie immer, wenn keine klaren Kriterien für die inhaltliche Richtigkeit bestehen, gewinnt deshalb das Verfahren zentrale Bedeutung: Die angemessene Gestaltung des politischen Willensbildungsprozesses soll bewirken, dass die Politik sich am Willen und am Interesse der Menschen ausrichtet. Die Ordnung dieses Prozesses und seine Ergebnisse sind jedoch verzerrt. Denn hinter der formalen Fassade von Regierung und Parlament entscheiden tatsächlich die politischen Parteien, und sie verfolgen ihre eigenen Interessen, die mit denen des Volkes keineswegs immer übereinstimmen.

Dabei geht es nicht nur um »Selbstbedienung« der Parteien an Geld und Posten, also um staatliche Politikfinanzierung und Ämterpatronage. Das sind nur die sichtbaren Zeichen für den Wandel von Parteien und Staat. Das eigentliche Problem ist viel grundlegender, denn die Parteien entscheiden selbst über die sogenannten Regeln des Machterwerbs, die ihnen eigentlich Grenzen setzen sollten. Dies stellt einen grundlegenden Strukturmangel unseres politischen Systems dar, prägt die Entwicklung zum exzessiven Parteienstaat und ermöglicht eine Politik über die Köpfe der Menschen hinweg.

Das 1949, vor bald 70 Jahren, erlassene Grundgesetz ist gegen diese Form der Machtergreifung nicht ausreichend gerüstet – und das vor einem halben Jahrhundert von den Parteien selbst konzipierte Parteiengesetz vom 24. Juli 1967 schon gar nicht. Die klassische Gewaltenteilung versagt, der Wettbewerb wird durch programmatische Angleichung der Parteien und durch politische Kartelle unterlaufen, und die von den Parteien bestellten Richter bewirken nur Randkorrekturen, ohne aber das Strukturproblem wirklich anzugehen.

Die Souveränität, die in der Demokratie eigentlich dem Volk zusteht, haben die Parteien an sich gerissen. Schritt für Schritt haben sie ihre Macht immer weiter ausgebaut, ihre finanzielle Ausstattung ausgeweitet und ihr Personal in Schaltstellen und auf gesicherten Positionen untergebracht, um sich selbst immer unangreifbarer und unersetzlicher zu machen. Auf welche Weise sie das tun und welcher Mittel sie sich dabei bedienen, das wird im Folgenden anhand vieler Beispiele genau dargelegt.

Letztlich kann wohl nur direkte Demokratie, die den Bürgern die Möglichkeit gibt, die Regeln der Macht selbst festzulegen und dem Kartell der politischen Klasse Grenzen zu setzen, wirksam gegenhalten und so die Gefahr eines exzessiven Parteienstaates bannen. Schließlich sind der demokratische Staat und die, die ihn lenken, um der Menschen willen da und nicht umgekehrt der Mensch um des Staates und der Parteien willen.

In diesem Buch geht es bei aller Systemkritik nicht um eine Demontage der Demokratie, sondern im Gegenteil um die Etablierung eines wahrhaft demokratischen Systems. Dazu muss man Fehlentwicklungen aufzeigen und Wege zu besseren Lösungen. Von autoritären Staatsformen, die leicht versteinern und schließlich kollabieren, unterscheidet sich Demokratie dadurch, dass sie öffentliche Kritik verträgt, ja, sie geradezu braucht, um sich stetig fortzuentwickeln. So stellt sie ihre Lebensfähigkeit immer wieder unter Beweis.

Danken möchte ich Christian Pestalozza (Freie Universität Berlin), der große Teile des Manuskripts gegengelesen hat, für seine verständigen Anmerkungen, ebenso meinem Mitarbeiter Andrei Kiraly für die Hilfe bei der Materialrecherche.

Speyer, im Dezember 2016

Hans Herbert von Arnim