Sternenschweif
Verzauberte Herzen
KOSMOS
Umschlaggestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart
unter Verwendung einer Illustration von Carolin Ina Schröter, Berlin
Textillustrationen: © Biz Hull
Sternenschweif – Verzauberte Herzen, erzählt von Uli Leistenschneider
Based on characters created by Working Partners Ltd.
© Working Partners Ltd., 2014
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© 2014, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-440-14272-1
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
„So, mein Kleiner!“ Laura Foster hatte gerade das Netz mit Heu aufgefüllt, da zupfte Sternenschweif auch schon die ersten Halme heraus und kaute genüsslich darauf herum. Lachend strich Laura ihrem kleinen grauen Pony über den Rücken. „Lass es dir schmecken.“ Dann flüsterte sie verschwörerisch: „Du musst ja gestärkt sein, wenn wir heute Nacht wieder losfliegen.“
Sternenschweif war kein gewöhnliches Pony. Vor einiger Zeit hatte Laura herausgefunden, dass sie ihn mithilfe eines Zauberspruchs in ein wunderschönes weißes Einhorn verwandeln konnte. Doch nicht nur das – als Einhorn besaß Sternenschweif magische Kräfte. Er konnte sprechen, durch die Lüfte fliegen, kleine Verletzungen und Krankheiten heilen und vieles mehr. Seit Laura dies wusste, verwandelte sie ihn fast jede Nacht und flog heimlich mit ihm los. Niemand außer den anderen Einhornfreunden durfte davon wissen. Nicht einmal Lauras Familie oder ihre besten Freundinnen Mel und Jessica waren eingeweiht. Laura seufzte, als sie daran dachte. Wie gerne würde sie ihnen einmal erzählen, welch tolle Abenteuer sie mit Sternenschweif zusammen schon erlebt hatte. Doch es war ein großes Geheimnis, das sie sorgfältig hüten musste, um die Welt der Einhörner nicht in Gefahr zu bringen.
Plötzlich wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. „Laura, Telefon!“, hörte sie von draußen die Stimme ihrer Mutter. Sternenschweif hielt kurz inne und spitzte die Ohren. „Das ist bestimmt Mel oder Jessica“, meinte Laura. Dann gab sie ihm einen leichten Klaps auf den Hals. „Bis nachher.“ Und zu ihrer Mutter rief sie: „Ich komme!“, während sie eilig aus dem Stall hinauslief.
Die Sonne ging schon unter und Laura fragte sich, weshalb eine ihrer Freundinnen wohl um diese Zeit bei ihr anrief. Im Flur reichte Mrs Foster ihr den Telefonhörer. „Mach nicht zu lang“, sagte sie. „Es gibt gleich Abendbrot.“
Gespannt nahm Laura das Telefon entgegen. „Hallo?“, fragte sie ein wenig atemlos.
Doch nicht Mel oder Jessica antwortete ihr. „Hi, hier ist Paul“, hörte sie eine bekannte Stimme am anderen Ende der Leitung. „Wie geht’s?“
Fast hätte Laura vor Überraschung vergessen, etwas zu erwidern. Mit Paul hatte sie wirklich nicht gerechnet. Sie hatte den Jungen in den Pfingstferien in einem Zirkus-Ferienlager kennengelernt und sich mit ihm angefreundet. Er konnte sehr gut voltigieren und hatte ihr damals geholfen, als sie selbst mit Sternenschweif das Voltigieren ausprobiert hatte. Leider wohnte er etwas weiter weg und so hatten sie seitdem nicht mehr viel Kontakt gehabt.
„Paul!“, rief sie jetzt erfreut. „Wie schön, dass du mich anrufst. Mir geht es gut. Und was machst du so?“
Paul räusperte sich ein wenig verlegen. „Ähm, ich wollte dir nur sagen, dass ich am Wochenende einen Wettkampf bei euch in der Nähe habe. Morgen Mittag sind wir schon da. Hast du Lust, mal vorbeizukommen?“
Laura überlegte kurz. Morgen war in der Schule eine Lehrerkonferenz, deshalb hatte sie frei. Sie hatte sich vormittags zwar mit Mel und Jessica zu einem Ausritt verabredet, aber der Nachmittag war noch nicht verplant. Ihre Hausaufgaben konnte sie aufs Wochenende verschieben. Deshalb versprach sie Paul, am folgenden Tag nachmittags vorbeizukommen. Paul nannte ihr die Adresse von dem Reiterhof, auf dem er und seine Voltigier-Gruppe für das Wochenende untergekommen waren. Auch der Wettbewerb am Sonntag würde dort in der Reithalle stattfinden.
„Ich freu mich schon“, sagte Laura. „Leider muss ich jetzt Schluss machen, weil wir gerade zu Abend essen.“ Sie verabschiedeten sich. „Tschüss, bis morgen!“
Nachdem Laura aufgelegt hatte, ging sie fröhlich in die Küche und setzte sich zu ihrer Familie an den Abendbrottisch.
„Du strahlst aber“, meinte Mr Foster augenzwinkernd. „Wer ist denn eigentlich Paul?“
„Na, der Junge, den Laura im Zirkus kennengelernt hat“, kam Mrs Foster Laura zuvor und ihr Mann hob entschuldigend die Hände.
„Laura kennt so viele Kinder, die kann ich mir doch nicht alle merken“, sagte er.
„Paul hat angerufen?“, rief Lauras kleiner Bruder Max jetzt begeistert dazwischen. Er hatte ebenfalls die Ferienwoche im Zirkus mitgemacht und fand Paul ganz toll. Laura glaubte, dass er sich insgeheim einen großen Bruder wie Paul wünschte.
„Paul!“, krähte jetzt auch noch die kleine Sophie aus ihrem Hochstuhl, obwohl sie ganz bestimmt nicht wusste, wer Paul überhaupt war. Laura musste lachen.
„Ja, Paul hat angerufen“, antwortete sie und erzählte von dem Voltigier-Wettbewerb, den er am Wochenende hatte.
„Cool!“, sagte Max und biss in sein Wurstbrot. „Kann ich morgen auch mit?“, fragte er kauend, obwohl er sich gar nicht fürs Voltigieren interessierte. Laura wusste, dass es nur wegen Paul war. „Na gut, meinetwegen darfst du mitkommen“, sagte sie gutmütig. Max schaute bittend seine Eltern an.
„Von mir aus gerne“, sagte sein Vater, doch Mrs Foster warf ein: „Morgen Nachmittag ist doch das Hundetraining für Buddy, oder?“ Wie auf Kommando sprang Buddy, der junge Berner Sennenhund, aus der Ecke auf und kam zum Küchentisch getapst. Bettelnd stand er neben Mrs Foster und stupste mit seiner Schnauze ihr Bein an. „Nein, Buddy, du weißt genau, dass du nichts vom Tisch kriegst“, sagte sie streng. „Es wird wirklich höchste Zeit, dass er ein bisschen mehr Erziehung bekommt. Die Hundeschule wird ihm guttun.“
„Ja, aber ich glaube, der Kurs ist erst am Samstag“, erwiderte Max.
„Warte mal.“ Mrs Foster stand auf und holte ihren Terminkalender. „Stimmt, du hast recht“, sagte sie, nachdem sie nachgeschaut hatte. „Dann kannst du ruhig morgen mit Laura zu Paul fahren.“
„Ob die Hundeschule auch was für Walter wäre?“, überlegte Laura. Sie schaute in die Küchenecke, in der ihr kleiner weißer Terrier Walter lag und müde blinzelte. Er war schon etwas älter und ließ sich durch den ungestümen Buddy nur selten aus der Ruhe bringen.
„Walter kann doch schon alles“, meinte Max altklug.
„Aber etwas Bewegung würde ihm sicher guttun“, entgegnete Laura. „Oder, Walter?“, richtete sie sich jetzt direkt an den Terrier, doch der hob nur kurz den Kopf. „Komisch, er wirkt ganz schön träge. Was hat er nur? Letztens war er doch noch so stürmisch.“ Laura dachte daran, wie sie zusammen mit Sternenschweif das Fohlen Waldfee gefunden hatten. Da war Walter äußerst lebhaft gewesen. Ganz im Gegensatz zu jetzt.
„Er ist sicher nur müde“, versuchte Mr Foster Laura zu beruhigen. „Aber wenn du Lust hast, dann geh doch am Samstag mit zum Hundetraining. Eine Schnupperstunde ist kostenlos und danach kannst du entscheiden, ob es was für ihn wäre.“
„Ach, das wäre schön“, warf Mrs Foster ein. „Wenn du mit Max zum Hundetraining gehen würdest, könnte ich mit Sophie in die Stadt fahren. Sie ist schon wieder ein ganzes Stück gewachsen und braucht dringend neue Sachen zum Anziehen.“