Frank Westerman
Reden. Reden? Reden!
Spricht man
mit Terroristen?
Aus dem Niederländischen von
Gerd Busse und Ulrich Faure
Die deutsche Ausgabe entstand mit freundlicher
Unterstützung der Dutch Foundation for Literature/
Nederlands Letterenfonds (NLF).
© Een woord een woord, Frank Westerman 2016.
Originalverlag: De Bezige Bij, Amsterdam | Antwerpen
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
1. Auflage als E-Book, August 2016
entspricht der 1. Druckauflage vom August 2016
© Christoph Links Verlag GmbH
Schönhauser Allee 36, 10435 Berlin, Tel.: (030) 44 02 32-0
www.christoph-links-verlag.de; mail@christoph-links-verlag.de
Cover: Stephanie Raubach, Ch. Links Verlag
Karten: Bert Stamkot; Lektorat: Beate Clausnitzer
Foto Autor: Keke Keukelaar
ISBN 978-3-86284-348-0
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Quellennachweis
Über den Autor
Wenn niemand
niemandem zuhört,
fallen Schüsse
statt Worte.
Jana Beranová
Das angekündigte Gewitter kommt nicht. Der Abendhimmel ist trübe, Wolken ziehen auf, und es beginnt zu stürmen. Doch der Wind bringt keine Abkühlung. Meine Mutter hat mir erlaubt, im Gästezimmer zu schlafen, das nach Norden liegt.
Mitten in der Nacht werde ich durch ein Getöse geweckt, das ich nicht einordnen kann. Irgendetwas zwischen einem Dröhnen und einem Rattern. Unglaublich laut. Die Tür des Gästezimmers geht auf. Meine Mutter kommt in ihrem Morgenmantel zu mir ans Bett. Doch ich schlage die Decke zurück und springe auf, um zum Fenster zu laufen. Im Licht der Laterne an der Ecke sehe ich einen Panzer. Das Ding ruckelt einen Meter vor, dann wieder zurück. Ein Soldat gibt Anweisungen. Der Panzer kommt neben unserer Auffahrt zum Stehen, unter dem Schild »Sackgasse«.
Das muss am Samstag, dem 11. Juni 1977, gewesen sein, zwischen vier Uhr und halb fünf in der Nacht. Schon drei Wochen lang ist die Polizei bei uns in der Straße. Die evangelisch-reformierte Kirche und der Bunker des Katastrophenschutzes sind mit Gittern und Markierungsbändern abgesperrt: Dort befinden sich das Pressezentrum und der Krisenstab für die Zugentführung und die Geiselnahme an einer Schule, die sich zeitgleich abspielen.
Nun plötzlich, in dieser Nacht, wird eine zusätzliche Barrikade errichtet, in einem erweiterten Radius, der auch unser Haus einschließt. »Sie werden die Geiseln befreien«, sagt mein Vater, der ebenfalls aufgestanden ist. Er hat das Radio angestellt, doch es läuft nur Musik.
Im Licht des anbrechenden Morgens verändert sich die Farbe des Panzers von schwarz zu blau. Er hat keinen Geschützaufbau. Es ist auch kein Gefechts-, sondern ein Transportpanzer.
Meine Schwester hat sich neben mich gestellt. Plötzlich beginnen in allen Räumen die Scheiben in ihren Halterungen zu tanzen. Ein Düsenjäger nach dem anderen heult durch den Morgenhimmel, es ist noch zu dunkel, um sie sehen zu können. Wie viele mögen es sein?
Als die letzte Maschine unser Haus überflogen hat und nicht mehr zurückkommt, ziehe ich mir rasch eine Hose und ein T-Shirt an. Ich schlinge ein Butterbrot herunter, erst danach darf ich zu Hans Top, der auf der anderen Straßenseite wohnt. Hans ist mein bester Freund.
Die Sonne ist noch nicht aufgegangen, als wir in unserer Sackgasse wie eingesperrte Tiere hin- und herlaufen, bis zu den Fertiggaragen und zurück. Die Soldaten winken uns heran. »Wenn ihr hier wohnt«, sagen sie, »könnt ihr einen Passierschein bekommen.« Damit würden sie uns an der Absperrung vorbeilassen. Eine Luke an der Seite des Panzerfahrzeugs steht offen. Wir dürfen nacheinander hinein, die Bauchhöhle ist ein dunkles Cockpit. Kabel mit Kopfhörern hängen von der Decke.
Sobald unsere Namenskärtchen aus Pappe fertig sind, probieren wir sie aus. Mitten auf der Kreuzung steht auf einem Dreibein ein Maschinengewehr, aus dem ein Patronengurt heraushängt. Hans und ich zeigen unsere Passierscheine vor, und richtig: Wir dürfen vorbei. Die Soldaten schieben die Stacheldrahtrollen, die quer über der Straße liegen, ein Stück für uns zur Seite.
Der Stacheldraht ist ungewöhnlich, er hat keine Spitzen, sondern kleine Messer.
»NATO-Stacheldraht«, weiß Hans, zwei Jahre älter als ich, und schon in der Orientierungsstufe.
Dann wieder hinter die Absperrung zurück. Die Soldaten lachen ein wenig – und nein: Wir müssen unsere Passierscheine nicht noch einmal zeigen.
Es ist windstill, der Beginn eines heißen Tages. Plötzlich wird die Stille durch ein dröhnendes Geräusch zerrissen, das an dem nahe gelegenen Hochhaus widerhallt. Aus der Kurve bei den Weiden kommt ein Motorrad angesaust. Zwei Männer mit schwarzen Haaren und ohne Helme sitzen darauf. Der Fahrer gibt Gas und hält direkt auf uns zu. Im letzten Moment bremst er und biegt links in die Speenkruidstraat. Die Soldaten dirigieren Hans und mich auf den Bürgersteig. Hinter den Birken in unserem Garten hören wir das Motorrad in einem Bogen um unser Viertel fahren. In Abständen von wenigen Minuten rast es noch ein paarmal auf den Stacheldraht zu. Der Sozius schwenkt einen Lappen in den Farben Blau-Weiß-Grün und Rot. Es ist, wie ich inzwischen weiß, die Flagge der RMS, der Republik Maluku Selatan. Davon habe ich Briefmarken: eine Serie mit acht tropischen Schmetterlingen darauf – ungestempelt.
Von dem Dorf Ossendrecht, dicht an der niederländisch-flämischen Grenze gelegen, gibt es eine geheime Nachbildung.
Das Original-Ossendrecht liegt träge zwischen Weiden, oben auf dem Brabantse Wal, einer auffälligen Anhöhe in der Landschaft. Von der Turmspitze der katholischen Kirche aus blickt man über die seeländischen Polder mit ihren strengreformierten Gemeinden, auf einen Knick in der Schelde, die Kühltürme des Atomkraftwerks Doel und die Hebekräne des Antwerpener Hafens.
Das Duplikat Ossendrechts, in seinen Abmessungen nahezu so groß wie das Original, besitzt keine Kirche. Es ist ein Satellitendorf aus Betonbauten, ebenfalls oben auf dem Brabantse Wal gelegen, doch verborgen im Nadelgehölz der Grenzwälder. Obwohl dort niemand lebt, ist es von einem Zaun mit Kameraüberwachung umgeben. »Ossendrecht-2« könnte man sagen, in Analogie zu den verbotenen, auf Landkarten nicht verzeichneten Sowjetstädten »Tomsk-7« oder »Krasnojarsk-26« in der sibirischen Taiga, allerdings nicht so geheimnisumwittert. Wir sind schließlich in den Niederlanden, da geht es transparent zu.
Ossendrecht-2, mit einem Hotel, einer Turnhalle und einer Einkaufsstraße, ist Eigentum des Innenministeriums. Hier trainiert die Polizei:
–Das Räumen besetzter Häuser.
–Das Vermitteln bei Nachbarschaftsstreitigkeiten.
–Das Losschneiden von Umweltaktivisten.
–Den Einsatz von Tränengas.
–Das Ausschalten von Schwerkriminellen.
–Das Umstimmen von Selbstmördern, die auf das Dach des Hotels geklettert sind.
»Springer nennen wir die«, sagt mein Gastgeber, ein Polizeioffizier in blauer Uniform mit diversen goldenen Auszeichnungen. Er ist bereit, mich in Ossendrecht-2 herumzuführen, unter der Bedingung, dass ich seinen Namen nicht preisgebe, da er »operativer Unterhändler« sei.
Ich nehme seine Visitenkarte und frage, was das genau bedeutet: »operativer Unterhändler«.
»Dass ich, wenn du nächste Woche gekommen wärst, keine Zeit für dich gehabt hätte.«
Mir fällt so schnell nichts ein, was in der kommenden Woche an Außergewöhnlichem ins Haus stehen würde.
»Da haben wir in Den Haag den Atomgipfel, mit hohen Tieren wie Obama und Merkel.«
Ich sehe zu ihm hinauf, während ich auf die Pointe warte.
»Dann sind wir in Bereitschaft.«
»Für den Fall, dass jemand als Geisel genommen wird?«
»Dann werden wir aktiv.«
Nennen wir ihn Kees. Er ist 60, ein bedächtig wirkender Mann. Er könnte eine Art Kümmerer in einem Problemviertel sein – hinter seinen Brillengläsern wachsam die Umgebung im Auge behaltend. Wir sitzen einander gegenüber in der Kantine der Polizeiakademie, »Standort Ossendrecht«, der School voor Gevaar- en Crisisbeheersing.
»Der Staat hat das Gewaltmonopol«, sagt Kees. »Und wir wollen, dass das so bleibt.« Grüppchen von Angehörigen der ME, der Mobilen Einheit, kommen herein, sie stecken in Pullovern mit Schulterpolstern. Brocken von Kerlen mit Stoppelfrisuren, Karikaturen ihrer selbst. »Siehst du das da?«, fragt Kees – er deutet mit einer kurzen Bewegung seines Kinns in Richtung eines Automaten mit Snickers, Mars und Croky-Chips-Beuteln. An der Wand, seitlich des Automaten, steht in regelmäßiger Schrift:
Alle, die sich in den Niederlanden befinden, werden in gleichen Fällen gleich behandelt. Diskriminierung aus Gründen der Religion, der Lebensanschauung, der politischen Gesinnung, der Rasse, des Geschlechts oder Sonstigem ist nicht erlaubt.
»Das ist der Grund, weshalb es uns gibt.«
Kees hatte 1976 bei der Mobilen Einheit angefangen – mit einem Helm, einem Schild und einem Gummiknüppel. Seine Aufgabe war es, effizient Zugriffe durchzuführen. Er hatte gelernt, wie man einen Demonstranten mit einem einzigen Judogriff aus einer Sitzblockade herauszieht, auch wenn der sich bei seinen Kameraden eingehakt hat. Judo gehört noch immer zur Ausbildung, die Mitglieder der Einheit haben allesamt einen braunen oder schwarzen Gürtel. Kees hat in seiner Laufbahn allerdings einen anderen Weg eingeschlagen: Er ist Unterhändler bei Geiseldramen und Entführungen geworden. »Männer ohne Waffe« werden sie an der Akademie spöttisch genannt. Kees findet nicht, dass er zur soften Abteilung der Polizeiarbeit gehöre. »Wenn du der Letzte bist, der ein Gespräch mit jemandem führt, der kurz davor steht, liquidiert zu werden, geht einem das ganz schön unter die Haut.«
So wie die meisten seiner Unterhändler-Kollegen ist er Rotterdamer – eine merkwürdige Überrepräsentanz, für die Kees keine Erklärung hat.
Vielleicht, äußere ich die Vermutung, sind Rotterdamer mit ihrem Geschäftssinn besser im Verhandeln?
Kees weicht mir geschickt aus. »In der Ausbildung dreht sich alles um Wehrhaftigkeit«, sagt er. »Darauf wird man getrimmt.« Wer bei der Polizei arbeite, erhalte Kampftraining und stehe mindestens 32 Stunden pro Jahr auf dem Schießstand. Die Kehrseite sei, dass der durchschnittliche Polizist die Worte »Entschuldigung« oder »Danke« nicht über die Lippen bekomme, und das sei schade, sagt Kees, denn nur mit »Halt!« oder »Lass die Waffe fallen!« komme man selten weiter. Deshalb schule er Polizisten im Umgang mit verbalen Waffen.
»Bevor ich einen Kursteilnehmer neben einen Springer aufs Dach stelle, sage ich: Was glaubst du, was dir da gleich dein Pfefferspray nützen wird?«
Kees beugt sich zu mir herüber und schaut mir direkt in die Augen. Er lässt seine Frage zwischen uns hin- und herpendeln, beinahe hypnotisierend – als säßen wir im Verhörraum. Er fixiert mich ein paar Sekunden, dann steht er auf. »Es ist Zeit für die Führung.« Kees zieht seine Jacke über und rückt den Gürtel mit dem Pistolenholster zurecht.
Draußen erstrecken sich Grünanlagen, in der Ferne liegt ein Wohnviertel. Ossendrecht-2 sieht auf den ersten Blick ganz normal aus. Der Merelweg kreuzt die Dennenlaan. Dann entdecke ich jedoch schräg auf dem Bürgersteig einen Ganoven-Opel und einen Ford Transit Bus, beide ausgebrannt. Am Straßenrand liegen gefüllte Overalls – leblose Körper ohne Kopf, die Gliedmaßen unnatürlich abgeknickt.
»Die wiegen jeder 85 Kilo«, sagt Kees. »Die müssen die Männer über den Zaun dahinten schleppen.«
Für meinen Begleiter ist es in Ordnung, dass ich Notizen mache, doch er wartet nicht auf mich. Er läuft weiter zum Bahnhof. Vor uns steht ein gelber Zug, ohne Ziel, an den Schienen festgerostet. Es ist kein altertümlicher »Hundekopf«-Triebwagen, sondern ein moderner Intercity mit dem Lokführerstand hoch über dem Rumpf. Der Zug hebt sich als gelb-blaues Band vor dem Dunkelgrün des Waldrandes ab, und es ist nicht zu vermeiden, dass dieser Anblick auch die zwei gestrandeten Züge aus den Kulissen meiner Kindheit zum Vorschein bringt.
»Spielt ihr hier Zugentführungen nach?«, frage ich.
»Ja.«
»Mit Schauspielern?«
»Und Statisten, als Passagiere.« Kees erklärt, wo der Kordon gezogen wird und aus welcher Position die Scharfschützen den Zug ins Visier nehmen. »Jemanden umlegen ist immer eine Option. Jemanden umstimmen ist schwieriger, aber besser.«
Wir gehen auf den vordersten Waggon zu. »Unser Fach gibt es seit der ersten Zugentführung 1975. Damals hatten wir noch keine eigenen Unterhändler. Nachdem es vorbei war, hat einer von uns bei Scotland Yard Rat geholt.«
Ich bin nach Ossendrecht-2 gekommen, um etwas über die Kunst des Überredens zu erfahren.
Was kann ein Redner gegen einen Mörder ausrichten?
Haben Worte gegen Kugeln Bestand?
Welche Worte?
Es ist April 2014, und gerade sind 276 Schülerinnen in Nigeria durch eine islamistische Terrorgruppe, die sich Boko Haram nennt, entführt worden: »Westliche Bildung ist verboten.« Hilft dagegen eine Kampagne auf Twitter? Bringt es etwas, wenn Michelle Obama ein Foto von sich verbreitet, auf dem sie ein Pappschild mit der Aufschrift #BringBackOurGirls in der Hand hält?
Wenn sich Sprache und Terror wie in einem Duell gegenüberstehen, welche der beiden Parteien zieht dann den Kürzeren?
Fragen wie diese treiben mich um – schon seit der Zeit des Millenniumswechsels. Als Korrespondent in Russland war ich damals Zeuge der aufflammenden Gewalt in Tschetschenien. 1998, ich war gerade erst in Moskau angekommen, wurden am Südufer des Flusses Terek vier Köpfe gefunden. Sie lagen, ausgestellt auf einem Laken, an der Asphaltstraße. »Holt sie euch, wenn ihr euch traut.« Es waren die Köpfe von Technikern eines Telekommunikationsunternehmens, drei Briten und einem Neuseeländer, die zuvor entführt worden waren.
Als Korrespondent gehörte es zu meinen Aufgaben, auch aus Tschetschenien zu berichten. Ich reiste ans russische Ufer des Terek; auf der gegenüberliegenden Seite erhob sich über einem Hain aus Weiden ein erstes Minarett. Im Schilf lagen Ruderboote, und ein Stück weiter gab es eine Brücke, aber ich habe den Terek niemals überquert. Ich habe mich nicht hinübergetraut – weil ich nicht über Wochen und Monate in irgendeinem Kerker an eine Pritsche oder ein Wasserrohr gekettet werden wollte. Ich wollte nicht vor laufender Kamera meine Eltern anflehen, mein Leben zu retten, für Geldsummen, die sie nicht besaßen. An noch brutalere Videos mochte ich nicht einmal denken.
In meiner Berichterstattung ging ich ausführlich auf die tschetschenische Kidnappingindustrie ein – vielleicht aus Gründen der Selbstrechtfertigung.
Auf einem zugigen Bergpass im Kaukasus interviewte ich eine Gruppe von Kindern, die zu Fuß aus Tschetschenien nach Georgien geflüchtet war. Zwei Schwestern erzählten, wie es sei, wenn man bombardiert werde. »Unheimlich gruselig«, sagte die eine. »Wir haben geschrien«, sagte die andere. Sie hätten an der Bushaltestelle gestanden, doch anstelle des trägen Stadtbusses sei ein Düsenjäger auf sie zugekommen.
Plötzlich zischte mir mein russischer Fotograf »Weg hier!« ins Ohr. »Sofort!« Unter den Flüchtlingen hatte er Schlägertypen ausgemacht, Männer mit buschigen Bärten, die zu uns herüberblickten und – so befürchtete er – berieten, uns als Entführungsbeute über den Bergkamm zu bringen, ins Innere Tschetscheniens.
Unser vorzeitiger Abzug machte mich wütend. Wenn es sogar hier, am Rande der Geschehnisse, nicht sicher war, wie weit sollte ich mich dann noch zurückziehen?
Illusionen über Reportagen, die die Welt zum Guten verändern, hegte ich nicht, doch eines glaubte ich schon: Hört man auf zu erzählen, verändert sich die Welt zum Schlechten. Ein Korrespondent soll Augenzeugenberichte aufzeichnen und Ereignisse aus erster Hand beschreiben. Er ist jemand, der kostbare Fakten ausgräbt – den durch nichts zu ersetzenden Brennstoff für Dialog und Debatte, für Empathie und Verständnis.
Als Berichterstatter fühlte ich mich an der Grenze zu Tschetschenien besiegt. Ich verlor meinen Glauben an die Kraft des freien Wortes. Als Kind hatte ich – selbstverständlich – noch keine Entgegnung auf die Terroraktionen in unserer Nähe gehabt, als Erwachsener in Russland war sie mir im Keim erstickt worden.
Seit 9/11, nach dem Mord an Theo van Gogh und erst recht, seit die Henker des IS ihre Enthauptungsfilme online stellen, frage ich mich, ob wir überhaupt eine verbale Verteidigung gegen Terror haben. Sanfte Kräfte, wer glaubt noch daran? Weder mit Reden noch mit Schreiben scheint man etwas zu erreichen, die schwarze Fahne und die Kalaschnikow rücken vor. »Für den, der die Nuance sucht«, lautete das Credo der Zeitung, für die ich jahrelang berichtete. Ach – hör doch auf, mit Halsabschneidern lässt sich nicht reden. Schick Drohnen, kill them all.
Ich muss mich dagegen wehren und meine Niedergeschlagenheit nicht in Zynismus umschlagen lassen. Deshalb habe ich mich in Ossendrecht-2 angemeldet. Das heißt, ich habe die Leitung der School voor Gevaar- en Crisisbeheersing gebeten, am Training zum Geiselunterhändler teilnehmen zu dürfen.
Wie spricht man einen Terroristen an? In welchem Tonfall? Sagt man »Sie« oder doch besser »du«? Ich möchte diese Erfahrung selbst machen, auch wenn die Szenen gestellt sind. »Kommunikation in Krisensituationen«, heißt der Grundkurs. Die ersten praktischen Übungen beginnen nach dem Sommer, aber da ich nun schon einmal hier bin, bekomme ich – bevor es ernst wird – eine Führung von dem operativen Unterhändler Kees.
Vom Bahnhof aus gehen wir zu einer Straße mit Bäcker, Juwelier und Drogerie. Die Geschäfte kann man lediglich an Beschriftungen wie Juwelier & Diamantenhändler erkennen – die Schaufensterauslagen sind nicht nachgebaut worden. »Das ist nicht nötig«, sagt Kees. »Wenn die Meldung kommt, dass der Juwelier überfallen wird, spielt die Fassade weiter keine Rolle.«
Ich frage nach dem Szenario.
»Wir sorgen dafür, dass die Sache aus dem Ruder läuft. Wenn so ein Juwelenräuber in die Enge getrieben wird, hält er dem Juwelier die Pistole an den Kopf. Das Einzige, was er dann noch macht, ist schreien und drohen.«
Am Ende der Dennenlaan, hinter einem Verkehrskreisel, steht ein zweistöckiges, sandfarbenes Gebäude: die Botschaft eines willkürlichen Landes.
Verhandlungen mit Geiselnehmern kenne ich nur aus Filmen.
»Wir benutzen Filme in der Ausbildung«, sagt Kees. »Verhandlungssache – wunderbar.« Er erzählt vom Anfang des Films: Ein Topunterhändler der Polizei (Samuel L. Jackson) nimmt seine Vorgesetzten in einem Büro in Chicago als Geiseln und will nur mit seinem Unterhändlerkollegen (Kevin Spacey) reden. Während er auf dessen Ankunft wartet, hat er Kontakt zu einem gewöhnlichen Polizisten, der nicht weiß, welchen Ton er anschlagen soll. »Sag niemals ›nein‹ zu einem Geiselnehmer«, zitiert Kees Samuel L. Jackson. »Steht im Handbuch!«
»Gibt es Handbücher?«
»Was glaubst du denn? Dass das FBI keine Handlungsanweisungen für Geiselnahmen hat?« Ob das in den Niederlanden anders ist, lässt er offen.
Ich will wissen, ob ein Terrorist, im Gegensatz zu einem »gewöhnlichen« Kriminellen, einen speziellen Ansatz erfordert.
Kees bewegt den Kopf, es könnte irgendetwas zwischen einem Ja und einem Nein bedeuten. Es gebe eine Sache, die man bei Terroristen immer im Auge behalten müsse: »Sie haben ein Ziel.«
Mit einem Mal fühle ich mich wie ein absoluter Dummkopf. Das mit dem Ziel hätte mir selbst einfallen können.
Wir erreichen das Wohnviertel von Ossendrecht-2. Die Häuser haben Fensterrahmen und eine Eingangstür, die ins Leere führt. Cinecittà. Gerade, als ich denke, dass auch gut ein Bühnenscheinwerfer vom Himmel fallen könnte, sagt Kees: »Jeder Unterhändler muss einen guten Witz erzählen können.«
Es folgt kein Witz. Dafür eine Erklärung: Es laufe darauf hinaus, dass man Verblendung mit Relativierung parieren können müsse. Tödlichen Ernst mit einem Augenzwinkern. Aber bekommt man dann nicht ein Problem mit den eigenen Prinzipien? Lachen im Bündnis mit einem Mörder?
»Deine eigenen Prinzipien? Die lässt du zu Hause.« Kees sagt es mit einer Unbekümmertheit, die Zweifel aufkommen lässt, ob er überhaupt Prinzipien hat.
»Täusch dich nicht«, sagt er. »Bis auf den Psychopathen hat jeder so seine Grenzen. Ich selbst habe vor Jahren mein Konto bei der ABN AMRO Bank gekündigt, weil sie Ajax Amsterdam gesponsert haben.«
An der Fazantlaan stehen Container mit Holzklötzen in der Größe von Klinkersteinen. Demonstrantendarsteller dürfen damit Angehörige der Mobilen Einheit bewerfen. Kees erzählt, einmal habe er seine Fußballkumpel mitgenommen, um sich werfend und schreiend an den Ordnungskräften auszutoben. Auf dem Metallbehälter steht: Wurfklötze nach Gebrauch zurücklegen.
Während ich das abschreibe, kreist mir der Gedanke durch den Kopf: Der Terrorist hat ein Ziel. Selbstverständlich: Er eifert für eine Sache, die größer ist als er selbst. Ein Ideal. Und wir? Was setzen wir dem entgegen?
Die erste Zugentführung in der Geschichte war eine misslungene Flugzeugentführung. Die Vision der sieben molukkischen Kämpfer aus dem Kanaldorf Bovensmilde im Norden der Niederlande: ein lahmgelegter Flughafen Schiphol, weit hinten auf der Startbahn eine Boeing 737, ready for take-off. An Bord: nur sie, ihre Waffen und die Besatzung. Gendarmerie und Marineinfanteristen in machtloser Entfernung. Während sie jubelnd vom Boden abheben, werden sie von in- und ausländischen Kamerateams so lange gefilmt, bis sich das Flugzeugheck im Nichts aufgelöst hat.
Wo würde die Maschine wieder zum Vorschein kommen?
Über Ost-Timor, aber das wussten nur sie.
Die Rebellen der linksgerichteten FRETILIN-Partei Ost-Timors würden ihre RMS-Brüder mit offenen Armen empfangen. Wer weiß, vielleicht würden die sieben mit Blumenkränzen behängt werden. Drüben in Dili, um die halbe Erdkugel nach Osten, wollten die Entführer aus dem niederländischen Bovensmilde die indonesische Besatzungsmacht verjagen helfen, um sich anschließend als Sieger nach Ambon, Saparua, Seram und Buru zu begeben, dem Archipel ihrer Eltern: den Molukken.
Zu Beginn ihrer Aktion hatte keiner der Geiselnehmer ahnen können, dass sie von den beabsichtigten 13 000 Kilometern von Bovensmilde nach Dili gerade mal 13 zurücklegen würden.
Am Morgen des 2. Dezember 1975, einem Dienstag, verlassen sie nahezu zeitgleich ihre Häuser an der Jasmijnstraat, bepackt mit Reisetaschen und Geschenken für das bevorstehende Nikolausfest, den Sinterklaas. Es nieselt. Auf dem Weg zur Bushaltestelle kauft einer von ihnen noch ein Netz Mandarinen. Carlos, ein Entführer, der stets eine Sonnenbrille trägt, wird später zugeben, dass er sich beim Anblick seines Vaters an der Haltestelle am Kanal erschrickt.
Wie er nehmen sie die Linie 20 nach Assen, doch sie bleiben unentdeckt, denn Carlos’ Vater steigt bereits vor ihnen aus und erspart ihnen unangenehme Fragen wie: »Wo fahrt ihr hin?« oder: »Hey, normalerweise feierst du doch nie Sinterklaas?«
Carlos ist nicht sein Taufname, sondern sein Nom de guerre – nicht zufällig derselbe wie der von Ilich Ramírez Sánchez. Dieser Venezolaner, Superterrorist »Carlos, der Schakal«, nahm im selben Dezembermonat des Jahres 1975 in Wien mehrere OPEC-Minister und ihre Mitarbeiter als Geiseln. Dem Anführer eines sechsköpfigen Kommandos gelang es, alle seine Forderungen zu versilbern: Verlesung eines propalästinensischen Kommuniqués im Radio sowie freies Geleit per Flugzeug zu einem unbekannten Zielort (der sich als Algier herausstellte).
Der molukkische Carlos und seine Kameraden reihen sich im Bahnhof Assen in die Schlange vor dem Schalter ein und kaufen sieben Tickets für eine einfache Fahrt nach Zwolle. Wie verabredet verteilen sie sich in Grüppchen (zweimal zwei, einmal drei) über den Bahnsteig. Der D-Zug aus Groningen schiebt sich unter die Überdachung. Die Molukker hieven ihr Gepäck hinein und nehmen – über den Zug verteilt – vorne, hinten und in der Mitte bei den Durchgängen zwischen den Waggons Platz.
Carlos steckt sich erst einmal eine Zigarette an – schreibt er in einem Bericht, den er später im Gefängnis verfasst. »Eine bleischwere Last fiel von mir ab. Bis jetzt ist nichts schiefgegangen, dachte ich.« Während er raucht, fragt er sich, wie die Zugreisenden »wohl schauen werden, wenn sie gleich ein Gewehr vor ihrer Nase sehen«.
Sie verlassen Assen – eine kurvenlose Strecke bis zum Bahnhof Beilen. Dort ist, was die Entführer betrifft, der letzte reguläre Halt. Wenn sich der Zug hier laut Kursbuch um 10.07 Uhr in Bewegung setzt, müssen noch 16 Oberleitungsträger (»Zielmasten«) passiert werden, bevor Carlos die Notbremse zieht.
Ein Kamerad stößt ihn an: Sie sind fast da. Carlos erhebt sich, tritt seine Kippe aus und zieht den roten Griff nach unten. Die Bremsleitungen machen ein wummerndes Geräusch. »Ich habe mich über den Stopp erschrocken und wäre fast hintenüber gefallen, konnte mich aber gerade noch festhalten.« Mit quietschenden Rädern kommt der Zug rund hundert Meter weiter als geplant zum Stehen. Carlos hat die Notbremse zu spät gezogen. Anstatt direkt auf dem Bahnübergang bei Wijster, wo ein Bus nach Schiphol vorfahren soll, landen sie zwischen Weiden in einem leeren Niemandsland.
Lokführer Braam kommt aus seiner Kabine, um nachzusehen, was los ist. Als sein Blick auf die maskierten Männer mit Waffen fällt, schließt er sich eilends wieder ein. Der älteste Entführer (Kobus, 25 Jahre) hat ihn gesehen. Kobus trägt Handschuhe aus schwarzer Kunstseide. Er ruft. Da der Lokführer nicht antwortet, schießt er durch die Tür. Eine Kugel trifft Braam am Oberschenkel, eine weitere durchbohrt seinen Kiefer. Wimmernd und stark blutend schleppt sich der Lokführer zum Gepäckabteil, wo er zusammenbricht und nach ein paar Momenten der Bestürzung einen Gnadenschuss bekommt.
Carlos, in seinem Bericht: »Was ist der Unterschied zu Toten am Boden oder aus der Luft wie in Vietnam oder in Ost-Timor? Die Niederlande scharen sich hinter die Imperialisten, die mit Bomben die Zivilbevölkerung ausrotten.«
Entführer Jacco, Student an der Pädagogischen Hochschule in Assen, feuert seine ersten Schüsse auf die Bäuerin Zwaantje Etten ab, die nur aus der Ferne »mal kieken« will, weshalb ein Zug einfach so zwischen den Stoppelfeldern stehen bleibt. Ihm macht es Spaß, dass er sie so leicht verjagen kann – wie ein Hase springt sie in den nächstgelegenen Wassergraben.
»Meine Damen und Herren, Achtung!« Durch die Sprechanlage ertönt die Stimme von Carlos. »Der Lokführer ist schon tot. Bleiben Sie ruhig auf Ihren Plätzen sitzen! Wer versucht zu fliehen, wird erschossen.«
Schaffner Brinker, seine Mütze hat er bereits verloren, wird an Armen und Beinen auf dem Lokführersitz festgebunden. Ein entgegenkommender Zug, der sich von Süden her auf dem Parallelgleis nähert, bekommt die volle Ladung. Der Zug bremst, bleibt stehen und fährt, nachdem noch einmal geschossen wird, rückwärts zurück.
Die Entführer, hüpfend vor Aufregung, teilen alte Zeitungen und Rollen mit Klebeband aus. Die 50 zusammengetriebenen Passagiere erhalten den Auftrag, die Fenster zu verdunkeln. Eine schwangere Frau und ihre Tochter müssen aufstehen und mitkommen. Durch die Tür des Gepäckraums werden die beiden wie Brieftauben mit einer in etwas unbeholfenem Niederländisch verfassten Nachricht der Entführer freigelassen. Es ist elf Uhr.
1. Wir fordern einen Bus des Reiseunternehmens Raterink aus Beilen für ±60 Personen, aus dem die Sitze entfernt worden sind und der mit Vorhängen versehen ist, sowie einen Fahrer.
2. Wir fordern von der niederländischen Regierung, dass für uns auf dem Flugplatz in Schiphol ein Flugzeug bereitsteht.
3. Wir fordern von der Polizei solide Handschellen, um zu vermeiden, dass wir vorzeitig auf die Geiseln schießen müssen, die glauben, dass sie verrückte Sachen anstellen können.
4. Wir fordern, dass wir vor 12.45 Uhr eine Nachricht erhalten, dass unsere Forderungen erfüllt werden, sonst knallen wir um 13.00 Uhr eine der Geiseln ab und darauf folgend jede halbe Stunde eine (es gibt also um 14.30 Uhr drei Tote).
Die Rechnung stimmt nicht. Um halb drei wäre die Zahl der Toten nicht auf drei, sondern auf vier gestiegen. Rechnet man Lokführer Braam mit, auf fünf.
Der nächste Morgen, Mittwoch, 3. Dezember 1975, Viertel nach acht: Es hat gerade geklingelt. Wir sitzen im Werkraum und warten. Unser Werkkundelehrer ist noch nicht da. Ich bin elf Jahre alt und Schüler der Fonteinschool. Es ist die Sinterklaas-Woche. Niemand glaubt mehr daran, wir gehören schließlich schon zu den Großen, dennoch sind wir unruhig. Schon seit ein paar Unterrichtsstunden beschäftigen wir uns damit, aus den Stämmen eines Holunderbaums Totempfähle zu schnitzen. Man muss die Rinde mit einem Taschenmesser einschneiden, damit aus dem hellen Holz Ringe (oder kleine Rauten) zum Vorschein kommen. Das geht prima, wenngleich man auch aufpassen muss, nicht abzurutschen. »Immer von euch weg schneiden«, hat uns unser Werkkundelehrer ans Herz gelegt. Immer wieder hat er es uns eingeschärft: Das Messer beim Schneiden nie mit Kraft in Richtung des Handgelenks führen.
Heute werden wir die Ringe und andere Einkerbungen mit einem Pinsel bemalen. Dürfen wir schon anfangen?
Da kommt der Direktor unserer Grundschule, Herr Top, herein. Das ist ungewöhnlich. Herr Top macht montags die Wocheneröffnung in der Aula, liest dann aus der Bibel und spricht das Gebet. Unterricht gibt er nur in der sechsten Klasse. Herrn Tops Stimme kommt aus der Tiefe, das Gestell seiner Brille ist schwarz – alle Schüler der Fonteinschool sehen in ihm hundert Kilo Autorität. Ich kenne ihn auch als den Vater meines besten Freundes Hans und als Nachbarn von gegenüber, dessen alten Peugeot wir für 25 Cent pro Nase an Samstagen waschen dürfen.
»Ihr seid schon große Kinder«, sagt Herr Top. Unser Werkkundelehrer, erzählt er, komme heute nicht. Wir müssten damit rechnen, dass er überhaupt nicht mehr zur Schule komme. Herr Top fragt, ob wir gehört hätten, dass schon einen Tag und eine Nacht lang ein Zug auf einer Weide bei Wijster stehe. Es folgt eine Erklärung, was eine Zugentführung sei. Es gehe um einen Überfall mit Gewehren, sie hätten die Notbremse gezogen, keiner dürfe hinaus, die Fahrgäste hätten die Scheiben mit Zeitungen zukleben müssen, es könne lange dauern. Das mit den zugeklebten Scheiben finde ich am gruseligsten; ich stelle mir vor, wie dunkel es dort im Innern sein muss.
Unser Werkkundelehrer, und das ist es, was uns unser Schuldirektor eigentlich erzählen will, sitze im Zug. Als Entführer.
»Carlos« hieß in Wirklichkeit Abé Sahetapy. Im Dezember 1975 war er 22 Jahre alt. Abé hatte einen Berufsschulabschluss. Er arbeitete für kurze Zeit bei der ENKA-Zementfabrik in Emmer-Compascuum und bei Niemeijer Tabak in Groningen.
Sein späterer Bericht war 1980, während seiner Haft, von einem seiner Waffenbrüder herausgegeben worden. Minne strijd stand auf dem Umschlag über dem Schwarz-Weiß-Porträt des Autors. Abé, alias Carlos, schaut den Betrachter wie ein Gangster durch getönte Brillengläser an. Hängeschnäuzer, schulterlanges Haar, ein unsicheres, jedoch einnehmendes Lachen. Dieses Ego-Dokument ist kein Schuldeingeständnis, sondern ein leidenschaftlicher Aufruf, die Waffen nicht niederzulegen: »Lasst euch durch die zuckersüßen Worte des Feindes nicht verführen.«
Bereits in seinem Vorwort fleht Abé, nicht missverstanden zu werden: »Verurteilt mich nicht, bevor ihr meine Geschichte kennt. Die Kräfte, die mein Leben zu dem gemacht haben, was es jetzt ist, sind dieselben Kräfte, die das Leben meines Volkes ge- und verformt haben.«
»Wir haben gehandelt, weil unsere Feinde uns in die Enge getrieben und die Rechte des molukkischen Volks mit Füßen getreten hatten. Wir haben die Waffen zur Hand genommen, um der Welt zu zeigen, dass das molukkische Volk tatsächlich existiert und lebt.«
»Diese Art zu kämpfen ist sehr schwer. Es wird dir viel abverlangt und viel von dir erwartet, aber es bietet auch die Gelegenheit, zu Freiheitskämpfern unseres geliebten Vaterlandes zu werden und den höchsten Grad der Menschlichkeit zu erreichen.«
Im Gefängnis hatte Abé auch angefangen zu dichten.
Migranten
Der große weiße Vater: »Ich weiß, was gut für dich ist.«
Der Revolutionär: »Wir müssen die Welt verändern.«
Der Weltbürger: »Negation der Unterschiede.«
Der Inkompetente: »Sie sind so anders.«
Das Ultimatum, das Abé und seine Nachbarjungen der schwangeren Frau und dem Kind mitgeben, ist mit dem Schlachtruf Mena Muria unterzeichnet: Einer für alle, alle für einen.
Eine halbe Stunde später liegt der Drohbrief auf dem Schreibtisch des Bürgermeisters von Beilen. Der Jurist Beckeringh van Rijn lässt den Text auf sich wirken. Fräulein Schilthuis, Kommissarin der Königin in der Provinz Drente und ebenfalls Juristin, ist von Assen aus unterwegs nach Beilen. In ihrer Handtasche hat sie das Strafgesetzbuch. Die Uhr auf dem Kamin tickt. Bis spätesten 12.45 Uhr wollen die Entführer eine Rückmeldung haben.
Beckeringh van Rijn setzt schon mal eine Antwort auf.
Inzwischen habe ich mit dem Reisebüro Raterink Kontakt aufgenommen, um den von Ihnen verlangten Bus bereitzustellen.
Ein 27-jähriger Polizeiwachtmeister fährt mit dem halb beschriebenen DIN-A4-Blatt zum nahegelegenen Übergang. Gekleidet in eine Trainingshose und ein T-Shirt der örtlichen Molkerei geht er zu Fuß zum Zug.
Hinter dem Horizont, in Den Haag, versammeln sich die Hüter von Recht und Ordnung. Ein nationaler Krisenstab mit Justizminister van Agt an der Spitze setzt alles daran, um die Ambitionen der Entführer zu vereiteln und Leben zu retten. In dieser Reihenfolge.
Wie eine nach vorn geschobene Spielfigur taucht in Beilen noch ein unsichtbarer Gegenspieler der Entführer auf. Es ist Henk Havinga, Unterhändler im Namen des Staates. Psychiater von Beruf, ein Arzt im Rang eines Obersts des Marinekorps. Sein Auftrag: Zeit schinden.
Havinga selbst hat große Eile. In dem Moment, in dem er das Rathaus in Beilen betritt, hat der Wachtmeister gerade die Nachricht des Bürgermeisters beim Zug abgeliefert. Es ist 12.30 Uhr.
Das, woran ich mich bei der Zugentführung von Wijster noch erinnern kann, ist unzusammenhängend und diffus. Ich sehe einen Mann vor mir, der vornüber, den Kopf gesenkt, aus den geöffneten Türen eines »Hundekopf«-Zuges fällt – hinter ihm die Schemen zweier Molukker (»Ambonesen«, wie wir sagten), die ihm in den Rücken geschossen hatten. Am 5. Dezember 1975 stand dieses körnige, aus großer Entfernung aufgenommene Foto auf der Titelseite des Telegraaf. Doch den lasen wir nicht, meine Eltern hatten das Algemeen Dagblad. Und auch wenn sie eine Ausgabe des Telegraaf gekauft hätten – sie hätten die Titelseite vor meiner Schwester und mir versteckt. Ich muss in jener Woche mit meinen Gedanken beim Sinterklaas-Fest gewesen sein, dennoch meine ich, seinerzeit noch zwei andere Bilder gespeichert zu haben:
–Die langsame Fahrt der Fernsehkamera durch eine baumlose Winterlandschaft Richtung Horizont, bis plötzlich der Zug sichtbar wird. Der einzige Akzent zwischen dem Grau des Himmels und der Erde: die Masten der Oberleitung, die wie Riesenheftklammern in regelmäßigen Abständen auf dem Bahndamm stehen.
–Eine Luftaufnahme, die den Lokführer zeigt, der neben dem Zug auf dem Boden im Kies liegt. Man sieht eigentlich nur die Umrisse seines Körpers, wie die Kreidelinien, die in einem Krimi um den Körper eines Erschossenen, der auf der Straße liegt, gezogen werden. Doch in so einer Fernsehserie ist die Leiche bereits abtransportiert worden, hier liegt sie noch da, weil die Polizei nicht an sie herankann.
Ich habe lange geglaubt, dass Fotos Gedächtnisstützen wären, doch so funktioniert es nicht. Fotos nehmen den Platz von Erinnerungen ein. Man klebt sie unbewusst über eine Erinnerung, so dass das, was man selbst erlebt hat, höchstens durchschimmert. Die Diavorführung in meinem Kopf wird zweifellos um spätere Projektionen ergänzt worden sein.
Was wusste ich als Elfjähriger über Ambon? Eigentlich nur, dass mein Vater nicht mit der Armee in die damalige Kolonie Niederländisch-Ostindien, das heutige Indonesien, gemusst hatte. Wollte ich mit seinem Seesack von der Marine spielen – in dem sich ein Hemd, eine Matrosenmütze und eine Hängematte befanden –, bekam ich immer wieder zu hören, dass viele Wehrpflichtige seines Jahrgangs im Sommer des Jahres 1948 eingeschifft worden waren, um auf der anderen Seite der Erdkugel zu kämpfen. »… Sumatra, Java, Bali, Lombok, Sumba, Sumbawa, Flores, Timor, Buru, Seram, Ambon …« Bei jeder passenden und häufiger noch unpassenden Gelegenheit leierte er diese Reihe herunter.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite bewahrte Herr Top auf seinem Dachboden einen ebensolchen Seesack mit Reservistenausrüstung auf. Der Unterschied war, dass Hans’ Vater seine Soldatenuniform bereits vier Jahre lang in Niederländisch-Ostindien getragen hatte. Vielleicht befanden sich ja Blutflecken darauf. Hans und ich spannten die Armeehängematten unserer Väter zwischen den Bäumen beim Bolzplatz am Hochhaus auf. Wir legten uns hinein und schwiegen.
Vierzig Jahre sind seither vergangen, als ich bei Dr. Havinga auf die Klingel drücke. Psychiater Havinga gilt als Pionier im Kampf gegen Terrorismus. Er ist ein Vorkämpfer an der Front der Verhandlungen mit Geiselnehmern, ein Mann der Praxis mit jahrzehntelanger Berufserfahrung. Von ihm möchte ich wissen, ob sich eine freie, zivilisierte Gesellschaft mit zivilisierten Mitteln verteidigen lässt. Und wenn ja, wie.
Havinga ist 91 Jahre alt und wohnt in einem nicht mehr besonders neuen Neubauviertel im Backsteindschungel einer Pendlerstadt. Ich sei willkommen, hatte er gesagt, unter der Bedingung, dass ich seine Adresse nicht preisgebe.
Der Psychiater im Ruhestand lebt mit einem in Hundejahren gleichaltrigen Labrador zusammen. Zweimal am Tag führen sie einander aus, an der Leine und am Rollator.
»Ich bin für die Molukker, wissen Sie«, sagt er. Ich habe meine Jacke ausgezogen, wir haben uns an den Esstisch gesetzt, jeder auf eine Seite.
Ich wage einen Gegenzug: »Haben Sie in Niederländisch-Ostindien gedient?«
»Nein, aber das war haarscharf. 1947, als all die Jungs eingeschifft wurden, um sich an den sogenannten ›Polizeiaktionen‹ zu beteiligen, habe ich bei der Musterungsstelle der Marine gearbeitet. Meine Aufgabe war es, Rekruten mit Heimwehneigungen herauszufischen, bevor sie im Golf von Aden den ganzen Laden mit ihrem Geflenne aufmischten.«
»So, wie die Molukker in den Niederlanden unter Heimweh leiden?«
»Nein, das waren allesamt tüchtige Kerle. Unteroffiziere sind das Rückgrat einer jeden Armee.«
Die Kolonialarmee, in der die Molukker gedient hatten, gab es nicht mehr, sie war aufgelöst worden, nachdem Indonesien im Dezember 1949 unabhängig geworden war.
»Wir haben sie in die Niederlande geholt und sie ihrem Schicksal überlassen.«
»Wie hätte man es denn anders machen müssen?«
»Sie hätten bei ihrer Ankunft in Rotterdam eine Medaille bekommen sollen.«
»Aber sie sind entlassen worden.«
»Entehrt! Wir haben sie auf eine beschämende Weise ausrangiert und in Baracken gesperrt. Wissen Sie, mit welchem Argument?«
»Zu teuer?«
»Zu kalt!« Havinga legt die Fingerspitzen an seine Schläfen und lässt sie dort wieder abspringen. »Sie waren eine Elitetruppe, gut trainiert, diszipliniert, oranjetreu. Die Engländer haben die Ghurkas als Elitesoldaten aufgenommen – das hätten wir auch tun sollen. Aber wir haben gesagt: Ihr haltet unser Klima nicht aus!«
Es folgt ein Vortrag über den Krieg auf Aceh gegen die Moslems aus dem Norden Sumatras.
Wenn ich Tee oder Kaffee wolle, sagt mein Gastgeber, müsse ich mich selbst bedienen. Seine Aushilfe sei heute Morgen nicht gekommen. Einfach so. Ohne abzusagen.
Ich frage, was er trinken möchte, und setze Teewasser auf.
Havinga erzählt, dass er zwar Oberst a. D. sei, aber noch immer seinen Waffenschein habe. Er sei Mitglied des Schießvereins – sogar, als seine Hände bereits zu zittern begonnen hätten, habe er noch gern am Pistolenschießen teilgenommen. Mit Ohrenschützern auf seinen dünnen, weißen Haaren.
Während ich mit der Zuckerdose und den Teelöffeln beschäftigt bin, frage ich, wie er Unterhändler bei Geiselnahmen geworden sei.
»Im Justizministerium herrschte die Idee vor, dass Psychiater gut reden können. Ein gewaltiger Irrtum!«
Ich erhalte Anweisungen zum Teeservice. Die Ziertassen mit den Bildnissen des Königspaars Willem-Alexander und Máxima lasse ich stehen.
»Unser Fach ist: zuhören.«
Havinga sagt, dass er der BBE angehört habe, der Bijzondere Bijstands Eenheid, einer Sondereinheit der Marine, die 1972 als Reaktion auf den um sich greifenden Terrorismus in Westeuropa ins Leben gerufen worden war. Es hatte Bedarf an einer Antiterrorbrigade gegeben, die sich im Personennahkampf auszeichnete. Als Nervenarzt war Havina für ihre Auswahl und geistige Widerstandsfähigkeit zuständig.
Zum Zeitpunkt, als er von der Entführung hörte, war er gerade auf einem Arbeitsbesuch bei der Luftwaffe. Der Personalchef flüsterte ihm die Nachricht zu. »Ich habe gesagt: ›Meine Herren, ich gehe.‹ Ich habe meinen Geiselkoffer von zu Hause abgeholt und bin dorthin gefahren.«
»Geiselkoffer?«
»Den hatte meine Frau bereitgestellt. Einfach ein kleiner Koffer mit sauberer Wäsche, nichts Besonderes.«
Als Soldat in Uniform meldete er sich beim Rathaus in Beilen, in dem der Ratssaal zum Krisenzentrum umgebaut worden war. Der Bürgermeister hatte an jedem Platz Stift und Papier bereitgelegt sowie ein Päckchen Traubenzucker, doch Psychiater Havinga durfte sich nicht dazusetzen.
»Die Sache war an dem Morgen schon ordentlich aus dem Ruder gelaufen.«
»Der Lokführer war tot.«
»Ja, das auch. Aber das eigentliche Problem war, dass der Bürgermeister einen Bus zugesagt hatte.«
»Er hatte Angst, dass es noch mehr Tote geben würde.«
Havinga führt die Lippen an die Tasse. Er bläst in den dampfenden Tee. »Wenn man einen Bus verspricht, wollen sie da auch rein.«
Dann sagt er – mit einem Pathos, als wolle er die Zeit zurückspulen: »Und nun stellen Sie sich vor, dass das genau das Szenario ist, das man verzweifelt vermeiden will.«
»Warum?«
»Warum? Sie sehen sich da schon sitzen! Mit der ganzen Mannschaft auf dem Weg nach Schiphol.«
Wenn man Terrorismus bekämpfen will, muss man sich in den Terroristen hineinversetzen. Damit fängt es an. Havinga wollte den Bus so schnell wie möglich wieder weg haben: raus auch aus den Köpfen der Entführer. Doch er durfte den Ratssaal nicht betreten. Der Raum mit der imposanten Vertäfelung war den »heiligen Fünf« – dem Bürgermeister, dem Generalstaatsanwalt, der Kommissarin der Königin, dem Polizeihauptkommissar und dem Regierungsvertreter für Terrorismusbekämpfung – vorbehalten. Diese Fünf trafen die Entscheidungen vor Ort. Als Berater erhielt Havinga einen Platz im Vorzimmer.
»Sagen wir ruhig: im Wartezimmer.« Von diesem Vorraum aus sah er, wie alles schiefging.
Um 13.00 Uhr schieben die Entführer die Leiche des Lokführers Braam hinaus. Die Fünf im Ratssaal brüten noch über eine angemessene Reaktion, als sich um 13.47 Uhr die Zugtüren erneut öffnen. Auf dem Rand über dem Trittbrett steht ein bebrillter Mann in einem dunklen Anzug mit weißem Hemd und Krawatte. Er lässt sein Kinn auf die Brust sinken und faltet die Hände. Seine beiden Bewacher stellen ihr Gewehr beiseite und beten mit ihm. Nach dem »Amen« stoßen sie ihn hinaus. Es ertönen drei Schüsse, kurz hintereinander. Das Opfer rollt von der Böschung in einen Graben.
Zur selben Stunde erscheinen im Rathaus von Beilen zwei molukkische Männer, die sich als Vermittler anbieten. Es sind drahtige Typen vom KPK (Korps Pendjagaan Keamanan), dem molukkischen Ordnungsdienst, der die eigenen Jugendlichen bei Protestmärschen unter Kontrolle zu halten pflegt. Während ihr Angebot hinter verschlossenen Türen beraten wird, nehmen die Herren im Wartezimmer bei Psychiater Havinga Platz.
Draußen auf dem Feld sehen die Schützen in der Scheune von Bauer Anton Verschelling im selben Moment, dass sich etwas neben dem Zug bewegt. Das Gehöft ist als Befehlszentrale »Posten Anton« in Betrieb genommen worden, mit einer separaten Ecke am Scheunenfenster für das zu installierende Telefon. In der Ferne rennt ein Mann im Anzug über die Dreckklumpen. Außer Atem erreicht er den Hof. Rob de Groot ist sein Name. Projektentwickler. Er hat seine Exekution überlebt. Lediglich sein rechtes Brillenglas ist kaputt. Ein Fotograf hält die letzten Meter seiner Flucht fest: Sein Kinn ist selbstbewusst vorgereckt, die Krawatte schwingt zur Seite. Bildunterschrift: »Herr de Groot rennt um sein Leben. 2. Dezember 1975.«
In Abstimmung mit Den Haag fällt die Entscheidung, die beiden molukkischen Ordnungskräfte zum Zug zu schicken. Das Duo hat gerade erst unter Polizeibegleitung Beilen verlassen, als die Zugtüren in der baumlosen Ebene bei Wijster zum dritten Mal aufgehen. Es ist 15.02 Uhr.
Durch ihre Schwanenhalsfernrohre sehen die Männer des Postens Anton, dass das nächste Opfer geknebelt ist. Die Hände sind auf dem Rücken gefesselt. Dem jungen Mann fällt eine schwarze Haarlocke schräg über die Stirn. Leo Bulter heißt er, 22 Jahre alt, ein Wehrpflichtiger, der gerade seine Freundin in Assen besucht hat. Auch auf ihn wird geschossen. Dann wirft man ihn aus dem Zug und schließt die Türen. Leo Bulter, vornüber im Kies, bewegt sich jedoch noch. Er versucht, davonzukommen.
Um 15.07 Uhr springen zwei Entführer aus dem Zug – unter ihnen Abé Sahetapy. Sie umkreisen den Körper des sterbenden Soldaten und feuern auf ihn aus zwei Armlängen Entfernung. Bevor sie wieder in den Zug steigen, setzt einer der beiden den Lauf seiner Waffe an Bulters Schläfe und drückt ab.
Eine Viertelstunde später, um 15.20 Uhr, treffen die Mitglieder des molukkischen Ordnungsdienstes am Kopf des Zuges ein.
»Es wird nicht verhandelt«, ist das Erste, was sie zu hören bekommen. »Ein Bus soll kommen.« Sowie ein Ersatzlokführer, um den Zug an den Übergang zu fahren. Außerdem verlangen sie zwei Radios.
Havinga hatte die Chance genutzt, die molukkischen Vermittler zu instruieren: Betont, dass ihr nicht geschickt worden seid. Als Landsleute besaßen sie noch ein wenig Autorität, im Gegensatz zum niederländischen Staat – der hatte, historisch gesehen, versagt, da gab es keinen Kredit, nur Schuld.
Noch bevor die Dunkelheit einsetzt, sehen die Entführer den dünngekleideten Wachtmeister erneut auftauchen. Er ruft: »Brauchen Sie Kommunikationstechnik?«
Ohne zu antworten zwingen ihn die Geiselnehmer, über die Leichen des Lokführers und des Soldaten hinwegzusteigen. Dann hieven sie ihn ins Innere. Er soll sich hinsetzen, die Entführer stellen sich um ihn herum. »Wir wollen einen Bus, verdammt noch mal!« Der Kurier des Feindes bekommt einen Stoß mit dem Gewehrkolben, und noch einen. »Verstanden?«
Um den Wachtmeister nicht noch einmal der Willkür der Entführer auszusetzen, schallt abends um kurz nach sieben eine metallene Megafonstimme über die Felder. »Dies ist eine Nachricht des Bürgermeisters von Beilen.« Die verlangten Radios stehen auf den Schienen bereit. Es ist ein Sühneopfer. Doch die Entführer vermuten eine Falle, sie verlassen in dieser Nacht den Zug nicht mehr.