Hermann Gessler, Reichsvogt in Schwyz
und Uri
Werner, Freiherr von Attinghausen, Bannerherr
Ulrich von Rudenz, sein Neffe
Landleute aus Schwyz:
Werner Stauffacher
Konrad Hunn
Itel Reding
Hans auf der Mauer
Jörg im Hofe
Ulrich der Schmied
Jost von Weiler
aus Uri:
Walther Fürst
Wilhelm Tell
Rösselmann, der Pfarrer
Petermann, der Sigrist
Kuoni, der Hirte
Werni, der Jäger
Ruodi, der Fischer
aus Unterwalden:
Arnold vom Melchtal
Konrad Baumgarten
Meier von Sarnen
Struth von Winkelried
Klaus von der Flüe
Burkhardt am Bühel
Arnold von Sewa
Pfeifer von Luzern
Kunz von Gersau
Jenni, Fischerknabe
Seppi, Hirtenknabe
Gertrud, Stauffachers Gattin
Hedwig, Tells Gattin, Fürsts Tochter
Berta von Bruneck, eine reiche Erbin
Bäuerinnen:
Armgard
Mechthild
Elsbeth
Hildegard
Tells Knaben:
Walther
Wilhelm
Söldner:
Friesshardt
Leuthold
Rudolf der Harras, Gesslers
Stallmeister
Johannes Parricida, Herzog von Schwaben
Stüssi, der Flurschütz
Der Stier von Uri
Ein Reichsbote
Fronvogt
Meister Steinmetz, Gesellen und Handlanger
Öffentliche Ausrufer
Barmherzige Brüder
Gesslerische und Landenbergische Reiter
Viele Landleute, Männer und Weiber aus den Waldstätten
Hohes Felsenufer des Vierwaldstättersees, Schwyz gegenüber.
Der See macht eine Bucht ins Land, eine Hütte ist unweit dem Ufer, Fischerknabe fährt sich in einem Kahn. Über den See hinweg sieht man die grünen Matten, Dörfer und Höfe von Schwyz im hellen Sonnenschein liegen. Zur Linken des Zuschauers zeigen sich die Spitzen des Haken, mit Wolken umgeben; zur Rechten im fernen Hintergrund sieht man die Eisgebirge. Noch ehe der Vorhang aufgeht, hört man den Kuhreihen und das harmonische Geläut der Herdenglocken, welches sich auch bei eröffneter Szene noch eine Zeitlang fortsetzt.
Fischerknabe singt im Kahn: Melodie des
Kuhreihens
Es lächelt der See, er ladet zum Bade,
Der Knabe schlief ein am grünen
Gestade,
Da hört er ein Klingen,
Wie Flöten so süss,
Wie Stimmen der Engel
Im Paradies.
Und wie er erwachet in seliger Lust,
Da spülen die Wasser ihn um die Brust,
Und es ruft aus den
Tiefen:
Lieb Knabe, bist mein!
Ich locke den Schäfer,
Ich zieh ihn herein.
Hirte auf dem Berge: Variation des
Kuhreihens
Ihr Matten lebt wohl,
Ihr sonnigen Weiden!
Der Senn muss scheiden,
Der Sommer ist hin.
Wir fahren zu Berg, wir kommen wieder,
Wenn der Kuckuck ruft, wenn erwachen die
Lieder,
Wenn mit Blumen die Erde sich kleidet
neu,
Wenn die Brünnlein fliessen im lieblichen
Mai
Ihr Matten lebt wohl,
Ihr sonnigen Weiden!
Der Senne muss scheiden,
Der Sommer ist hin.
Alpenjäger erscheint gegenüber auf der
Höhe des Felsen: Zweite Variation
Es donnern die Höhen, es zittert der
Steg,
Nicht grauet dem Schützen auf schwindlichtem
Weg,
Er schreitet verwegen
Auf Feldern von Eis,
Da pranget kein Frühling,
Da grünet kein Reis;
Und unter den Füssen ein neblichtes
Meer,
Erkennt er die Städte der Menschen nicht
mehr,
Durch den Riss nur der
Wolken
Erblickt er die Welt,
Tief unter den Wassern
Das grünende Feld.
Die Landschaft verändert sich, man hört ein dumpfes Krachen von den Bergen, Schatten von Wolken laufen über die Gegend.
Ruodi der Fischer kommt aus der Hütte, Werni der Jäger steigt vom Felsen, Kuoni der Hirte kommt, mit dem Melknapf auf der Schulter. Seppi, sein Handbube, folgt ihm.
Ruodi:
Mach hurtig Jenni. Zieh die Naue ein.
Der graue Talvogt kommt, dumpf brüllt der
Firn,
Der Mythenstein zieht seine Haube an,
Und kalt her bläst es aus dem
Wetterloch,
Der Sturm, ich mein, wird dasein, eh wir's
denken.
Kuoni:
's kommt Regen, Fährmann. Meine Schafe
fressen
Mit Begierde Gras, und Wächter scharrt die
Erde.
Werni:
Die Fische springen, und das Wasserhuhn
Taucht unter. Ein Gewitter ist im Anzug.
Kuoni zum Buben:
Lug Seppi, ob das Vieh sich nicht verlaufen.
Seppi:
Die braune Liesel kenn ich am Geläut.
Kuoni:
So fehlt uns keine mehr, die geht am
weitsten.
Ruodi:
Ihr habt ein schön Geläute, Meister Hirt.
Werni:
Und schmuckes Vieh – Ist's Euer eigenes,
Landsmann?
Kuoni:
Bin nit so reich – 's ist meines gnädigen
Herrn,
Des Attinghäusers, und mir zugezählt.
Ruodi:
Wie schön der Kuh das Band zu Halse steht!
Kuoni:
Das weiss sie auch, dass sie den Reihen
führt,
Und nähm ich ihr's, sie hörte auf zu fressen.
Ruodi:
Ihr seid nicht klug! Ein unvernünft'ges Vieh
–
Werni:
Ist bald gesagt. Das Tier hat auch
Vernunft,
Das wissen wir, die wir die Gemsen
jagen,
Die stellen klug, wo sie zur Weide
gehn,
'ne Vorhut aus, die spitzt das Ohr und
warnet
Mit heller Pfeife, wenn der Jäger naht.
Ruodi zum Hirten:
Treibt Ihr jetzt heim?
Kuoni:
Die Alp ist abgeweidet.
Werni:
Glücksel'ge Heimkehr, Senn!
Kuoni:
Die wünsch ich Euch,
Von Eurer Fahrt kehrt sich's nicht immer
wieder.
Ruodi:
Dort kommt ein Mann in voller Hast gelaufen.
Werni:
Ich kenn ihn, 's ist der Baumgart von
Alzellen.
Baumgarten:
Um Gottes willen, Fährmann, Euren Kahn!
Ruodi:
Nun, nun, was gibt's so eilig?
Baumgarten:
Bindet los!
Ihr rettet mich vom Tode! Setzt mich über!
Kuoni:
Landsmann, was hat Ihr?
Werni:
Wer verfolgt Euch denn?
Baumgarten zum Fischer:
Eilt, eilt, sie sind mir dicht schon an den
Fersen!
De Landvogts Reiter kommen hinter mir,
Ich bin ein Mann des Tods, wenn sie mich
greifen.
Ruodi:
Warum verfolgen Euch die Reisigen?
Baumgarten:
Erst rettet mich, und dann steh ich Euch
Rede.
Werni:
Ihr seid mit Blut befleckt, was hat's
gegeben?
Baumgarten:
Des Kaisers Burgvogt, der auf dem Rossberg sass
–
Kuoni:
Der Wolfenschiessen! Lässt Euch der
verfolgen?
Baumgarten:
Der schadet nicht mehr, ich hab ihn
erschlagen.
Alle fahren zurück:
Gott sei Euch gnädig! Was habt Ihr getan?
Baumgarten:
Was jeder freie Mann an meinem Platz!
Mein gutes Hausrecht hab ich ausgeübt
Am Schänder meiner Ehr und meines Weibes.
Kuoni:
Hat Euch der Burgvogt an der Ehr geschädigt?
Baumgarten:
Dass er sein bös Gelüsten nicht
vollbracht,
Hat Gott und meine gute Axt verhütet.
Werni:
Ihr habt ihm mit der Axt den Kopf zerspalten?
Kuoni:
O lasst uns alles hören. Ihr habt Zeit,
Bis er den Kahn vom Ufer losgebunden.
Baumgarten:
Ich hatte Holz gefällt im Wald, da
kommt
Mein Weib gelaufen in der Angst des
Todes.
»Der Burgvogt liegt in meinem Haus, er
hab
Ihr anbefohlen, ihm ein Bad zu rüsten.«
Drauf hab er Ungebührliches von ihr
Verlangt, sie sei entsprungen, mich zu
suchen.
Da lief ich frisch hinzu, so wie ich
war,
Und mit der Axt hab ich ihm 's Bad gesegnet.
Werni:
Ihr tatet wohl, kein Mensch kann Euch drum
schelten.
Kuoni:
Der Wüterich! Der hat nun seinen Lohn!
Hat's lang verdient ums Volk von Unterwalden.
Baumgarten:
Die Tat ward ruchbar, mir wird nachgesetzt
–
Indem wir sprechen – Gott – verrinnt die Zeit
–
Kuoni:
Frisch Fährmann – Schaff den Biedermann
hinüber.
Ruodi:
Geht nicht. Ein schweres Ungewitter ist
Im Anzug. Ihr müsst warten.
Baumgarten:
Heil'ger Gott!
Ich kann nicht warten. Jeder Aufschub tötet –
Kuoni zum Fischer:
Greif an mit Gott, dem Nächsten muss man
helfen,
Es kann uns allen Gleiches ja begegnen.
Ruodi:
Der Föhn ist los, ihr seht wie hoch der See
geht,
Ich kann nicht steuern gegen Sturm und
Wellen.
Baumgarten umfasst seine Knie:
So helf Euch Gott, wie Ihr Euch mein erbarmet
–
Werni:
Es geht ums Leben, sei barmherzig, Fährmann.
Kuoni:
s'ist ein Hausvater, und hat Weib und Kinder!
Ruodi:
Was? Ich hab auch ein Leben zu
verlieren,
Hab Weib und Kind daheim, wie er – Seht
hin
Wie's brandet, wie es wogt und Wirbel
zieht,
Und alle Wasser aufrührt in der Tiefe.
– Ich wollte gern den Biedermann
erretten,
Doch es ist rein unmöglich, ihr seht selbst.
Baumgarten noch auf den Knien:
So muss ich fallen in des Feindes Hand,
Das nahe Rettungsufer im Gesichte!
– Dort liegt's! Ich kann's erreichen mit den
Augen
Hinüberdringen kann der Stimme Schall,
Da ist der Kahn, der mich hinübertrüge,
Und muss hier liegen, hülflos, und verzagen!
Kuoni:
Seht wer da kommt!
Werni:
Es ist der Tell aus Bürglen!
Tell:
Wer ist der Mann, der hier um Hülfe fleht?
Kuoni:
's ist ein Alzeller Mann, er hat sein
Ehr
Verteidigt, und den Wolfenschiess
erschlagen,
Des Königs Burgvogt, der auf Rossberg sass
–
Des Landvogts Reiter sind ihm auf den
Fersen.
Er fleht den Schiffer um die
Ueberfahrt,
Der fürcht't sich vor dem Sturm und will nicht
fahren.
Ruodi:
Da ist der Tell, er führt das Ruder
auch,
Der soll mir's zeugen, ob die Fahrt zu wagen.
Tell:
Wo's not tut, Fährmann, lässt sich alles
wagen.
Ruodi:
Ich soll mich in den Höllenrachen
stürzen?
Das täte keiner, der bei Sinnen ist.
Tell:
Der brave Mann denkt an sich selbst
zuletzt,
Vertrau' auf Gott und rette den Bedrängten.
Ruodi:
Vom sicheren Port lässt sich's gemächlich
raten,
Da ist der Kahn und dort der See! Versucht's!
Tell:
Der See kann sich, der Landvogt nicht
erbarmen,
Versuch es Fährmann!
Hirten und Jäger:
Rett ihn! Rett ihn! Rett ihn!
Ruodi:
Und wär's mein Bruder und mein leiblich
Kind,
Es kann nicht sein, s'ist heut Simons und
Judä,
Da rast der See und will sein Opfer haben.
Tell:
Mit eitler Rede wird hier nichts
geschafft,
Die Stunde dringt, dem Mann muss Hülfe
werden.
Sprich, Fährmann, willst du fahren?
Ruodi:
Nein, nicht ich!
Tell:
In Gottes Namen denn! Gib her den Kahn,
Ich will's mit meiner schwachen Kraft
versuchen.
Kuoni:
Ha, wackrer Tell!
Werni:
Das gleicht dem Waidgesellen!
Baumgarten:
Mein Retter seid Ihr und mein Engel, Tell!
Tell:
Wohl aus des Vogts Gewalt errett ich
Euch,
Aus Sturmesnöten muss ein andrer
helfen.
Doch besser ist's, Ihr fallt in Gottes
Hand,
Als in der Menschen! Zu dem Hirten: Landsmann,
tröstet Ihr
Mein Weib, wenn mir was Menschliches
begegnet,
Ich hab getan, was ich nicht lassen konnte.
Kuoni zum Fischer:
Ihr seid ein Meister Steuermann. Was
sich
Der Tell getraut, das konntet Ihr nicht
wagen?
Ruodi:
Wohl bessre Männer tun's dem Tell nicht
nach,
Es gibt nicht zwei, wie der ist, im Gebirge.
Werni ist auf den Fels gestiegen:
Er stösst schon ab. Gott helf dir, braver
Schwimmer!
Sieh, wie das Schifflein auf den Wellen
schwankt!
Kuoni am Ufer:
Die Flut geht drüber weg – Ich seh's nicht
mehr.
Doch halt, da ist es wieder!
Kräftiglich
Arbeitet sich der Wackre durch die Brandung.
Seppi:
Des Landvogts Reiter kommen angesprengt.
Kuoni:
Weiss Gott, sie sind's! das war Hülf in der
Not.
Erster Reiter:
Den Mörder gebt heraus, den ihr verborgen.
Zweiter:
Des Wegs kam er, umsonst verhehlt ihr ihn.
Kuoni und Ruodi:
Wen meint ihr, Reiter?
Erster Reiter entdeckt den Nachen:
Ha, was seh ich! Teufel!
Werni oben:
Ist's der im Nachen, den ihr sucht? – Reit
zu!
Wen ihr frisch beilegt, holt ihr ihn noch
ein.
Zweiter:
Verwünscht! Er ist entwischt.
Erster zum Hirten und Fischer:
Ihr habt ihm fortgeholfen,
Ihr sollt uns büssen – Fallt in ihre
Herde!
Die Hütte reisset ein, brennt und schlagt
nieder!
Seppi stürzt nach:
O meine Lämmer!
Kuoni folgt:
Weh mir! Meine Herde!
Ruodi ringt die Hände:
Gerechtigkeit des Himmels,
Wann wird der Retter kommen diesem Lande? Folgt
ihnen.
Zu Steinen in Schwyz. Eine Linde vor des Stauffachers Hause an der Landstrasse, nächst der Brücke.
Werner Stauffacher, Pfeiffer von Luzern kommen im Gespräch.
Pfeiffer:
Ja, ja Herr Stauffacher, wie ich Euch
sagte.
Schwör nicht zu Östreich, wenn Ihr's könnt
vermeiden.
Haltet fest am Reich und wacker wie
bisher,
Gott schirme Euch bei Eurer alten Freiheit!
Stauffacher:
Bleibt doch, bis meine Wirtin kommt – Ihr
seid
Mein Gast zu Schwyz, ich in Luzern der Eure.
Pfeiffer:
Viel Dank! Muss heute Gersau noch
erreichen.
– Was ihr auch Schweres mögt zu leiden
haben
Von eurer Vögte Geiz und Übermut,
Tragt's in Geduld! Es kann sich ändern,
schnell,
Ein andrer Kaiser kann ans Reich
gelangen.
Seid Ihr erst Österreichs, seid ihr's auf
immer.
Er geht ab. Stauffacher setzt sich kummervoll auf eine Bank unter der Linde. So findet ihn Gertrud, seine Frau, die sich neben ihn stellt, und ihn eine Zeitlang schweigend betrachtet.
Gertrud:
So ernst, mein Freund? Ich kenne dich nicht
mehr.
Schon viele Tage seh ich's schweigend
an,
Wie finstrer Trübsinn deine Stirne
furcht.
Auf deinem Herzen drückt ein still
Gebresten,
Vertrau es mir, ich bin dein treues
Weib,
Und meine Hälfte fordr ich deines Grams.
Was kann dein Herz beklemmen, sag es
mir.
Gesegnet ist dein Fleiss, dein Glücksstand blüht,
Voll sind die Scheunen, und der Rinder Scharen,
Der glatten Pferde wohlgenährte Zucht
Ist von den Bergen glücklich heimgebracht
Zur Winterung in den bequemen Ställen.
– Da steht dein Haus, reich, wie ein Edelsitz
von schönem Stammholz ist es neu gezimmert
Und nach dem Richtmass ordentlich gefügt
Von vielen Fenstern glänzt es wohnlich, hell,
Mit bunten Wappenschildern ist's bemalt,
Und weisen Sprüchen, die der Wandersmann
Verweilend liest und ihren Sinn bewundert.
Stauffacher:
Wohl steht das Haus gezimmert und
gefügt,
Doch ach – es wankt der Grund, auf den wir
bauten.
Gertrud:
Mein Werner sage, wie verstehst du das?
Stauffacher:
Vor dieser Linde sass ich jüngst wie
heut,
Das schön Vollbrachte freudig
überdenkend,
Da kam daher von Küssnacht, seiner
Burg,
Der Vogt mit seinen Reisigen geritten.
Vor diesem Hause hielt er wundernd an,
Doch ich erhub mich schnell, und
unterwürfig
Wie sich's gebührt, trat ich dem Herrn
entgegen,
Der uns des Kaisers richterliche Macht
Vorstellt im Lande. »Wessen ist dies
Haus?«
Fragt' er bösmeinend, denn er wusst es
wohl.
Doch schnell besonnen ich entgegn ihm
so:
Dies Haus, Herr Vogt, ist meines Herrn des
Kaisers,
Und Eures und mein Lehen – da versetzt
er:
»Ich bin Regent im Land an Kaisers
Statt,
Und will nicht, dass der Bauer Häuser
baue
Auf seine eigne Hand, und also frei
Hinleb, als ob er Herr wär in dem
Lande,
Ich werd mich unterstehn, euch das zu
wehren.«
Dies sagend ritt er trutziglich von
dannen,
Ich aber blieb mit kummervoller Seele,
Das Wort bedenkend, das der Böse sprach.
Gertrud:
Mein lieber Herr und Ehewirt! Magst du
Ein redlich Wort von deinem Weib
vernehmen?
Des edlen Ibergs Tochter rühm ich mich,
Des vielerfahrnen Manns. Wir Schwestern
sassen,
Die Wolle spinnend, in den langen
Nächten,
Wenn bei dem Vater sich des Volkes
Häupter
Versammelten, die Pergamente lasen
Der alten Kaiser, und des Landes Wohl
Bedachten in vernünftigem Gespräch.
Aufmerkend hört ich da manch kluges
Wort,
Was der Verständ'ge denkt, der Gute
wünscht,
Und still im Herzen hab ich mir's
bewahrt.
So höre denn und acht auf meine Rede,
Denn was dich presste, sieh das wusst ich
längst.
– Dir grollt der Landvogt, möcht gern dir
schaden,
Denn du bist ihm ein Hindernis, dass
sich
Der Schwyzer nicht dem neuen
Fürstenhaus
Will unterwerfen, sondern treu und fest
Beim Reich beharren, wie die würdigen
Altvordern es gehalten und getan. –
Ist's nicht so Werner? Sag es, wenn ich lüge!
Stauffacher:
So ist's, das ist des Gesslers Groll auf
mich.
Gertrud:
Er ist dir neidisch, weil du glücklich
wohnst,
Ein freier Mann auf deinem eignen Erb
– Denn er hat keins. Vom Kaiser selbst und
Reich
Trägst du dies Haus zu Lehn, du darfst es
zeigen,
So gut der Reichsfürst seine Länder
zeigt,
Denn über dir erkennst du keinen Herrn
Als nur den Höchsten in der Christenheit
–
Er ist ein jüngrer Sohn nur seines
Hauses,
Nichts nennt er sein als seinen
Rittermantel,
Drum sieht er jedes Biedermannes Glück
Mit scheelen Augen gift'ger Missgunst
an,
Dir hat er längst den Untergang geschworen
–
Noch stehst du unversehrt – Willst du
erwarten,
Bis er die böse Lust an die gebüsst?
Der kluge Mann baut vor.
Stauffacher:
Was ist zu tun?
Gertrud tritt näher:
So höre meinen Rat! Du weisst, wie hier
Zu Schwyz sich alle Redlichen beklagen
Ob dieses Landvogts Geiz und Wüterei.
So zweifle nicht, dass sie dort drüben
auch
In Unterwalden und im Urner Land
Des Dranges müd sind und des harten Jochs
–
Denn wie der Gessler hier, so schafft es
frech
Der Landenberger drüben überm See –
Es kommt kein Fischerkahn zu uns
herüber,
Der nicht ein neues Unheil und Gewalt-
Beginnen von den Vögten uns verkündet.
Drum tät es gut, dass eurer etliche,
Die's redlich meinen, still zu Rate
gingen,
Wie man des Drucks sich möcht
erledigen.
So acht ich wohl, Gott würd euch nicht
verlassen,
Und der gerechten Sache gnädig sein –
Hast du in Uri keinen Gastfreund,
sprich,
Dem du dein Herz magst redlich offenbaren?
Stauffacher:
Der wackern Männer kenn ich viele dort,
Und angesehen grosse Herrenleute,
Die mir geheim sind und gar wohl vertraut.
Frau, welchen Sturm gefährlicher
Gedanken
Weckst du mir in der stillen Brust! Mein Innerstes
Kehrst du ans Licht des Tages mir entgegen,
Und was ich mir zu denken still verbot,
Du sprichst's mit leichter Zunge kecklich aus.
– Hast du auch wohl bedacht, was du mir rätst?
Die wilde Zwietracht und den Klang der Waffen
Rufst du in dieses friedgewohnte Tal –
Wir wagten es, ein schwaches Volk der Hirten,
In Kampf zu gehen mit dem Herrn der Welt?
Der gute Schein nur ist's, worauf sie warten,