Cover

Von Hyperhidrose Betroffene leiden stark unter der Erkrankung. Oft wird übermäßiges Schwitzen nicht als Krankheit erkannt, sondern fälschlicherweise mit mangelnder Hygiene assoziiert, und führt nicht selten zur sozialen Isolation. Auch die Suche nach einem kompetenten Therapeuten und einer geeigneten Behandlungsmethode ist häufig nicht einfach. Neben einer Beschreibung der Anatomie der Schweißdrüsen und des physiologischen Vorgangs des Schwitzens legen die Autoren großen Wert auf die Unterscheidung verschiedener Formen der Hyperhidrose und deren psychosoziale Auswirkungen. Den Kern des Buches bildet die Darstellung aller derzeit verfügbaren Behandlungsmethoden, darunter sowohl konservative Ansätze als auch neueste Operationstechniken. Betroffene, aber auch behandelnde Ärzte erhalten hierdurch einen Überblick über die vielfältigen Ursachen und Therapieansätze. Praktische Tipps zur Kostenübernahme durch Krankenkassen runden den Band ab.

 

PD Dr. Falk G. Bechara, Klinik für Dermatologie und Allergologie, Ruhr-Universität Bochum, Arbeits-/Forschungsschwerpunkt: Hyperhidrose.
Prof. Dr. Johannes Schmidt, Chefarzt der chirurgischen Abteilung, Lutherhaus Essen, Arbeitsschwerpunkt: endoskopisch transthorakale Sympathektomie.
Dr. Klaus Hoffmann, leitender Oberarzt der Klinik für Dermatologie und Allergologie, Arbeitsschwerpunkt: Ästhetische Medizin.
Prof. Dr. Peter Altmeyer, Direktor der Klinik für Dermatologie und Allergologie, Ruhr-Universität Bochum.

Falk G. Bechara, Johannes Schmidt,
Klaus Hoffmann, Peter Altmeyer

Krankhaftes Schwitzen

Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige

 

Verlag W. Kohlhammer

Wichtiger Hinweis: Der Leser darf darauf vertrauen, dass Autor und Verlag mit großer Sorgfalt gearbeitet und den medizinischen Wissensstand bis zur Fertigstellung dieses Buches berücksichtigt haben. Bei Angaben von Mengen muss jeder Leser sorgfältig prüfen oder prüfen lassen, dass die gegebenen Hinweise nicht von den tatsächlichen Empfehlungen abweichen. Es wird deshalb empfohlen, von jeglicher Selbstbehandlung Abstand zu nehmen und immer den Behandler des Vertrauens zu Rate zu ziehen. Jede Dosierung oder Anwendung erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers.

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
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1. Auflage 2009

Alle Rechte vorbehalten
© 2009 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart
Umschlag: Gestaltungskonzept Peter Horlacher
Gesamtherstellung:
W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG, Stuttgart
Printed in Germany

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978-3-17-018848-8

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mobi: 978-3-17-027375-7

Vorwort

»Ich weiß nicht wie ich es sagen soll, es ist mir so peinlich, aber sehen Sie selbst« oder »Sie müssen mir helfen, keiner versteht mich« sind zwei typische Aussagen von Hyperhidrose-Patienten, die sich alltäglich in der Schwitzsprechstunde vorstellen.

Die Sätze zeigen das Problem der Betroffenen auf. Das krankhafte Schwitzen vor allem im Hand-, Fuß- und Achselbereich ist ein Tabuthema in unserer Gesellschaft, was dazu führt, dass die Patienten ihre Erkrankung als peinlich empfinden und sich häufig in der Folge sozial isolieren. Zum anderen zeigt sich, dass viele der Patienten das Gefühl haben, keinen kompetenten therapeutischen Ansprechpartner zu erreichen, der den Krankheitswert des Schwitzens erkennt und eine zufriedenstellende Therapie ermöglicht.

So flüchten sich viele Patienten in eine Art Selbstmedikation, die in den letzten Jahren vor allem durch das Internet ermöglicht wurde und bei der ohne fundierte Kenntnisse oft einfach »alles ausprobiert« wird. Ähnlich sieht es mit der Aufklärung der Patienten aus. Da die Hyperhidrose von vielen Fachkollegen noch immer stiefmütterlich behandelt und der ausgeprägte Krankheitswert verkannt wird, fühlen sich die Betroffenen häufig allein gelassen und informieren sich selbst, was zum Übernehmen von Halbwahrheiten bis hin zur Entwicklung falscher Vorstellungen führt.

Gerade die therapeutischen Möglichkeiten werden vielfach rein aus Gründen der Werbewirksamkeit propagiert, ohne sie dem Patienten genau zu erörtern und individuell an den Hyperhidrotiker anzupassen.

Der vorliegende Patienten-Ratgeber möchte diese Lücke schließen und dem Patienten, seinen Angehörigen und auch behandelnden ärztlichen Kollegen wertvolle und fundierte Informationen über Ursachen und Therapien der Hyperhidrose geben.

Bochum/Essen, im November 2008

Falk G. Bechara, Johannes Schmidt,
Klaus Hoffmann, Peter Altmeyer

Danksagung

Ein besonderer Dank gilt allen Hyperhidrose-Patienten der Bochumer und Essener Schwitzsprechstunde, ohne die das vorliegende Werk nicht zustande gekommen wäre. Wir hoffen, dass der vorliegende Ratgeber allen Betroffenen eine Möglichkeit gibt, sich umfassend zu informieren und Ihre Erkrankung besser zu verstehen.

Dem Kohlhammer Verlag und hier besonders Frau Kühnle und Herrn Bub gilt unser Dank für die gute Zusammenarbeit und für die Möglichkeit, das vorliegende Projekt zu realisieren.

Darüber hinaus möchten wir uns bei den Mitarbeitern der Fotoabteilung des St. Josef Hospitals Bochum, Frau Greifenberg und Herrn Müller, für die gelungenen Bildaufnahmen bedanken.

Letztendlich gilt unser Dank auch Frau Bransch, Frau Reitz und Frau Damahne, die sich unermüdlich der Durchsicht des Manuskriptes gewidmet haben, sowie Herrn Dr. Bader (Abteilung für Psychosomatische Dermatologie, Klinik für Dermatologie und Allergologie, Ruhr-Universität Bochum), der wertvolle Anregungen bei psychologischen und psychotherapeutischen Fragestellungen geben konnte. Herrn Dr. Michael Sand möchten wir für sein außerordentliches Engagement bei wissenschaftlichen Fragestellungen auf dem Gebiet der Hyperhidrose danken.

Bochum/Essen, im November 2008

Falk G. Bechara, Johannes Schmidt, Klaus Hoffmann, Peter Altmeyer

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Danksagung

1 Physiologisches Schwitzen und anatomische Grundlagen

1.1 Bedeutung des Schwitzens

1.2 Zusammensetzung des menschlichen Schweißes

1.3 Anatomie und Funktion der Schweißdrüsen

2 Das vegetative Nervensystem

2.1 Aufbau des vegetativen Nervensystems

2.2 Einfluss des Sympathikus auf den Schwitzvorgang

3 Hyperhidrose: Das krankhafte Schwitzen

3.1 Einteilung der Hyperhidrosen

3.1.1 Die sekundäre (symptomatische) Hyperhidrose

3.1.2 Die primäre fokale Hyperhidrose

3.2 Ursachen der Hyperhidrose

3.3 Klinische Aspekte der fokalen Hyperhidrose

3.4 Nachweisverfahren der fokalen Hyperhidrose

4 Folgeerkrankungen und Begleiterscheinungen der Hyperhidrose

5 Sonderformen des krankhaften Schwitzens

6 Hyperhidrose und Psyche

7 Therapieformen der Hyperhidrose

7.1 Verhaltensmaßnahmen

7.2 Deodorantien

7.3 Antitranspirantien

7.4 Interne Therapien

7.5 Iontophorese

7.6 Botulinumtoxin

7.7 Operationen zur Behandlung der Hyperhidrose

7.7.1 Lokale operative Verfahren

7.7.2 Endoskopisch transthorakale Sympathektomie (ETS)

8 Rechtliche Fragen und Kostenübernahmen

Nützliche Adressen

Glossar

Literaturverzeichnis

1 Physiologisches Schwitzen und anatomische Grundlagen

1.1 Bedeutung des Schwitzens

Warum muss der Mensch eigentlich schwitzen?

Ein Leben ohne Schwitzen ist nicht möglich. Durch die Verdunstung von Schweiß an der Körperoberfläche ist überhaupt erst eine ausreichende Thermoregulation des menschlichen Organismus möglich. Wie stark der Einfluss nicht oder insuffizient funktionierender Schweißdrüsen auf den menschlichen Organismus sein kann, zeigt sich bei Erkrankungen, die mit einer Störung der Schweißsekretion einhergehen.

Ein Beispiel stellt die x-chromosomal vererbte Erkrankung Morbus Fabry dar. Hierbei kommt es zu einer Ablagerung von Glykosphingolipiden im Bereich der Schweißdrüsen. Dies führt bereits im Kindesalter zu einer Reduktion (Hypohidrose) bis hin zu einem kompletten Sistieren (Anhidrose) der Schweißproduktion mit nachfolgender schwerer Hitzeintoleranz und einem Temperaturanstieg bei körperlicher Anstrengung. Dies kann bei Betroffenen zu einem unerträglichen Leidensdruck führen.

Hat Schweiß auch eine biologische Wirkung auf meine Haut?

Ja. So wird über Inhaltsstoffe des Schweißes die Wasserbindungsfähigkeit der Hornschicht stabilisiert. Darüber hinaus kommt es zu einer Spreitung des Hauttalgs, was die Haut »geschmeidig« macht.

Schwitzen wir alle gleich?

Die Schweißbildung unterliegt starken individuellen Schwankungen. Das erklärt, warum manche Menschen mehr und andere weniger schwitzen. Einen Einfluss auf die Schweißmenge hat auch die körperliche Leistungsfähigkeit des Individuums. So ist bekannt, dass durchtrainierte Menschen größere und deutlich leistungsfähigere Schweißdrüsen aufweisen und daher mehr Schweiß abgeben als untrainierte Personen.

[!]

Merke!

Von diesen normalen Schwankungen des natürlichen Schwitzens sind die Formen des krankhaften Schwitzens zu unterscheiden. Diese werden im jeweiligen Kapitel besprochen.

Wie viel schwitzt man durchschnittlich pro Tag?

Als Richtwert gilt, dass bis zu 1,5 Liter Schweiß pro Tag abgegeben werden. Der Verdunstungsvorgang des Schweißes ist vor allem für die Thermoregulation verantwortlich, darüber hinaus wird jedoch auch das Blut in den Hautkapillaren abgekühlt. Der Schwitzvorgang ist ein aktiver Prozess, der dem Körper Energie entzieht.

[!]

Merke!

Die Schweißdrüsen sind sehr leistungsfähig. Im Extremfall können mehrere Liter am Tag abgesondert werden.

Wird mein Körper durch Schwitzen entgiftet?

Obwohl teilweise immer noch von einer möglichen Entgiftung oder Entschlackung durch Schwitzen gesprochen wird, gibt es keine Hinweise, dass der Schwitzvorgang beim Menschen derartige Funktionen besitzt.

Hat der Schweiß eine Bedeutung bei der Immunabwehr?

Bis vor wenigen Jahren galt lediglich die Thermoregulation als Hauptfunktion des Schwitzvorgangs. Seit einigen Jahren ist jedoch bekannt, dass Inhaltsstoffe des Schweißes eine wichtige Funktion in der körpereigenen unspezifischen Immunabwehr übernehmen. Verantwortlich hierfür sind Eiweiße (v. a. Dermcidin) im Schweiß, die auf bestimmte Erreger, wie Bakterien (z. B. Staphylokokken) und auch Pilze (z.B. Candida albicans) wie eine Art Antibiotikum wirken und diese Erreger unschädlich machen können. Derzeit wird viel über diese Eiweiße geforscht, die auch antimikrobielle Peptide genannt werden. Ihre Bedeutung wird dabei erst im Ansatz verstanden und zukünftig möglicherweise zur Entdeckung noch weiterer Funktionen des Schweißes führen.

1.2 Zusammensetzung des menschlichen Schweißes

Was ist eigentlich Schweiß?

Schweiß wird definiert als eine körpereigene Flüssigkeit, die wichtige thermoregulatorische Aufgaben zu erfüllen hat, d. h. den Wärmehaushalt reguliert.

Schweiß: Woraus besteht er genau?

Die Zusammensetzung des Schweißes unterliegt Schwankungen, die von der persönlichen Konstitution, der umgebenden Temperatur und auch der Arbeitsleistung, sowie der Ernährung abhängen. Der pH-Wert des Schweißes liegt zwischen 7,2 und 7,3. Die folgenden Stoffe sind Bestandteile des menschlichen Schweißes:

Hat Schweiß einen speziellen Geruch?

Frischer Schweiß ist zunächst geruchlos. Der Abbau von Bestandteilen des Schweißes (v. a. Fettsäuren) auf der Hautoberfläche kann jedoch in der Folge zu einem Schweißgeruch führen. Der Abbau der Fettsäuren geschieht vor allem durch Bakterien, die natürlicherweise auf der Hautoberfläche vorkommen.

1.3 Anatomie und Funktion der Schweißdrüsen

Was sind Schweißdrüsen?

Die Schweißdrüsen werden zu den Hautanhangsgebilden gezählt, worunter auch Haare, Nägel und Talgdrüsen fallen. Die Drüsen dienen der Absonderung (= Sekretion) von Schweiß und befinden sich in der tiefen Lederhaut (Dermis) sowie an der Grenze zum subkutanen Fettgewebe (Abb. 1).

Gibt es unterschiedliche Schweißdrüsen?

Bis heute hat sich beim Menschen eine Unterteilung der Schweißdrüsen in zwei verschiedene Typen durchgesetzt: die ekkrinen und die apokrinen Schweißdrüsen (Abb. 2).

Wie unterscheiden sich ekkrine und apokrine Schweißdrüsen?

Die beiden Drüsentypen unterscheiden sich sowohl in der Form als auch in der Funktion. Die ekkrine Schweißdrüse ist vor allem verantwortlich für die Wärmeregulation und den Wasserelektrolythaushalt des menschlichen Körpers. Durch die Abgabe von Schweiß kommt es zu einer Verdunstung von Wasser an der Hautoberfläche und somit zu einer Kühlung.

Der zweite Schweißdrüsentyp, die apokrine Schweißdrüse, hat bezüglich des Wärme- und Elektrolythaushaltes beim Menschen keine Bedeutung. Die Funktion der apokrinen Schweißdrüse ist bisher beim Menschen nicht vollständig geklärt. Vermutet wird eine Bedeutung als Duftdrüse. Dies könnte eine Rolle bei der Geruchskommunikation zwischen den Geschlechtern spielen und somit das Sozialverhalten beeinflussen.

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Abbildung 1: Schematische Darstellung der einzelnen Hautschichten. An die Epidermis (Deckepithel) schließen sich zur Tiefe hin die Dermis (Lederhaut) und darunter das subkutane Fettgewebe an. An Hautanhangsgebilden zeigen sich Haarfollikel, Talgdrüsen sowie der Anschnitt einer ekkrinen Schweißdrüse. Im knäuelförmigen Drüsenendstück wird Schweiß produziert und im Anschluss über den Ausführungsgang an die Hautoberfläche abgegeben (Quelle: Altmeyer P, Reich S (2006) Hautkrebs. Ein oft unterschätztes Risiko. Risikofaktoren, Diagnostik, Therapie und Prognose. Stuttgart: Kohlhammer. S. 12).

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Abbildung 2: Histologische Ansicht der menschlichen Haut. Die Hautprobe stammt aus dem Bereich der Achselhöhle. Es zeigen sich die Hautanhangsgebilde wie Talg- und Schweißdrüsen. Deutlich ist der Unterschied zwischen den kleineren ekkrinen (ek) und größeren apokrinen (ap) Schweißdrüsen zu erkennen. Ein Ausführungsgang (Ag) der ekkrinen Drüse zur Hautoberfläche ist angeschnitten.

Wie viele Schweißdrüsen gibt es beim Menschen?

Beim Menschen sind deutlich mehr ekkrine Schweißdrüsen als apokrine Schweißdrüsen vorhanden. Der Mensch besitzt abhängig von der Körperoberfläche zwischen zwei und vier Millionen Schweißdrüsen, deren Anzahl bereits bei der Geburt festgelegt ist, d. h. im Laufe des Lebens können keine neuen Schweißdrüsen gebildet werden.

An welcher Stelle des Körpers liegen die ekkrinen Drüsen?

Die ekkrinen Schweißdrüsen sind fast am gesamten menschlichen Körper zu finden. Eine Außnahme bilden die Innenseiten der Lippen, der äußere Gehörgang sowie die Klitoris und die kleinen Schamlippen.

Wie sind diese ekkrinen Schweißdrüsen genau aufgebaut?

Bei den ekkrinen Schweißdrüsen gibt es zwei Anteile. Zum einen das sekretorische Drüsenendstück, in welchem die Produktion des Schweißes erfolgt. Dieser Teil ist sozusagen die Fabrik, in welcher der Schweiß hergestellt wird. Daran schließt sich in Richtung der Hautoberfläche ein Ausführungsgang (wie ein »Abflussrohr«) an, der für die Ausleitung des Schweißes an die Hautoberfläche verantwortlich ist (Abb. 2). Die ekkrinen Schweißdrüsen befinden sich in den tieferen Anteilen der Lederhaut sowie im darunter liegenden, oberflächlichen subkutanen Fettgewebe. Jede Schweißdrüse wird durch ein feines Kapillarnetz mit Blut versorgt. Darüber hinaus werden die Drüsenendstücke von einem Geflecht aus sympathischen Nervenfasern umgeben.

Liegen die apokrinen Schweißdrüsen an den gleichen Körperstellen?

Das Vorhandensein von apokrinen Schweißdrüsen ist auf bestimmte Körperbereiche beschränkt. Die Hauptlokalisation befindet sich im Bereich des Genital- und Analbereichs, in den Achselhöhlen, im Bereich der Brustwarzen sowie in geringerer Anzahl im Gesichtsbereich, am behaarten Kopf und im Bereich des Bauchnabels.

Unterscheidet sie sich im Aufbau von der ekkrinen Drüse?

Die apokrine Schweißdrüse besteht ebenfalls aus einem Drüsenendstück, in dem der Schweiß gebildet wird, sowie einem Drüsengang, der zur Ausleitung des Schweißes dient. Im Unterschied zur ekkrinen Schweißdrüse führt dieser Gang jedoch nicht direkt an die Hautoberfläche, sondern mündet in einen Haarfollikel. Die apokrinen Schweißdrüsen befinden sich ebenfalls in den tiefen Anteilen der Lederhaut sowie im oberflächlichen subkutanen Fettgewebe. Ihr Durchmesser ist deutlich größer als der der ekkrinen Schweißdrüsen und kann bis zum 10-fachen der Größe betragen (vgl. Abb. 2).

Gibt es Körperstellen mit mehr Schweißdrüsen?

Obwohl die ekkrinen Schweißdrüsen fast an der gesamten Körperoberfläche vorkommen, gibt es doch deutliche Unterschiede bezüglich der Drüsendichte der Körperabschnitte. Am dichtesten liegen die ekkrinen Schweißdrüsen im Bereich der Handflächen und Fußsohlen. Darüber hinaus gibt es eine hohe Dichte an Schweißdrüsen im Gesichtsbereich sowie in den Achselhöhlen. Dies hat Bedeutung für das krankhafte Schwitzen, da diese Stellen hiervon häufiger betroffen sind.

2 Das vegetative Nervensystem

Um den Vorgang des normalen und krankhaften Schwitzens zu verstehen, ist es notwendig, die Steuerung des Schwitzvorganges zu erläutern. Sie erfolgt durch das vegetative Nervensystem, auch autonomes Nervensystem genannt, welches im Folgenden besprochen werden soll.

2.1 Aufbau des vegetativen Nervensystems

Was ist das vegetative Nervensystem?

Das vegetative Nervensystem gehört zum peripheren Nervensystem des Menschen. Über das vegetative Nervensystem laufen lebenswichtige Funktionen, sogenannte Vitalfunktionen, ab. Hierzu gehören z.B. Atmung, Blutdruck, Herzschlag, Verdauung und Stoffwechsel. Auch das Schwitzen wird hierüber gesteuert.

Warum wird es auch das autonome Nervensystem genannt?

Allen Vorgängen gemein ist der Umstand, dass über das vegetative Nervensystem innerkörperliche Anpassungs- und Regulationsvorgänge ablaufen, die vom Menschen nicht willentlich beeinflusst werden können. Das System funktioniert also »autonom«.

Wie ist dieses System genau aufgebaut?

Allgemein wird das vegetative Nervensystem in das sympathische (Sympathikus) und parasympathische (Parasympathikus) Nervensystem unterteilt. Sympathikus und Parasympathikus zeigen hierbei gegensätzliche, Wirkungen. Der Sympathikus, auch Fluchtnerv genannt, sendet anregende und leistungsfördernde Anreize, während der Parasympathikus gegenläufige, erholungsfördernde Impulse aussendet.

Die ersten Nervenzellen (auch Neurone genannt) des Sympathikus liegen im Bereich des Rückenmarks und werden teilweise von verschiedenen übergeordneten Zentren im Gehirn (Hypothalamus, Hirnstamm, Formatio retikularis) gesteuert. Diese Zentren senden Impulse an die sympathischen Nervenzellen im Rückenmark. Der Überträgerstoff (auch Neurotransmitter genannt) für den Nervenimpuls ist in diesem Bereich Acetylcholin. Die zweiten Nervenschaltknoten (auch Ganglion genannt) sind die so genannten postganglionären Nervenfasern, welche die Impulse auf das Zielorgan übertragen (Abb. 3). Hierbei dient dem Sympathikus der Überträgerstoff Noradrenalin. Eine Ausnahme bilden die ekkrinen Schweißdrüsen. Hier wird ebenfalls der Neurotransmitter Acetylcholin verwendet. Somit wird im Falle der ekkrinen Schweißdrüsen von einer postganglionären cholinergischen Nervenfaser gesprochen.

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Abbildung 3: Anatomische Darstellung des Sympathikus-Grenzstranges, der aus einer kettenartigen Anordnung von Ganglien (Nervenschaltknoten) besteht. Der Grenzstrang liegt an den Wirbelkörpern des Brustkorbs.

2.2 Einfluss des Sympathikus auf den Schwitzvorgang

Also steigert der Sympathikus die Schweißabsonderung?

Ja. Der Sympathikus versetzt den Organismus in eine Leistungssteigerung und bereitet ihn auf Angriff, Flucht oder außergewöhnliche Anstrengungen vor. Im Bereich der Schweißdrüsen führt die Aktivierung des Sympathikus daher zu einer Steigerung der Schweißsekretion. Somit besitzt der Sympathikus eine entscheidende Bedeutung sowohl beim normalen Schwitzvorgang als auch beim krankhaften Schwitzen.

Die Besonderheit der Schweißdrüse

Bei den Schweißdrüsen handelt es sich um eine Besonderheit des vegetativen Nervensystems, da als Überträgersubstanz zur Aktivierung der Schweißdrüsen Acetylcholin dient.

Acetylcholin bildet den mit Abstand wichtigsten Transmitter zur Stimulation der ekkrinen Schweißdrüsen. Daneben wurden jedoch weitere Transmitter identifiziert, die zumindest teilweise eine Rolle bei der Schweißstimulation spielen, vor allem Adrenalin, Noradrenalin sowie das vasoaktive intestinale Polypeptit (VIP).

Wieso schwitze ich mehr bei Stress?

Sowohl regelrecht schwitzende Individuen als auch Patienten mit krankhaftem Schwitzen kennen das Phänomen, dass die Schweißproduktion in Stresssituationen stark ansteigt. Bei Stress kommt es zu einer Aktivierung des Sympathikus, der fördernd auf die Schweißproduktion wirkt.

Wieso schwitze ich bei Stress so stark im Hand- und Fußbereich?

Weil in diesem Bereich so viele ekkrine Schweißdrüsen lokalisiert sind. Die genauen Gründe für die hohe Dichte an Schweißdrüsen im Hand- und Fußbereich ist nicht abschließend geklärt. Aus evolutionsbiologischer Sicht wird jedoch vermutet, dass eine bei Fluchtsituationen eintretende Schweißproduktion an Hand- und Fußsohlen zu einer besseren Durchfeuchtung der Hornschicht führte und somit zu einer höheren Griff- und Trittfestigkeit. Dies könnte im Rahmen des Fluchtvorgangs von entscheidender Bedeutung gewesen sein.

Seit man weiß, dass der Schweiß mit Hilfe antimikrobieller Peptide auch an der Immunabwehr beteiligt zu sein scheint, wird darüber hinaus diskutiert, das die Hohe Dichte von ekkrinen Schweißdrüsen an Hand und Fuß eine schützende Funktion vor einer Besiedlung mit Erregern darstellen könnte. Handflächen und Fußsohlen sind ja nun einmal sehr häufig die erste Kontaktfläche zur Umwelt.

3 Hyperhidrose: Das krankhafte Schwitzen

3.1 Einteilung der Hyperhidrosen

Was ist eine Hyperhidrose?

Im Gegensatz zum physiologischen Schwitzen bezeichnet der Begriff »Hyperhidrose« eine Form des Schwitzens, welche über das physiologische Maß hinausgeht.

Im allgemeinen ist hiermit gemeint, dass das Schwitzen die Erfordernisse der Wärmeregulation (Thermoregulation) übersteigt. Die Hyperhidrose, im alltäglichen Sprachgebrauch auch »krankhaftes Schwitzen« genannt, wird somit nicht allein über die Schweißmenge definiert, sondern gilt als Fehlfunktion des Schwitzens an sich.

Dies bedeutet, dass auch ein starkes Schwitzen physiologisch, d. h. im Sinne der Definition, normal sein kann, solange die Thermoregulation regelrecht abläuft (z.B. in der Sauna). Das hat zur Folge, dass es keine scharfe Abgrenzung vom physiologischen zum krankhaften (pathologischen) Schwitzen gibt, sondern die Übergänge zwischen Norm- und Hyperhidrose fließend sein können.

Ist die Hyperhidrose eine wirkliche Erkrankung?

Diese Frage ist ganz klar mit »Ja« zu beantworten. Es besteht heutzutage ein allgemeiner Konsens, dass es sich bei der Hyperhidrose um einen behandlungsbedürftigen Krankheitszustand handelt und keinesfalls um ein rein kosmetisches Problem. Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten konnten die deutlich reduzierte Lebensqualität von Patienten mit Hyperhidrose aufweisen sowie die Belastung der Betroffenen im Alltag untermauern. Hierbei müssen vor allem drei Bereiche angesprochen werden:

  1. Die schwere psycho-soziale Belastung,
  2. ökonomische- und arbeitsmedizinische Folgen sowie
  3. Folgeerkrankungen, die aufgrund einer Hyperhidrose entstehen können.

Gibt es unterschiedliche Formen der Hyperhidrose?

Ja, man unterscheidet verschiedene Klassen der Hyperhidrose, die anhand unterschiedlicher Kriterien festgelegt werden. In einem ersten Schritt wird die Hyperhidrose in eine primäre und in eine sekundäre Hyperhidrose unterteilt.

Dabei liegt der primären Hyperhidrose definitionsgemäß keine Grunderkrankung oder externe Ursache zugrunde. Demgegenüber tritt die sekundäre (symptomatische) Hyperhidrose als Krankheitssyndrom einer in der Regel internistischen oder neurologischen Ursache auf.