Bibliographische Information Der Deutschen Bibliothek:
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet abrufbar über www.dnb.de
Copyright © 2019 Rolf Friedrich Schuett
Herstellung und Verlag :
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier
(holz- und säurefrei)
Umschlaggestaltung : E. L. Schmidt
Printed in Germany
ISBN 978-3-7504-5357-9
Für Elke
Gerhard Neumann (Hg.): „Der Aphorismus. Zur Geschichte, zu den Formen und Möglichkeiten einer literarischen Gattung“, Darmstadt 1976
„Ideenparadiese. Untersuchungen zur Aphoristik von Lichtenberg, Novalis, Friedrich Schlegel und Goethe“, München 1976
Peter Krupka: „Der polnische Aphorismus“, München 1976
Hans Peter Balmer: „Philosophie der menschlichen Dinge. Die europäische Moralistik“, Bern 1981
Harald Fricke: „Aphorismus“, Stuttgart 1984
Gisela Febel: „Aphoristik in Deutschland und Frankreich“, Frankfurt/Main 1985
Klaus von Welser: “Die Sprache des Aphorismus“, Frankfurt/M. 1986
Heinz Krüger: „Über den Aphorismus als philosophische Form“, Frankfurt/M. 1988
Werner Helmich: „Der moderne französische Aphorismus“, Tübingen 1991
Stefan Fedler: „Der Aphorismus. Begriffsspiel zwischen Philosophie und Poesie“, Stuttgart 1992
Paul Geyer / Roland Hagenbüchle: „Das Paradox“, Tübingen 1992, Würzburg 20022
Thomas Stölzel: „Rohe und polierte Gedanken. Studien zur Wirkungsweise aphoristischer Texte“, Freiburg 1998
Lada Lubimova: „Struktur und Funktion des Aphorismus : eine textlinguistische Studie“, Bremen 1998
Robert Zimmer: „Die europäischen Moralisten“, Hamburg 1999
Michael Esders: „Begriffs-Gesten. Philosophie als Kurze Prosa von Friedrich Schlegel bis Adorno“, Frankfurt/Main 2000
Rüdiger Zymner: „Aphorismus“, In: Kleine literarische Formen in Einzeldarstellungen, Stuttgart 2002
Friedemann Spicker: „Kurze Geschichte des deutschen Aphorismus“, Tübingen 2007
Aphorismen sind kurze geistreiche Sätze, prägnant konzis formulierte Bonmots, isolierbar vieldeutige, s(pr)achpointierte Mikroprosa zwischen Bild und Begriff, Gefühl und Gedanke, Metapher und Metaphysik. Sie sind oft heruntergekommen zu seichten Gesinnungssprüchen und windigen Wortspielwitzeleien und sollten doch rehabilitiert werden als streng philosophischer Gehalt in literarischer Gestalt. Aber Aphorismen, länger als drei Sätze, bleiben als „Aufzeichnungen“ oder „Essays“ hier unberücksichtigt.
Was Traditionswert des klassischen Altertums genannt wird, sind wohl zu einem Gutteil lateinischgriechische Sentenzensammlungen (Gnomologien).
Hippokrates wollte mit seinen empiristischen Heilregeln kurieren, Heraklit mit dialektischem Rätselspruch den gesunden Menschenverstand verwirren. „Das Leben ist eine Komödie für Denkende und eine Tragödie für alle, die fühlen.“ (Hippokrates)
Tacitus und Seneca schrieben zwar gar keine Aphorismen, förderten aber das konzise Stilideal.
Fr. Bacons „Novum Organum" rechtfertigte theoretisch vorweg, was B. Gracians „Handorakel" aphoristisch praktizierte, als er empiristische „traditio per aphorismos“ gegen alle scholastische „traditio methodica“ verteidigte.
„Manche mögen lieber die Ersten in der zweiten Klasse als die Zweiten in der ersten sein.“ „Viele verlieren ihren Verstand deshalb nicht, weil sie keinen haben.“ „Das Gute, wenn kurz, ist doppelt gut; und selbst das Schlimme, wenn wenig, ist nicht so schlimm.“ „Einigen macht ihr Posten Ehre, Andere ihm.“ (Baltasar Gracian)
Der Antijesuit B. Pascal schrieb Aphorismen, um Nichtchristen zu Christen zu machen, indem er die Religion gegen jeden cartesianischen Rationalismus rational verteidigte. (Der Bremer Protestant Rudolf A. Schröder schrieb für Christen und hörte auf, welche zu schreiben, als er begann, ein Christ zu werden, während Chestertons Aphorismen immer geistreicher wurden, je katholischer er selbst wurde.)
„Die Menschen sind so notwendig Toren, dass es auf eine andere Art töricht wäre, kein Tor zu sein.“ „Nichts ist der Vernunft so angemessen wie dies Nichtanerkennen der Vernunft.“ „Durch den Raum erfasst mich das Weltall und verschlingt mich wie einen Punkt, durch das Denken erfasse ich es.“ (B. Pascal)
Der Herzog Larochefoucauld, Frondeur gegen den Hofadel von Versailles, schrieb wenig genug, um nie Überdruss zu bereiten. Hätte er mehr geschrieben, hätte sein Thema, die Eigenliebe unter allen Tugendmasken, dafür nicht ausgereicht. Die Französischen Moralisten haben oft mehr Sach- als Sprachpointen, der Sprachwitz steht im Dienst der satirischen Reduktionspsychologie : Dies behauptet es zu sein, doch das ist es wirklich.
„Heuchelei ist eine Huldigung des Lasters an die Tugend.“ „Lieber sagt man Schlechtes von sich selbst als gar nichts.“ „Oft tut man Gutes, um ungestraft Böses tun zu können.“
(La Rochefoucauld)
Der kränkelnde und jungverstorbene Offizier Vauvenargues verfasste weniger Aphorismen über das Laster in allen Tugenden als umgekehrt Euphorismen über die Tugend in den Lastern, und verteidigte nackte Gefühle gegen bloße Gedanken. Er stellte Affekt über Intellekt und Herz über Kopf.
„Wir entdecken in uns selbst, was andere uns verbergen, und erkennen in anderen, was wir vor uns selber verbergen.“ „Große Gedanken kommen von Herzen.“ „Aphorismen sind die Einfälle der Philosophen.“ „Hochmut tröstet die Schwachen.“ „Wir denken nicht so gut, wie wir handeln.“ (Vauvenargues, Luc de Clapier)
J. de La Bruyère beschrieb die „Charaktere“ in Aphorismen und schrieb Aphorismen als Typen-Porträts in der Nachfolge Theophrasts. Der Konservative übersah dabei nicht das Elend der Bauern.
„Man will das ganze Glück des Geliebten ausmachen - ist das unmöglich, sein ganzes Unglück.“ „Der Weise meidet zuweilen die Menschen, aus Furcht, sich zu langweilen.“ „Man muss schon jeglichen Geistes bar sein, wenn Liebe, Bosheit und Not ihn nicht wecken.“ (Jean de La Bruyère)
„Krieg den Palästen, Friede den Hütten!“ Der uneheliche Chamfort wurde ganz zu Recht bewundert von so unterschiedlichen Geistern wie Lichtenberg, Schlegel, Schopenhauer und Nietzsche. In der Revolution biss er die adlige Hand, die ihn gefüttert hatte, und die Bürger bedankten sich, indem sie ihn in den Selbstmord trieben. Hatte er nur die Ressentiments seiner vom Adel enttäuschten Mutter aphoristisch vollstreckt? Larochefoucauld verteidigte die schlechte Gesellschaft gegen die grausame Natur, Chamfort aber die menschliche und die grüne Natur gegen die gute Gesellschaft, sah in uns aber zugleich weniger Naturwesen als Sozialprodukte.
„Der Adel, sagen die Adligen, sei eine Zwischenstufe zwischen König und Volk, Ja, so wie der Jagdhund eine Zwischenstufe ist zwischen dem Jäger und dem Hasen.“ „Man glaubt nicht, wie geistreich man sein muss, um niemals lächerlich zu werden.“ „Der Philosoph, der seine Leidenschaften ausrotten will, gleicht dem Chemiker, der sein Feuer löscht.“ „Das Geld ist sehr schätzenswert, wenn man es verachtet.“ (Nicolas Chamfort)
Montesquieu hatte seine republikanische Gewaltenteilung aus der „Germania" des Tacitus. Aphorismen schrieb er, ohne es zu wollen, als er nachgelassene „Pensées“ über den „Geist der Gesetze" schrieb wie Canetti über „Masse und Macht".
„Der Krieg des Spartacus war der legitimste, der je unternommen wurde.“ „Wie ich in meinem Unglück auf die Götter vertraute, fürchte ich sie in meinem Glück.“ „Die freien Nationen sind zivilisiert, die in Sklaverei lebenden kultiviert.“ (Montesquieu)
Jouberts reizvolle Aphorismen der ,Carnets' sind oft gar keine, sondern anregende Aperçus über les sciences et les beaux arts : „Sternbilder". Den konzisen stenographoristischen Stil hat er ausdrücklich gerechtfertigt als „Wurfgeschoß des Geistes“.
„Die Welt sehen heißt, über Richter zu richten.“ „Der Geistreiche ist der Wahrheit sehr nahe.“ „Gott will, dass wir selbst seine Feinde lieben.“ „Lehren heißt zweimal lernen.“ (Joseph Joubert)
Théodore Jouffroy ist mit seinem „Grünen Heft“ leider so gut wie nicht mehr bekannt.
„Man müsste Truppen an die Grenze des Todes verlegen, wenn die Unsterblichkeit bewiesen wäre, sonst würde die Armee der Lebenden desertieren.“ „Die Sinne nehmen die Welt beim Schwanz, die Vernunft beim Kopf, die Mitte entgleitet immer.“ „Trösten heißt, an den Egoismus erinnern.“
Der Revolutionsflüchtling Rivarol ist trotz Ernst Jüngers Lob lesenswert bis heute.
„Die Liebe ist ein Raub der Natur an der Gesellschaft.“ „Wir leben in einer Zeit, wo Unscheinbarkeit mehr schützt als das Gesetz und sicherer macht als Unschuld.“
„Ein Buch, das man stützt, ist ein Buch, das fällt.“
Die frühdeutsche Larochefoucauld-Rezeption bei Knigge, Lavater und Ehrmann z.B. ist heute wohl nur noch literaturwissenschaftlich interessant.
Lichtenbergs posthume Sudelbücher enthalten etwa 2000 gleichzeitig literarische und wissenschaftliche Aphorismen, die oft Satiren sind. Der Biedermeier-Forscher Fritz Sengle schrieb im Vorwort zu seiner eher sehr schmalen Lichtenberg-Auswahl: „Die Edelsteine verbergen sich auch hier in großen Massen geringeren Gesteins. Eine noch schärfere Auswahl wäre denkbar.“ (Stuttgart 1980) Das gilt ähnlich für die meisten übrigen Aphoristiker, deren Volltrefferquote weit entfernt von einhundert Prozent liegt.
„Wenn die Menschen plötzlich tugendhaft würden, so müssten viele tausende verhungern.“ „Wir, der Schwanz der Welt, wissen nicht, was der Kopf vorhat.“ „Es lässt sich ohne sonderlich viel Witz so schreiben, dass ein anderer sehr viel haben muss, es zu verstehen.“ „Zeit urbar machen.“ „Neue Irrtümer erfinden.“ (G. Chr. Lichtenberg)
J. G. Seume schrieb die politisch progressivste Aphoristik seiner Zeit. Dass diese politische Brisanz republikanischer Privilegienschelte zuweilen über eine mangelnde sprachliche Konzision hinwegtäuscht, verbindet ihn mit dem linken Jochmann.
„Wo keine Sklaven sind, kann kein Tyrann entstehen.“ „Wer nichts fürchtet, kann leicht ein Bösewicht werden, aber wer zu viel fürchtet, wird sicher ein Sklave.“ „Die Gesellschaft gesteht uns oft zu viel zu, das tut sie aber für das Zuviel, das sie uns genommen hat.“ (J. G. Seume)
Was gut ist an Goethes „Maximen und Reflexionen“, stammt oft nicht von ihm, und was von ihm stammt, ist zu oft unerwartet banal.
„Die christliche Religion ist eine intentionierte politische Religion, die, verfehlt, nachher moralisch geworden ist.“ „Innerhalb einer Epoche gibt es keinen Standpunkt, eine Epoche zu betrachten.“ „Man weicht der Welt nicht sicherer aus als durch die Kunst, und man verknüpft sich nicht sicherer mit ihr als durch die Kunst.“ „Alles wahre Aperçu kommt aus einer Folge und bringt Folge. Es ist Mittelglied einer großen aufsteigenden Kette.“ (J. W. Goethe)
Der „Demokritos" von Karl Julius Weber ist oft ein recht spitzes aphoristisches Zitatfeuerwerk.
Fr. Schlegels romantische Ironie ist Metaphysik der Metapher und Metapher für Metaphysik. Bei den Romantikern haben die metaphoristischen Selbstbezüglichkeiten und unendlich reflektierten Spiegelkabinette häufig zu große Textlänge, die die Pointe zerredet. Novalis schrieb „Blüthenstaub“:
„Wer nicht sucht, wird bald nicht mehr gesucht.“
„Wir suchen überall das Unbedingte und finden immer nur Dinge.“ “Jeder Satz muss einen selbständigen Charakter haben - ein selbständiges Individuum, Hülle eines witzigen Einfalls sein.“ „Manche Leute hängen wohl darum so an der Natur, weil sie als verzogne Kinder, sich vor dem Vater fürchten und zu der Mutter ihre Zuflucht nehmen.“ „Den Satz des Widerspruchs zu vernichten, ist vielleicht die höchste Aufgabe der höhern Logik.“ (Fr. Hardenberg)
„Witzige Einfälle sind die Sprüchwörter des gebildeten Menschen.“ „Ein Fragment muss gleich einem kleinen Kunstwerk von der umgebenden Welt ganz abgesondert und in sich selbst vollendet sein wie ein Igel.“ „Der Witz ist das Prinzip und Organ der Universalphilosophie.“
(Friedrich Schlegel)
Die „Chrestomathien" aus Werken Jean Pauls sollten auch gegen Frickes gattungstheoretische Bedenken wieder aufgelegt und die ungedruckten sechs Aphorismenkonvolute endlich herausgegeben werden nach 200 Jahren : Ein Skandal. Seine Aphorismen verbinden Poesie und Philosophie wie Idylle und Satire auf vorbildliche Weise, auch im Roman.
„Sprachkürze gibt Denkweite.“ „Man hat die Furcht nur, um hoffen zu können.“ „Die meisten reden origineller als sie schreiben.“ „Ein Buch ist für das Volk ein Stück Kirche oder Religion.“ „Der erste Bettler nach einer Feuersbrunst bekommt am meisten.“ (Jean Paul Richter)
F. Hebbel schrieb pointiertere Tagebücher als der weichere Goethe-Epigone Grillparzer:
„Einfälle sind die Läuse der Vernunft.“ „Die Welt will nicht Heil, sondern einen Heiland.“ „Mit Blitzen kann man die Welt erleuchten, aber keinen Ofen heizen.“
„Eigensinn ist das wohlfeinste Surrogat für Charakter.“
(Friedrich Hebbel)
„Das Gesetz straft das Verbrechen, die Natur die Ungeschicklichkeit.“ „Was der Staat dem Verhungernden gibt, muss er dem Hungernden nehmen.“ „Wenn jemand meinte, die Bäume wären da, um den Himmel zu stützen, so müssten sie ihm alle zu kurz vorkommen.“ (Franz Grillparzer)
H. Heines Aphorismen sind Pariser Esprit auf Deutsch, oft witzig verpuffende Gags ohne weiterentwickelbare Vieldeutigkeit und Verweisungsvermögen.
„Luther erschütterte Deutschland - aber Francis Drake beruhigte es wieder : er gab uns die Kartoffel.“
„Die Toren meinen, um das Kapitol anzugreifen, müsse man zuerst die Gänse angreifen.“ „Die Gesellschaft ist immer Republik - die einzelnen streben immer empor, und die Gesamtheit drängt sie zurück.“ (H. Heine)
Schopenhauer war eher Essayist als Aphoristiker und verachtete die Konzision um jeden Preis als witzlose Spielerei auf Kosten des Gedankens. Seine “Aphorismen zur Lebensweisheit“ sind alles, auch alles Gute, aber keine Aphorismen, es sei denn, man zitiere daraus besonders pointierte Sentenzen.
„Die unbestimmte Sehnsucht und Langeweile sind einander verwandt.“ „Was dem Herzen widerstrebt, lässt der Kopf nicht ein.“ „Der Tod versöhnt den Neid ganz, das Alter schon halb.“ „Man lernt nur dann und wann etwas; aber man vergisst den ganzen Tag.“ (Arthur Schopenhauer)
Nietzsche schrieb die bisher klügsten Philosophorismen, obwohl der selbstgefällig pathetische Verkünderton des Pastorensohns häufig nur peinlich wirkt. Die aggressive Entlarvungspsychologie ist ein reflexiver Fortschritt hinaus über die Moralpsychologie von Larochefoucauld und Chamfort. Seine weitschweifige Redseligkeit widerstreitet aber oft seinem eigenen Drang zur lakonischen Prägnanz.
„Kein Sieger glaubt an den Zufall.“ „Die Strafe hat den Zweck, den zu bessern, welcher straft.“ „Freigiebigkeit ist bei Reichen nur eine Art Schüchternheit.“ „Jedes Wort ist ein Vorurteil.“ „Der Asket macht aus der Tugend eine Not.“ „Der hat keinen Geist, der ihn sucht.“ (Friedrich Nietzsche)
Seine adlige Bewundererin Marie von Ebner-Eschenbach ist die einzige Frau unter den Großen der Gattung. Von ihren 500 entwicklungsfähig schlichten Aphorismen mit Widerhaken wirkt etwa jeder dritte als Treffer, und diese Quote ist überraschend hoch.
„Wenn man ein Seher ist, muss man kein Beobachter sein.“ „Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.“ „Die Welt gehört jenen, die sie haben wollen, und wird von jenen geschmäht, denen sie gehören sollte.“ (Marie von Ebner-Eschenbach)
Vor lauter Angst, die Wahrheiten den Pointen zu opfern, opfern sie die Pointen leicht ihren Binsenweisheiten: Raabe, Klinger, Feuchtersleben, Gutzkow, Gött und Hauptmann, wie viele andere der zweiten Garde im 19. und frühen 20. Jahrhundert.
„Es fällt immer ein erste Schneeflocke, was für ein Gewimmel später kommen mag.“ „Es tötet nichts so sicher als das Leben.“ „Die Menschen sind nur allzu häufig imstande, wenn das Lebendige unter den Toten erscheint, das erstere für ein Gespenst zu halten.“ (Wilhelm Raabe)
„Jeder wahre Gedanke trägt das Universum in sich, und keiner spricht es aus.“ „Der vollendete Schein lässt sich nur durch das Sein erzielen.“ „Dichter, welche sich in Sentenzen und Betrachtungen zu ergehen lieben, haben meist ein reicheres, inneres Leben, aber nicht die Kraft, es zu gestalten.“ (Ernst von Feuchtersleben)
„Bitter ist es, das heute zu müssen, was man gestern noch wollen konnte.“ „Es ist ein glückliches Gefühl, für einen Hass, den wir bis dahin nur instinktmäßig nährten, plötzlich einen triftigen Grund zu haben.“ „Ein ganzes Unglück verdrießt uns nicht so sehr wie ein nur zur Hälfte eingetroffenes Glück.“ (Karl Gutzkow)
„Materie ist die Hartnäckigkeit der kleinsten Lebewesen.“ „Wer zu spät kommt, sieht nach der Uhr.“ „Wer rudert, sieht den Grund nicht.“ „Lachen ist Ausdruck der gekitzelten Eitelkeit.“ (Wilhelm Busch)
„Was man der Handlung gibt, nimmt man den Charakteren.“ „Wahrheiten dürfen nicht dicht beieinanderstehen, sonst verbrennen sie.“ „Man darf nicht das Gras wachsen hören, sonst wird man taub.“ (G. Hauptmann)
„In tausend Sklaven stecken 999 Sklavenhalter!“
„ Man glaubt zu glauben, aber auch zu unglauben.“
„Am feinsten lügt das Plausible.“ (Emil Gött)
An der Zeitenwende kann vor allem Emanuel Wertheimer überzeugen mit hoher Volltrefferquote.
„Geist ist die Jugend des Alters.“ „Wer älter aussehen will, als er ist, suche jünger zu erscheinen!“ „Erst wenn man alt wird, verstünde man so recht jung zu sein.“
Karl Kraus hat sehr gute bösartige und viele andere Aphorismen geschrieben, die häufig schlechter sind als sein Ruf. Die Umkehrung von Sprichwörtern und Redewendungen ist oft zu billige Mechanik und der Sinn für verletzende Schärfe manchmal eher angestrengt als scharfsinnig. Er träumt vom reinen und harten Wort, er will die verhurte Sprache der Presse wieder unschuldig machen. Frauen finden, dass sein Frauenlob nach Männerphantasien stinkt. Sein Intimfeind Anton Kuh gehört aus dem Schatten von Kraus heraus in eine Anthologie des Erstbesten unter den zweitbesten Aphoristikern.
„Das Familienleben ist ein Eingriff ins Privatleben.“ „Der längste Atem gehört zum Aphorismus.“ „Nicht alles, was totgeschwiegen wird, lebt.“ „Er zwang sie, ihr zuwillen zu sein.“ „Eine der verbreitetsten Krankheiten ist die Diagnose.“ „Meine Sprache ist die Allerweltshure, die ich zur Jungfrau mache.“ „Zu allen Dingen lasse man sich Zeit, nur nicht zu den ewigen.“
„Die Medizin : Geld her und Leben!“ (Karl Kraus)
E. Canetti steht zu seinem später bekämpften Idol Kraus beinahe wie der positive Vauvenargues zu seinem negativen Vorbild Larochefoucauld. Aber bei ihm geht es nicht gegen die Phrasenpresse, sondern um jeden Preis mit Chinesen und Tieren gegen den Tod und jedes System. Gedankenexperimente liebt der Chemiker wie der Physiker Lichtenberg, aber die Ideen sind oft genug originell und witzlos oder witziger und weniger originell.
„Manches merkt man sich bloß, weil es mit nichts zusammenhängt.“ „Er hat die herzlosen Augen eines über alles Geliebten.“ „Die großen Aphoristiker lesen sich so, als ob sie alle einander gut gekannt hätten.“ „Die Photographie hat das Ebenbild zerstört.“ „Man kann nicht atmen, es ist alles voll Sieg.“ (Elias Canetti)
Aphoristischer Antitotalitarismus : Die Polen haben politische Gnomik erst scharf und zur bittersten Sklavensprache gemacht. Stanislaw J. Lec schrieb die besten unter den kürzesten Aphorismen des 20. Jhs. Manches lässt sich heute nach fünfzig Jahren nicht kürzer, aber raffinierter fassen, denn jede Reflexionsstufe wirkt ja vor der nächsthöheren wieder naiv.
„Jede präzise Definition der Welt müsste ein Paradox sein.“ „Ein Volltreffer : keinen Menschen treffen.“ „Falsche Propheten erfüllen ihre Prophezeiungen selbst.“ „Die Herausforderung will herausgefordert werden.“ „Dummheit befreit nicht vom Denken.“ „Wann kam das Ziel selbst zum Ziel?“ „Auch zum Zögern muss man sich entschließen.“ „Nicht sein, sondern denken, denken, denken!“ „Es braucht große
Geduld, sie zu lernen.“ (Stanislaw Jerzy Lec)
W. Brudzinski, oft der bessere Seume, blieb zu unbekannt mit „Roter Katz" und „Katzenjammer“.
„Nachricht : Ich warne vor Scylla. Charybdis.“ „Oft gehen zwei Idioten eine Vernunftehe ein.“ „Begehe Fehler, die Zukunft haben!“ „Ich kapituliere - aus Furcht vor dem Sieg.“ (Wieslaw Brudzinski)
„Bedenke, bevor du denkst“ versammelt eine recht bauchbare Auswahl polnischer Aphoristiker:
„Welt : Die Selbstverteidigung Gottes gegen das Nichts.“ „Tod: Welt minus Individuum.“ (Stefan Napierski)
„Am treuesten ist der Hund, auf den der Mensch kommt.“ „Bekannter : ein Mensch, den wir gut genug kennen, um etwas von ihm auszuleihen, aber nicht gut genug, ihm etwas auszuleihen.“ (Julian Tuwim)
„Thesen sehen oft aus wie Synthesen.“ „Schablonen siegen immer.“ „Liebe ist ein Sakrileg auf Gegenseitigkeit.“ „Auch Dummheit ist eine Art, seinen Verstand zu gebrauchen“. (Karol Irzykowski)
„Nur der Selbstgenügsame ist frei.“ „Wer die Sonne lieben will, muss sein wie die Sonne.“ „Wenn jedes Denken nur Überbau ist, ist es am besten, nicht zu denken.“ „Glück ist ein Synonym für rücksichtslose Anpassung.“
(Stanislaw Brzozowski)
P. Valérys „Rhumbs“ enthalten nicht weniger scharfe Bonmots als scharfsinnige Beobachtungen, vieles aber ist kotextuell wirklich zu wenig isoliert und zu essayistisch weitschweifig, ähnlich wie bei W. Benjamin und bei dem Schweizer Ludwig Hohl.
Valéry ist der einzige französische Aphoristiker dieses Jahrhunderts von Rang, und es ist sehr unverständlich, warum Franzosen seit J. Joubert den aphoristischen Staffelstab nie wieder ganz an sich gerissen haben.
Sogar Paul Valérys vielgerühmte „Cahiers“ sind nicht alles gleichwertige Gedankenexperimente. Die Auswahl der „Windstriche“ könnte noch schärfer getroffen werden wie Lichtenbergs „Sudelbücher“, um mal den qualitativen Kernbestand herauszustellen. Hebbels Tagebücher ergaben „Läuse der Vernunft“. “Denken! Das heißt den Faden verlieren.“ „Selbst wenn er fragt, ist der Geist Antwort.“ „In sehr kurzen Texten erreicht die Wirkung des geringsten Details die Größenordnung der Gesamtwirkung.“ „Die Sprache hat das Denken nie zu Gesicht bekommen.“ (Paul Valéry)
Hofmannsthal schrieb so wenige gutpointierte Saillies wie seine Freunde Schröder und Schnitzler, dessen innerhalb der Komödien pointierte Bonmots nicht immer ganz auf eigenen Füßen stehen könnten.
„Wenn der Hass feige wird, geht er maskiert in Gesellschaft und nennt sich Gerechtigkeit.“ „Der Trotz ist die einzige Stärke der Schwachen - und eine Schwäche mehr.“ „Es ist keine Höflichkeit, einem Lahmen den Stock tragen zu wollen.“ „Schüttle ein Aphorisma, so fällt eine Lüge heraus und eine Banalität bleibt übrig.“
(Arthur Schnitzler)
„Tun ist sich aufgeben.“ „Die Anekdoten des Chamfort sind reizend, aber dass er sie alle aufschreiben konnte, degradiert ihn.“ „Wir haben keine neuere Literatur. Wir haben Goethe und Ansätze.“ (Hugo von Hofmannsthal)
„Magna Mater : (auf deutsch) des Teufels Großmutter.“ „Ästh-Ethik.“ (Rudolf Alexander Schröder)
Chr. Morgenstern ist als Aphoristiker nicht nur an den „Galgenliedern“ zu messen und in seinen (anthroposophischen) „Stufen“ auch zu entdecken.
„Alles Denken ist Zurechtmachen.“ „Der Duft der Dinge ist die Sehnsucht, die sie uns nach sich erwecken.“ „Man kann wohl sagen, dass das Geschlecht zwei Drittel aller möglichen Geistigkeit auffrisst.“ (Christian Morgenstern)
Es lohnt sich ja, aus Adornos dichtgewebten Essays die konzis geschliffenen Reflexionen herauszupräparieren, um sie nun zu Aphorismen zu isolieren. Seine Essays bestehen fast ganz aus Aphorismen. „Wahr sind nur die Gedanken, die sich selbst nicht verstehen.“ „Bei vielen Menschen ist es bereits eine Unverschämtheit, wenn sie Ich sagen.“ „Der Splitter in deinem Auge ist das beste Vergrößerungsglas.“ (Theodor Adorno)
Adornos Lob der individuellen Petitessen ist eine philosophische Rechtfertigung des Aphorismus, den er selbst weniger praktiziert hat als sein Schüler H. Schweppenhäuser, dessen oft etwas überanstrengte Reflexionen den Meister gelegentlich fast überbieten. Aber er schrieb philosophische, Adorno als der Erbe Nietzsches, Benjamins und Valérys nur literarische.
„Zu der Zeit, als die Kinder noch Schutzengel hatten, waren die Lehrer ihre Schutzteufel.“ „Die Kultur ist das Alibi der Barbarei, das diese schon nicht mehr nötig hat.“ „Kultur ist etwas wie die Verabredung der Beteiligten zu verschweigen, dass sie keine ist.“ (Hermann Schweppenhäuser)
Hans Kudszus in seiner Nähe zu Adorno ist verbesserungswürdig nur dort, wo er mit Banalitäten nicht immer ganz auf dem Reflexionsniveau seiner Zeit ist. Der spätere Kudszus wurde dialektischer.
„Wenn wir uns verstehen, müssen wir uns falsch ausgedrückt haben.“ „In der Schwermut entdeckt das Denken seine Sinnlichkeit.“ „Wenn wir die letzte Maske ablegen, verlieren wir unser Gesicht.“ (Hans Kudszus)
Noch weniger konzis pointierte Aphorismen als Benjamin, Adornos spiritus rector, in seiner „Einbahnstraße" hat Bloch in den „Spuren" geschrieben.
„Der Ausdruck der Leute, die sich in Gemäldegalerien bewegen, zeigt eine schlecht verhehlte Enttäuschung darüber, dass dort nur Bilder hängen.“ „Glücklich sein heißt, ohne Schrecken seiner selbst inne zu werden.“
„Der Blick ist die Neige des Menschen.“ (Walter Benjamin)
Bei der wie bei Leibniz zu überfragmentierten Schreibweise Wittgensteins läge das etwas näher.
„Nur wenn man noch viel verrückter denkt als die Philosophen, kann man ihre Probleme lösen.“ „Der Gruß der Philosophen unter einander sollte sein: Lass Dir Zeit!“ „Beim Philosophieren muss man ins alte Chaos hinabsteigen, und sich dort wohlfühlen.“ (Ludwig Wittgenstein)
Vom irischen Sozialisten G. B. Shaw gilt, was von Heine gesagt war, und vieles, was damals mit dem Kopf durch die Wand gesagt war, rennte heute offene Türen ein, Gott sei Dank für die Realität und schade für den Aphorismus. Seine Aperçus wären zu exzerpieren wie die seines christlichen Gegenspielers Chesterton.
Wenn es im 20. Jahrhundert einen aphoristischen Nachfolger Pascals gibt, dann nicht den Protestanten Schröder, sondern den Katholiken Chesterton, bei dem christliche Apologie gerade nicht auf Kosten der aphoristischen Würze und Pointe geht.
„Der wahre Glanz der Jugend liegt darin, dass sie ganzen Weltraum für sich hat, um die Beine auszustrecken.“ „Über welche anderen Dinge als über ernste Dinge kann man denn Scherze machen?“ „Das Leben ist zu erhaben, um genossen zu werden.“ (Gilbert K. Chesterton)
Chestertons geheimer katholischer Zwilling ist der sehr feine Kolumbianer Nicolas Gómez Dávila:
„Der höchste Aristokrat ist nicht der Feudalherr auf seinem Schloss, sondern der kontemplative Mönch in seiner Zelle.“ „Das einzig Sinnvolle ist, Gott mit unseren Gebeten starrsinnig zu belästigen.“ „Die wahre Lektüre ist Flucht. Die andere Beruf.“ „Die Synthese sollten wir Gott überlassen.“ (Nicolas Gómez Dávila)
Kirchenkritiker Deschners linke Gesinnung ersetzt nicht immer das aphoristische Können. Auch der deutsch schreibende Tscheche Gabriel Laub verblüfft durch allerlei Mittelmäßiges unter pointiert Gelungenem. Der aphoristische Narziss streicht nicht gern, und dieses Nebeneinander von Raffinade und Simpliziade ist bei Aphoristikern häufig zu finden.
Kurz : Linksliberale sind oft politisch sympathischer, aber Konservative aphoristisch stringenter.
„Vorsicht - auf einer Kugel ist alles abschüssig!“ „Geist ist imitierbar, Mut nicht.“ „Sicher an der Erlösung ist nur der Erlös daraus.“ „Demut ist nur eine Form von Rache.“ (Karlheinz Deschner)
„Gibt es heute noch Gründe, gründlich zu sein?“ „Feige sind die anderen. Ich bin besonnen.“ „Theorien werden aus praktischen Gründen erfunden.“ (Gabriel Laub)
„Die Selbstbedienung hat die Selbstbeherrschung als soziale Tugend abgelöst.“ „Der dritte Weg ist die Sackgasse.“ „Das einzige Privileg des Alters: die sozialen Sanktionen greifen nicht mehr.“ (Johannes Gross)
Hans Arndt und Hans Kasper waren vor der APO von 1968 ja politisch genug, heute wirken sie oft harmlos prätentiös, und vieles ist eher gutartig als gut. Das Beste sollte, wie bei vielen zweitrangigen Aphoristikern, in ein Taschenbüchlein zusammengezogen werden, um es vor nur Gutgemeintem noch zu retten.
„Die Niederlage der Großen sind ihre Nachfahren.“ „Nonkonformismus ist die maulende Abhängigkeit von den herrschenden Thesen.“ „Es ist ein Missverständnis, die Gedankenfreiheit bis zur Unabhängigkeit vom Verstande voranzutreiben.“ (Hans Kasper)
Nicht nur Aphorismen wären zu kürzen, sondern auch und vor allem die Aphorismensammlungen. Aphoristiker zweiter Güte haben nicht nur zweitklassige geschrieben, sondern zu wenige gute unter zu vielen minderen. Ihre jeweils besten Sprüche wären da behutsam auszuwählen, um sie gegen ihre Verfasser zu verteidigen. Nur so gibt es Überlebenschancen für das Beste der Zweitbesten, etwa auf der Kippe zwischen Tradition und Moderne:
„Grundsätze hat jeder dort, wo er Herr ist.“ „Reife muss nicht gleich in Säure übergehen.“ „Wenn die Menschen sich nicht aushalten, unterhalten sie sich miteinander.“ (Richard Schaukal)
„Gerechtigkeit ist nur in der Hölle; im Himmel ist Gnade, und auf Erden ist das Kreuz.“ „Es sind immer nur die Schwachen, welche die Schwachen verachten.“ „Von Gott verlassen ist man auch bei Gott.“ (Gertrud von Le Fort)
„Dem Staat gehört die Straße, aber nichts weiter.“ „Das Antlitz der Natur ist der Mensch.“ „Nur das Werk ist Glück - alles andere ist Reizung.“ (Georg Kaiser)
„Nichtstun mehrt den Frieden der Welt.“ „Das Werdende hat immer den Anschein des Gesetzlosen.“ „Der Beweis fügt einer Wahrheit nichts hinzu.“ (Friedrich Jünger)
„Sie reden von Brüderlichkeit, schaffen´s aber nur bis zur Kumpanei.“ „Ein gefallener Apfel liegt leichter als ein Wurm, der ihn zu Fall gebracht hat.“ „Nicht weil es dort Sonne gibt, reizt mich der Süden, sondern weil es dort angenehm ist, im Schatten zu sitzen.“ (Martin Kessel)
„Wir sollten aus keinem Gedanken mehr machen, als er aus uns macht.“ „Wer ganz Ohr ist, hört nicht.“ „Es ist leichter, zehn praktische Gedanken zu fassen, als einen theoretischen, und wiegt auch dementsprechend weniger.“ (Moritz Heimann)
Ausnahmen sind Musils ambivalente Aphorismuseinstellung und auch Kafkas „Bildaphorismus“. Im Alter hat Musil ihn weniger erfolgreich praktiziert als theoretisch gerechtfertigt für Romanfragmente.
„Aphorismen sollte nur einer schreiben, der große Zusammenhänge vor sich sieht.“ „Der moderne Mensch ist feig, aber er lässt sich gern zum Heroismus zwingen.“ „Nicht das Genie ist 100 Jahre seiner Zeit voraus, sondern der Durchschnittsmensch ist um 100 Jahre hinter ihr zurück.“ (Robert Musil)
„Der Weg ist nur ein Zögern.“ „Wer sucht, findet nicht, aber wer nicht sucht, wird gefunden.“ „Wer glaubt, kann keine Wunder erleben. Bei Tag sieht man keine Sterne.“ „Psychologie ist Ungeduld.“ (Franz Kafka)
Zwischen Weimar und Bonn überzeugen nur Felix Pollak und Werner Kraft mehr als Sprüchemacher wie Bertram, Werfel, Benz, Strauß, Margolius.
Sein Vorbild Vauvenargues hat Wilhelm von Scholz nicht lange davor bewahrt, sich politisch zu kompromittieren, wenn er nicht nur Gefühle vor Gedanken schützte, sondern auch das Blut vor dem Kopf.
Joachim Günther ist wohl der bessere Erich Brock, und beide sind Verächter der billigen Effekthascherei und des leeren Aperçus, hier zu Recht, dort oft nur aus Ressentiment : Oft feinste Beobachtungen, aber dann zu oft humanistisch zerredet.
„Mein Körper steckt eher in mir als ich in ihm.“ „Ein sehr gesundes Alter hat auch etwas Obszönes.“ „Das Auge ist auch ein Organ zur Verhinderung von Erkenntnis.“
(Joachim Günther)
„Wenn man mit dem Widerspruch spielt, wird man leichtsinnig wie ein Anatomiediener mit dem Leichengift.“ „Meistens brauchen die Glücklichen keine Religion. Früher sah man darin einen Einwand gegen das Glück, heute einen gegen die Religion.“ (Erich Brock)
Tucholskys „Schnipsel" sind die witzigeren Aphorismen eines Heine des 20 Jahrhunderts, aber auch voll „linker Melancholie“ wie bei Erich Kästner, Walter Benjamin hat es eingeklagt.
„Nie geraten die Deutschen so außer sich, wie wenn sie zu sich kommen wollen.“ „Jeder historische Roman vermittelt ein ausgezeichnetes Bild von der Epoche des Verfassers.“ „Wegen ungünstiger Witterung fand die deutsche Revolution in der Musik statt.“ (Kurt Tucholsky)
H. v. Doderers Wörterbuch „Repertorium" ist aphoristischer als der oft übervertrackte „Innere Erdteil" von Albert Paris Gütersloh : Die schlechten ins Töpfchen, die guten ins Köpfchen. Er überragt andere Österreicher wie H. Eisenreich und Hans Lohberger.
„Jeder Mensch, der nur seinen Charakter realisiert, ist dämonisch.“ „Die Dummheit spielt leben.“ „Jederzeit besuchsfähig zu sein, dies ist das comme-il-faut der Intelligenz.“ „Leben. Im Grunde : es wird uns ein fremder Hut gesetzt auf einen Kopf, den wir noch gar nicht haben.“
„Schreiben : Über dem Abgrund schweben, gehalten nur von der Grammatik.“ „Für den überwiegenden Teil der Menschen ist die Musik ein angenehmes Mittel, ihre eigene Plattheit zu pathetisieren.“ (Heimito von Doderer)
Der Schweizer Hans Albrecht Moser verweist seine Landsleute Hohl, Broch und Rychner auf ihre Plätze. Hohls Eskapismen wirken oft hohl, aber auch Moser zerredet manche möglichen Pointen.
„Krankheit und Schwäche machen treu.“ „Wir können reden, mit wem wir wollen, wir meinen immer einen anderen.“ „Armut entblößt uns von den Mitteln, unseren Charakter zu verbergen.“ (Moser)
„Das teuflische Wörterbuch“ von A. Bierce ist witziger, aber dafür wohl philosophisch etwas gehaltloser. Es enthält gute Bösartigkeiten und böse Gutartigkeiten nebeneinander wie feine Sottisen.
„Sanftmut : Ungewöhnliche Geduld bei der Planung einer wirklich lohnenden Rache.“ „Anders : Auch nicht besser.“ „Selbstsüchtig: Bar der Rücksicht auf die Selbstsucht anderer.“ „Beifall : Echo auf eine Platitude.“ (Ambroise Bierce)
Die Sarkasmen von Oscar Wilde, englischer Larochefoucauld des 20. Jahrhunderts, sind nicht bloß glatte Sahnebonmots, sondern originäre Salonaphorismen, als es schon gar keine Salons mehr gab, und triftiger als ihr ressentimentgeladener Ruf.
„Nur Heiliges verdient es, berührt zu werden.“ „Zeit ist Geldverschwendung.“ „In dieser Welt gibt es nur zwei Tragödien. Die eine ist, nicht zu bekommen, was man möchte, und die andere ist, es zu bekommen.“ „Demokratie ist nichts anderes als das Niederknüppeln des Volkes durch das Volk für das Volk.“ (Oscar Wilde)
Zu viele Aphorismen von Peter Hille sind so harmlos gütig wie die von Margolius. Der vergessene Heinrich Waggerl wirkt noch ergiebiger:
„Sogar das Wasser im Kruge meint, es müsse ein Loch im Bach hinterlassen haben, als es geschöpft wurde.“ „Heutzutage hat keiner genug, weil jeder zu viel hat.“ „Auf dem Markt der Welt kann jeder billig kaufen, der sich mit dem Unbezahlbaren begnügt.“ (H. Waggerl)
Aus Schnurres „Schattenphotograph" wären die Aphorismen zu exzerpieren, ebenso das Beste von kabarettnäheren Sentenzenschleifern wie Schneyder, Hassenkamp, Lembke, Rolfs und anderen.
Der pointierte Stil des Individualisten Ludwig Marcuse macht manche seiner Essays fast zu Aneinanderreihungen von scharf(sinnig)en Aphorismen.
Cioran pflegt gerade von notorischen Optimisten leicht überschätzt zu werden in seinem charmantem Kokettieren mit schwärzester Melancholie.
„Skepsis ist die Eleganz der Angst.“ „Ein Buch ist ein aufgeschobener Selbstmord.“ „Existieren ist ein Plagiat.“ „Grauen ist Zukunftsgedächtnis.“ (E. M. Cioran)
Der naturwissenschaftskritische Biochemiker Erwin Chargaff ist am Chemiker Canetti zu messen.
„Vielseitig ist eintönig.“ „Allende fällt, Kupfer steigt.“ „Die Falle macht die Ratte.“ „Ohne Sklaven keine Freiheit.“ „Nicht jeder Mist ist ein Dünger.“ (E. Chargaff)
Renard konnte seine Tagebuchgedanken für seinen Geschmack nie kurz genug machen, für Sartre war er aber immer zu kurz angebunden wie ein Bauer.
„Das indiskrete Schweigen der Diplomaten.“ „Ein Mann von Charakter hat keinen guten.“ „Den Rosen ist das Blut zu Kopf gestiegen.“ „Überall sein und in einem stillen Winkel.“ „Sterne. Bei Gott brennt Licht.“ (Jules Renard)
J. von der Wense ist ein zu wenig beachteter Aphoristiker, der allerdings recht selten pointiert:
„Das Dunkel illustriert den Ton.“ „Die Erde ist ein Stern. Wir leben im Himmel.“ „Aus China kam die Weisheit. China besitzt die größte Militärliteratur.“ „Nach oben streben wir. Die Tiefe strebt nach uns.“ (Jürgen v.d. Wense)
Beim Slowenen Z. Petan ist linker Sarkasmus etwas zu oft vermischt mit nur witzelnd Gewitztem.
„Glück wird meist von Unglücklichen verkauft.“ „Ich kenne einen Gott, der für Honorar als Teufel arbeitet.“ „In der Wüste ist schon ein Unkraut eine Oase.“
Ob Kafkas „Bildaphorismus“ in the long run eine fruchtbare Alternative zum „Begriffsaphorismus“ von Kraus darstellt, sei hier offen gelassen.
Die Zunahme von allerlei „Mischformen“ an den Gattungsgrenzen spart sich zu oft die Arbeit des Verdichtens und geht auf Kosten der konzisen Prägnanz. Lichtenberg wollte mit der Nadelspitze weisen, wo er bisher nur mit dem Stock gezeigt hatte.
Anders als zünftige Forscher würden ja Leser Aphorismen nicht gern beschränken auf das, was eine „Autorintention“ selbst so deklariert hat, sondern auch aus Gesamtwerken gepflückte „Chrestomathien“ vor dem Vergessen und Überlesen retten wollen. „The best of X“ wird immer so subjektiv sein wie die Aphorismen selbst, aber fast allen würde es gut tun, stärker gesiebt zu werden. Der Leser muss streichen, wo der Narzissmus der Autoren zurückschreckte. Das Buch „Wer gut abschneidet, kastriert“ schlägt am Beispiel von Joubert, Seume, Schlegel, Nietzsche und Kraus einige hochkondensierte Kurzanthologien vor.
In vielen Büchern schlummern ja versteckte Einzelsätze, die gut auch ohne ihren Kontext auf eigenen Füßen stehen könnten und die es behutsam herauszulösen gälte, bevor das Buch zu Recht dem Vergessen überantwortet würde. Den Ausschlag geben sollte allein die Qualität, Originalität und Brillanz dieser isolierbaren Einzelpassagen. Jeder Leser kann sein eigenes Florilegium anlegen, aber auch berufene Fachleute sich an diesem verdienstvollen Rettungswerk beteiligen mit geschulterem Blick für hochwertigere Sentenzraritäten. So ließen sich bessere Bücher aus hunderten von Büchern zusammenstellen, immer höher kondensierte Extrakte und Exzerpte, wie sie sich Jean Paul schon erschuf. Die Bibliotheken der Welt mündeten dann in künstliche „Gnomologien“, erzprofessionell oder amateurdilettantisch komponiert. Selbst belanglose fiktionale Texte enthalten gelegentlich kostbare nichtfiktionale Silberrippen, die ihre zu Staub zerfallenden Mumien überleben könnten. Und jede Textlektüre sollte auch eine Jagd und Fahndung nach solch dekontextualisablen und aphorismierbaren Singularitäten sein. Alles Schreiben ist aphoristisch, schrieb Derrida etwas übertrieben, aber das wäre wahr, wenn er nicht so viele schlechte Aphorismen enthielte, von denen der Text zu befreien wäre, um die Goldkörnchen aus Schuttbergen herauszuwaschen. Wenigstens jeder Essay sollte eine strukturelle Konstellation aus triftigen Aphorismen sein, wenn auch mehr und anderes als jede seiner Einzelsentenzen. Der ideale Essay besteht nicht aus Sätzen, sondern aus Aphorismen, deren jeder wieder ein besonders kurzer Essay ist, und manche Aufsätze und Abhandlungen ließen sich auch als essayistische Fundgruben dafür gebrauchen. Ein höherstufiger Essay besteht fast ganz aus aphoristischen Essays, wie manche Texte Adornos dem sehr nahe kommen. Würde dieses Stilideal als Spiel ernst genommen, würden weniger Bücher geschrieben als gelesen. Die Anzahl der Bücher würde schrumpfen, d.h. die Zahl der guten steigen, kommt es doch weniger auf einen Gattungspurismus an als auf die Bonmotqualität.
Gegenwartsaphoristik noch lebender Autoren, die durch etwas erhöhte prozentuale Volltrefferquoten auffallen, sollte später einmal ausgewertet werden.
Als bedeutendster gilt nun Elazar Benyoetz, der in seiner Sprachmystik vielleicht etwas zu vieles wörtlich nimmt, nicht nur das Wort Gottes. Interessant wäre, was anerkannte Schriftgelehrte zu diesen neuen Anwärtern von „Apophthegmata Patrum“ sagen.
„Humor - Leichtsinn der Schwermut.“ „Denken - Scheinwerfen.“ „Alle Siege werden davongetragen.“
„An Gott glauben - auf seine Unsterblichkeit verzichten.“ „Spruchreif - widerspruchwert.“ „Glänzend - scheinbar.“
Franz Czernin bietet permutative Satzvariationen, die oft Zufallsgeneratoren von Computern zu entstammen scheinen. Nicht bei allen mechanischen Begriffskombinationen lässt sich Gescheites denken, und der Autor könnte selber stärker aussieben.
Seit ich zusammenhängende Texte zu lesen gelernt habe, hatte ich ein Vergnügen daran, mir aus diesen kohärenten Texten einzelne Sätze herauszuschreiben, die aus irgendwelchen Gründen mir besonders bemerkenswert erschienen, Sätze, deren jeder auch auf eigenen Füßen stehen konnte und nicht nur in seinem Kontext sinnvoll war. Je älter ich nun wurde, desto raffinierter wurden diese vielen Exzerptsätze. Irgendwann hatte ich so etwas wie eine Anthologie beisammen vom Umfang eines Buches ganz aus interessanten Bücherzitaten.
Ich entdeckte, dass in vielen Büchern Sätze stehen, die unter Bergen von Sprachschutt hervorleuchten wie Goldkörnchen, die herauszuwaschen sind und erst dadurch ihren wahren Wert gewinnen. Schon der Gymnasiast unterschied zwischen Büchern, die auffallend viele oder auffällig wenige solcher Solitäre und Singularitäten enthalten. Besonders aus den Essays ließen sich sprachliche Orchideen herauspflücken, die gar keinen Schaden dadurch erlitten.
Irgendwann begann in der Schulzeit der Jagdeifer auf solches Wild. Das mussten keine ausnehmend gelungenen Aphorismen aus Aphorismenbänden sein; Essays waren oft trächtiger. Jedoch Aphorismenbände sollten eigentlich die höchste Volltrefferquote auf engstem Raum haben, hatten sie leider aber allzu häufig nicht.
Meine frühe Entdeckung : Explizite Aphorismen, die von ihren Autoren auch ganz so gedacht waren, sind leider oft belangloser als so manche originellen Buchzitate, die niemals als Aphorismen konzipiert wurden, sich aber leicht aus Buchzusammenhängen herauslösen lassen, ohne viel zu verlieren. Im Gegenteil wären sie innerhalb des Buches schneller vergessen oder überlesen worden. Bei mir siegte die Leserintention ganz über apho-essentielle „Autor-intention“ der (str)engeren Literaturwissenschaft.
In unzähligen Werken schlummern für mich köstliche Einzelsätze, die von Autoren nie als Aphorismen gemeint waren, aber von Lesern bequem dazu gemacht werden können : durch den bloßen Zauberakt der Exzerpte. Viele Zitatsammlungen aus der griechischen oder lateinischen Antike waren gedankenreicher als manche neuzeitlichen Aphorismenbände, fand ich.
Und das entschied. Originelle Ideen in sprachlicher Brillanz, kondensiert auf den Umfang eines bis höchstens dreier Sätze, waren für mich von früh auf gute Aphorismen, doch allzu viele echte Aphorismen genügten umgekehrt nicht dieser Definition. Diese Sätze folgten in eigenen „Blütenlesen“ aufeinander, doch nicht auseinander. Jeder konnte auch für sich stehen und verblüffte mich durch eine hinreißende Ausdrucksweise und/oder einen originellen Gedanken. Sie hatten alle nur gemeinsam, dass sie mir „geistreich“ vorkamen, und das änderte sich gelegentlich mit dem Lebensalter : kurz und bündig, kompakt und gedrungen wie lateinische Sentenzen, prägnant pointiert, tief oder satirisch, witzig oder rätselhaft. Jeder Gedanke brauchte nur einen einzigen Satz, nicht mehr einen ganzen Absatz oder gar Aufsatz.
Der Student merkte bald, dass nicht schwerfällige Deutsche, sondern leichtfüßige Franzosen die frühen Meister dieses Stils waren. Das Bonmot, nun mit oder ohne Kontextsituation, war ihre Domäne, der sprachgewordene Pariser Esprit, nicht der tiefe deutsche Geist. Mir blieb gleichgültig, ob ein Autor Aphorismen schreiben wollte oder nicht. Ich nenne schon ausreichend geistvolle Einzelsätze so, sprachliche Solisten, originell in der Sache oder Sprache, auch und gerade aus Essays geklaubte Goldzitate.
Die französischen Moralisten des 17. Jahrhunderts schienen mir auf die französischen Aufklärer des 18. Jahrhunderts ja bereits hinzusteuern : Deutete der spitze Salonkritiker Larochefoucauld nicht schon auf den Revolutionssarkastiker Chamfort voraus, der für die romantische Ironie entdeckt wurde von einem systemfeindlichen Bruchstückeschreiber wie Schlegel, der seinerseits einen Hegel gegen sich auf den Plan rief, einen philosophischen Riesen, der die Fragmente der frühromantischen Nachsokratiker durch dialektische Überbietung entschärfen wollte, indem er die ganze moralistische Aufklärung mit ihren unplatonischen Ideen in einen systematischen Idealismus „aufhob“: rettete, widerlegte und zugleich systematisierte. Der Ausgang des Kampfes zwischen den aphoristischen Davids und den systematischen Goliaths scheint mir offen bis heute.
(Nebenbei :Die populäre Systemfeindschaft gehört fast zur Definition des Aphorismus, aber vor einem zehnbändigen „System der Philosophie“ des Phänomenologen Hermann Schmitz verkommen doch viele Aphorismen zu nur albernem Zwergengefuchtel.
Den genuinen Aphorismus, den Feind aller Systeme, habe ich für mich nicht entdeckt, indem ich erklärte Aphoristiker las, sondern im Gegenteil einen der größten Systematiker, in einem Universitätsseminar. Ich las Hegel und notierte mir da unzählige Selbst-wider-Sprüche aus seinen Schriften. Er verstand alles und jedes in der Welt nur von einem geistigen Bezugssystem her und fühlte sich von aphoristischer Fragmentalität und frühromantischer Ironie der Schlegel und Novalis zutiefst irritiert und herausgefordert. Er denunzierte sie als frivole Spielzeuge, hypersubjektiv, eitel, bösartig, wichtigtuerisch, nicht Fisch, nicht Fleisch. Hegel erkannte, dass die Neuzeit das Recht auf emanzipierte Subjektivität zu Recht verteidigte und dass man sie nicht einfach durch substantiellere Traditionen wieder beseitigen könne. Sein System ist eine Hierarchie dialektischer Paradoxe, ein „Universalwitz“ von sinnigen Witzen, deren ernster Sinn permanent ineinandergleitet.
Ich sah ihn die romantische Subjektivität der Kunst und die griechische Objektivität der Wissenschaft verbinden, um das Beste aus Tradition und Neuzeit zu retten. Ein gewaltiges Projekt, wie mir schien, und er tat es unüberbietbar. So wurde er geistreicher als die aufgeklärten Franzosen und ihre deutschromantischen Lehrlinge. Nietzsche hielt Hegel für den geistreichsten unter den Schriftstellern, die auf keinen Fall geistreich sein wollten. Kurz : Hegel erfand in meinen Augen seine Dialektik (wieder), um die aphoristischen „Brennnesseln“ wie Schlegel und Novalis durch Überholung zu neutralisieren.
Dialektik wie Aphoristik suchen die „Einheit der Widersprüche“, die mystische „Verbindung von Verbindung und Trennung“. Adorno hat dann im 20. Jahrhundert diese systemsprengenden Aphorismen aus Hegels vermeintlichem „Zwangssystem“ wieder befreit − mit Hilfe des spätromantisch frankophilen Aphoristikers und Moralisten Nietzsche.