Über dieses Buch:
Südtirol im 15. Jahrhundert: Einst konkurrierten die beiden Männer um das Herz der Gräfin von Greifenberg. Heute sieht der Augsburger Kaufmann Anton Fugger die Gelegenheit, es seinem ewigen Konkurrenten Jacob Herzfeld heimzuzahlen – und will in Konstanz den Handel seines Lebens abschließen: Die Venezianische Kriegsflotte soll mit Waren im Wert von 30.000 Gulden beliefert werden. Um Herzfeld dieses Geschäft vor der Nase wegzuschnappen, schreckt Fugger vor nichts zurück …
Über den Autor:
Roland Mueller, geboren 1959 in Würzburg, lebt in der Nähe von München. Der studierte Sozialwissenschaftler arbeitete in der Erwachsenenbildung, als Rhetorik- und Bewerbungstrainer und unterrichtet heute an der Hochschule der Bayerischen Polizei. Er veröffentlichte zahlreiche Romane, Kurzgeschichten, Kinder- und Jugendbücher.
Bei dotbooks erschienen bereits Roland Muellers historische Romane Der Goldschmied, Das Schwert des Goldschmieds, Das Erbe des Salzhändlers, Die Töchter des Pflanzenjägers und Der Fluch des Goldes sowie die Jugendromane Die abenteuerliche Reise des Marco Polo und Der Kundschafter des Königs.
Die erste Staffel der historischen Serie Der Clan des Greifen umfasst folgende Bände:
Erster Roman: Die Begegnung.
Zweiter Roman: Der Pakt.
Dritter Roman: Das Vermächtnis.
Vierter Roman: Das Erbe.
Fünfter Roman: Die Rache.
Sechster Roman: Das Spiel.
Die zweite Staffel umfasst folgende Bände:
Erster Roman: Die Hexe.
Zweiter Roman: Der Betrüger.
Dritter Roman: Der Greif.
Vierter Roman: Die Verfolgten.
Fünfter Roman: Die Braut.
Sechster Roman: Die Liebenden.
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Originalausgabe Februar 2016
Copyright © 2015 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Redaktion: Anja Rüdiger
Titelbildgestaltung: Nele Schütz unter Verwendung von shutterstock/Olga Rutko
E-Book-Herstellung: Open Publishing GmbH
ISBN 978-3-95824-514-3
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Roland Mueller
Der Clan des Greifen
Der Betrüger
Staffel II – Zweiter Roman
dotbooks.
Am Seeufer spiegelten sich die Häuser im Wasser. Die Sonne schien warm, und schon bald würde der Frühling dem Sommer weichen. Wie alle Tage schob sich eine dichte Menschenmenge durch die Gassen von Konstanz. Überall drängten sich die Menschen – auf dem Markt rund um die Kirche genauso wie an den Anlegeplätzen der Fischer. Es wurde gefeilscht und gehandelt, musiziert und getanzt, gesungen und gebetet. Die Stadt kochte schier über vor Geschäftigkeit, und es erweckte den Eindruck, als wäre die gesamte Christenheit zum Konzil gekommen. Konstanz zog die Menschen an, weil sie sich innerhalb der Mauern dieser Stadt etwas erhofften. Wenn auch nicht immer nur die Beantwortung der Fragen um die neue Ordnung der Kirche.
»Suchen Euer Gnaden etwas Zerstreuung?«
Die Frau lächelte, und Anton Fugger lächelte zurück. Die Hübschlerin war bereits die dritte Dirne, die ihn und Johannes Wenzel an diesem Vormittag ansprach. Fugger hatte gehört, dass die Anzahl dieser Frauen in der Stadt in den letzten Wochen stetig gestiegen war. Im Rat wurde sogar darüber nachgedacht, wie man die Anzahl der Dirnen begrenzen konnte. Wobei die wenigsten Ratsherren dies wirklich wollten. Schließlich nahm so mancher von ihnen ja selbst die Dienste einer Hübschlerin in Anspruch.
Anton Fugger wollte gerade antworten. Doch da trat Johannes Wenzel, sein Sekretär und Vertrauter, energisch dazwischen. »Der Herr ist nicht interessiert!«
Fugger hob wie bedauernd beide Hände. Die Frau wandte sich daraufhin an Wenzel.
»Und wie steht’s denn dann mit Euch, Euer Gnaden?«
Fugger lachte schallend und legte Wenzel die Hand auf die Schulter.
»Sieh an, Johannes, so schnell wird heutzutage aus einem braven Mann ein ›Euer Gnaden‹.«
Dann lächelte Fugger die Frau freundlich an und schüttelte dabei den Kopf. »Lasst gut sein, meine Schöne. Ein andermal vielleicht. Da nehmt, das ist für Euch.«
Er drückte ihr eine Münze in die Hand. Erstaunt sah ihn die Frau an. Fünf Pfennige! Das reichte für ein gutes Stück Fleisch oder drei Ellen feinsten Leinenstoff. Sie hob den bodenlangen Rock ein wenig an und knickste.
»Habt Dank, edler Herr.«
Fugger lächelte charmant.
»Kauf dir davon irgendeinen Putz. Obwohl, nein. Das brauchst du eigentlich gar nicht.«
Der Blick der Frau war fragend.
»Du bist hübsch genug«, erklärte Fugger, »auch ohne irgendwelchen Tand.«
Jetzt strahlte sie übers ganze Gesicht.
»Ihr seid ein gar lieber Herr, und ich danke Euch vielmals.«
Fugger nickte ihr freundlich zu und sah ihr nach, wie sie in der Menschenmenge verschwand. Bis Wenzel ihn sanft, aber bestimmt am Ärmel zog.
»Johannes«, beschwerte sich Fugger, »du bist heute Morgen lästig. Jawohl, lästig. Und ein Spielverderber bist du auch.«
»Herr, habt Ihr vergessen? Wir werden erwartet.«
»Weiß ich doch.«
Sie bahnten sich einen Weg durch die Menge, die vor Fuggers stattlicher Gestalt höflich zurückwich. Wenzel bemühte sich, mit seinem Herrn Schritt zu halten. »Außerdem hab ich Sorge, dass Ihr jedem Frauenzimmer hier, das Euch schöne Augen macht, Geld schenkt“, sagte er. „Am Ende seid Ihr heute Abend pleite, und ich hab es nicht verhindern können.«
Fugger lachte. Er hatte gute Laune. Die Reise von Bozen hierher nach Konstanz war lang und anstrengend gewesen. Aber sie waren gesund angekommen, hatten eine saubere Unterkunft gefunden, und es gab hier gut zu essen. Der Wein war keinesfalls schlechter als zu Hause, und seine Geschäfte liefen prächtig. Er ließ sich von Wenzel in eine Seitengasse ziehen. Hier waren nur wenige Leute unterwegs. Die Häuser standen dicht an dicht. Die Gasse war gerade breit genug, dass ein Fuhrwerk durchfahren konnte, ohne dabei die Mauern der Häuser zu berühren. Fugger blieb stehen und wandte sich noch einmal um. Das Dach des großen Handelshauses am Seeufer war noch zu sehen. Es leuchtete in der Sonne. Man musste in diesen Zeiten weit reisen, um ein imposanteres Gebäude zu finden. Zumindest auf dieser Seite der Alpen. In dem massiven Steinbau mit dem großen Walmdach lagerten drei Stockwerke hoch die Waren. Allerdings häuften sich die Gerüchte, dass in das Handelshaus Wahlmänner einziehen und auf neutralem Boden den neuen Papst wählen sollten. Der Streit darüber, wie und wo genau die anstehende Wahl des Kirchenfürsten durchgeführt werden sollte, schwelte seit Beginn des Konzils. Und nun hatte sich eine stattliche Mehrheit aus Adeligen und Würdenträgern dafür ausgesprochen, ebendieses gewaltige Gebäude dafür zu nutzen. Die Händler sträubten sich natürlich. Wiederholt hatten Bruderschaften wie Zünfte darauf hingewiesen, dass sie dann ihre Geschäfte nicht mehr abwickeln konnten. Was nicht der Wahrheit entsprach, denn Geschäfte wurden in diesen Tagen überall in der Stadt gemacht. Jetzt wartete man auf das Wort des Königs. Doch Sigismund von Böhmen ließ auf sich warten. Auf sein Wort genauso wie auf seine Ankunft in der Stadt am großen See.
»Mein Herr, bitte«, drängte ihn Wenzel.
Fugger folgte ihm durch einen Torbogen in einen kleinen Innenhof, wie es sie in vielen Bürgerhäusern der Stadt gab. Zu anderen Zeiten waren diese Höfe Orte der Ruhe, in diesen Monaten jedoch lagerten auch hier dicht an dicht die Menschen, denn Platz war ein kostbares Gut geworden. Der Hof, den sie gerade betreten hatten, aber lag verwaist. Wenzel ging zu einer reich mit Schnitzereien verzierten Tür und klopfte. Während die beiden Männer warteten, sah sich Fugger aufmerksam um. Es war sauber hier, stellte er fest. Das war in einer Stadt, in der Schmutz etwas Alltägliches war, mehr als auffallend. Selbst der penetrante Gestank nach faulem Wasser war hier nicht zu riechen. In Steintrögen wuchsen allerlei Pflanzen. Sogar kleine Bäume, nur wenig höher als sie selbst, und das frische Laub rauschte im warmen Wind. So also lebte einer seiner Handelsagenten, dachte Fugger. Er musterte die Hausmauer und bemerkte überall Blumen an den Fenstern. Jemand hatte sie in kleine Jutesäcke gepflanzt und diese dann mit Schnüren an den Fensterstöcken festgebunden. Er fand das eine hübsche Idee und stellte sich vor, wie es wäre, wenn er eines Tages seinen eigenen Hausstand gründen würde. In einem prächtigen Gebäude mit Garten. Und einem großen Apfelbaum. Und Blumen. Dazu eine Frau, die Blumen liebte. Für einen Moment sah Fugger Eleonore in seinen Gedanken. Aber sie sah er immer, wenn er an die Zukunft dachte.
Beinahe lautlos öffnete sich jetzt die schwere Eingangstür. Vor ihnen stand ein mittelgroßer, gutgekleideter Mann. Er war noch jung, etwa in Wenzels Alter, und das sorgsam frisierte Haar reichte ihm bis in den Nacken. Um das Kinn trug er einen kurzen, gepflegten Bart.
»Ora et labora, Konstanzia«, sagte Johannes Wenzel, und der Mann in der Tür wiederholte die Worte.
Dazu verbeugte er sich knapp.
Wenzel stellte Fugger vor, und der Unbekannte grüßte den Augsburger Kaufmann mit einer erneuten Verbeugung. Seinen Namen nannte er nicht, doch er bat beide einzutreten. Sie folgten seiner Einladung, ohne zu ahnen, dass sie von zwei wachsamen Augen beobachtet wurden. Den Augen einer hübschen Frau, die unauffällig neben dem Hoftor stand und zusah, wie sich die schwere Tür hinter den Männern wieder schloss. Noch immer hielt sie die Münze in der Hand, die sich dort bereits ganz warm anfühlte. Als ein Diener aus dem Haus sprang und zum Hoftor eilte, um es zu schließen, wandte sie sich rasch ab und zog sich einen Schleier über den Kopf. Unbemerkt schritt sie die kaum belebte Gasse hinunter. Sie dachte daran, dass zu dem Geld in ihrer Hand noch mehr kommen sollte. Für das, was sie im Auftrag tun sollte, war noch ein ganzer Gulden fällig. So war es ausgemacht. Sie lachte für sich, weil sie daran dachte, dass sie dafür noch nicht einmal einem dieser Kerle zu Diensten sein musste. So wie sonst eben. Dabei wäre ihr das bei dem Älteren der beiden da in dem Hof nicht einmal schwergefallen. Doch gleich darauf schalt sie sich ihrer Gedanken. Nein, bei der Erinnerung an ihre verlorene Tugend, sie war eine Hübschlerin, und die verschenkte nichts. Weder ihre Gunst noch ihre Reize.
***
Fugger verkehrte so gut wie nie mit Handelsvertretern, ganz gleich, ob sie der Kaufmannsgilde oder den Bruderschaften der Handelsherren angehörten. Diese Aufgabe hatte Wenzel für ihn übernommen. Allerdings war Fugger fest davon überzeugt, dass ihm Nachrichten nützlich sein konnten. In seiner Absicht, hier im Süden im großen Stil zu handeln, musste er alles wissen. Also bezahlte er Informanten wie diesen Handelsvertreter. Schweigend sah er zu, wie Wenzel rasch eine Reihe beschriebener Papierbogen überflog. Fugger dachte daran, was er und sein Vertrauter vorher vereinbart hatten: Er, der Handelsherr, hatte nichts dagegen, wenn sein Sekretär das folgende Gespräch eröffnete. Doch der Mann, der sie hereingebeten hatte, kam ihnen zuvor.
»Die Venezianer brauchen noch mehr«, sagte er.
»Gerste oder Weizen?«, fragte Wenzel und sah von seiner Lektüre auf.
»Gerste und Weizen. Und Öl, vor allem Olivenöl. Dazu Bauholz, Segelleinen, Tauwerk, Eisen, Holzkohle, ja, auch Schwarzpulver. Und natürlich Waffen. In spätestens drei Monaten soll ihre Flotte kampfbereit sein.«
Fugger schwieg noch immer. Wenzel nickte nachdenklich und legte einen Finger ans Kinn. Der Sprecher fuhr fort: »Die venezianische Gesandtschaft hier in Konstanz hat es eilig. Man sagt, sie rüsten zum Aufbruch. Verstehen die Herren, was das heißt?«
Der Mann musterte sie beide, und Fugger fand ihn arrogant.
»Sie wissen natürlich, dass der Feldzug bald beginnen wird«, antwortete Wenzel nachdenklich, »was für uns bedeutet, dass die Zeit drängt, wenn wir noch weitere Geschäfte mit Venedig machen wollen.«
»Genauso ist es«, entgegnete der junge Mann.
Fugger räusperte sich, bevor er seine Frage stellte.
»Also weiß inzwischen jedermann, dass ein Krieg gegen die Türken bevorsteht, ja?«
Der Mann lachte.
»Lieber Herr Fugger, Nachrichten verbreiten sich in Konstanz schneller als jeder Feuersturm.«
Fugger strich sich bedächtig über den Bart.
»Nun denn, dann ist es ja alles gut. Ich meine, was Ihr an Nachrichten für uns habt, werter Herr ... Herr ... einen Augenblick, Ihr habt mir noch nicht Euren Namen genannt, junger Freund. Bitte, habt die Güte und sagt mir ...«
»Mein Name tut nichts zur Sache.«
Fugger sah den Mann einen Moment lang schweigend an.
»Natürlich«, sagte er dann bedächtig.
Er lächelte freundlich und straffte die Schultern. »Dann, junger Freund, nennt uns die Summe, um die es bei dem Geschäft gehen soll. Wie viel müsste ich aufbieten, um den Handel mit Venedig ganz allein zu machen?«
»Dreißigtausend Gulden, Herr.«
Johannes Wenzel sog hörbar die Luft ein. Auch Fugger war sprachlos. Er hatte allenfalls mit einem Drittel der Summe gerechnet. Die Prämie für diesen reichlich von sich eingenommenen Mittelsmann inklusive.
»Eine gewaltige Summe.«
»Ja, Herr. Aber ein Krieg kostet nun einmal Geld.«
Fugger betrachtete ihn einen Moment lang, bevor er antwortete.
»Ich will dieses Geschäft machen.«
»Dreißigtausend, Herr. Wer immer dabei ist. Diese Summe steht aus.«
»Ich verstehe Euch. Aber wie kommt Ihr darauf, dass ich über einen so gewaltigen Betrag verfügen könnte, junger Freund?«
»Wenn nicht Ihr, Herr Fugger, wer dann?«, antwortete der Mann fröhlich.
Fugger lächelte sanft.
»Bei aller Bescheidenheit, mein Lieber, aber dass Venedig einen Krieg vorbereitet, ist inzwischen bekannt. Hier in Konstanz wie auch anderswo. Das sagtet Ihr ja gerade. Das heißt also, es könnte mir längst jemand das Geschäft vor der Nase weggeschnappt haben.«
Der junge Mann zuckte mit den Schultern.
»Verehrter Herr Fugger, es gibt immer jemanden, der versuchen könnte, an solch einem fetten Handel teilzuhaben. Aber das brauche ich Euch ja nicht zu sagen, nicht wahr?«
Der junge Mann lächelte bei diesen Worten.
»Dann, bitte, habt die Güte und nennt mir doch einmal diesen Jemand«, entgegnete Fugger betont liebenswürdig, »ich meine, jemanden, der dazu in der Lage wäre. Und, mein lieber Freund, bevor Ihr jetzt antwortet, vergesst nicht, wer Euch bezahlt. Und dies nur weiter tun wird, wenn ... nun, wenn sich alles so fügt wie bisher.«
Der Mann sah ihn verwundert an. Dann lächelte er wieder gewinnend.
»Nicht ein einziges Mal hab ich das vergessen, Herr Fugger. Ich bin Euch dafür dankbar, und seid versichert, Euer Diener.«
»Das freut sehr, dass Ihr das sagt, Herr Tezel.«
Der Mann öffnete überrascht den Mund und suchte nach Worten.
»Woher ...?«, begann er dann.
»... ich Euren Namen kenne?«
Fugger lächelte höflich. Er legte beide Hände auf den Rücken und begann vor Tezel auf und ab zu gehen.
»Nun, ich interessiere mich für Menschen. Ganz besonders für Menschen, die für mich arbeiten. Deshalb weiß ich über Euch zum Beispiel, Herr Tezel, dass Ihr Euch ganz gerne amüsiert. Im Badehaus, beim Würfelspiel. Oder mit den Hübschlerinnen.«
Tezel wollte etwas sagen, doch Fugger winkte ab.
»Nein, seid ganz unbesorgt. Was Ihr mit Eurem Geld macht, interessiert mich nicht. Ob Eure Nachrichten etwas taugen, das ist mir wichtig. Bisher war alles zu meiner Zufriedenheit. Aber ich möchte auch weiterhin zufrieden sein, versteht Ihr?«
»Natürlich, Herr Fugger. Euer Diener, Herr.«
Tezel verbeugte sich jetzt tief vor dem Handelsherrn. Fugger blieb vor ihm stehen und lächelte freundlich.
»Mein Herr«, begann Tezel erneut, »Ihr könnt Euch auch weiterhin auf mich verlassen.«
»Sehr gut. Dann beweist es mir. Und zwar jetzt gleich.«
Tezel suchte nach Worten. Irgendwo im Haus erklang das helle Lachen einer Frau. Dann war es wieder still. Nachdenklich schürzte Tezel die Lippen und nickte bedächtig. Auf einmal lächelte er wieder so gewinnend wie zuvor.
»Hab ich Euch eben richtig verstanden, ja? Ihr wollt wissen, wer Euer ärgster Konkurrent ist, edler Herr?«
»Dies zu erfahren wäre mir ganz besonders willkommen, ja.«
»Dann will ich es Euch sagen. Nein, Ihr könnt ihn sogar sehen, wenn Ihr wollt.«
»Wann, Herr Tezel?«
»Jetzt gleich, Herr.«
»Was denn, er ist hier?«, fragte Wenzel verblüfft an Fuggers Stelle.
Fugger dagegen wirkte nicht allzu überrascht.
»Weiß dieser Konkurrent, dass Ihr für mich arbeitet?«, wollte er wissen.
Tezel schüttelte entrüstet den Kopf.
»Aber nein, mein Herr, wo denkt Ihr hin? Er weiß nur, dass die Venezianer eine Flotte ausrüsten. Aber wie bereits gesagt, ist das kein Geheimnis mehr. Dieser Mann will dieses Geschäft unbedingt machen. Ohne einen Konkurrenten. So wie Ihr, Herr Fugger.«
Der Handelsherr nickte.
»Gut, Herr Tezel. Dann seid so gut und zeigt mir diesen Mann. Und zwar jetzt gleich, wenn ich Euch bitten darf.«
***
Tezel führte sie in einen kleinen Raum, in dem sich nur eine mächtige Holztruhe an der Wand und ein fast mannshoher Kerzenleuchter befanden. Behutsam schloss er die Tür hinter sich, trat dann an die holzgetäfelte Wand und schob ein schmales Brett in der Täfelung zur Seite. Er gebot Fugger mit einem stummen Wink, hindurchzublicken. Die winzige Öffnung gab die Sicht in den dahinterliegenden Raum frei. Der Handelsherr musste lächeln, als er die Person am Fenster erkannte. Damit hatte er nicht wirklich gerechnet. Er bemühte sich, seine Überraschung nicht allzu deutlich zu zeigen. Leise trat er von der Wand zurück und gab Tezel zu verstehen, dass er genug gesehen hatte. Der verschloss die Öffnung lautlos und führte beide Männer in einen Nebenraum, wo er ihnen einen Platz zum Sitzen anbot. Er selbst wartete höflich, bis es sich Fugger und sein Begleiter bequem gemacht hatten. Dann erst nahm auch er auf einem Schemel Platz.
»Wie lange ist er schon in der Stadt?«, begann Fugger ruhig.
Tezel zuckte mit den Schultern.
»Das kann ich Euch nicht sagen, Herr. Weil ich es nicht weiß. Er kam erst heute Morgen zu mir, um über das Geschäft zu reden.«
»Was mich verwundert, ist, dass er tatsächlich glaubt, dabei mithalten zu können«, sagte Fugger nachdenklich.
Der Handelsagent lächelte jetzt wieder gewinnend und fuhr dann fort.
»Eine ganze Reihe Herren sind an dem Geschäft mit den Venezianern interessiert. Ihre Namen kenne ich alle, und wenn Ihr es wünscht, nenne ich sie Euch. Ich lasse Euch sogar alle Namen aufschreiben, wenn Ihr es wollt.«
»Warum nicht?«, entgegnete Fugger mit einem Blick auf den neben ihm sitzenden Wenzel.
Der nickte eifrig, und Tezel fuhr fort.
»Diese Herren jedoch wollen die geforderte Summe zusammen aufbringen. Auch wenn sie sich dafür Geld leihen müssen. Dieser Mann dort …« Er nickte in Richtung der vertäfelten Wand. »... wäre dann Partner dieser Herren.«
Fugger betrachtete Tezel schweigend.
»Respekt!«, sagte er dann. »Ihr seid gut informiert, und ich danke Euch sehr für Eure offenen Worte.«
Er erhob sich von seinem Platz, und Tezel tat es ihm nach.
»Und nun? Was wünscht Ihr, dass ich für Euch tun soll?«, fragte Tezel.
»Vertröstet ihn.«