Für die Musen.

Vorwort

„Der einzig wahre Realist ist der Visionär.“

Federico Fellini

Eine Amerikanische Ölgesellschaft beauftragte vor einigen Jahren ein Team von Psychologen damit herauszufinden, was die kreativen Mitarbeiter in Forschung und Entwicklung von den weniger kreativen Köpfen unterschied. Nach intensiver, dreimonatiger Untersuchung stellten die Forscher fest, dass der Hauptunterschied zwischen den beiden Mitarbeitergruppen darin bestand, dass die kreativen Personen sich selbst als kreativ einschätzen, während die weniger kreativen das nicht taten. So einfach ist das also?

Ja – und nein. Kreatives Denken ist jedem von uns angeboren. Aber es muss systematisch geübt, verbessert und erweitert werden, um verlässlich zur Verfügung zu stehen. Zum Glück gibt es einige einfach zu benutzende Denkwerkzeuge, mit deren Hilfe wir die gewohnten Denkbahnen leichter verlassen und somit neue Ideen entwickeln können.

In diesem Buch stelle ich Ihnen die besten dieser Werkzeuge vor und lade Sie ein, diese auszuprobieren. Denn mit der Kreativität ist es wie mit dem Schwimmen: Es kann zwar ganz nützlich sein, Bücher darüber zu lesen und Wissen anzusammeln, aber wirklich verstehen werden Sie es erst, wenn Sie ins Wasser springen und losstrampeln.

Daher ist dieses Buch als Arbeitsbuch konzipiert, an dem Sie eifrig mitarbeiten. Ich hoffe, Sie haben bereits Ihren Namen als Co-Autor bzw. Co-Autorin eingetragen? Wenn nicht, dann tun Sie dies bitte jetzt! Und halten Sie Ihren Kugelschreiber oder Füller weiterhin bereit, Sie werden ihn bald wieder brauchen.

Ich freue mich schon sehr auf unsere Zusammenarbeit!

Wien, im Frühjahr 2013

 

Was Sie neben diesem Buch und Ihrem Kugelschreiber sonst noch brauchen können:

– Schmierpapier

– bunte Stifte

– einen Stoß Karteikarten und

– Haftnotizen

Zu den Haftnotizen, diesen praktischen kleinen Klebezetteln, gibt es eine nette Anekdote: Spencer Silver hatte Ende der 1960er-Jahre die Aufgabe, für seinen Arbeitgeber, die Minnesota Mining and Manufacturing Company (3M), einen neuen Superkleber zu entwickeln, der stärker als alle bis dahin bekannten Klebstoffe sein sollte. Was er fand, war eine klebrige Masse, die sich zwar auf allen Oberflächen gut auftragen, jedoch ebenso leicht wieder ablösen ließ – als Superkleber eine Fehlbesetzung. Die Erfindung geriet rasch in Vergessenheit.

Jahre später erinnerte sich ein Kollege Spencers, Art Fry, aus gegebenem Anlass wieder an den gescheiterten Sekundenkleber. Fry war Mitglied eines Kirchenchors und ärgerte sich regelmäßig darüber, dass seine Lesezeichen ständig aus den Notenmappen fielen. Er besorgte sich eine Probe des Klebstoffs und bestrich die Lesezeichen damit. Und siehe da: Die Zettel hafteten nun zuverlässig im Gesangbuch, ließen sich aber dennoch leicht wieder lösen, ohne die Notenblätter zu zerstören. Die Post-its waren erfunden.

Mittlerweile gibt es mehr als 400 Produktvarianten von verschiedenen Herstellern. Die US-Zeitschrift Fortune erklärte die Haftnotiz gar zu einer der wichtigsten Erfindungen des 20. Jahrhunderts – zusammen mit dem Kühlschrank, der Boeing 707 und der Compact Disc!

In neun Kapiteln vom Problem zum Ziel: Der Seminarablauf

„Drei Fuß Eis kommen nicht von einem kalten Tag.“

Chinesisches Sprichwort

Einleitung: Worüber wir reden, wenn wir über Kreativität reden, und andere Betrachtungen.

Kapitel 1 – Ideen sammeln: Geistige Dehnübungen helfen Ihnen, auch die süßesten Früchte zu erreichen.

Kapitel 2 – Idee-Landkarten: Kreative Menschen fragen nicht nach dem Weg – sie haben eine Karte.

Kapitel 3 – Ideen durch Worte: Warum Sie nicht nicht an einen blauen Elefanten denken können.

Kapitel 4 – Ideen durch Bilder: Bilder ermöglichen einen neuen Blickwinkel auf die Aufgabe.

Kapitel 5 – Analog-Ideen: Gleicht Ihr Problem eher einer Schreibmaschine oder einem Flugzeug? Hier finden Sie es heraus.

Kapitel 6 – Ver-rückte Ideen: Trainieren Sie Ihre geistige Beweglichkeit durch Gedanken-Seitensprünge!

Kapitel 7 – Ideen aus der Tiefe: Zapfen Sie den Ideenreichtum Ihres Unbewussten bewusst an.

Kapitel 8 – Ideen mit System: Wie Sie komplexe Zusammenhänge Schritt für Schritt erkennen können.

Kapitel 9 – Ideen umsetzen: Hier erwachen Ihre Ideen zum Leben und nehmen Form an.

Einleitung: Worüber wir reden, wenn wir über Kreativität reden – Und warum auch Sie kreativ sind

„Alle Menschen haben die Anlage, schöpferisch tätig zu sein.
Nur merken es die meisten nie.“

Truman Capote

Wenn zwei oder mehr Personen über Kreativität sprechen, kann man häufig feststellen, dass sie eigentlich über ganz unterschiedliche Phänomene diskutieren. Das macht die Kommunikation über dieses Thema nicht eben einfacher. Die folgenden Aussagen stammen von meinen Seminar-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern:

Kreativität ist ...

Damit wir im Verlauf dieses Buches nicht aneinander vorbeireden, schlage ich vor, uns auf eine einfache, allgemeine Begriffsbestimmung zu einigen:

„Kreativität bezeichnet die Fähigkeit, neue Problemstellungen durch die Anwendung erworbener Fähigkeiten zu lösen.“

„Wer noch nie einen Fehler gemacht hat,
hat sich noch nie an etwas Neuem versucht.“

Albert Einstein

Wann immer Sie eine Aufgabe lösen, die nicht zu Ihrer Routine gehört, die für Sie neu ist, setzen Sie Ihre Kreativität ein. Und das tun Sie doch sicher öfter, oder? Hier haben Sie Platz, einige Ihrer erfolgreichsten Lösungen und kreativen Erfolge zu notieren, um sich immer wieder daran zu erinnern, wie kreativ Sie sind:

 Übung

Meine kreativen Erfolge

Viele Menschen haben leider schon früh von Eltern, Lehrern oder anderen Bezugspersonen zu hören bekommen, sie seien nicht kreativ. Wenn sie dann später im Leben Ideen entwickeln sollen, antworten sie linear und analytisch und beweisen sich damit selbst, was sie als Wahrheit über sich gehört und akzeptiert haben. Sonst entstünde ein innerer Wahrheitsbruch, der Verwirrung und Verunsicherung auslöst. Die wichtigste Voraussetzung für Kreativität sind aber eben der Glaube an den eigenen Erfindergeist, das Vertrauen in den Wert der eigenen Ideen und der Mut, dazu zu stehen. Ich hoffe, Sie gehören nicht zu dem beschriebenen Personenkreis. Wenn doch, lesen Sie den ersten Absatz im Vorwort noch einmal aufmerksam durch.

No Brainstorming! Die Vor- und Nachteile der Gruppenarbeit

„Das gute alte Brainstorming ist zwar noch nicht tot,
doch für manche riecht es schon ein wenig verdächtig.“

Mario Pricken

Brainstorming ist eine Kreativitätstechnik, die auf den amerikanischen Autor und Werbefachmann Alex F. Osborn zurückgeht. Im klassischen Brainstorming wird der Synergieeffekt der Gruppe genutzt: Im Idealfall inspirieren sich die Teilnehmerinnen gegenseitig zu neuen Ideen und Assoziationen. In den letzten Jahren ist diese Methode allerdings immer wieder kritisiert worden. Mario Pricken, Innovations Director und Autor mehrerer Bücher, nennt auf seiner Homepage gleich „11 gute Gründe, kein Brainstorming durchzuführen“. In seiner Argumentation bezieht er sich vor allem auf die mangelhaften Rahmenbedingungen, unter denen Brainstormings häufig stattfinden. Darüber hinaus braucht man für ein klassisches Brainstorming eine Gruppe von mindestens fünf bis sechs Personen. Diese sollten aus möglichst unterschiedlichen Bereichen kommen, die allerdings alle mit der Aufgabe zusammenhängen. Die oft zitierte Putzfrau ist nur dann zurate zu ziehen, wenn das Problem dem Bereich der Raumpflege entstammt.

So sitzen also schnell die besten Köpfe eines Unternehmens für Stunden in einem Meeting fest, während die eigentliche Arbeit unerledigt bleibt. Aber haben mehr Menschen automatisch mehr oder bessere Ideen? Neueren Studien zufolge deutet nichts darauf hin, dass Einzelpersonen nicht ebenso gute, wenn nicht bessere Ergebnisse erzielen können.

Natürlich ist das gesamte Wissen einer Gruppe größer und weiter gestreut als das des Einzelnen. Chancen und Risiken können fundierter beurteilt werden, wenn mehrere Augen darauf gerichtet sind. Wenn das Ergebnis später von der ganzen Gruppe getragen werden soll, ist es zudem von Vorteil, alle Mitglieder am Ideenfindungsprozess zu beteiligen, um die Akzeptanz der Lösung zu erhöhen.

Allerdings benötigen mehr Menschen auch mehr Zeit, um zu einem Ergebnis zu gelangen. Außerdem können Vorgesetzte, starke Persönlichkeiten oder der Gruppendruck das Denken der Gruppe dominieren und ungewöhnliche Denkansätze verhindern. Weniger durchsetzungsstarke Teilnehmer werden gehemmt und halten ihre Ideen zurück. Wirklich innovative Ideen werden auf diese Weise oft abgeschwächt oder versinken in einem Kompromiss.

Regeln brechen – aber richtig. Die zehn Gebote der Ideenfindung

„Es gibt keine schöpferische Tätigkeit ohne Ungehorsam.“

Jean Cocteau

Ob alleine oder in der Gruppe, die besten Ergebnisse erzielen Sie, wenn Sie die folgenden zehn Grundregeln beachten:

  1. Das Ziel muss klar und für alle verständlich formuliert sein.
  2. Alle dürfen alles sagen, was ihnen in den Sinn kommt.
  3. Jede Idee – und sei sie auch noch so verrückt – wird aufgeschrieben.
  4. Kritik ist verboten!
  5. Egal ob positiv oder negativ: Während der Ideenfindung wird keinerlei Wertung vorgenommen. Diese erfolgt erst zu einem späteren Zeitpunkt.
  6. Ideen dürfen aufgegriffen und ausgebaut werden.
    Niemand hat das alleinige Urheberrecht an einer Idee.
  7. Quantität vor Qualität.
  8. Fehler sind erlaubt, ja wünschenswert.
  9. Wenn der Ideenfluss ins Stocken gerät: trotzdem dranbleiben!
    Die besten Einfälle kommen meist erst in einer zweiten Phase.
  10. Tempo, Tempo, Tempo!

Wenn keine Zeit zu rationalem Denken zur Verfügung steht, können Ideen freier und spontaner hervorsprudeln. Der innere Kritiker gibt auf und lässt auch ungewöhnliche oder verrückte Ideen zu. Wie sich schnelles Denken zudem positiv auf Ihre Stimmung auswirkt, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Doch Vorsicht: Druck und Stress können rasch zur Kreativitätsbremse werden. Zeitdruck darf immer nur ohne Erfolgsdruck ausgeübt werden.

Auf die Plätze, fertig, los: Geistige Beweglichkeit macht glücklich!

„Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.“

Francis Picabia

Emily Pronin und Elana Jacobs von der Princeton University in New Jersey (USA) stellten sich die Frage, inwiefern sich die Art unseres Denkens – unabhängig von den Inhalten – auf unsere Stimmung auswirkt. Schwerpunkt ihrer Untersuchungen war die geistige Beweglichkeit, die sie aus den Komponenten Gedanken-Geschwindigkeit (Anzahl der Gedanken pro Zeiteinheit) und Gedanken-Variabilität (Unterschiedlichkeit der Gedanken) zusammensetzten. Aus mehreren Experimenten mit Studentinnen und Studenten der Universität zogen die Psychologinnen folgende Schlüsse:

  1. Geschwindigkeit: Schnelles Denken wirkt sich positiv auf die Stimmung aus. Langsames Denken, also wenige Gedanken pro Zeiteinheit, hat keine positive Auswirkung.
  2. Variabilität: Unterschiedliche Gedanken führen ebenso zu besserer Stimmung, wohingegen wiederkehrende Gedankenschleifen sich negativ auf unsere Gemütslage auswirken.
  3. Kombination: Schnelles Denken unterschiedlicher Gedanken führt zur Hochstimmung, langsames, repetitives Denken zu Gedrücktheit und Depression.
  4. Inhaltliche Unabhängigkeit: Die Auswirkungen von Gedanken-Geschwindigkeit und -Variabilität sind unabhängig vom spezifischen Inhalt der Gedanken. Auch bei neutralen oder gar negativen Gedankenthemen bleibt die positive Wirkung erhalten.

Egal, was Sie jetzt denken: Denken Sie etwas anderes. Und zwar schnell!

Sollten Ihre Ideen dann auch noch besser sein, als Sie es selbst erwartet haben, haben Sie überhaupt den Glücks-Joker gezogen. Denn ganz tief in unserem Gehirn, im sogenannten Mittelhirn, gibt es Neuronen, die immer dann, wenn ein Ereignis besser ist als erwartet, Dopamin freisetzen. Daraufhin werden Endorphine – körpereigene Opiate – produziert und im Frontalhirn ausgeschüttet. Das macht nicht nur jede Menge Spaß, es bewirkt auch, dass das Frontalhirn und der Arbeitsspeicher besser funktionieren: Wir werden wach und aufmerksam und können besser denken.

Raus aus der Komfortzone. So befreien Sie Ihr Denken aus der Box

„Die meisten leben in den Ruinen ihrer Gewohnheiten“

Jean Cocteau

Kreatives Handeln setzt eine Auseinandersetzung mit der Umwelt, aber auch mit der eigenen Person voraus. Kreative Menschen müssen ihr Wahrnehmungsvermögen trainieren und ihre Komfortzone Schritt für Schritt erweitern, um neue Erfahrungen zu machen und neue Eindrücke zu sammeln.

Hier sind einige Anregungen, die Ihrer Kreativität auf die Sprünge helfen:

  • Versuchen Sie, jeden Tag über irgendetwas erstaunt zu sein.
  • Versuchen Sie, mindestens einen Menschen pro Tag in Erstaunen zu versetzen, indem Sie etwas Unerwartetes sagen oder tun.
  • Durchbrechen Sie Ihre Routine: Nehmen Sie jeden Tag einen anderen Weg zur Arbeit, benutzen Sie andere Verkehrsmittel oder gehen Sie zu Fuß.
  • Tun Sie mindestens einmal pro Woche etwas, das Sie noch nie getan haben und / oder wovor Sie sich ein wenig fürchten.
    • Bestellen Sie sich etwas zu essen, das Sie nicht kennen.
    • Besuchen Sie als blutiger Anfänger einen Tangokurs für Fortgeschrittene.
    • Tragen Sie völlig unpassende Kleidung.
  • Lernen Sie etwas Neues! Eine Sprache, eine Sportart, ein Musikinstrument: Jede neue Fähigkeit oder Fertigkeit erweitert Ihr Repertoire.
  • Essen Sie einen Tag lang nur Dinge, die rot sind. Am nächsten Tag nur grüne Dinge, dann blaue, gelbe …
  • Tun Sie einen Tag lang nur Dinge, die mit S anfangen. Wenn nötig, taufen Sie Tätigkeiten um.
  • Lesen Sie Fachmagazine zu verschiedensten Themen, auch – oder gerade – wenn Sie nicht alles darin verstehen.
  • Egal was Sie denken – denken Sie einmal das Gegenteil.
  • Lesen Sie Biografien inspirierender Personen.
  • Besuchen Sie Ausstellungen und Museen.
  • Legen Sie Ihre Lieblingsmusik auf und tanzen Sie, bis Sie müde werden!
  • Sprechen Sie eine Ihnen unbekannte Person an und fragen Sie sie zu einem aktuellen Thema, das Sie beschäftigt.
  • Gehen Sie spazieren und sammeln Sie kuriose Fundstücke für ein Privatmuseum der Seltsamkeiten.
  • Tragen Sie einen Tag lang eine Perücke und beobachten Sie die Reaktionen Ihrer Umgebung.
  • Besuchen Sie eine fremde Stadt und verlaufen Sie sich absichtlich.
  • Legen Sie sich ein neues, außergewöhnliches Hobby zu.
  • Nehmen Sie Dinge wörtlich. Sie werden sich wundern, wie viel Spaß man damit haben kann.
  • Versuchen Sie, eine Woche lang auf das Wort „aber“ zu verzichten. Ersetzen Sie es durch „und“.
  • Machen Sie einen Besuch auf einem Spielplatz und beobachten Sie die Kinder.
  • Hören Sie jeden Tag einen anderen Radiosender.
  • Wechseln Sie Ihr Stammlokal.
  • Notieren Sie alle Erlebnisse, Erfahrungen und Erkenntnisse, die Sie bei diesen kleinen Abenteuern haben.

 Übung

Gewohnheiten ändern

Erstellen Sie eine Liste aller Dinge, die Sie gewohnheitsmäßig erledigen, und ändern Sie diese Gewohnheiten für einen Tag, eine Woche oder einen Monat.

   alte Gewohnheit   

   geändertes Verhalten   

 
 
 
 
  
   
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Mit Listen hat übrigens auch das nächste Kapitel zu tun. Sehen Sie selbst!

ABC-Listen

Listen lenken die Aufmerksamkeit. Sie können als Erinnerungsstütze dienen, zu neuen Ideen anregen und überhaupt das Leben leichter, übersichtlicher und vielfältiger machen. Mit ABC-Listen erweitern Sie zudem Ihr kreatives und sprachliches Repertoire. Sie trainieren Ihr Gehirn, holen Begriffe, die Sie schon lange nicht verwendet haben, aus der Versenkung Ihres Unbewussten hervor und schaffen einen guten Grundstock für die spätere Ideenfindung. Und all das, während Sie morgens auf den Bus warten, in der Werbepause oder im Wartezimmer Ihres Arztes.

Einsatz: zur Einstimmung auf ein Thema, schnellen Inventur, ersten Ideensammlung, Auflockerung, Steigerung der Kreativität und Erweiterung des sprachlichen Repertoires

Benötigt: Stift und Arbeitsbogen
Weitere Bögen zum Ausdrucken im A4-Format können Sie auf http://www.junfermann.de herunterladen.

Dauer: 5 bis 10 Minuten

Tipp: Verkürzt Wartezeiten an der Busstation oder in der Werbepause.

Ablauf:

  1. Überlegen Sie, zu welchem Thema Sie Ideen sammeln wollen, und schreiben Sie dieses in die dafür vorgesehene Zeile des Arbeitsbogens. Zum Beispiel ein konkretes Problem, zu dem Sie Lösungen suchen, oder ein beliebiges Stichwort, das Sie interessiert.
  2. Finden Sie in möglichst kurzer Zeit zu jedem Buchstaben des Alphabets mindestens einen zu Ihrem Thema passenden Begriff und tragen Sie diesen in die Tabelle ein. Dabei müssen Sie sich nicht verbissen von A bis Z durchkämpfen, springen Sie locker von Buchstabe zu Buchstabe. Arbeiten Sie so flüssig und kontinuierlich wie möglich. Wenn Sie das Gefühl haben, dass nichts mehr geht, beweisen Sie Mut zur Lücke und lassen eine oder zwei Zeilen frei. Natürlich können Sie auch mehrere Wörter pro Buchstabe eintragen.
  3. So erhalten Sie in kurzer Zeit eine ansehnliche Liste unterschiedlicher Begriffe. Diese können Sie nun weiter bearbeiten, kombinieren und verfeinern.

Wenn Sie die Liste zur Übung oder zum Zeitvertreib erstellt haben, heben Sie sie für Ihr nächstes Brainstorming auf. Benötigen Sie dann ein Reizwort (siehe Kapitel 3) als Impuls, nehmen Sie die Liste zur Hand und wählen Sie einen zufälligen Begriff als Inspiration.

 Übung

Erstellen Sie Ihre erste ABC-Liste!

Thema:

Datum:

A

                                                                                                        

B

C

D

E

F

G

H

I

J

K

L

M

N

O

P

Q

R

S

T

U

V

W

X

Y

Z

Die Aufzählung der Sammelobjekte (siehe hier) ist das Ergebnis einer solchen ABC-Liste, die ich erstellt habe, bevor ich mit dem Schreiben dieses Kapitels begann. Bestimmt fallen Ihnen noch mehr Dinge ein, die man sammeln kann. Zum Beispiel ABC-Listen!

Clustering

Anders als das Mind-Mapping, bei dem es vor allem um Strukturierung geht, ist die Cluster-Methode eine Technik zur reinen Assoziationsförderung und als solche eine Grundmethode des kreativen Schreibens. Entwickelt wurde sie von der amerikanischen Kunstpädagogin und Schreiblehrerin Gabriele L. Rico. Die Erstellung eines Clusters ähnelt in der Vorgehensweise dem Erstellen einer Mind-Map.

Einsatz: zur Ideenfindung im sprachlichen Bereich, zum Beispiel für Werbetexterinnen, Journalisten oder Autorinnen, um Denk- und Schreibblockaden zu überwinden

Benötigt: Stift und Papier

Dauer: 60 bis 90 Minuten

Tipp: Probieren Sie die Methode auch als Selbstcoaching-Übung, um sich etwas von der Seele zu schreiben.

Ablauf:

  1. Notieren Sie den Begriff, um den es geht, in der Mitte eines großen Bogens Papier und umrahmen Sie das Wort oder die Formulierung.
  2. Notieren Sie nun spontan und ohne gedankliche Beschränkung alle Dinge, die Ihnen zu diesem Begriff einfallen. Dies können Wörter, Gedanken, Gefühle, Satzteile, Synonyme, Zitate oder auch Personen sein. Verbinden Sie diese Assoziationskette durch Linien und rahmen Sie die einzelnen Begriffe ein.
  3. Wenn Ihr Ideenfluss ins Stocken gerät, kehren Sie zum Ausgangsbegriff zurück und beginnen Sie eine neue Ideenkette vom Zentrum aus.
  4. Finden Sie Querverbindungen Ihrer einzelnen Ideenstränge und lassen Sie sich dadurch weiter inspirieren. Suchen Sie nach besonders dichten Assoziationsnetzen und benutzen Sie diese als Ausgangspunkt für Ihre Aufgabe.

Ziel dieser Technik ist es nicht, eine möglichst umfassende und strukturierte Sammlung von Ideen und Begriffen zu finden, sondern lediglich einen spontanen Schreibimpuls auszulösen, der dann zur Bewältigung der gestellten Aufgabe genutzt werden kann. Daher ist es besonders wichtig, die Ideen nicht zu zensurieren, sondern sie ganz frei fließen zu lassen. Niemand sieht Ihnen über die Schulter, also lassen Sie’s laufen und überraschen Sie sich selbst! Am besten jetzt gleich auf der nächsten freien Seite.

 Übung

Bilden Sie Cluster!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Freie Texte

Die Basis dieses Werkzeugs ist eine vom französischen Dorfschullehrer Célestin Freinet entwickelte Unterrichtsmethode, bei der Bilder und Satzanfänge den kreativen Impuls für Schüleraufsätze geben. Wir können die so entstehenden Texte als Inspirationsquelle nutzen, um zu neuen Lösungsansätzen zu kommen.

Einsatz: für komplexe, abstrakte Aufgabenstellungen

Benötigt: Papier, Stift, Bilder und Satzanfänge
Einige Bild-Satz-Kombinationen finden Sie auf http://www.junfermann.de zum Downloaden.

Dauer: 30 bis 60 Minuten

Tipp: Legen Sie eine Sammlung von Bild-Satz-Kombinationen an, indem Sie Fotos aus Zeitungen und Zeitschriften ausschneiden oder eigene Urlaubsfotos ausdrucken. In Leerlaufphasen, wie zum Beispiel in der Werbepause während eines Films, notieren Sie spontane Sätze oder Satzanfänge zu den einzelnen Bildern zur späteren Verwendung.

Ablauf:

  1. Definieren Sie Ihr Ziel möglichst ausführlich und genau. Schreiben Sie alles auf und legen Sie das Blatt danach zur Seite. Wenn es Ihnen möglich ist, verbannen Sie alle Gedanken an das Thema vorübergehend aus Ihrem Bewusstsein. Keine Sorge, im Unbewussten bleibt es abgespeichert und zur Not haben Sie ja noch die schriftliche Zieldefinition zur Hand.
  2. Wählen Sie aus Ihrer eigenen Bild-Satzanfang-Sammlung oder dem Zusatzmaterial auf unserer Homepage ein Blatt aus, das Sie gerade besonders anspricht. Wenn Sie gleich beginnen wollen, benutzen Sie das Beispiel auf der nächsten Seite.
  3. Vervollständigen Sie den Satzanfang und schreiben Sie im Anschluss die Geschichte zu Ende. Nutzen Sie das Bild als Einstiegshilfe und kreativen Schreibimpuls und füllen Sie mindestens eine halbe A5-Seite mit Ihrer Story.
  4. Machen Sie eine Pause.
  5. Nehmen Sie danach die Geschichte und Ihre Zieldefinition aus Punkt 1 zur Hand und überlegen Sie, welche Lösungen in Ihrem Text verborgen sind. Welche Themen lassen sich auf das Problem übertragen? Welche Analogien können Sie herstellen?
  6. Notieren Sie konkrete Lösungsansätze und planen Sie deren Umsetzung.

 Übung

Das andere Ufer

Am anderen Ufer wartete K. Sie zögerte kurz, dann ...

 

 

 

 

 

Die Vorlagen zu diesem Werkzeug finden Sie zum Download auf http://www.junfermann.de.

Reizbildanalyse

Diese Methode wird in der Literatur auch häufig Visuelle Synektik oder Bisoziation genannt. Ich verwende den Begriff Reizbildanalyse, da er für mich am verständlichsten beschreibt, worum es dabei geht: eine Reizwortanalyse, die statt mit Wörtern mit Bildern arbeitet. Das hat einen großen Vorteil: Bilder regen andere Regionen des Gehirns an als Wörter. Da wir dabei auch Wortassoziationen mit den Bildern verbinden, benutzen wir somit einen größeren Bereich unseres Gehirns, was zu größerer Ideenfülle führt.

Entwickelt wurde dieses Denkwerkzeug vom Battelle-Institut, weshalb auch manchmal der Name Battelle-Bildmappen-Brainwriting (BBB-Methode) verwendet wird.

Einsatz: fördert Phantasie und Spontaneität, zwingt zum Verlassen vorhandener Denkschablonen und hilft so, besonders unkonventionelle Lösungsansätze zu finden

Benötigt: Stift, Papier und mehrere Bilder aus Zeitschriften, Katalogen oder Ansichtskarten
Am Ende dieses Kapitels finden Sie einige Fotos aus meiner persönlichen Bilder-Mappe.
Sie können diese Bilder auch als PDF-Datei herunterladen und in Farbe ausdrucken: http://www.junfermann.de

Dauer: 60 bis 90 Minuten

Tipp: Die besten Ideen entstehen, wenn Sie alle Hürden im eigenen Kopf überwinden und sich wirklich intensiv auf diese Methode einlassen. Nur so können Sie es schaffen, Verbindungen zwischen scheinbar unabhängigen Beziehungsfeldern herzustellen.

Ablauf:

  1. Zunächst benötigen Sie eine große Sammlung an Bildern. Um gleich mitmachen zu können benutzen Sie fürs Erste die Bilder am Ende dieses Kapitels. Beginnen Sie parallel dazu jedoch gleich damit, eigene Bilder zu sammeln.

    Was genau auf den Bildern dargestellt ist, ist nebensächlich. Sie können berühmte Persönlichkeiten, alte Kunstwerke, Bauten, Maschinen, Pflanzen, Tiere oder Haushaltsgegenstände zeigen. Je bunter die Mischung ist, desto spannender wird es.

  2. Definieren Sie die Aufgabenstellung und schreiben Sie sie als Überschrift auf Ihr Arbeitsblatt.
  3. Wählen Sie drei Bilder aus Ihrer Sammlung, die möglichst wenig mit dem Problem zu tun haben.
  4. Interpretieren Sie nun nacheinander jedes der drei Bilder und notieren Sie alle Assoziationen, Gefühle, Phantasien und Einfälle dazu.
  5. Übertragen Sie die gefundenen Begriffe auf das zu lösende Problem.
    • Passt der Begriff zur Aufgabe?
    • Kann er bei der Lösung helfen?
    • Was fällt Ihnen spontan dazu ein?

    Lassen Sie Ihren Assoziationen freien Lauf und suchen Sie nach Roh-Ideen für Ihre Aufgabe. Bleiben Sie so lange wie möglich bei einem Begriff und schöpfen Sie alle Assoziationen aus. Erst wenn der Ideenfluss versiegt, wird der nächste Begriff aus der Liste hergenommen, um ihn erneut als Ideenquelle zu nutzen.

  6. Wählen Sie eine oder mehrere der gefundenen Ideen aus und planen Sie die Umsetzung.

Der Begriff Synektik (von griechisch synechein = etwas miteinander in Verbindung bringen, verknüpfen) ist eine Sammelbezeichnung für alle Kreativitätstechniken, die auf Analogiebildung beruhen (siehe Kapitel 5). Er wurde von William Gordon geprägt und in seinem Buch Synectics: The development of creative capacity erstmals veröffentlicht.

Die Visuelle Synektik (Reizbildanalyse) ist eine Variante der klassischen Synektik, die als Ergänzung zu dieser vom Battelle-Institut in Amerika entwickelt wurde. Beim Battelle-Bildmappen-Brainwriting (BBB-Methode) bildet eine Bildmappe die Grundlage für ein schriftliches Brainstorming (= Brainwriting).

Bisoziation bezeichnet ebenfalls die Verknüpfung von Begriffen, Bildern oder Vorstellungen aus unterschiedlichen Bereichen. Der Ausdruck wurde vom österreichisch-ungarischen Autor Arthur Koestler in Anlehnung an das Wort Assoziation geprägt. Während Assoziationen gedankliche Verknüpfungen auf einer Ebene herstellen, verknüpft die Bisoziation Begriffe auf einander üblicherweise nicht zugeordneten Ebenen.

All diesen Techniken gemeinsam ist das Durchbrechen geistiger Routinen durch Analogiebildung und Verknüpfung unterschiedlicher Ideen. Mehr zu diesem Thema finden Sie im nächsten Kapitel.

Was wäre wenn …?

Was-wäre-wenn-Fragen regen die Phantasie auf besondere Weise an. Sie eröffnen neue, unerforschte Möglichkeitsräume, die zum Betrachten, Betreten und Erkunden einladen. Diese Methode ermöglicht Ihnen einen spielerischen Zugang zu Ihrer Aufgabe. Fiktive Szenarien bilden dabei die Basis für reale Lösungen.

Einsatz: zum Finden ungewöhnlicher Lösungen für vielfältige Problembereiche

Benötigt: Stifte und Papier

Dauer: 20 Minuten oder länger

Tipp: Probieren Sie diese Methode auch einmal als reine Gedankenübung vor dem Einschlafen aus und notieren Sie Ihre Träume am nächsten Morgen.

Ablauf:

  1. Notieren Sie das Ziel Ihrer Ideensuche.
  2. Finden Sie so viele Was-wäre-wenn-Szenarien wie möglich.
    • Was wäre, wenn das Problem fliegen könnte?
    • Oder wenn ein Bestandteil davon unsichtbar wäre?
  3. Beantworten Sie die Fragen möglichst ausführlich.
  4. Wählen Sie eines der Szenarien aus und erkunden Sie den Ideenraum, der sich daraus ergibt, genauer.
    • Welche Charakteristika zeichnen das Szenario aus?
    • Welche Bestandteile sind wesentlich dafür?
    • Was sind die Konsequenzen?
    • Wer ist davon betroffen?
  5. Welche Eigenschaften lassen sich auf Ihr Problem übertragen?
  6. Welche Lösungsmöglichkeiten stecken in dem Szenario oder seinen Bestandteilen?
  7. Entscheiden Sie sich für eine der Strategien und planen Sie erste Umsetzungsschritte.

Im Englischen nennt man diese Art des Fragenstellens What Ifing. Die Deutsche Sprache lässt sich nicht so flexibel beugen, und Was-wäre-wennen klingt für unsere Ohren ziemlich doof. Schade, eigentlich.