Horst Herrmann

Befreit Gott
von den Gläubigen!

Horst Herrmann

Befreit Gott von den Gläubigen!

Eine Liebeserklärung an Gott

Tectum Verlag

Horst Herrmann

Befreit Gott von den Gläubigen! Eine Liebeserklärung an Gott

© Tectum Verlag Marburg, 2015

ISBN: 978-3-8288-6300-2

(Dieser Titel ist zugleich als gedrucktes Buch unter

der ISBN 978-3-8288-3638-9 im Tectum Verlag erschienen.)

Umschlagabbildung: photocase.com © makino (bearbeitet)

Portrait des Autors: Fotografie©evelinFrerk

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www.tectum-verlag.de

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Für die vielen, die alles glauben müssen, weil sie nichts wissen dürfen

„Eine Schrift, die man erst zu lesen bittet, ehe man sie confiscirt.“

(Johann Gottlieb Fichte, Appellation gegen die Anklage des Atheismus, 1799)

INHALT

WORUM ES MIR GEHT

1.GOTT ERINNERN

Stille Geduld

Erfahrungen mit Gott

Einschränkung und Vorbehalt

2.GOTT ETIKETTIEREN

Verbindlich gemachte Lästerung

Wo Gott drauf steht, ist Kirche drin

Nachbesserung als Obsession

3.GOTT ERLEIDEN

Lieber keine Bibel als eine solche

Verhaltensregeln für Nomaden

Geschäftsmodell „Sünde“

Trennung vom Trio infernal

4.GOTT EMANZIPIEREN

Bloß ein Vater

Abschied von der Krone der Schöpfung

Begehren, was man verachtet

5.GOTT ERLÖSEN

Endlich der Sohn

Trost zu Pfingsten

Implodierter Glaubenssatz

6.GOTT ENTSCHULDEN

Rechtfertigung des Fragwürdigen

Wunschtraum in der Wagenburg

Monopol auf Lebensführung

7.GOTT ERLEBEN

Freundschaft mit Gott

Austausch auf Augenhöhe

Ruhen in Gott

8.GOTT ERHOFFEN

Ende der Kirchenkultur

Anfang einer Kultur Gottes und der Menschen

TOP TEN

Zehn Einblicke in eine Glaubenswüste

Zehn Anstöße, Gott und Mensch zu entlasten

Zehn Anregungen für den Umgang mit Gott und Mensch

LITERATURHINWEISE

ANMERKUNGEN

WORUM ES MIR GEHT

„Die gemeinsten Meinungen und was jedermann oft für ausgemacht hält, verdienen am meisten untersucht zu werden.“

(Georg Christoph Lichtenberg1)

„Ein Buch ist ein Spiegel, wenn ein Affe hineinsieht, so kann kein Apostel heraus gucken.“

(Georg Christoph Lichtenberg2)

Findet sich für das Christentum, wie wir es kennen lernten, eine Zukunft? Nein.

Hat die Kirche, die wir bezahlen, mit Gott zu tun? Nein.

Ist die Bibel Gottes Wort? Nein.

Ist Jesus von Nazaret selbst Gott? Nein.

Existiert ein Gott in drei Personen? Nein.

Lebt überhaupt ein Gott? Ja.

Genug zu fragen. Zu antworten auch. Eine Herausforderung jedenfalls, für manche eine Kampfansage, eine Brüskierung sogar. Allerdings: Wie ich die Verhältnisse kenne, wird die Attacke zumeist auf eine Masse von gelangweilten, schläfrigen Gläubigen treffen. Für sie ist der eigene Glaube längst unter die Schwelle des Interesses gesunken. Ohne dass sie es bemerken.

Unwissen, Angst, mangelnde Fairness finden sich bei kirchlich gebundenen Menschen – und besonders bei ihren geistigen Führern. Die vom Landpfarrer über den Theologieprofessor bis zum Papst anzutreffenden Finessen der Argumentation versuchen, Vernunft und Glauben in Einklang zu bringen. Sie verfangen immer seltener. Gleichwohl verneinen oder verdrängen Gläubige die Widersprüche ihrer Konfession – und diese wird von staatlicher Seite nach wie vor besonders geschützt. Keine Symptome für den Zustand unserer Gesellschaft?

Ich respektiere gläubige Menschen. Ich halte es nicht mit dem Zögling bei Robert Musil: „Er überschüttete ihn mit dem Spotte des Vernünftigen, zerstörte barbarisch das filigrane Gebäude, in dem dessen Seele heimisch war …“3

Ich habe ein Leben lang mit Gläubigen zu tun gehabt. Gerade deswegen lässt mir eine Erfahrung keine Ruhe: Die meisten ziehen immer noch die Welten ihres Kinderglaubens einer aufgeklärten Realität vor. Ignoranz? Angst? Mangelnde Fairness?

Der Ignoranz kann ich begegnen, indem ich Fakten vermittle. Der Glaube vieler Menschen gründet ja weithin in einem Mangel an Information. Noch mehr: Ich rege zum Weiterdenken an. Dieses Buch ist kein Katechismus. Es kennt keine fest gefügten Glaubenssätze und bindende Anweisungen zur Lebensführung. Es lässt sich eher mit einem Schleifstein vergleichen. An solchen Schleifsteinen schärfen sich Denken und Glauben.

Gewiss ein Wagnis. Wie war ich erschrocken, als ich vor Jahrzehnten über ein Buchmanuskript las, der Verlag könne es nicht annehmen, es sei zu anspruchsvoll. Offenbar ist Anspruchslosigkeit gefragt, denn diese Bücher von Vollpfosten bringen Geld. Doch da mache ich nicht mit. Solchen Autoren werfe ich den Fehdehandschuh vor die Füße.

Die Journalistin Sybille Berg4: „Wir sollten auf unsere Gehirne aufpassen und uns nicht tröpfchenweise mit Müll überfluten lassen, bis wir glauben, der Müll sei die Welt … Es ist nicht normal. Es ist Zeitverschwendung. Es vernebelt unseren Verstand, macht uns schuldig an ständig neu produziertem Quatsch, dessen einzige Intention es ist, uns ruhig zu stellen …“

Ein Buch also gegen die Ignoranz. Und auch die Angst vor Gott ist zu beheben. Die Verantwortung für diesen Skandal haben nicht die Ängstlichen zu tragen. Sie liegt bei denen, die Geschäfte mit Ängsten machen und damit das Leben ungezählter Menschen belasten. Das ist ein gewichtiger Vorwurf: Ist es das Ziel des menschlichen Lebens, sich mehr und mehr von Ängsten aller Art zu befreien, so tragen alle schwere Verantwortung, die dieses Ziel nicht fördern, sondern in weite Ferne rücken.

Der Mangel an Fairness lässt sich nicht beseitigen. Wer unfair handelt, wer auf die Unwissenheit und die Angst anderer Menschen setzt, der ist bloß zu stellen. Zu helfen ist ihm nicht, allenfalls ist er zu brüskieren.

Was mich seit Jahrzehnten aufregt: Christen wissen kaum etwas von ihrer eigenen Konfession. Einige wenige wissen zwar einiges. Doch sie sind nicht mutig genug, Konsequenzen zu ziehen und Trauerarbeit am Ende des Christentums zu leisten. Immer wieder sehen, nichts wissen wollen, nichts tun. Millionen von Opfern, die das Christentum auf dem Gewissen hat, schlucken – nichts bereuen. Ein Sehen, das nicht hilft, ein Wissen, das nicht nutzt.

Eine Streitschrift wie die, welche Sie gerade lesen, ist so lange angesagt, wie die Gründe, die es gegen die Kirchenoffiziellen nennt, ebenso wenig in den Katechismen auftauchen wie die Fakten aus Geschichte und Gegenwart des real existierenden Christentums. Freilich kann und will ich nur Anstöße bieten. Mehr steht mir nicht zu. Ein Anreger sollte sich mit der Zeit ebenso überflüssig machen wie ein Erzieher. Ich hielt es so: Sobald ich merkte, dass jemand allein gehen konnte, zog ich mich zurück. Und das lieber zu früh als zu spät.

Kirchenfunktionäre haben es anders gesehen. Sie sind an Schafen interessiert, die ihr Leben lang einen Hirten brauchen. Darin gründet eine Ursache für immenses Leid.

Doch immer mehr Menschen spüren mittlerweile, dass etwas nicht stimmt. Und nicht nur mit der Kirche, sondern mit dem Gott, den sie uns präsentiert. Mit dem Bild, das sie von ihm zeichnet. Mit dem Glauben, den sie vorschreibt. Ich gehe davon aus, dass nicht wenige wissen wollen, was los ist – und kein Eingeweihter es verrät. Weil keiner den Ast absägt, auf dem er sitzt.

Eingeweihte? Ich will manchen Klerikern zugute halten, dass sie nicht zu diesen gehören und ihrem Business nachgehen wie gewohnt. Ich habe auch Verständnis für diejenigen unter ihnen, die aus Sorge um ihren Beruf vor den Konsequenzen zurück schrecken, die mit umfassend ehrlichen Predigten verbunden wären. Zivilcourage zählt nun einmal nicht zu den Erziehungszielen eines Priesterseminars. Wie sagte mir ein Priester? „Lieber jeden Sonntag ein paar Minuten feige auf der Kanzel als das restliche Leben tapfer auf der Straße.“

Deshalb rede ich stellvertretend für viele. Es war Zeit. Nachdem ich über Päpste, Heilige, Reliquien, Männer, Väter, Frauen und Kinder, kirchliche Spezialitäten und so fort geschrieben habe, sollte dieses Buch folgen. Ich wurde Schritt um Schritt darauf hingeführt. Jetzt erst, nach fünfzig Jahren, kann ich Erfahrungen und bereits behandelte Themen nutzen, angefangen bei meiner ersten Veröffentlichung aus dem Jahr 1964: „Wandelt Euch durch ein neues Denken“5.

Ich beziehe mich, da dieses jetzige Buch sich über Jahrzehnte in meinem Leben und Schreiben vorbereitet hat, von Fall zu Fall auf eigene Bücher. Wer selbst kein Buch zustande gebracht hat, sondern sich als Jäger betätigt, mag mein Vorgehen „Selbstplagiierung“ nennen. Das schert mich nicht. Ich werde ja wohl noch mit eigenen Texten anfangen können, was ich will.

Vor Jahren hatte ich schon einmal nach Gott und dem Schweigen zu diesem Thema gefragt und keine Antwort erhalten6. Offenbar war das Problem den Kirchenoffiziellen wie den so genannten Reformern nicht wichtig genug. Sie schlugen sich, von Medien gescheucht, um zweitrangige Themen.

Das hat mir gereicht. Ich habe genug. Was aber nach Empörungsrhetorik klingt, ist keine. Die Gewichte, die dieses provokante Buch setzt, sind nicht eigenbestimmt. Sie bemessen sich nach den Vorgaben von Klerikern. Was diesen wichtig ist, Geld und Privileg, habe ich oft beschrieben. Hier geht es um das Nebenthema des klerikalen Alltags: um Gott. Denn dieser wird kaum thematisiert, weil alles, was über ihn gesagt werden kann, abschließend behandelt zu sein scheint.

Abschließend? Hoffentlich nicht. Einen „Amtsgott“, der allein in die klerikale Schublade passt, achte ich nicht.

Ich hoffe, dass sich niemand von Ihnen verunsichern lässt. Oder auf eine falsche Fährte locken lässt von jenen, die Jahrhunderte hindurch mit endgültigen Unwahrheiten Geld gemacht haben und es weiter machen.

Hoffentlich ist Ihr Mut groß genug, sich nicht mehr anlügen zu lassen. Hoffentlich verfliegt der Weihrauch. Hoffentlich wird eines Tages die Luft so rein, dass Menschen atmen können. Religiöse Diktate leben von Legenden und von der Angst der Menschen.

Ein Gott der Liebe, der Angst verbreiten lässt? Welche Schuld haben Verantwortliche über Jahrhunderte hinweg auf sich geladen? Dürfen Menschen dazu da sein, auf den Knien zu liegen und jene auch noch zu bezahlen, vor denen sie knien?

Ich kann den Gläubigen wenig ersparen, doch ich schocke sie nicht. Ich möchte sie, wo sie stehen, abholen und mich mit ihnen auf den Weg machen. Meine Anstöße zum Nachdenken sind persönliche Belege. Für die Annahme, dass die überlieferten Gottesbilder eine Belastung der Beziehung von Menschen zu Gott darstellen und konsequent beseitigt werden müssen.

Ich nenne die Belege dieses Buches persönlich. Das bedeutet, dass sie selbst erfahren worden sind und hier zur Diskussion gestellt werden. Sie brauchen sie nicht zu übernehmen. Sie sollten sich dann anregen lassen, mich für blauäugig zu halten – und Ihren eigenen Weg weiter zu gehen.

Diesen achte ich. Aber was ich nicht mag, sind Denunziationen und Diffamierungen. Ich bin da einiges gewohnt. Symptomatisch, dass es stets aus einer katholischen Ecke kam. Heinrich Böll schrieb 1976 über mich7: „Vielleicht den Umweg über die Denunziation eines solchen Professors wählen, die ‚Glaubwürdigkeit‘, die ‚persönliche Integrität‘ des Betreffenden und damit seine ‚Sache‘ anzweifeln … Es ist doch merkwürdig, dass die Kirchen, wenn man Schwächen an ihnen entdeckt, sich immer auf das Menschlich-Allzumenschliche berufen, es aber nie denjenigen zubilligen, die Schwächen an ihnen entdecken.“

Handelt es sich bei diesem Buch um ein maßloses Unterfangen? Ist meine Kritik zu provokativ? Brüskiert sie nur? Ich finde nicht. Umso weniger werde ich mich denen anschließen, die meinen, unbelegte Positionen hätten es nicht verdient, respektvoll behandelt zu werden. Und Religion sollte auf dieselbe Müllhalde befördert werden wie Astrologie und Hexerei.

Ich würdige das oft lebenslange Leiden vieler am Glauben.

Sie werden also keine Schmähkritik finden. Doch eine Auseinandersetzung, die unter Anderem das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit für sich hat. Ich möchte die Fairness wahren, erwarte sie aber auch meiner Herausforderung gegenüber.

Wahrscheinlich wissen Sie gar nicht, wo Sie anfangen sollen, um die vielen Provokationen und Häresien dieses Buches aufzuzählen. Vielleicht ist Ihnen aber auch die eine oder die andere von ihnen sympathisch. Die hier vorgelegten Darstellungen basieren jedenfalls auf der Auswertung anerkannter öffentlich zugänglicher und allgemein verbreiteter Quellen. Diese haben eine Diffamierung anderer Haltungen ebenso wenig beabsichtigt wie ich. Was ich freilich gewollt habe: Jene Erkenntnisse weiterdenken, die noch immer Tabus und Denkverboten unterliegen.

Neu sind dabei nicht alle Details. Ungewohnt ist die Gesamtschau. Und so ziehen sich durch das Buch der Abschied von alten Gottesbildern und die Entwicklung eines neuen Bildes von Gott und den Menschen. Wer sich an diesen roten Faden hält, wird sich in der Fülle von Themen nicht verlieren.

Vorsicht ist freilich geboten, wenn es um Quellen geht: Meist ist es so, dass die Quellentradition die Unterdrücker hofiert und die Unterdrückten ignoriert. Und nicht nur in diesem Fall rege ich eine Umkehr der Betrachtungsweise an. Denn wenn es um das Thema Gott geht, sollten wir uns keine Verkürzung der Perspektiven leisten. Gerade wenn sie schon zwei Jahrtausende gelten. Und offiziell als alternativlos, als gottgefällig ausgegeben werden. Alternativen gibt es durchaus. Wir sollten sie nur suchen.

Ich führe Quellen an, die in der Regel kritische Meinungen von Philosophen und Theologen wiedergeben. Die Gegenseite, die manche vermissen mögen, kommt weniger zu Wort. Jetzt soll die Kritik Gehör finden, mögen die Befürworter des Status quo auch protestieren. Sie hatten über Jahrhunderte hinweg Gelegenheit, sich zu äußern, während kritische Stimmen immer wieder abgewürgt wurden.

Ich stehe mit dieser gewollten Einseitigkeit, die auf Ausgewogenheiten der üblichen Art verzichtet, durchaus nicht allein: Beispielsweise kennen biblische Autoren nur solche Gegner, die sie kritisch bewerten können, ohne Kompromisse zuzulassen. Vor allem gilt das für Schriften, die sich mit dem Namen des Spätapostels Paulus schmücken.

Ein Wechsel der Perspektiven auf Gott? In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Christentum als Geisteskrankheit diagnostiziert8. Als eine Religion zudem, die sich als Therapie für die an ihr Erkrankten deutete. Auch heute sehen Kritiker in der immer noch bestehenden Religionsform eine Hauptursache für die seelischen und geistigen Erkrankungen der Menschen. Folglich muss, wer Gesundung wünscht, eine grundlegende Änderung herbeiführen. Bestehen bleibt das Sehnen nach Sakralem.

Von der Wurzel her umformen? Fälschungen radikal entlarven? Wir können es uns nicht schenken: Der öffentliche Religionsfriede ist ein hohes, schützenswertes Gut. Doch bedeutet sein Schutz keine Blankovollmacht gegen Diskussion. Ich suche diese. Ich schreibe nicht frömmelnd, nicht christentümelnd, sondern nach Möglichkeit vernünftig. Das ist mir wichtig. Nicht umsonst habe ich als letztes Buch eine Philosophie der Aufklärung geschrieben9. Es geht um ein vernunftgestütztes Aufklären. Ich setze das jetzige Buch als Mittel ein.

Nochmals Vorsicht. Vernünftig heißt auch: Wir sollten mit Nicht-Lösungen leben lernen. Unsere Vernunft kann nicht alles durchschauen. Der Glaube auch nicht. Wer alles zu durchschauen meint, sieht ohnedies nichts mehr.

Manches, was Sie lesen, mag Ihnen als Anleihe bei lutherischen, buddhistischen und sonstigen Positionen vorkommen. Überschneidungen sind zwar nicht gesucht, doch unvermeidlich. Warum sollten Vernunft und Vernunft sich nicht begegnen? Grundsätzlich befasse ich mich aber mit dem Katholizismus.

Von dem meine ich etwas zu verstehen. Und nicht nur, weil ich ein Dutzend Kardinäle persönlich kennen gelernt und manches Gespräch mit ihnen geführt habe. Andere Religionen oder Konfessionen als der Katholizismus sind nicht gemeint. Das gilt besonders für das Judentum: Kritisiere ich mithilfe der modernen Bibelkritik das so genannte Alte Testament, das die Kirche an sich gezogen hat, ist nicht der jüdische Tanach im Visier. Hier steht uns keine Kritik zu. Sie muss, wenn überhaupt, im Rahmen einer innerjüdischen Diskussion erfolgen. Auch die Frage nach einer Zusammenarbeit zwischen der katholischen Kirche und den evangelischen Kirchen oder das Problem des Dialogs von Katholizismus, Judentum und Islam sind kein Thema dieses Buches. Solche Fragen haben die Betroffenen zu beantworten. Wir erleben mit, wie schwer ihnen jede wegweisende Antwort fällt, welch kleine Schritte sie wagen.

Ich selbst bin begünstigt: Ich musste noch nichts zurücknehmen. Obwohl es keine Schande ist, einen Fehler zu korrigieren. Und obgleich ein Widerruf schon vor Jahrzehnten von mir gefordert wurde. Ich habe nicht widerrufen und nicht versprochen, nie mehr so etwas öffentlich zu sagen. Ich habe für meine Weigerung bezahlt. Der Job war weg, das Ich blieb. Beides gehört sich so.

Vielleicht begreift irgendwann der eine oder der andere Christ die Intention der Kritik. Wir sind nicht oder nur marginal enttäuscht oder verletzt. Wir haben es nicht nötig, uns zu rächen. Wir sind jedoch bereit, für die Opfer einzutreten, deren Treue die Kirche verriet. Und die sich, mundlos gemacht und gehalten, nicht wehren können.

Kritik? Um kritisieren zu können, müssen wir zunächst ein grundsätzliches Ja sagen zum Nein-Sagen. Und dann üben wir uns ein in das Nein-Sagen zum allgemeinen Ja-Sagen.

Ich beabsichtige keine Abrechnung. Nur eine Herausforderung, nur die Wiedergabe meiner Erfahrungen mit Gott aus fünf Jahrzehnten. Nach einer intensiven Auseinandersetzung mit Theorie und Praxis speziell des Katholizismus, meine ich, mir eine Meinung bilden zu dürfen. Wenige können wahrscheinlich Ähnliches von sich sagen. Jene Autoren schon gar nicht, die ausgezogen sind, ihr aus dem Religionsunterricht bezogenes Auch-Wissen zu vermarkten10.

Das Schlimmste, was wir Gott angetan haben, ist wohl, ihn einfach in Ruhe gelassen zu haben. Freilich, wer Gott nicht in Ruhe gelassen hat, waren die Herren der Kirche. Sie haben ihn – ungefragt – stets nach ihren eigenen Wünschen und Vorstellungen zum „Amtsgott“ organisiert.

Die Gläubigen haben diese Organisation auch, alles in allem, akzeptiert. Statt dass sie in sich gehen und nachdenken, gehen sie in die Kirche. Dort erfahren sie ein Leben lang dasselbe. Da ist von einem Schöpfergott die Rede. Da wird ein Erlöser gepredigt, der – auf dem Hintergrund einer Menschheitsgeschichte von hunderttausend Jahren – vor gerade mal zweitausend Jahren erschien. Ein Wundertäter, der gekreuzigt wurde und von den Toten auferweckt. Und da wird der Glaube an einen Gott vermittelt, der als Überwacher und Bestrafer fungiert sowie drei und eins zugleich ist.

Kennen Sie das? Und haben Sie sich gefragt, was es soll?

Der Schweizer Freidenker Valentin Abgottspon11 fasst das Problem in eine Erzählung: Stellen wir uns vor, wir lebten in einer Zivilisation, die von Jesus Christus noch nichts gehört hätte. In dieser Welt geht ein junger Mensch in ein Antiquariat. Er findet ein Buch, das sich Bibel heißt. Er liest interessiert. Was wird er denken? Was tun? Wird er verkünden: „Ich habe das wahre Buch gelesen! Bekehrt euch! Es ist noch nicht zu spät! Christus ist der Erlöser! Gott hat ihn gesandt!“ Oder wird er das Buch zur Seite legen und sagen: „Ziemlich konfus, recht blutig, teilweise widersprüchlich und absurd“?

Er denkt, das werde es nicht gewesen sein. Er unternimmt einen zweiten Versuch und stößt auf ein Buch, das sich Katechismus der katholischen Kirche nennt. Er findet Sätze über Sünde, über Hölle, über Teufel. Und kommt aus dem Staunen erst recht nicht heraus.

Es geht heutzutage immer mehr Menschen so. Ich habe in Sprechstunden Zehntausende kennen gelernt und von ihren Sorgen erfahren. Ich sage sogar, die Atheismus-Reaktion der vielen habe sich die Kirche selbst eingebrockt12. Der Schriftsteller Hans Henny Jahnn meinte13: „Das Kristentum ist mir ungeheuer auf die Nerven gegangen, diese Zweijahrtausende sausende Fahrt in die verkehrte Richtung.“

Sollen wir uns überhaupt mit so etwas befassen? Mit der Fahrt in die falsche Richtung? Totgesagte leben länger: Noch im 20. Jahrhundert wurde der Religion in westlichen Industriegesellschaften ein baldiges Ende vorausgesagt. Doch sie lebt auf und wird vermutlich eine wichtige Rolle in der Weltpolitik spielen. Die Rede ist gar von einem anbrechenden Jahrhundert Gottes14. Welchen Gottes? Etwa des Amtsgotts der Kirche?

Umso dringender ist ein Buch, das Wissen vermittelt. Aber kein Wissen über Vergangenes, Überholtes, sondern Wissen über die Gründe, weshalb es vergangen und überholt ist. Unter dieser Perspektive verwerfe ich Bibliotheken, die von Produkten der konventionellen Glaubenswissenschaft strotzen. Überlaufen von Klitterungen der selbsternannten Gottesexperten, die sich zu allen Zeiten als die Wissenden aufgespielt haben. Und nach immensen Schönheitsoperationen am Gottesbild einen deus plasticus hinterließen. Viele haben ihre Tradition ausgebreitet, als wäre sie der Humus für künftige Paradiese.

Was besser in die Zukunft passt? Ein herausforderndes Manifest zur Befreiung Gottes. Ich habe es in acht Kapitel eingeteilt und bestimmte Resultate eingerahmt. Ein Anhang gibt die Hauptinhalte des Manifests als Top Ten wieder und nennt Bücher zum Thema.

Während ich schreibe, wird eine Studie15 veröffentlicht, welche die Lage verdeutlicht. Nur noch 48 Prozent der in 2013 repräsentativ Befragten haben Vertrauen zu Priestern. Der Polizei vertrauen dagegen 76 Prozent, den Apothekern 85 und der Feuerwehr, dem angesehensten Beruf überhaupt, 92 Prozent. Immer mehr Menschen wachen auf und nehmen Abschied von den traditionellen Lebensstützen. Priester können zwar Finanzberater, Autoverkäufer und Politiker toppen, sind aber längst nicht mehr so wichtig wie Feuerwehrleute. Eine fröhliche Religionsferne formt sich aus.

Und was wird aus Gott? Ich nenne Leitsätze, die seine Last – und das der Menschen – erleichtern sollen:

Es waren Menschen, die Gott gefesselt haben. Es sollten Menschen sein, die ihn befreien.

Es waren Menschen, die sein Tun verkürzt haben. Es sollten Menschen sein, die es weiten.

Es waren Menschen, die Gott überladen haben. Es sollten Menschen sein, die ihn entlasten.

Es reicht. Hoffentlich reicht es auch anderen. Bin ich wegen dieser Hoffnung ein Don Quichote, wir mir nach einem Vortrag in Barcelona vorgehalten wurde? Soll ich nicht auf das Entstehen einer Empörungskultur setzen? Auf Wutbürger, Mutbürger, Wutchristen? Oder gilt das Urteil Friedrich Schillers16 nach wie vor? „Gehorsam ist des Christen Schmuck“? Hat eine tausendjährige Gehorsamspädagogik ihre Spuren hinterlassen? In derselben Ballade von 1798 heißt es, wer „der Ordnung heilig Band zerreißt“ sei es, „der die Welt zerstöret.“

Ich zitiere auch den Urteilsspruch corruptio optimi pessima, die Verderbnis des Besten ist am schlimmsten. Mag sein, dass der Fall der besten Söhne auf Väter am nachdrücklichsten wirkt. Doch dürfte noch kein Moralist gefragt haben, welcher Korruption die Söhne zunächst bedurften, um bei Vätern als Beste durchzugehen.

Ich erinnere mich an einen Eklat als blutjunger Professor: Hochschullehrer sollten, hatte ich gesagt, mit für die Inhalte sorgen, die Demos gegen die Kirche vorweisen können. Ich wurde sofort einbestellt. Ich habe nicht nachgegeben. Das kann ich nicht einmal mir selbst erklären. eine Haltung war einfach vorgefunden. Sie hat sich in den vierzig Jahren nach jenem Vorfall nicht geändert. Irrtum ist Irrtum, Unrecht bleibt Unrecht. Das zu benennen, hängt nicht vom Lebensalter ab.

Sollte der Zweck allen Lebens sein, Gott fassen zu lernen, wie Bettina von Arnim meinte17, kommt es darauf an, um welchen Gott es geht. Daher versuche ich eine grundsätzliche Inversion, eine Umkehrung der Perspektive. Zäsuren sind notwendig, Einschnitte unter veränderten Bedingungen, Abschiede von traditionellen Glaubensinhalten und -formen und eine Einübung in neue. Doch wir stehen erst am Anfang.

1.

GOTT ERINNERN

„Hierin liegt der Grund der universellen Tragödie: Gott schweigt. Und er schweigt, weil er Atheist ist.“

(Miguel de Unamuno y Jugo18)

„Man nennt Gott geduldig, und das muss er auch sein, sonst hätte er die Geistlichkeit schon längst ins Verderben gestürzt für die grausigen Anerkennungen, die sie ihm bezeugt.“

(Mark Twain19)

Dieses erste Kapitel stellt seine Fragen schon im Titel. Gott in Erinnerung rufen? Um welchen Gott geht es?

An Gott erinnern besagt, von Glauben und Nichtglauben zu sprechen. Glaube ist kein göttlicher Befehl, sondern eine unterstützte menschliche Tat. Aber welche Unterstützung? Auch eine inhaltliche. Entlasten heißt nicht menschlichen Glauben erleichtern, sondern einsichtiger machen. Das seit langem eingeführte Problem von Glaube und Vernunft, Wahrheit und Geheimnis.

Gott erinnern? Mitten in einer überhasteten Welt, die ihn weithin vergessen hat? Mitten in einem kirchlichen Milieu, das ihn täglich lautstark feiert – und vergessen hat, was es tut. Was wissen wir denn von Gott? Er erscheint mir als ein Gott, der durch Verehrung längst entehrt ist.

Wir können seine Existenz nur erhoffen, seine Wirklichkeit nur erahnen. Umso mehr Lücken tun sich auf. Umso mehr irrige Gottesbilder halten sich.

Noch immer kommt niemand mit einem Bild von Gott zur Welt. Kein Kind weiß von Gott, bis Leute es beschwatzen, die genau so wenig davon wissen. Gerade der Kindergarten als Ort eines Glaubenskampfes ist gewählt. Hier sind die Objekte der alltäglichen Mission am schwächsten. Also Hand drauf! Und so werden die so genannten Glaubensinhalte bewusst zu einer Zeit angedient, zu der ein Kind weder Interesse für sie noch die Fähigkeit hat, ihre Tragweite zu begreifen. Erwickelt sich dann sein Denken, erscheint der anerzogene Glaube bereits unangreifbar.

Heute halten es manche für unglaubhaft, wenn von einem Schreckensregime gesprochen wird, das sich über die Kindheit vieler gelegt hatte. Es ist in der Tat nicht leicht zu glauben, dass Kindern das Credo der Kirche mithilfe von Prügeln eingeschärft wurde. Und doch ist es weithin so gewesen. Wir können uns den Zeugnissen für jene Zeit nicht verweigern.

Wer kann sich über Denkverbote und Denkschwächen in einem Pferch noch wundern? Wer dazu gebracht wurde, kritiklos hinzunehmen, was ihm angebliche Autoritäten eingetrichtert haben, wird über eine lange Zeit hinweg kein Denken beherrschen. Bis er sich, selten genug, befreien will und kann. Befreiung von dem Glaubens- und Autoritätsschrott aus Kindertagen ist in der Tat angesagt. Konkret von den anerzogenen irrigen Bildern. Doch Befreiung macht Mühe. Fehlentwicklungen wachsen sich nicht von allein aus.

Manchmal wird Ersatz eingeführt. Dann sprechen Menschen von einem Wettergott, der ihrem Ausflug gnädig sein soll, oder einem Fußballgott, der den FC Bayern auch mal ein Spiel verlieren lassen könnte. Die Menschen brauchen Surrogate, denn sie wissen meist gar nicht, wie sie mit Gott in Verbindung treten sollen. Nichtwissen – und das nach einer religiösen Sozialisation mitten in einem angeblich christlichen Land. Ein Bankrott.

Das Nichtwissen, die Illusion von Gewissheit, der Verzicht auf Nachdenken und Nachfragen machen unmündig. Und Glauben ist das Zauberwort aller, die sich für die Werteväter einer Gesellschaft halten. Werteväter? So bezeichne ich patriarchal ausgerichtete, meist ältere Männer, die oft nur über negativ geprägte Beziehungen zum konkreten Leben der Nachwachsenden verfügen wollen. Sie bleiben geschlossene Geister. Sie sind ohne Verständnis für junge, als zeitgeistig verlästerte Generationen und Ideen.

Doch sie handeln wie die Paten einer „Familie“. Solche Wertepaten haben einen erheblichen Einfluss auf Personen, Gruppen und Gesellschaften. Denn Werteväter legitimieren, stabilisieren und verteidigen jene Väterwerte, die ihren Interessen am meisten dienen. Als seien diese für alle Menschen nachhaltig notwendig.

Werteväterschaft ist nach dem Muster von Paten organisiert: Oben steht ein hoch respektierter Einzelner oder eine Gruppe, die alles wissen dürfen. Unten kommen massenhaft Menschen zu stehen, denen gesagt werden muss, was heilsam ist. Werteväter sichern sich Normen, die den Fortbestand einer „Familie“, eines in sich geschlossenen Regelsystems, gewährleisten.

Häufig treten Werteväter als authentische Interpreten Gottes auf. Um ihr Vorgehen zu rechtfertigen, berufen sie sich auf einen Geist Gottes, der sie geleitet habe. Mit Recht können sie in vielen Fällen als falsche Propheten bezeichnet werden. Sie sind blind und Führer von Blinden.

Eine eigene Wertepaten-Pädagogik will sich ihre Kinder heranziehen: auf bloßes Antworten fixierte Wesen. Das haben Menschen in Familie und Schule regelmäßig erlebt. Im Prozess der Erziehung mussten ihr Verstand und ihr Eigenwille gebrochen werden, um möglichst lebenslang fremdbestimmt zu sein.

Fremdbestimmt? Der Philosoph Friedrich Nietzsche20: „Die erste Meinung, welche uns einfällt, wenn wir plötzlich über eine Sache befragt werden, ist gewöhnlich nicht unsere eigene, sondern nur die landläufige, unsrer Kaste, Stellung, Abkunft zugehörige; die eigenen Meinungen schwimmen selten obenauf.“

Eigene Meinungen? Meist sind sie Belege für das Aufgehen fremder Saat.

Die Kirche hat einen wesentlichen Anteil an solcher Zurichtung. Sie stellt eine geronnene Ideologie dar. Sie fixiert sich auf so genannte Sünden, auf Himmel und Hölle. Sie favorisiert Verzicht, Gehorsam, Strafe und Lohn.

Sünden? Auf diesem Gebiet toben sich Werteväter aus. Nicht dass sie selbst … Nein, sie erstellen und stabilisieren förmliche Sündenkataloge. Deren Inhalte verankern sie in ihren Gläubigen. Ein besonders eindrückliches Beispiel bietet das sechste Gebot. Das lautet ursprünglich „Du sollst nicht ehebrechen!“ Mittlerweile ist diese Weisung auf alles ausgedehnt, was sich als so genannte Unkeuschheit darstellen lässt: Empfängnisverhütung, Homosexualität, Masturbation und so fort.

Zu diesen Themen hat sich die Bibel, als Gotteswort verstanden, gar nicht oder nicht eindeutig geäußert. Aber Gottes angebliche Stellvertreter wollten dies nicht hinnehmen. Sie reden – und leiten aus Gottes Schweigen ihr Rederecht ab.

Und so sprechen sie über den Glauben, ihr Zauberwort21. In religiösen Angelegenheiten wirkt es schnell und nachhaltig. Ich will nachprüfen, was es damit auf sich hat. Welcher Gott eigentlich, hatte ich gefragt. Existiert er überhaupt? Woher wissen wir etwas über ihn?

Von Gott reden? Das ist von Grund auf schwierig. Mit „Gott“ kann keine Wirklichkeit, schon gar kein Gegenstand bezeichnet werden, die in unserer Welt vorzufinden sind. Wir können diese Aporie, diese Weg-Losigkeit, nicht beseitigen. Der Theologe Gotthold Hasenhüttl betont22: Gott wird vermittelt durch Erscheinungsformen, mit denen er nicht einfach identisch ist.

Der Gebrauch des Wortes Gott hat nur Sinn, wenn es auf unser Dasein bezogen wird. Ein Gott, der mit uns nichts zu tun hat, wäre ohne Belang und Bedeutung. Das wissen Religionen und richten sich danach.

Die Forderung nach einem einzigen, exklusiven Gott ist eine relativ späte Erfindung. Sie sollte die überkommene Götterwelt ordnen. Damit erschien sie für alle nützlich, die sich in einer chaotisch erscheinenden Welt der Götter nicht mehr zurechtfanden. Zudem gewannen Werteväter Befriedigung: Höher hinauf konnte ein Mensch nicht mehr denken.

Kein Wunder, dass der Höchste zugleich der Allwissende, Allmächtige, Allliebende sein musste. Und im patriarchalen Umfeld machte sich ein Vatergott besonders gut. Er ließ alle frühen Muttergottheiten ebenso unter sich wie die mannigfachen anderen Götter. Sie alle konnten künftig – im Stolz, den wahren Gott gefunden zu haben – als bloße Götzen bezeichnet werden.

Was mich betrifft, so nähere ich mich dem Problem der Gotteskritik mithilfe einer so genannten negativen Theologie. Aber das letzte Wort ist auch das nicht.

Negative Theologie

Diese Theologie ist ein sehr altes, doch bis heute anzutreffendes Verfahren bei Aussagen über Gott. Es kritisiert alle „positiven“ – und häufig aus kirchenpolitischem Interesse verwendeten – Feststellungen als unangemessen. Es betrachtet nur „negative“ Äußerungen als zutreffend.

Als positiv gelten Aussagen, mit deren Hilfe festgestellt werden soll, was Gott ist. Dies geschieht, indem ihm bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden. Dabei werden Bilder wie Herr und Vater, die zeitgeistige Erfahrungen von Menschen wiedergeben, auf ihn übertragen. Allein im so genannten Alten Testament ist 6.828 Mal von Gott als dem „Herrn“ die Rede.

Die Unangemessenheit menschlicher Vorstellungen und die Unwahrheit der auf ihnen basierenden Aussagen über Gott ist das einzige, was in Bezug auf Gott als zutreffend bestimmt werden kann. Somit sind nur negative Aussagen legitim, also Verneinungen positiver Aussagen. Alle Bejahungen oder positiven Attribute kommen Gott in keiner Weise zu. Sie bleiben unzutreffend, auch wenn es sich aus menschlicher Sicht um Vollkommenheiten wie Macht, Wissen, Leben handelt.

Die negative Theologie begründet ihre Ablehnung mit dem Argument, dass es unmöglich ist, bei positiven Aussagen Gottes Transzendenz angemessen zu berücksichtigen. Zutreffend bestimmt werden können allein die Unangemessenheit zeitgeistiger Vorstellungen und die Unwahrheit der auf diesen basierenden Aussagen über Gott. Nur so kann ein Verhältnis zu Gott gewonnen werden, das seinen Namen verdient. So wird das Reden über Gott freiwillig beschränkt. Die Begriffe positiv und negativ sind dabei nicht in einem wertenden Sinn gemeint.

Und die Verneinung positiver Bestimmungen ist nicht als Bejahung von ihnen entgegen gesetzten Bestimmungen zu verstehen. Die Aussage, Gott könne nicht als gut bezeichnet werden, bedeutet nicht, dass er als schlecht bezeichnet wird. Vielmehr lehrt die negative Theologie, dass Begriffe wie gut und schlecht nicht auf Gott angewandt werden sollten. Einsicht ergibt sich allein für den, der erkennt, was Gott nicht ist.

Gott bleibt unaussprechlich

Gottes Wesen ist mit unserem Denken nicht zu erfassen und mit unseren Worten nicht auszudrücken. Und alle Gottesbilder wanken. Gott lässt sich nun einmal nicht malen.

Ansatzpunkte für den Gedanken der Unsagbarkeit Gottes fanden Theologen in einzelnen biblischen Aussagen. Zu den relevanten Stellen gehören diejenigen, welche die Einzigartigkeit Gottes betonen und ihn scharf von allem Außergöttlichen abgrenzen.

Bezeichnungen wie Vater, Schöpfer, Herr und sogar das Wort Gott selbst sollen nicht wirklich angemessen sein. Sie sind nur aus einer begrenzten menschlichen Perspektive sinnvoll. Sie sagen über den grenzenlosen Gott an sich nichts Gültiges aus. Gott darf auch kein Name beigelegt werden, da ein Namensgeber vor dem Benannten da sein muss.

Gott ist einzigartig, und kein Unterscheidungsmerkmal kommt ihm zu. Letztlich sind auch so genannte Über-Aussagen wie „Gott ist über-gut“ nur Hilfsmittel. Sie können keine Tatsachenbehauptungen über das Wesen Gottes sein.

Ich nenne Gott, wie Sie lesen werden, den Freund, die Freundin. Eine solche Bestimmung ist als Analogie zu Bekanntem berechtigt. Eine Kenntnis Gottes kann sie nicht vermitteln. So hilfreich sie ist.

Wir können nicht von Gott sprechen, wenn wir keine gemeinsame Sprach- und Begriffsbasis haben. Dabei gibt es wesentliche Unterschiede. Die klassischen Anthropomorphismen Herr und Vater sind milieubehaftet, mann- und vaterzentriert. Der von mir bevorzugte Anthropomorphismus Freund ist in dieser Hinsicht neutral, nicht vorbelastet, weder historisch noch aktuell. Daher habe ich ihn gewählt.

Meine Erfahrung tut ein Übriges. Ich könnte weder mit einem Gott als Herrn noch mit einem patriarchal gesicherten Vatergott leben, doch immer mit einem Freund. Ich gehe davon aus, dass es sehr vielen ebenso geht.

Ich halte eine approximative Theologie für möglich, die – wenn überhaupt – allenfalls Annäherungen an das Geheimnis Gottes für möglich und zulässig erachtet. Von daher gesehen verbietet sich ihr eine als definitiv ausgegebene Aussage wie das Dogma. Auch eine so genannte Selbstoffenbarung Gottes wie in der Bibel liefert keine Festlegungen, sondern nur Hinweise auf Erfahrungen mit Gott und von daher mögliche Gottesbilder.

Hinweise können, sofern ihr approximativer Charakter berücksichtigt wird, auch aus jeweils aktuellen Gotteserfahrungen herrühren. Die Bibel besitzt kein Monopol auf Gotteserfahrungen. Ein solches ist ihr erst von Wertevätern aus ziemlich eigennützigen Gründen zugeschrieben worden.

Gotteserfahrung? Ohne Gotteserfahrung erscheint mir das Sprechen von Gott ohne Sinn. Freilich müssen wir Vorsicht walten lassen. Selbst- und Fremdtäuschungen kommen oft vor.

Noch eins: Nicht erleuchtet erscheint mir die Meinung, religiöse Erfahrungen setzten nicht nur den weihevollen Augenblick, sondern auch einen geweihten Ort voraus. Luther sagt einmal, sein für die neue Sicht des Glaubens entscheidendes Gotteserlebnis habe er „auff diser Cloaca auff dem thorm“ gehabt23. Er gibt damit Anlass für eine katholische Deutung, den Ort dieses wichtigen reformatorischen Geschehens auf den Klosterabort zu verlegen. Der Inspiration tut dies kaum Abbruch, wohl aber der Interpretation: Der eine wird eben auf dem Klosett besser inspiriert als andere auf dem Katheder.

Wer Erkenntnis anstrebt, gelangt zur Einsicht in sein eigenes Nichtwissen und Nichterkennen24. Dieses erweist sich als Voraussetzung dafür, dass er eine Beziehung zu Gott erlangt. Die negative Theologie führt zu einer Reinigung des auf Gott gerichteten Denkens. Und zur Demut.

Ist mein Buch ein theologisches Buch, frage ich an dieser Stelle. Ja und nein. Ja, denn es befasst sich engagierter, als viele annehmen werden, mit Gott, zumal es an dessen Freundschaft und Liebe glaubt. Nein, denn es hat nichts mit der kirchengebundenen Theologie zu tun, die Glauben an einen vorgezeichneten Amtsgott verlangt, jede Abweichung von ihrer Generallinie sanktioniert und sich anmaßt, gerade unter eben diesen Umständen eine Wissenschaft zu sein25.

Befreit Gott von diesen Gläubigen!

Die bisherige Superlativ-Theologie ist nicht nur in ihre Resultate verliebt, sondern auch denkerisch nicht besonders anspruchsvoll. Es ist ja nicht schwierig, Gott in allem und jedem einen Superlativ zuzuschreiben: Er ist der Mächtigste, der Beste, der Größte und so fort. Denkleistungen dieser Qualität sind in Minuten zu erbringen und in das entsprechende Pathos zu kleiden. Annäherungen an das Geheimnis Gottes machen es sich nicht gar so leicht. Wir werden noch von dem notwendigen Abschied von den Formeln erfahren, die über Gottes „Majestät“ im Umlauf sind, vor der „die Engel zittern“

STILLE GEDULD

Menschen reden von einem lieben Gott, weil sie so erzogen sind. Sie ließen sich an diese Bezeichnung gewöhnen. Das passt in ihren Sprachrahmen. Doch sind damit weder Gottes Existenz noch seine Liebe bewiesen.

Gottesbeweise gelten als Versuche, die Existenz eines Gottes – teilweise unter Einbeziehung empirischer Beobachtungen unter Gläubigen – zu beweisen. Oder zumindest Hinweise darauf zu finden. Diese Methode steht im Gegensatz zu den Formen eines Irrationalismus. Dieser versteht die Erkenntnis Gottes als Mysterium, das sich der logischen Analyse entzieht.

Um es gleich zu sagen: Ein allgemein anerkannter Beweis für die Existenz oder Nicht-Existenz Gottes konnte bisher nicht erbracht werden.

Spiegel Online hat zwar im September 2013 mitgeteilt26: Ein Wesen existiert, das alle positiven Eigenschaften in sich vereint. Jetzt sind die letzten Zweifel ausgeräumt: Gott existiert tatsächlich. Ein Computer hat es mit kalter Logik bewiesen. Er wurde auf eine Formelfolge angesetzt, die der legendäre österreichische Mathematiker Kurt Gödel um das Jahr 1941 auf ein paar Blätter gekritzelt und später ausgefeilt hatte. Keine Minute brauchte der Computer, um Gödels Beweis für gültig zu befinden. Die Existenz Gottes kann fortan als gesichertes logisches Theorem gelten.

Wirklich? Denn nichts ist bewiesen. Kurt Gödel setzt voraus, dass es ein höheres Wesen mit nur positiven Eigenschaften gibt. Dann setzt er dieses Wesen mit Gott gleich. Das sind zwei Thesen und keine Beweise. Mit den Prämissen fällt der Beweis. Wer mit Gottesbeweisen etwas über Gottes Wirklichkeit auszusagen meint, fantasiert in ein Vakuum hinein.

Gottesbeweise beziehen sich nicht notwendig auf einen bestimmten Gott in einer bestimmten Religion. Sie sind aber historisch im Anschluss an die griechische Philosophie im Christentum ausformuliert worden. Freilich erscheint manchen bereits die Frage nach Gottesbeweisen unzulässig. So ging der dänische Philosoph Søren Kierkegaard davon aus, dass das Dasein eines zu beweisen, der da ist, einen Versuch darstellen kann, ihn lächerlich zu machen27.

Doch muss nicht irgendjemand die Welt geplant und geschaffen haben? Gibt es kein Gewissen, das auf Gott verweist? Lenkt Gott nicht spürbar das Leben jedes Menschen? Würde Gott, wenn es ihn gäbe, so viel Unrecht und Leid auf der Erde zulassen?

Gottesbeweise?

Im christlichen Mittelalter spielten Gottesbeweise für das Leben der Gläubigen eine andere Rolle als heute. Die Existenz eines Gottes stand meist nicht in Frage. Zudem war sie in frühen Gesellschaften oft zusammen mit der jeweiligen Staatsreligion festgeschrieben. Sie infrage zu stellen wurde mit erheblichen Sanktionen belegt. Die theoretischen Überlegungen sollten lediglich die vorhandenen Grundüberzeugungen stützen28.

Mittelalterliche Denker betonen die Notwendigkeit einer Vermittlung von Vernunft und Glaube. Wesentliches Moment ist die Auffassung, dass der Vernunft die Existenz Gottes einsichtig sei. Die eigentliche Zeit der Gottesbeweise ist schließlich die Frühe Neuzeit und die deutsche Aufklärung.

Aufklärung? Die Bezeichnung fasst vielfältige Bewegungen zusammen. Sie engagierten sich vor allem im 18. Jahrhundert für vernunftgemäßes Denken und gegen religiösen Aberglauben. Sie traten für die Verbreitung von Wissenschaft und Bildung ein, die gefördert und allen Schichten vermittelt werden sollten.

Aufklärung fordert, sich auf das Wagnis einzulassen, seinen eigenen Verstand zu gebrauchen. Ein Prozess individueller wie gesellschaftlicher Emanzipation befragt kritisch die auf dem Glauben an kirchliche, gesellschaftliche, wissenschaftliche Autoritäten beruhenden Denkweisen. Wer aufgeklärt lebt, ist keinen Vorgaben von Wertevätern oder zeitgeistigen Zwängen unterworfen. Er bestimmt sein Denken nach Möglichkeit selbst: cogito, ne cogiter Ich denke, damit ich nicht von jemand Anderem gedacht werde.

Aufklärer, die dem so genannten Deismus nahe standen, dem Glauben an einen Gott aus Gründen der Vernunft, lehnten jede Verabsolutierung einer angeblichen – und bis heute geradezu vergötzten – Offenbarung ab und wollten mithilfe von Gottesbeweisen eine auf der Vernunft basierende Religion etablieren.

Spätere Religionskritiker wie Ludwig Andreas Feuerbach versuchten zu beweisen, dass Gott gar nicht existiere. Feuerbach zufolge projizieren Menschen ihre Wünsche „nach drüben und draußen“ und fertigen sich ihren Gott selbst.

Dem stimme ich zu – mit einer Einschränkung: Nicht die Menschen sind es, sondern Werteväter, die in der Gottesfrage ihre Interessen bedienen und dem Rest erklären, das sei das Beste für sie. Kaum jemand wird behaupten, es seien Frauen oder Kinder statt wortführende Patriarchen gewesen, die für das geltende Gottesbild verantwortlich gemacht werden können. Der durchweg patriarchal bestimmte Gott kann sich nicht von seinen Schöpfern lösen. Er handelt genauso, wie es seine Väter wollen und selbst praktizieren.

Seine Kinder leben aus ihrer Belohnungserwartung. Nähmen wir ihnen die affektive Bindung an ihren Vater-Gott, an ihre Mutter Kirche, käme religiöse Herrschaft schnell an ihr Ende.

Doch solange die religiösen Systeme unserer Breiten das typische Schema von Oben und Unten, von Sünde und Erlösung, Strafe und Gnade, Mensch und Gott beibehalten, wird es Herren und Knechte geben. Das Problem der religiösen Herrschaft und der Macht von Menschen über Menschen bleibt ein Gottesproblem. Es lässt sich, wenn überhaupt, nur durch innovative Gottesbilder mildern. Und konsequenterweise allein durch die Aufgabe des Kirchengottes und damit der Kirche selbst lösen.

Dieses Buch handelt von dem Problem.

Auswege? Unarten?

Gottesbeweise sind mit dem Entstehen einer säkularisierten Gesellschaft und philosophischen Vorbehalten gegen ihre Durchführbarkeit weitgehend nur noch für religiöse Kreise interessant. Theisten, die an einen Gott, vorzugsweise an den eigenen, glauben und diesen Glauben verteidigen, müssen Grenzziehungen gegenüber Andersdenkenden schätzen. Sie haben viel zu tun, wenn sie sich abgrenzen. Atheisten auch.

Offensichtlich gewinnt ein Mensch heute nur dann persönliche und gesellschaftliche ldentität, wenn er ein abgrenzendes Etikett trägt und sich als Markenartikel herumreichen lässt. Dann hat er – zur Genugtuung aller ähnlich Gestylten – seinen Platz eingenommen, dann dient er als Entlastung für Feind und Freund, dann hat er seine soziale Funktion akzeptiert, dann funktioniert er.

Jedenfalls kann bisher niemand Gott, niemand dessen Nichtexistenz beweisen. Und da ein höchstes Wesen weder zu verifizieren noch, infolge unserer Erkenntnisbegrenzung, auszuklammern ist, erscheint eine agnostische These konsequenter als eine atheistische. Dazu gleich mehr.

Dogmatisch fixierte religiöse Überzeugungen sind langfristig gefährlicher als solche in anderen Bereichen. Denn ihre Herkunft und ihre Inhalte sind nicht zu hinterfragen. Und sie bleiben es, was für politische Doktrinen über längere Zeit kaum möglich ist. Während die Irrtümer in der Philosophie bloß lächerlich sind, sind denn auch, so der Philosoph David Hume29, die Irrtümer in der Religion zumeist gefährlich.

Im Übrigen könnte, merkt der Schriftsteller Arno Schmidt30 an, die Tatsache zu denken geben, dass Goethe, Herder, Klopstock, Lessing, Schiller, Wieland nicht katholisch waren. Zudem waren drei von ihnen ausgemachte Gegner der positiven Religion, also des Christentums.

Warum auch nicht? Die Psychoanalyse hat vielfach fragwürdige, schädliche oder illusorische Aspekte religiöser Überzeugungen aufgezeigt. Dogmen und andere Doktrinen des Katholizismus sind nun einmal nicht zu beweisen. Niemand kann gezwungen werden, sie als definitiv wahr zu akzeptieren. Einige von ihnen sind sogar derart unwahrscheinlich und stehen so sehr im Widerspruch zu allem, was wir mühselig über die Realität der Welt erfahren haben, dass wir sie den Wahnideen vergleichen können.

Werteväter im Wahn? Friedrich Nietzsche31 hält den christlichen Gottesbegriff für einen der korruptesten, die je erreicht worden sind. Ich greife den Satz auf, wandle ihn um und beziehe ihn auf die Tatsache, dass Werteväter den Gott, der Liebe ist, zu einem Herrn der Strafe verdreht haben. Das bedeutet Korruption: Liebe zur Strafe umzudrehen und diese als Liebe auszugeben.

Sigmund Freud machte eine bis heute gültige Aussage: Kaum geht es um Fragen der Religion, macht sich der Mensch besonderer Attitüden, Unaufrichtigkeiten und intellektuellen Unarten schuldig.

Priester und Philosophen

Die meisten Theologen haben zwar die Suche nach einem Gottesbeweis aufgegeben. Sie sprechen nur noch davon, dass wir an die Existenz Gottes glauben müssen. Dieser Position sind jedoch fundamentale Schwierigkeiten eigen.

Denn wozu sollte gerade der traditionelle Glaube an einen einzigen Gott für wahr gehalten werden? Warum sollte es nur einen Schöpfer Himmels und der Erde geben? Und nicht etwa vier oder fünf Göttinnen, wobei einige für das Gute und andere für das Böse verantwortlich sind? Weshalb sollte dieser eine Gott auch noch barmherzig sein? Könnte, wie die Welt nun einmal beschaffen ist, die Annahme der Existenz eines bösen Dämons nicht plausibler sein?

Nur die Vernunft könnte aus der Fülle möglicher Glaubensinhalte eine begründete Antwort zugunsten des klassischen Eingottglaubens liefern. Doch der menschliche Geist vermag nichts Begründetes über diesen Gegenstand zu erkennen. Dennoch sieht sich, so der Philosoph Ludwig Klages32, mancher Philosoph der wunderlichen Aufgabe ausgesetzt, Beweise für Doktrinen beizubringen, deren Gültigkeit Priester bereits beschlossen haben.

Und Gott schweigt. Er übt sich in Geduld.

Theismus? Atheismus?

Theismus33 ist ein religionsphilosophischer Begriff, der im Zeitalter der Aufklärung gegenüber dem Atheismus geprägt wurde. Er bezeichnet die religiöse Überzeugung vom Dasein eines höchsten, überweltlichen, persönlichen Gottes. Dieser hat die Welt gewollt. Er erhält und regiert sie. Er wirkt zwar in seiner Welt, ist jedoch substantiell von ihr verschieden.

Atheismus? Ein Nicht-Glauben an höhere Wesen und die Annahme, dass es überhaupt keine göttlichen Wesen gibt. Der Begriff geht auf das griechische Adjektiv átheos (ungöttlich, gottlos) zurück. In Latein findet sich der Ausdruck zuerst bei Cicero, seit dem 18. Jahrhundert ist er in deutschen Schriften heimisch.