Suzy Wengel
Das Handvoll-Prinzip
für die ganze Familie
Impressum
© der deutschsprachigen Ausgabe 2019 by Südwest Verlag, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel „Sense for hele familien” im Politikens Forlag in Dänemark:
© Suzy Wengel and JP/Politikens Hus A/S 2017 in agreement with Politiken Literary Agency.
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Bildnachweis
Coverfoto oben rechts: Les Kaner
Food und Mood Bilder (inkl. Cover): Skovdal Nordic/Inge Skovdal
Familienfotos: Mads Krabbe, Anja Mohon/Fotograf Anja, Johnny Hermann/JH Foto m.fl.
Projektleitung: Katharina Schrott
Producing: SAW Communications, Redaktionsbüro Dr. Sabine A. Werner, Mainz
Übersetzung: SAW Communications: Brigitte Keppeler
Redaktion: SAW Communications: Julia Gilcher und Dr. Sabine A. Werner
Satz: SAW Communications, Mainz, in Zusammenarbeit mit Anke Enders
Umschlaggestaltung für die deutschsprachige Ausgabe: Franz Eder
Reproduktion: Maria Bramsen/MOMGRAFIK
ISBN: 978-3-641-24608-2
V001
www.suedwest-verlag.de
VORWORT
NUR MUT!
DAS HANDVOLL-PRINZIP
Für Erwachsene
Für Kinder
Frühstück für die Familie
Abendessen für die Familie
MÖCHTEN SIE MEHR ÜBER DAS HANDVOLL-PRINZIP WISSEN?
Der Gewohnheitenbaum® – ein Hilfsmittel, um über Gewohnheiten zu sprechen
So arbeiten Sie mit dem Gewohnheitenbaum®
Acht Beispiele: So können Sie Ihre Gewohnheiten ändern
SO HABEN WIR ES GESCHAFFT
Vier Familien erzählen
Familie Trabjerg
Familie Lindgaard
Familie Østerlund
Familie Stephansen
NUTZEN SIE DEN GEWOHNHEITENBAUM®
So meistern Sie 13 typische Herausforderungen
1. Wie vermeidet man den Süßigkeitenrausch nach der Schule?
2. Soll man jedes Eis dankend ablehnen?
3. Wie bekommt man Lust auf Sport, wenn man sich schwer und langsam fühlt?
4. Ist es sinnvoll, auf Mahlzeiten zu verzichten?
5. Wie macht man Urlaub ohne Fast Food?
6. Wie sagt man seinem Kind, dass es übergewichtig ist?
7. Wie sagt man „Nein” zu seinen Kindern?
8. Wie lernt man, sich selbst und andere zu lieben?
9. Wie sichert man sich die Unterstützung der Verwandtschaft?
10. Wie schafft man es, auch bei Stress nicht aufzugeben?
11. Wie kann man mit dem Handvoll-Prinzip Übergewicht vorbeugen?
12. Wie ändert man eine Gewohnheit am besten?
13. Wie vermeidet man ungesunde Spontankäufe?
REZEPTE
Frühstück
41 leichte Zwischenmahlzeiten
Pausenbrote und Lunchpakete
Hauptgerichte
Kuchen und Gebäck
Beilagen
ALLGEMEINE HINWEISE ZU DEN REZEPTEN UND NÄHRWERTANGABEN
Die meisten Eltern träumen von einer Familie, in der alle gesund und fit sind und sich rundum wohlfühlen. Das Fernsehen, Zeitschriften und die sozialen Medien sind voll von Anleitungen für ein perfektes Familienleben. Dort wird jedoch meist ein Idealbild präsentiert, zu dem ein wohlgeformter Body ganz selbstverständlich dazugehört. Eine Familie scheint nur dann in Ordnung zu sein, wenn alle schlank sind. Was aber, wenn die Wirklichkeit zu Hause ganz anders aussieht? Dann kann es schnell passieren, dass Eltern befürchten, sie hätten etwas falsch gemacht.
Wenn Sie sich fragen, warum in Ihrer Familie vieles nicht so ist, wie Sie es sich wünschen, dann ist dieses Buch genau das Richtige für Sie. Ich möchte Ihnen dabei helfen, sich Schritt für Schritt von einem negativen Selbstbild frei zu machen.
Viele verschiedene Wege führen zu Gesundheit und Glück, und was für die eine Familie perfekt passt, muss für eine andere noch lange nicht funktionieren. Es gibt eben mehr als nur eine Art und Weise, sich richtig zu ernähren und gesund zu leben. Ihre Aufgabe besteht darin herauszufinden, welche davon für Sie und Ihre Familie zum Erfolg führt. Dabei ist es wichtig, die Wertvorstellungen und Gewohnheiten aufzuspüren, die Ihr Familienleben prägen.
Schauen Sie sich an, wie die Dinge tatsächlich sind, zunächst ohne gute und weniger gute Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten zu unterscheiden und ohne zu bewerten. Erst anschließend fragen Sie sich, was genau Sie daran hindert, das Leben so zu leben, wie Sie es sich erträumen. In welchen Situationen handeln Sie nach einem festen Muster? Passiert das zum Beispiel dann, wenn der Alltag Sie so fordert, dass Sie glauben, für gesunde Ernährung keine Zeit mehr zu haben? Oder trösten Sie sich und die anderen Familienmitglieder gerne mit leckerem Essen? Kann es sein, dass Sie Gewohnheiten haben, die Ihnen ein Gefühl von Wohlbehagen vermitteln, aber ungesund sind?
Ich möchte Ihnen zeigen, dass auch Ihre Familie ohne allzu großen Aufwand ein Leben führen kann, bei dem eine gesunde Ernährung die Basis für das Wohlbefinden ist. Das ist möglich, ganz gleich, wie die typischen Verhaltensmuster Ihrer Familie aussehen. Meine Empfehlungen enthalten keine großen Einschränkungen, und auch Naschen und ab und zu das Lieblingsessen auf dem Tisch sind nicht verboten, nur die Häufigkeit und Menge behalten Sie besser im Blick.
Das Handvoll-Prinzip basiert auf der Überzeugung, dass unsere Ernährung ausgeglichen sein sollte. Gesundes und nährstoffreiches Essen sollte uns sättigen, für einen stabilen Blutzuckerspiegel sorgen und uns über den ganzen Tag verteilt Energie zur Verfügung stellen. Dieses Ernährungskonzept ist weit entfernt vom Fanatismus extremer Diäten. Ihre Familie kann sogar vieles, was sie gewohnt ist, weiterhin essen. Mit nur wenigen Änderungen können Sie die Ernährung Ihrer Lieben an das Handvoll-Prinzip anpassen, und Sie kommen beim Esskisten-Modell auch ohne einen Haufen exotischer Zutaten aus.
Im ersten Teil des Buches lernen Sie die Grundsätze des Handvoll-Prinzips und den von uns entwickelten Gewohnheitenbaum kennen. Dieser wird Ihnen dabei helfen, die Verhaltensmuster Ihrer Familie zu erkennen. Die Erfahrungsberichte von vier Familien sollen Sie ermutigen, denn sie alle haben sich im Hinblick auf Ernährung und Fitness positiv entwickelt. Sie wurden fröhlicher, aktiver und sozialer, außerdem bekamen sie mehr Energie und ein größeres Selbstvertrauen.
Im zweiten Teil des Buches finden Sie viele Rezepte für Gerichte, die gut schmecken und zugleich zu einer ausgewogenen Ernährung beitragen. Empfehlungen fürs Frühstück sind ebenso dabei wie Ideen für Pausenbrote, Abendessen, Gebäck und Zwischenmahlzeiten.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen!
Suzy Wengel
Bereits vor der Geburt meiner Kinder hatte ich eine klare Vorstellung davon, wie in meiner Familie einmal die Mahlzeiten aussehen sollten. Vor meinem inneren Auge sah ich uns in fröhlicher Runde um den Esstisch sitzen und das gemeinsame Essen genießen. Es war ausgesprochen gesellig, und es konnte vieles erzählt und besprochen werden. Als ich dann tatsächlich Kinder hatte, wurde ich von einer Wirklichkeit eingeholt, die so gar nicht meinen rosaroten Träumen und Wünschen entsprach.
Meine Kernfamilie besteht aus vier Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Lebensrhythmen, die manchmal schwer miteinander in Einklang zu bringen sind. Aus diesem Grund sind zumindest ein gemeinsames Frühstück oder Mittagessen eher selten, und oft schaffen wir es nicht einmal, zusammen zu Abend zu essen.
Unsere beiden Jungen sind sieben beziehungsweise acht Jahre alt. Wenn sie von der Schule nach Hause kommen, sind sie völlig ausgehungert. Dann sehen mein Mann und ich ihnen fassungslos dabei zu, wie sie große Mengen Essen verschlingen, und das, obwohl sie in der Schule Pausenbrote dabeihatten und diese auch komplett aufgegessen haben.
Es dauerte Jahre, bis ich akzeptieren konnte, dass meine Familie Essgewohnheiten hat, die nur selten meiner Vorstellung von gemeinsamen Mahlzeiten entsprechen. Aber mit der Zeit habe ich festgestellt, dass es so, wie wir es handhaben, für uns tatsächlich am besten funktioniert. Ich habe verstanden, dass ein Gespräch nicht zwangsläufig am Esstisch stattfinden muss. Man kann sich nämlich mit den Kindern auch dann unterhalten, wenn kein Essen auf dem Tisch steht. Was so banal klingt, war für mich eine wichtige Einsicht – und brachte eine große Erleichterung.
Bei uns zu Hause läuft es meistens so ab, dass sich die Jungen kurz nach der Rückkehr aus der Schule an Roggenbrot mit Belag, Gemüse, Obst und vielleicht noch einem Rest des Abendessens vom Vortag satt essen. Wenn mein Mann und ich uns ein paar Stunden später zum Abendessen an den Tisch setzen, kommen die beiden zwar dazu, aber meistens essen sie dann nicht viel mit, weil ihre letzte Mahlzeit noch nicht sehr lange zurückliegt. Manchmal entwickeln sie aber trotzdem Appetit und essen deutlich mehr als erwartet. Das ist so in Ordnung, denn der Appetit der Kinder soll und darf steuern, wann und wie viel sie essen. Ihr Bedarf wechselt von Jahreszeit zu Jahreszeit, von Woche zu Woche und von Tag zu Tag. Ich habe es aufgegeben, ihre Nahrungsaufnahme im Tagesverlauf möglichst genau kontrollieren zu wollen. Stattdessen sorge ich dafür, dass die Lebensmittel, zu denen sie Zugang haben, gesund und reich an Nährstoffen sind. Ich sehe, dass sie essen, wenn sie hungrig sind, und aufhören, wenn sie satt sind, und dass sie das essen, was wir im Haus haben. Mit den Getränken handhabe ich es genauso: Ich sorge dafür, dass im Haus nur Wasser und Milch zur Verfügung stehen. So kann ich sicher sein, dass sie ihren Durst auf gesunde Weise stillen und nicht mit süßen Getränken, die viel zu viele Kalorien haben.
Wenn ich Ihnen erzähle, wie wir in meiner Familie mit dem Essen umgehen, dann nur, um Ihnen zu zeigen, dass wir keinem festen Familienbild folgen. Wir sind also nur ein Beispiel und kein Modell für Sie. Es ist mir wichtig zu zeigen, dass es eine Vielfalt an Möglichkeiten gibt. In vielen Familien isst man zweifellos ganz anders als in unserer, und das ist gut so, wenn es für die jeweilige Familie funktioniert.
Viele Eltern haben Schuldgefühle oder schämen sich, weil ihre Familie bestimmten gesellschaftlichen Normen nicht entspricht, und gemeinsame Mahlzeiten gehören dazu. Ich selbst kenne das sehr gut und habe Schuldgefühle inzwischen komplett abgelegt. Dazu möchte ich auch Sie ermutigen.
Ich bin nicht nur die Mama unserer beiden Jungen. In den letzten 13 Jahren habe ich zudem drei weitere inzwischen erwachsene Kinder auf ihrem Weg begleitet. Außerdem hatte ich schon Hunderte von Kunden mit Kindern, von denen manche auch übergewichtig waren. Die persönlichen und beruflichen Erfahrungen, die ich in meinem Leben mit Familie, Kindern und deren Essgewohnheiten gemacht habe, sind meine Motivation für dieses Buch. Ohne Zweifel sind mein eigenes früheres Übergewicht und meine damalige Neigung zu übermäßigem Essen ebenfalls ein starker Antrieb, mein Wissen zu teilen. Ich habe den Wunsch, Kindern und ihren Familien dabei zu helfen, gute und gesunde Ernährungsgewohnheiten zu entwickeln und beizubehalten.
Es gab in meinem Leben eine Zeit, da kannte ich im Hinblick auf Essen nur zwei Kategorien von Essen: ungesund, verboten und damit falsch oder gesund, mit Disziplin gewählt und deshalb langweilig. Diese Sicht auf Ernährung habe ich heute zum Glück abgelegt, und es macht mir Freude zu sehen, wie unsere beiden Jungen, die übrigens normalgewichtig sind, ein vollkommen intuitives Verhältnis zum Essen haben. Sie essen, wenn sie hungrig sind, und hören damit auf, wenn sie satt sind. In meinem eigenen Leben existierte dieser natürliche Mechanismus bis vor wenigen Jahren überhaupt nicht.
Ich bin froh darüber, dass ich mein unvernünftiges Essverhalten bereits zu einer Zeit ablegen konnte, als meine Jungen noch ganz klein waren. Zweifellos prägen wir als Eltern die Vorstellung, die unsere Kinder von ausgewogenem Essen und von sportlichen Aktivitäten entwickeln. Es liegt daher in unserer Verantwortung, ihnen ein vernünftiges Verhältnis zum eigenen Körper zu vermitteln. Eine gute Ernährung spielt dabei natürlich eine wichtige Rolle.
Wenn Sie ständig darüber sprechen, dass Sie abnehmen wollen, oder andauernd unterschiedliche Diäten ausprobieren, vermitteln Sie Ihren Kindern, wie unzufrieden Sie mit dem eigenen Körper sind. Es wäre nicht verwunderlich, wenn sich Ihre negative Einstellung so auf die Körperwahrnehmung der Kinder übertragen würde. Ähnlich ist es mit Ihrem Verzicht auf bestimmte Nahrungsmittel, denn Ihre Kinder könnten daraus schließen, diese seien auch für sie nicht gut, und sie deshalb ablehnen.
Verzicht sollte niemals zum Leitmotiv der Ernährung werden, denn ein grundlegend gestörtes Verhältnis zur Nahrungsaufnahme und in letzter Konsequenz eine Essstörung können die Folge sein. Bei mir selbst hat das zu Fressattacken geführt, gegen die ich viele Jahre angekämpft habe, aber auch eine Magersucht kann so entstehen.
Um unseren Kindern ein vernünftiges Verhältnis zum Essen zu vermitteln, müssen wir in erster Linie das selbst umsetzen, was wir predigen. Wenn Sie möchten, dass Ihr Kind Gemüse isst, sollten Sie selbst Gemüse essen, und natürlich sollten Sie dafür sorgen, dass es in Ihrem Haushalt für alle genügend Gemüse gibt.
Als Nächstes sollte Kindern vermittelt werden, dass grundsätzlich nur dann gegessen wird, wenn man hungrig ist. Auch hier ist es wieder von entscheidender Bedeutung, dass Sie selbst mit gutem Beispiel vorangehen, denn natürlich wird sich ein Kind ganz selbstverständlich Bonbons aus der Süßigkeitenschublade holen, wenn es immer wieder sieht, dass Mama oder Papa das auch machen.
Weder mein Mann noch ich treiben wirklich intensiv Sport, aber Spaziergänge und Golf tragen doch dazu bei, dass sich die Familie – zumindest im Sommerhalbjahr – an der frischen Luft bewegt. Körperliche Betätigung ist großartig, um ein natürliches Hungergefühl aufzubauen. Für die Kinder gibt es deshalb lange Bildschirmpausen, in denen wir sie auffordern, nach draußen zu gehen und sich zu bewegen. Bei uns zu Hause achten wir darauf, dass das Starren auf einen Bildschirm nicht als Einschlafhilfe benutzt wird.
Mit unseren Kindern rede ich über das Essen. Ich sage ihnen, dass wir grundsätzlich alles essen können, was wir mögen, wir uns aber vor allem bei den Hauptmahlzeiten satt essen. Diese bestehen aus gesunden und nährstoffreichen Lebensmitteln. Jeder darf alles probieren, aber essen soll man grundsätzlich nur so viel man mag. Der Magen sollte nie übervoll sein. Wir backen auch Kuchen – ganz traditionell mit Zucker, Mehl und Butter –, und wir kaufen Süßigkeiten und Eis. Allerdings haben wir nie größere Mengen davon zu Hause, und wir essen das auch nicht jeden Tag.
In Dänemark gilt der Freitag als Naschtag, und es gibt Süßigkeiten, die wir zusammen mit unseren Kindern kaufen. Wir nennen das „Fredagsslik”. Ich esse selbst gerne Süßigkeiten, und wir lassen uns bei der Auswahl Zeit. Die Kinder dürfen sich für jeweils zwei Euro eine Tüte füllen, wofür man in unserem Supermarkt ungefähr 150 Gramm Süßigkeiten bekommt. Den gemeinsamen Einkauf von süßen Leckereien genießen die Kinder genauso sehr wie ich. Dabei wird jedes Stück mit Bedacht gewählt. Wenn wir nach Hause kommen, gibt es ein frühes Abendessen, und danach genießen wir unsere Süßigkeiten. Meistens nasche ich gemeinsam mit meinen Kindern und fordere sie dabei auf, sich jedes Stück vorher anzuschauen, um es dann mit Ruhe und Aufmerksamkeit wirklich zu genießen. Wenn sie nicht alles aufessen, haben sie noch etwas für den nächsten Tag. Fast immer lassen sie etwa ein Drittel übrig, weil beide genau merken, wann sie genug haben.
In der Vorweihnachtszeit bekommen unsere Jungen immer einen Adventskalender mit Schokolade, und auch der „Julenisse”, der dänische Weihnachtswichtel, bringt ihnen traditionsgemäß eine Kleinigkeit zum Naschen. Das weckt große Begeisterung, hat aber noch nie dazu geführt, dass die beiden nach noch mehr Süßigkeiten gefragt haben. Ich glaube, sie haben einfach nicht das Bedürfnis danach. Es gibt kein Standardmodell für eine gesunde oder „richtige” Familie. Glücklicherweise führen viele Wege zu einer sinnvollen Ernährung und guten Essgewohnheiten.
Als Eltern müssen wir darauf achten, in welchem Zusammenhang wir Süßigkeiten – und Essen generell – verwenden. Das müssen wir uns selbst, aber besonders auch in Bezug auf unsere Kinder bewusst machen. Essen Sie selbst aus Langeweile oder weil Sie niedergeschlagen, wütend oder besonders glücklich sind? Geben Sie Ihrem Kind Süßigkeiten, Kuchen, ein Brot mit Nuss-Nugat-Creme oder Chips, um es zu trösten oder abzulenken?
Dass bestimmte Nahrungsmittel gegen die Müdigkeit am Spätnachmittag und unspezifische schlechte Laune helfen und negative Gefühle abmildern können, merken kleine und große Familienmitglieder schnell. Die ganz Kleinen verinnerlichen bereits, dass sie mit Gequengel Schokolade von Mama und Papa bekommen können, und die Größeren verlangen Bonbons, Schokolade, Chips oder Brote mit Nuss-Nugat-Creme, um mit Langeweile, Müdigkeit, oder anderen unangenehmen Gefühlen fertigzuwerden.
Erkennen Eltern dieses Muster nicht rechtzeitig, nehmen es die Kinder mit in ihr Erwachsenenleben und geben es schließlich an ihre eigenen Kinder weiter. Wenn Ihnen klar geworden ist, dass Sie bei sich selbst oder bei Ihren Kindern leckeres Essen zum Trost bei negativen Gefühlen einsetzen, können Sie diese schlechte Gewohnheit in den Griff bekommen. Selbsterkenntnis ist ja bekanntlich der erste Schritt zur Besserung. Sie sind keineswegs schlechte Eltern, nur weil sie „Nein” sagen. Die Quengeleien werden mit der Zeit aufhören, sie müssen aber konsequent beim Nein bleiben.
Fragen Sie sich einmal selbst, wie Sie Ihrem Kind auch ohne den Einsatz von Essen Liebe und Trost geben können. Die meisten Kinder mögen es, in den Arm genommen zu werden. Vielleicht können Sie ein Buch zusammen lesen, sich einfach über den Tag unterhalten oder eine andere Belohnung finden, die nichts mit Essen zu tun hat. Ich erlebe oft, dass es alleine schon hilft, darüber zu sprechen, dass Süßigkeiten als Belohnung ein Problem sind.
Es ist immer gut, einem Kind Aufmerksamkeit zu widmen. Wenn Ihr Kind sich einfach nur langweilt, dann helfen Sie ihm dabei, etwas Neues anzufangen. Vielleicht signalisiert die demonstrierte Langeweile aber auch nur, dass Ihr Kind gerne mit Ihnen zusammen sein möchte. Wenn Sie Aufgaben zu erledigen haben, beziehen Sie Ihr Kind mit ein – vielleicht können Sie gemeinsam das Essen zubereiten.
Ich habe bereits erwähnt, dass unsere Kinder zu Hause nur die Menge essen, die ihrem Hunger entspricht. Das heißt, sie dürfen etwas übrig lassen. Viele aus unserer Generation wurden jedoch dazu erzogen, den Teller leer zu essen, denn das galt früher als höflich. Das Resultat davon war, dass wir lernten, über unsere eigene Sättigungsgrenze hinaus weiterzuessen. Das führte dazu, dass wir auch die natürlichen Sättigungssignale nicht mehr wahrnehmen konnten.
Ein bestimmtes Gericht schmeckt einem nicht, wenn man gezwungen wird, es zu essen, womöglich sogar, ohne überhaupt hungrig zu sein. Wurde einmal Zwang angewandt, dann kann das der Grund dafür sein, dass ein Kind ein bestimmtes Nahrungsmittel dauerhaft nicht mag. Ich habe selbst enorm bereut, dass ich meinen jüngeren Sohn Albert einmal dazu gezwungen habe, Brokkoli zu essen. Seitdem ist er nämlich davon überzeugt, sich von Brokkoli übergeben zu müssen.
Es ist besser, Kinder verschiedene Nahrungsmittel in ihrem eigenen Tempo probieren zu lassen. Es mag vorkommen, dass sie den Geschmack eines Gerichts zuerst nicht so mögen, sich das mit der Zeit aber ändert. Meiner Erfahrung nach können Sie der Neugier auf etwas Neues nachhelfen, wenn Sie die Kinder bei der Zubereitung des Gerichts helfen lassen. Geben Sie ihnen kleine, überschaubare Aufgaben. Sie können zum Beispiel Gemüse vorbereiten, es zerkleinern und mit Salz, Pfeffer, Zitronensaft oder Honig abschmecken. Vergessen Sie auch nicht, dass Ihre Kinder die Vorlieben und Abneigungen, die sie persönlich haben, nicht teilen müssen. Außerdem ändern sich Geschmackspräferenzen das ganze Leben lang. Ich habe festgestellt, dass bei den drei inzwischen erwachsenen Kindern, an deren Leben ich einen großen Anteil hatte, sich der Geschmack über die gesamte Kindheit hinweg entwickelt hat. Heute essen sie im Großen und Ganzen alles, außer Schnecken, für die ich sie noch nicht begeistern konnte. Aber vielleicht gelingt mir das eines Tages auch noch.
Uns allen schmeckt Essen am besten, wenn wir hungrig sind. Vielleicht würde Albert Brokkoli auf dem Teller heute anders beurteilen, wenn er an dem Tag, an dem er ihn zum ersten Mal versuchte, sehr hungrig gewesen wäre. Vielleicht hätte ihn der Geschmack von Brokkoli damals auch eher angesprochen, wenn ich eine leckere Soße dazu serviert hätte.
Es gibt zwar niemals eine Erfolgsgarantie, aber ganz sicher haben Kinder eine größere Bereitschaft, etwas Neues zu probieren, wenn sie hungrig sind. Wenn Ihre Kinder mehr Gemüse essen sollen, dann bieten Sie ihnen, wenn sie zwischendurch hungrig sind, eine Schüssel mit Gemüsesticks an. Wer sagt denn, dass Gemüse immer nur Teil einer Hauptmahlzeit sein muss?
Die Frage, ob Ihr Kind übergewichtig ist, ist nicht immer leicht zu beantworten. Ungeachtet der Tatsache, dass Sie als Eltern Ihr Kind am besten kennen, ist hierfür letztlich die Beurteilung durch einen Arzt angeraten. Bei übergewichtigen Kindern ist nicht immer eine Reduktion des absoluten Gewichts notwendig, man kann das Problem auch in den Griff bekommen, indem man das Kind bei allmählicher Gewöhnung an gesündere Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten sozusagen aus dem Übergewicht „hinauswachsen” lässt. Wenn bei mehr oder weniger gleichbleibendem Gewicht die Körpergröße ansteigt, hat sich das Problem mit dem Übergewicht irgendwann erledigt.
Mit diesem Buch möchte ich Ihnen Hilfsmittel und Rezepte für eine besser strukturierte Ernährung anbieten. Es wird jedoch von Familie zu Familie verschieden sein, an welchen Gewohnheiten hauptsächlich gearbeitet werden muss und wie die jeweiligen Herausforderungen gemeistert werden. Im Prinzip können Sie nichts falsch machen, denn Sie wissen schließlich am besten, was für Ihre Familie gut funktioniert. Sie können jedoch bei den Ernährungsgewohnheiten ansetzen, besonders bei den schlechten, die nicht selten zu Übergewicht führen. Daher ist es sehr wichtig, dass Sie sich als Familie Ihrer Gewohnheiten bewusst werden, über sie sprechen und daran arbeiten. Um diesen Prozess zu erleichtern und teilweise standardisieren zu können, habe ich den Gewohnheitenbaum entwickelt, über den sie ab hier mehr erfahren.
Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihr Kind auf dem Weg zu einem angemessenen Gewicht Begleitung braucht, wenden Sie sich an Ihren Hausarzt oder anderes medizinisches Fachpersonal, um das weitere Vorgehen abzusprechen. Versetzen Sie sich in Ihr Kind, bevor es vermessen und gewogen wird, damit Sie verstehen, wie sich das anfühlt. Für manche ist das motivierend, für andere kann es ein Stressfaktor sein. Sie sollten auch darauf vorbereitet sein und damit umgehen können, dass Ihre Bemühungen erfolglos bleiben und das Gewicht gleich bleibt oder vielleicht sogar mehr wird. Kinder wachsen, und grundsätzlich ist es normal, dass ihr Gewicht zunimmt. Dieser Faktor muss beim Wiegen eines Kindes immer berücksichtigt werden. Sie selbst kennen Ihr Kind am besten und können die Umstände wahrscheinlich am zutreffendsten beurteilen.
Von den Grundsätzen und Ernährungsempfehlungen, auf denen das Handvoll-Prinzip basiert, kann unabhängig vom eigenen Gewicht jeder profitieren. Wenn Sie aber eine dauerhafte Gewichtsreduktion oder eine Veränderung des Lebensstils für sich und Ihre Familie anstreben, sind das Verständnis des Handvoll-Prinzips und die Befolgung seiner Grundregeln für Sie besonders hilfreich. Allerdings möchte ich an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass Sie auch und gerade dann das Handvoll-Prinzip an Ihr Leben anpassen müssen – und nicht umgekehrt.
Beim Handvoll-Prinzip geht es darum, sich jede von drei Mahlzeiten pro Tag als eine Esskiste vorzustellen. Diese Esskisten – die je einer Mahlzeit entsprechen – füllen Sie mit Zutaten unterschiedlicher Nahrungsgruppen. Als Maß für diese Zutaten verwenden Sie jeweils die „Handvoll” – nur für Fette gilt stattdessen der Esslöffel.
Bei mindestens zwei ihrer drei täglichen Hauptmahlzeiten sollten Sie jeweils eine bis zwei Handvoll Gemüse, eine Handvoll Proteine und eine Handvoll Brot, Nudeln, Reis, Kartoffeln, Obst o. Ä. zu sich nehmen.
•Verwenden Sie bei jeder Hauptmahlzeit einen bis drei Esslöffel Fett.
•Sie können zusätzlich Milchprodukte essen. Die Milchprodukte können Sie zu oder zwischen den Mahlzeiten essen oder trinken. Zu jeder Hauptmahlzeit können Sie zwei Esslöffel auf Milchprodukten basierendes Dressing mit bis zu 9 % Fett verwenden. Außerdem können Sie täglich insgesamt 300 ml Milchprodukte mit bis zu 3,5 % Fett zu sich nehmen.
•Nehmen Sie in den ersten beiden Wochen Ihrer Gewichtsabnahme konsequent drei Hauptmahlzeiten am Tag zu sich. Danach sind Sie mit dem Handvoll-Prinzip so vertraut, dass Sie Ihren eigenen Weg finden werden. Vielleicht fühlen Sie sich ja mit zwei großen Hauptmahlzeiten und einer Zwischenmahlzeit am Tag wohler, oder Sie sind der Typ, der vier, fünf oder gar sechs entsprechend kleinere Mahlzeiten am Tag am angenehmsten findet.
•Genießen Sie Süßigkeiten, Kuchen, Eis, Chips, Limonade, Alkohol und andere Genussmittel als Teil einer ansonsten abwechslungsreichen Ernährung. Alle Lebensmittel, die nicht in die Handvoll-Kategorien passen, werden Genussmittel genannt.
•Löschen Sie Ihren Durst mit Wasser. Andere Getränke, die wenig oder keine Kalorien enthalten, können alternativ getrunken werden.
•Seien Sie 30 Minuten am Tag körperlich aktiv, und bringen Sie Ihren Puls mehrere Male pro Woche auf Trab.
Eine Mahlzeit besteht aus Zutaten, die man sich als Inhalt einer nach dem Handvoll-Prinzip zusammengestellten Esskiste vorstellen kann.
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