Quintessenz* und Prävention

Über den Tellerrand hinaus

 

Männer-Gesundheit

 

Von Dr. med. Jan-Dirk Fauteck, Imre Kusztrich

Band 12 der Präventions-Buchreihe

 

 

Quintessenz (von lateinisch quinta essentia, „das fünfte Seiende“) ist im übertragenen Sinne das Wesentliche, das Hauptsächliche, das Wichtigste. Ursprünglich wurde die quinta essentia von dem griechischen Philosophen und Naturforscher Aristoteles in Form des Äthers den vier Elementen hinzugerechnet.

 

ISBN: 9783955776343

 

 

Lese-Tipps:

Quintessenz und Prävention Prostata-Gesundheit (Band 13)

Quintessenz und Prävention Lust & Sexualität (Band 10)

Quintessenz und Prävention Kinderwunsch (Band 11)

 


Mit der Chronobiologie die Andropause meistern

 

Im Abwärtssog der Botenstoffe

 

Nicht nur die Hormone der Sexualität verabschieden sich allmählich im Körper des Mannes. Auch etwa 150 weitere Botenstoffe! Dabei entsteht großer Handlungsbedarf

 

Ein Wort wie Midlife Crisis ist rasch gesagt, wenn ein Mann dem Leben einen neuen Sinn zu geben versuchen. Zerbricht eine Partnerschaft, vermuten viele sexuelle Motive. Da rächt es sich, dass das Wissen von Endokrinologen, der Fachärzte für das Hormongeschehen, in den Medien weit weniger präsent sind als etwa die Ansichten von Schönheitschirurgen oder Promi-Ärzten generell.

Die Spezialisten für Östrogene, Testosteron, Melatonin & Co. könnten Einiges an wertvoller Aufklärung beitragen.

Alarmierend ist gerade diese Erkenntnis: Die hohe Scheidungsbereitschaft zur Lebensmitte ist nicht ein Produkt der schwindenden Sexualbotenstoffe. Häufig ist es ein Problem des Gehirnstoffwechsels durch den frühen Abfall des Wachstumshormons Human Growth Hormone (HGH).

Es ist ein großes Dilemma: Die meisten wissen über Hormone nicht, was sie wissen sollten. Nur eine einzige, altersbedingte Veränderung in Bezug auf Botenstoffe im menschlichen Körper ist derart dramatisch, dass jeder Bescheid weiß: Jener, der die Frau in der Lebensmitte trifft.

Die wichtigsten Informationen innerhalb des männlichen und des weiblichen Körpers werden durch chemische Moleküle übertragen. Die Bezeichnung dieser Botenstoffe: Hormone, abgeleitet von dem griechischen Wort horman, anregen. Mehr als 150 wurden bisher identifiziert. Deren unermessliche Nachrichtenflut steuert uns durch das Leben. Der Blutdruck, die Knochengesundheit, die Schlafqualität, Hunger und Appetit, jede sexuelle Regung, unsere seelische Verfassung und der Blutzuckerspiegel – alle diese Zustände sind das Ergebnis von Hormondosierungen im Blut, in der Lymphe oder im Gewebe.


Vier Botenstoffe

 

In diesem Orchester haben vier Botenstoffe – einzeln oder als Gruppe – eine besonders dirigierende Bedeutung: die Sexualhormone, das Wachstumshormon, ein Basishormon der Nebennierenrinde namens DHEA und das Melatonin.

Äußere Zeitimpulse – etwa der Einbruch der Dunkelheit für das Schlafhormon – und das System unserer inneren Uhren unterwerfen die Effekte der im Körper gebildeten und bedarfsweise freigesetzten Hormone einem intelligenten 24-Stunden-Rhythmus.

Eine besondere Rolle spielt das Alter, und dabei leider nicht erst das hohe! Es ist der gemeinsame Risikofaktor der großen Volkskrankheiten unserer Zeit, Arteriosklerose, Krebs, Osteoporose und Alzheimer. Die Evolution hat den Menschen so geprägt, dass er nach ein bis zwei Jahrzehnten Fruchtbarkeit seinen Wesenssinn erfüllt hat. Entsprechend wird bereits um das 30. Lebensjahr oder sogar schon davor die Produktion der Hormone kontinuierlich zurückgefahren.

Mit unseren bedeutendsten Hormonen schwindet jedoch auf breiter Front die Vitalität.

Speziell mit ihrem täglichen Auf und Ab befasst sich die neue Wissenschaft der Chronobiologie. Das trägt bereits Früchte: Intelligente Nahrungsergänzungsprodukte, die unseren inneren Organzustand berücksichtigen, versorgen Zielorgane rechtzeitig und zur optimalen Tageszeit mit hilfreichen Wirkstoffen.


Andropause, Menopause

 

Am dramatischsten greifen die Geschlechtshormone in unser Schicksal ein. Den Auftakt bildet die Pubertät, bei Jungen zwischen dem zwölften und 20. Lebensjahr, bei Mädchen zwischen dem zehnten und 18. In erster Linie prägen Östrogene das Verhalten der Frau und Testosteron jenes des Mannes.

Die Hirnanhangdrüse sendet an bestimmte Organe den Befehl, verstärkt Sexualbotenstoffe herzustellen und ins Blut auszuschütten. Ihre überragende Bedeutung endet erst mit dem Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit. Diesen Wendepunkt realisiert der weibliche Körper in kurzem

Zeitraum. Die Veränderungen des Mannes erstrecken sich in der Regel über mehrere Jahre. Aber es gelten die gleichen Prinzipien. Die Wechseljahre – ob es die Andropause oder die Menopause ist - sind ein natürlicher Vorgang. Dennoch stellen sie für das Wohlbefinden eine Belastung dar. Deshalb sieht die Anti-Aging-Medizin auch für den Mann die Zufuhr von mild wirkenden pflanzlichen Hormonstoffen vor.

Ein wenig irreführend sind die Zuordnungen bestimmter Botenstoffe zu den so genannten männlichen oder zu den weiblichen Hormonen. Beide Gruppen kommen im Körper beider Geschlechter vor.

Die „Hormone der Weiblichkeit“, Östrogene und Progesteron, sind im weiblichen Organismus die Arbeitsbienen des Fortpflanzungssystems. Östrogene im Männerkörper sind ebenfalls unentbehrlich für männliche Fruchtbarkeit, etwa für die notwendige Beweglichkeit der Samenzellen. Weiters werden sie gebraucht zur Vermeidung von Osteoporose und zum Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie haben einen positiven Effekt auf die Entstehung von bioaktiver Energieform in den Mini-Kraftwerken der Zellen. Ausgeglichenheit und Belastbarkeit, die Charakterzüge, die einen Mann verträglich machen, sind ebenfalls Folgen des Östrogeneinflusses.

Östrogene werden im Körper des Mannes besonders im Fettgewebe produziert. Im Laufe der Jahre, und früher bereits durch unnatürlich vermehrtes Fettgewebe, kann eine Überproduktion weiblicher Hormone im Männerkörper registriert werden. Äußerliche diesbezügliche Merkmale betreffen einen deutlichen Figur-Umbau, der eine typische weibliche Fettgewebsverteilung um Hüften und Gesäß und eine Vergrößerung des Brustdrüsengewebes miteinschließt.

Da Östrogen von beinahe jeder Zelle benötigt wird, ist es in drei Formen enthalten: als Östradiol, Östrogen und Östriol.

Was die Geschwindigkeit der hormonellen Veränderungen betrifft, meint die Natur es mit dem Mann auffallend gut. Bei der Frau in ihrer heutigen Lebensmitte stürzt die körpereigene Produktion dieser Botenstoffe signifikant ab. Das Durchschnittsalter beim Eintritt der Menopause liegt in der westlichen Welt bei 51 Jahren. Die normale Spanne von frühem und spätem Zeitpunkt dieser Veränderung reicht meist vom 44. bis zum 52. Lebensjahr.

Die männlichen Sexualhormone verabschieden sich deutlich langsamer. Doch einer Hormon-Desynchronisierung entgeht auch das starke Geschlecht nicht.

Die mit dem Wort „andro“, griechisch für Mann, gebildete Bezeichnung Andropause (also „Männerhalt“) wird nicht von allen anerkannt. International wird der Begriff PADAM (gebildet aus den englischen Wörtern für „Partielles Androgen-Defizit des älteren Mannes”) bevorzugt.

Auch wenn es nicht eine abrupte Entgleisung wie bei der Frau ist, verstärkt der eintretende Mangel fast alle Alterungsprozesse. Besonders betroffen: Haut, Gefäße, Knochen, Muskeln, Gehirn.

Dabei ist es nicht der einzige Mangel, der verkraftet werden muss.

Das Testosteron bildet nur die Speerspitze dieser Entwicklung. Gemeinsam mit dem Melatonin, mit dem Wachstumshormon HGH und mit DHEA fehlen dem Mann die wichtigsten Regulatoren des Stoffwechsels in der gewohnten Stärke.

Diese Phase zwischen dem 40. und 55. Lebensjahr überrascht viele mit einer Fülle hormoneller, körperlicher, seelischer, psychologischer, sozialer, sexueller und spiritueller Aspekte. Das Testosteron sinkt im Männerkörper stärker als die geringer dosierten Östrogene. So kommt es zu der als Verweiblichung beschriebenen Figurveränderung. Muskelabbau und Veränderungen im Fettstoffwechsel begünstigen die Entstehung eines dicken Bauches und eine Vergrößerung der Brust.

Auch die weiteren, anabol (griechisch für „aufwärts“) genannten Botenstoffe schwinden im Blut und im Gewebe des Frauenkörpers: das Wachstumshormon und das DHEA.

Bei Wachstumshormon denken manche nur an Knochen, Fettgewebe oder Muskeln. Das Human Growth Hormone ist aber ebenfalls für den Gehirnstoffwechsel eminent wichtig. Depression mit hormoneller Ursache (auch hier das fehlende HGH) muss als ein oft nicht erkanntes und dadurch sehr gefährliches Problem des alternden Mannes eingestuft werden.

DHEA (Dehydroepiandrosteron) gilt als unsere „Jugendsubstanz“ schlechthin: Aus dieser Vorstufe werden 18 unterschiedliche Hormone gebildet, darunter auch die so genannten weiblichen (Östrogene) und männlichen (Androgene). Der Organismus reduziert jedoch seine Produktion an DHEA bis zum 75. Lebensjahr auf nur noch ein Zehntel früherer Höchstdosierungen. Die Auswirkungen betreffen genau genommen den gesamten Organismus, besonders spürbar in Bezug auf die Herzgesundheit, die Fetteinspeicherung, die Stresskontrolle, die Verwertung von Zuckermolekülen aus Kohlenhydraten und die Sexualität.

Aus alldem resultiert die Empfehlung frühzeitiger Hormongaben zur Gesunderhaltung und zur Vermeidung gewisser Altersfolgen.

Eine viel versprechende Abwandlung der klassischen Hormonersatztherapie ist die Substitution. Dabei gleicht das einem Körper jeweils zugeführte Hormon allein einen durch den individuellen Hormonstatus belegten Mangel wieder aus. Entscheidend ist die Gesamtwirkung. Es ist unzureichend, nur ein, zwei Botenstoffe anzuheben. Heute ist die Bestimmung winziger Hormonmengen im Blut, Speichel, Urin und aus anderen Quellen möglich.

 

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