Das obige Bild und das Titelbild sind von Christa Wüpping, Bocholt, gemalt worden. Danke liebe Christa.
Christine, eine Frau Mitte vierzig, besinnt sich auf ein altes Familienerbe und als sie das Gut besucht, lässt es sie nicht mehr los. Gemeinsam mit ihrem Mann Max und vielen treuen Helfern restauriert sie das Haus und erlebt die gespeicherten Informationen des Hauses und die Gefühle der früheren Bewohner über einige Jahrhunderte.
Unsere Ahnenlinie lässt sich oft weit zurückverfolgen. Sind wir auch mit unseren Ahnen über den Tod hinaus verbunden?
Nehmen sie manchmal Kontakt mit uns auf?
Ein altes Grundstück, ein altes Haus, eine alte Familiengeschichte. Inwieweit beeinflusst die alte Familiengeschichte das eigene Leben?
Warum muss ich auf einmal unbedingt etwas erledigen, obwohl ich mir nie Gedanken darüber gemacht habe? Erhielt ich einen Impuls? Wenn ja, woher kam dieser Impuls?
Der Roman ist frei erfunden.
Anno 1667 in Steinbachtal in der Nähe von Würzburg.
Der Dreißigjährige Krieg hat Spuren im ganzen Land hinterlassen. Von 1618 bis 1948 wurde geplündert, gemordet und geschändet. Ein Territorialkrieg im Römischen Reich und Europa. Die Katholische Liga (u.a. Herzogtum Bayern, Kurfürstentum Köln etc.) und der Habsburger Kaiser gegen die Protestantische Union (u.a. Pfalz, Kulmbach, Hessen-Kassel etc.) Die Habsburger Mächte Österreich und Spanien gegen Frankreich, Niederlande, Dänemark und Schweden. 6 Millionen Menschen ließen ihr Leben.
Am 15. Oktober 1631 nahmen die Schweden die Stadt Würzburg ein. Bis 1634 besetzten sie Würzburg und andere Bereiche des Landes. Jetzt traf es mit Macht auch die reichen Bürger. Für die armen Bürger änderte sich nicht viel, nur die Ausbeuter hatten gewechselt.
1649 begann im Land die Neuorientierung und der Aufbau. Die Zerstörungen im ganzen Land mussten beseitigt werden. Neue Häuser wurden errichtet, andere notdürftig repariert.
Marianna und Johannes von Steuren lebten außerhalb von Würzburg in einem angrenzenden, stark bewaldeten Gebiet, dem Steinbachtal. Sie wohnten nach ihrer Heirat vor zwei Jahren – Anno 1665 - noch bei Johannes Eltern in einem großen, herrschaftlichen Haus, das 1649 vollständig restauriert wurde. Während des Krieges musste das Haus zu viele Angriffe über sich ergehen lassen. Aber jetzt erstrahlte es in neuem Glanz. 1667 erhielt Johannes‘ Vater für seine Vaterlandsdienste vom Grafen Ländereien eines enteigneten Bauern. Dem Bauern hatte man den Prozess gemacht, weil er nicht in der Lage war, seine Steuern zu zahlen. Dieses Land übergab Johannes‘ Vater, der ebenfalls den gleichen Vornamen Johannes trug, seinem erstgeborenen Sohn, damit dieser darauf sein eigenes Haus bauen konnte. Marianna war im 8. Monat schwanger mit Zwillingen. Die Hebamme hatte es erst jetzt ertasten können, dass da zwei Kinder im Bauch heranwachsen. Der dicke Bauch hat es bisher nur vermuten lassen, dass gleich zwei Erben auf die Welt kommen würden. Die Eltern von Marianna und Johannes haben die beiden zusammengeführt. Wenn sich Johannes geweigert hätte, Marianna zu ehelichen, dann hätte es für die Familie noch eine andere Wahl gegeben. Marianna war vermögend, jung und bezaubernd anzusehen. Schon beim ersten Treffen war es für Johannes klar, dass Marianna seine Frau wird. Marianna allerdings hatte ihre Liebe schon an einen anderen jungen Mann vergeben. In dem sie Johannes heiratete, fügte sie sich aber in ihr Schicksal. Im Nachhinein jedoch musste Marianna zugeben, dass Johannes keine so schlechte Wahl war.
Im Frühsommer des Jahres 1667 wurde der erste Grundstein für das neue Herrenhaus gelegt. Sieben Arbeiter erschienen an dem sonnigen Tag auf dem Gelände, wo noch ein altes Holzhaus stand. Das Holzhaus sollte vorübergehend als Schuppen und Rückziehort für die Arbeiter erhalten bleiben und das Herrenhaus entstand direkt dahinter. Eine Allee aus Obstbäumen säumte den Weg bis zum Holzhaus. Weiter hinten im kleinen Wäldchen war ein kleiner Friedhof angelegt. Dort waren seit über 100 Jahren die Familienmitglieder des Bauern beerdigt worden. Dieser Friedhof sollte jetzt dem übergroßen Garten weichen, den Marianna unbedingt anlegen wollte.
Marianna hatte schon einen Plan für den Garten entworfen und war damit beschäftigt, Möbel anfertigen zu lassen und Stoffe auszusuchen. Johannes traf sich täglich mit einem Baumeister, der die Vorstellungen des jungen Ehepaares umzusetzen hatte.
Die Arbeiter werkelten hart, sechs Tage die Woche und vierzehn Stunden am Tag. Sie nächtigten in dem alten Holzhaus, damit sie die zum Teil langen Wege zum eigenen Zuhause nicht antreten mussten. Ein Künstler wurde engagiert, der im großen Empfangszimmer eine Wand mit einer Landschaft versehen sollte. Im Keller wurde ein kleines Rückziehzimmer in der Größe eines Schrankes gebaut, das bei drohender Gefahr Schutz bieten sollte. Damit der Raum nicht sofort entdeckt wird, wurde vor der Tür ein Schrank zu Aufbewahren von Wertsachten gestellt. Falls Jemand die Wertsachen sichten würde, wäre er abgelenkt. Niemand würde hinter den Wertsachen noch einen kleinen Raum vermuten.
Als das Haus fertig war, zog für sechs Monate über den Winter eine Familie ein, die das Haus von Feuchtigkeit befreien sollte und den Garten anzulegen hatte. Erst danach wurde das Haus gesäubert und eingerichtet, damit Johannes und Marianna mit den bereits geborenen Zwillingen dort einziehen konnten. Marianna hatte ein Mädchen und einen Jungen geboren. Zuerst kam das Mädchen zur Welt und fünf Minuten später der Junge. Zur Unterscheidung von den Eltern wurden das Mädchen Marianne und der Junge Johann genannt. Es war eine sehr schwierige Geburt. Mariannas Gebärmutter wurde beschädigt und sie verlor sehr viel Blut. Die Hebamme sagte ihr, dass sie evtl. keine Kinder mehr austragen könne.
Marianne und Johann
Es verging kaum ein Jahr, da erkrankte das Zwillingsmädchen Marianne an einer Lungenentzündung und verstarb. Auf dem Gut legte man einen neuen Friedhof an und errichtete eine kleine Kapelle. Marianna legte ihrem kleinen Liebling ein Amulett um den Hals. Auf dem Amulett waren ein kleines M, V und S und Teile aus dem Wappen der Familie zu sehen. Es bestand aus hochwertigem Gold mit einem kleinen Smaragd. Böse Zungen behaupteten, dass der Tod des Mädchens die Strafe für die Missachtung der Totenruhe der Bauernfamilie war und sich die Verstorbenen nun bemerkbar machten. Marianna hatte die zum Teil noch vorhandenen Gebeine der verstorbenen Ahnen des Bauern in ein Massengrab außerhalb des Grundstücks verbringen lassen.
Nach der Beisetzung zog sich Marianna ganz in sich zurück. Johannes machte sich zusehends Sorgen um seine Frau. Sie verfiel in große Traurigkeit und wurde immer dünner und hinfälliger. Sie kümmerte sich kaum um den Sohn und konnte den Tot ihrer Tochter nicht verarbeiten. Es hatte den Anschein, als ob sie ihr nachfolgen wolle. Johannes folgte dem Rat des behandelnden Arztes und fuhr mit seiner Frau an die See.
Aus der geplanten Woche wurden vier Wochen. Vier Wochen, in denen Marianna und Johannes wieder zueinander fanden. Johann war während der Zeit zuhause, gut behütet durch das Kindermädchen. Johann vermisste seine Eltern nicht. Seinen Vater sah er sonst selten und seine Mutter hatte keinen Blick für ihn. War er doch der kräftigere Bruder, der seinem Schwesterchen das Lebensnotwendige im Mutterleib genommen hatte. Hatte er doch Marianne so klein und zerbrechlich werden lassen, um nach der Geburt nicht die Kraft zu haben, gegen die Lungenentzündung anzukämpfen. Johann war zeitnah auch erkrankt und bekam eine Lungenentzündung. Er konnte die Krankheit aber relativ schnell überwinden – Marianne nicht.
Während der Zeit am Meer fing Marianna an zu schreiben. Sie liebte Gedichte und schrieb zuerst traurige Verse und später immer fröhlicher werdende Zeilen. Viele Jahre nahm sie immer wieder ihren Stift in die Hand und beschrieb ihre Tagebücher. Es war Balsam für ihre Seele.
Johann fand Gefallen am Spiel der Violine. Im Alter von 6 Jahren begann er zu Üben und schon im Alter von 8 Jahren beherrschte er das Instrument und spielte seinen Eltern gern etwas vor.
In den darauffolgenden Jahren verlor Marianna ein Kind nach dem anderen. Jede Schwangerschaft endete vorzeitig. Als Marianna für die damalige Zeit schon ein bisschen zu alt war, um ein Kind zur Welt zu bringen, wurde sie 1679 doch noch einmal schwanger und trug das Kind aus. Es war ein Junge, der nun einen viel älteren Bruder hatte. In Johann – dem älteren Bruder – wuchs von Tag zu Tag mehr die Eifersucht auf seinen kleinen Bruder Heinrich. Johannes und Marianna liebten dieses lang ersehnte Kind sehr und sahen ihren großen Sohn noch weniger als früher. Es brodelte immer mehr in ihm und er wurde immer stiller. Johann legte seine Geige beiseite und fasste sie nicht mehr an, bis er mit vierundzwanzig Jahren 1692 heiratete und auf das Gut seiner Frau Brunhild von Schneider zog. Brunhild spielte leidenschaftlich gern Klavier. Sie musizierten zusammen und führten lange Gespräche über Musikstücke, wie man sie eventuell verändern könne. Doch drei Jahre nach der Heirat – Anno 1695 - verschwand seine Frau auf mysteriöse Weise. Da die Ehe kinderlos war, zog Johann wieder zu seinen Eltern und ließ seine Frau erst für tot erklären, als seine Eltern beide nicht mehr lebten und er 1709 erneut heiratete. Seine viel jüngere Frau Josepha konnte ihn nicht glücklich machen. Es war für beide keine gute Entscheidung gewesen, diesen Pakt einzugehen.