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Robert Schindel

DON JUAN WIRD SECHZIG

Heiteres Drama

Mit Zeichnungen von
E.R.Denk

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VORWORT

Robert Schindels Don Juan wird sechzig ist ein literarischer Text der – obwohl für die Bühne geschrieben – so ausdrucksstark, unterhaltsam und flüssig zu lesen ist, dass er vom Lesepublikum mit Vergnügen wie ein Roman rezipiert werden kann. Für den Hollitzer Verlag war es ein Glücksfall, als dieses heitere Drama im Sommer 2013 über Vermittlung einer gemein samen Bekannten, Käthe Springer von der Redaktion Tagbau, den Weg ins Don Juan Archiv Wien fand. In diesem Archiv, einer Wiener Forschungsinstitution, die sich der Geschichte und Rezeption des Don-Juan-Stoff es bis zu Lorenzo da Pontes und Wolfgang Amadé Mozarts Don Giovanni widmet, wurde das Libretto zunächst einmal katalogisiert und – gelesen. Ab diesem Zeitpunkt war klar: Dieses Stück ist ein literarischer Schatz, welcher der Öffentlichkeit nicht länger vorenthalten werden sollte.

Wir hoffen, mit dieser Veröffentlichung dazu beizutragen, dass es in naher Zukunft auch zur Uraufführung der vollständig als zeitgenössische Oper von Dirk D’Ase komponierten Fassung kommt.

Wien, im Januar 2015

Michael Hüttler
Verlagsleiter Hollitzer Verlag und
vormaliger Direktor des Don Juan Archiv Wien

Robert Schindel

DON JUAN WIRD SECHZIG

Heiteres Drama

BESETZUNG

 

JOSEPH (JOSCHI) HERZOG
(Privatier, reicher Erbe, Jahrgang 1944, schlank, soigniert)

Hoher Bariton
 

KONSTANTIN
(Journalist, 52 Jahre, Jahrgang 1951, bester Freund des Herzog seit vielen Jahrzehnten)

Tenor
 

JULIANE (JULI)
(Hausfrau, früher Philosophielehrerin, Jahrgang 1946, erste Liebe des Herzog)

Sopran
 

KATHARINA
(Maklerin, Jahrgang 1950, große Liebe des Herzog in der 68er-Zeit, Mutter seines Sohnes)

Sopran
 

DEBORAH
(Filmemacherin, Jahrgang 1968, Eltern flüchteten 1968 mit ihr im Mutterleib aus Prag nach Wien)

Mezzosopran
 

YASSIR-C
(Sohn von Herzog und Katharina, drogenkrank, Jahrgang 1968)

Tenor
 

JEAN-PAUL SARTRE
(Philosoph und Schriftsteller, Jahrgang 1905)

RUDI DUTSCHKE
(Studentenführer, Jahrgang 1940)

RABBI LÖW
(Rabbiner zu Prag, Jahrgang 1512, angeblicher Schöpfer des Golem, Retter der Prager Juden, wegen seines guten Einvernehmens mit Rudolf II.)

Bass-Bariton*
 

SIMONE DE BEAUVOIR
(Philosophin und Schriftstellerin, Jahrgang 1908)

MAYA
(besonders attraktiv, Jugend und Reife verkörpernd)

Mezzosopran**
 

SILVIA
(Privateuse, Jahrgang 1948, alte, beste Freundin von Herzog)

Sopran
(Chorsolistin)
 

Passanten, Studenten, Polizisten, Demonstranten, Geburtstagsgäste

Chor
 

Komparsen

 
Spielt in Wien, Paris, Berlin und Prag
in den Jahren 1962, 1967, 1989 und um 2004
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ERSTER AKT

ERSTE SZENE

Joschi Herzog, allein, später Konstantin

2004: In der Wohnung von Joschi Herzog. Er sitzt neben einem Teetisch vor einem offenen Kamin in einem Ohrensessel, trägt einen eleganten Schlafrock. Das Wohnzimmer ist sehr eklektizistisch eingerichtet. Alte Möbel neben modernen etc. Gegenüber dem Kamin sind die Kommunikationsmaschinen angehäuft: Flachbildfernseher, DVD- und Videorecorder. Im Hintergrund ist ein Fenster, draußen ist es dunkel.

HERZOG:

Es ist im Schneegehunds die Winterspur
Die Flocken fallen träge ins Gebell.

Da stapf ich durch. Nachtfrost beschweigt mein Haar
Nur fort. Geschritten fort und fort.

Da hin, alsdort sich nun mein Kreis
Sich bindet an den Herzakkord.

Er steht auf, geht zum Fenster, hernach dreht er den Fernseher auf, man hört die Signation zu den österreichischen Nachrichten. Noch bevor ein Sprecher am Bildschirm erscheint, dreht er den Apparat wieder ab, wandert durch das Zimmer.

Wohin ich schau und was ich weiß,
Verweht ist es und nicht mehr dort,
Sodass, was werden sollt, auch nicht geschah.

Es ist im Schneegehunds die Greisenspur
Und eiserstarrt bin ich und bald zur Stell.

Setzt sich wiederum in den Sessel.

Es bleibt vom Stapfen leises Echo nur
Nachtfrost beschweigt mein Haar
Mein allerletzter bellender Gesell.

Steht wieder auf, holt sich eine Karaffe und ein Rotweinglas. Wieder zurück beim Teetisch will er sich ein Glas Rotwein einschenken, da läutet das Telefon, welches auf dem Teetisch steht.

Moment

Er legt den Hörer auf den Tisch schenkt sich den Rotwein ein, setzt sich, macht einen Schluck, dann nimmt er den Hörer.

Was gibt’s?

Servus Silvia.

Das ist ja ganz reizend von dir. Aber ich hab ja noch gar nicht Geburtstag

Ah dann bist du nicht da, deswegen willst du mir jetzt heut ––

Das bringt aber Unglück.

Ob abergläubisch oder nicht.

Dieser Geburtstag läutet mein Unglück ein
Vielmehr setzt es fort.

Kind, ich bin nicht depressiv
Ich weiß bloß, was es nun
Geschlagen hat. Du tust ja
Gut daran
An meinem Fest nicht teilzunehmen
Bin nicht beleidigt
Dass meine liebste Freundin
An diesem Geburtstag in den Dolomiten
Schifahren muss. Ich sehs
Als einen Fingerzeig
Dass ich das ganze Fest nicht
Hätte machen sollen.

Nein Silvia, du gehst nicht stornieren
Wünsche dir besten Pulverschnee
Und einen Himmel mit den Wolkenbildern
Wie einst in Puchenstuben über uns
Adieu.

Er legt auf. Macht einen tiefen Schluck.

Sie sollten fern mir bleiben alle, alle.

Ich sag die ganze Party ab
Und fahr nach Puchenstuben ganz allein
Werde vergnügt zwischen den Tannen
Mein Alter äußerln führen
Und am Abend
Von keiner Frau begleitet
Ins Hotel
Auf Du und Du mit meinem neuen Freund
Dem Nachtfrost