Buch

Nora Grey hat es sich in ihrem Leben bisher nie leicht gemacht, aber nun hat sie eine folgenschwere Entscheidung getroffen: Unter Zwang hat sie ihrem Vater Hank Millar geschworen, die Armee der Nephilim anzuführen. Sollte sie scheitern, so würde nicht nur sie, sondern auch ihre Mutter sterben. Nora bleibt nicht viel Zeit, denn Cheschwan naht, die gefährlichen Nächte des Jahres, in denen die gefallenen Engel Besitz von den Körpern der Nephilim ergreifen und sie versklaven. Doch Noras große Liebe ist der gefallene Engel Patch; es ist verständlich, dass Nora weder einen Krieg gegen gefallene Engel führen noch die Führerschaft abtreten will. Es soll jedoch noch viel schlimmer kommen, denn in den Reihen der Nephilim lauern Verräter, die selbst vor der Anwendung verbotener Teufelskraft nicht zurückschrecken, um die Macht zu ergreifen …

Weitere Informationen zu Becca Fitzpatrick sowie zu lieferbaren Titeln der Autorin finden Sie am Ende des Buches.

Becca Fitzpatrick

Dein für immer

Engel der Nacht
Band 4

Roman

Ins Deutsche übertragen
von Sigrun Zühlke

Page & Turner

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Die Originalausgabe erschien 2012
unter dem Titel »Finale«
bei Simon & Schuster, New York.

Page & Turner Bücher erscheinen im

Wilhelm Goldmann Verlag, München,

einem Unternehmen der Verlagsgruppe
Random House GmbH.

1. Auflage

Copyright © der Originalausgabe 2012 by Becca Ajoy Fitzpatrick

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2014

by Page & Turner/Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Redaktion: Waltraud Horbas

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: Tracie Taylor; Valentino Sani / Trevillion Images;
FinePic
® , München

Foto: Ali Eisenach

Gesetzt aus der Janson-Antiqua

ISBN 978-3-641-09345-7
V004


www.pageundturner-verlag.de

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Prolog

Heute, früher am Tag

Scott glaubte nicht an Geister. Tote blieben in ihren Gräbern. Aber als er nun in den Tunneln unterwegs war, die kreuz und quer unter dem Delphic-Vergnügungspark verliefen und in denen es überall raschelte und zischelte, überlegte er, ob er seine Meinung nicht noch einmal überdenken sollte. Es gefiel ihm nicht, dass seine Gedanken immer wieder zu Harrison Grey zurückwanderten. Er wollte nicht an die Rolle denken, die er bei dem Mord an dem Mann gespielt hatte. Es tropfte von der niedrigen Decke, und Scott musste unwillkürlich an Blut denken. Die Flamme seiner Fackel warf flackernde Schatten an die Wände, die nach kalter, frischer Erde rochen, und die Erinnerung an Gräber stieg in Scotts Geist auf.

Ein eisiger Hauch kitzelte seinen Nacken, und er warf einen langen, misstrauischen Blick über die Schulter zurück in die Dunkelheit.

Niemand wusste, dass er Harrison Grey geschworen hatte, seine Tochter zu beschützen. Und da er ihm schlecht persönlich sagen konnte: »Hey, Mann, tut mir leid, dass ich den Mord an Ihnen zugelassen habe«, hatte er sich vorgenommen, Harrisons Tochter zu beschützen. Als anständige Entschuldigung konnte das nicht gelten, nicht wirklich, aber es war das Beste, was ihm einfiel. Scott war sich nicht einmal sicher, ob ein Schwur gegenüber einem Toten irgendwie Gewicht hatte.

Aber die dumpfen Geräusche hinter ihm ließen ihn denken, dass es möglicherweise doch so sein könnte.

»Kommst du ?«

Scott konnte vor sich gerade noch den dunklen Umriss von Dantes Rücken ausmachen. »Wie lange noch ?«

»Fünf Minuten.« Dante lachte leise. »Hast du die Hosen voll ?«

»Bis zum Rand.« Scott setzte sich in Trab, um ihn einzuholen. »Was passiert eigentlich bei dem Treffen ?«, fragte er. »So was habe ich noch nie mitgemacht«, setzte er hinzu in der Hoffnung, dass es sich nicht ganz so dämlich anhörte, wie er es empfand.

»Die hohen Tiere wollen Nora kennenlernen. Sie ist ja jetzt ihre Kommandantin.«

»Also haben die Nephilim akzeptiert, dass die Schwarze Hand tot ist ?« Scott glaubte es selbst noch nicht ganz. Die Schwarze Hand sollte doch eigentlich unsterblich sein. Alle Nephilim waren unsterblich. Wer konnte also einen Weg gefunden haben, ihn zu töten ?

Scott gefiel die Antwort nicht, auf die er immer wieder zurückkam. Wenn Nora das getan hatte … Wenn Patch ihr dabei geholfen hatte …

Es spielte keine Rolle, wie gut sie ihre Spuren verwischt hatten. Mit Sicherheit hatten sie etwas übersehen. Irgendjemand übersah immer irgendetwas. Es war nur eine Frage der Zeit.

Wenn Nora die Schwarze Hand ermordet hatte, schwebte sie in Gefahr.

»Sie haben meinen Ring gesehen«, antwortete Dante.

Scott hatte ihn auch gesehen. Früher. Der verzauberte Ring hatte geknistert, als sei blaues Feuer unter seiner Oberfläche gefangen. Sogar jetzt glühte er in einem kalten, tödlichen Blau. Dante zufolge hatte die Schwarze Hand prophezeit, dass dies das Zeichen seines Todes sein würde.

»Ist eine Leiche gefunden worden ?«

»Nein.«

»Und die sind einverstanden damit, dass Nora sie anführt ?«, bohrte Scott nach. »Sie ist doch ganz das Gegenteil der Schwarzen Hand.«

»Sie hat ihm gestern Nacht einen Blutschwur geleistet, der in dem Augenblick wirksam geworden ist, als er gestorben ist. Sie ist ihre Anführerin, auch wenn es ihnen nicht gefällt. Sie können sie nicht ersetzen, aber sie werden sie erst auf die Probe stellen und versuchen herauszufinden, warum Hank sie ausgewählt hat.«

Die Sache gefiel Scott ganz und gar nicht. »Und wenn sie einen anderen nehmen ?«

Dante warf ihm über die Schulter einen dunklen Blick zu. »Dann stirbt sie. Sie hat einen Eid geschworen.«

»Wir werden das nicht zulassen.«

»Nein.«

»Dann ist also alles in Ordnung.« Scott brauchte einfach eine Bestätigung dafür, dass Nora nicht in Gefahr war.

»Solange sie mitspielt.«

Scott erinnerte sich daran, was Nora früher am Tag gesagt hatte. Ich werde die Nephilim treffen. Und ich werde meinen Standpunkt klarmachen. Hank mag diesen Krieg begonnen haben, aber ich werde ihn beenden. Und dieser Krieg wird mit einem sofortigen Waffenstillstand enden. Es ist mir egal, ob sie das hören wollen oder nicht. Er rieb sich die Nasenwurzel – er hatte noch viel Arbeit vor sich.

Er trottete weiter und hielt dabei Ausschau nach Pfützen. Sie lagen wie ölige Kaleidoskope auf dem Weg, und als er in die letzte getreten war, war er bis zu den Knöcheln durchnässt. »Ich habe Patch gesagt, dass ich sie nicht aus den Augen lassen werde.«

Dante knurrte: »Hast du vor dem auch Angst ?«

»Nein.« Aber das stimmte nicht. Dante hätte auch Angst vor ihm, wenn er Patch wirklich kennen würde. »Warum durfte sie denn nicht mit uns zu dem Treffen kommen ?« Die Entscheidung, sich von Nora zu trennen, gefiel ihm nicht. Er verfluchte sich selbst dafür, dass er sich vorhin nicht dagegen gewehrt hatte.

»Bei der Hälfte der Sachen, die wir tun, weiß ich nicht, warum wir das machen. Wir sind Soldaten. Wir führen Befehle aus.«

Scott erinnerte sich daran, was Patch beim Abschied zu ihm gesagt hatte. Du bist für sie verantwortlich. Versau’s nicht. Die darin verborgene Drohung ging ihm unter die Haut. Patch dachte, er wäre der Einzige, dem Nora wirklich wichtig war, aber dem war nicht so. Nora war fast wie eine Schwester für Scott. Sie hatte zu ihm gehalten, als niemand sonst es tat, und hatte ihn im wahrsten Sinne des Wortes vor dem Abgrund gerettet.

Es bestand eine Verbindung zwischen ihnen, aber nicht so eine. Sie war ihm wichtiger als jedes andere Mädchen, das er je gekannt hatte. Er war für sie verantwortlich.

Als er und Dante tiefer in die Tunnel vordrangen, rückten die Wände immer näher zusammen. Scott musste sich seitwärts drehen, um mit den Schultern durch den nächsten Durchgang zu kommen. Erdklumpen bröckelten von den Wänden. Er hielt den Atem an, rechnete fast damit, dass jeden Moment die Decke einstürzen und sie unter sich begraben würde.

Schließlich zog Dante an einem Ring, und in der Wand öffnete sich eine Tür.

Scott lugte in den dunklen Raum dahinter. Die gleichen Mauern aus Erde, ein steinerner Flur. Leer.

»Guck nach unten. Falltür«, sagte Dante.

Scott trat vom Deckel der in den Boden eingelassenen Falltür und zog am Griff. Hitzige Gesprächsfetzen drangen durch die Öffnung nach oben. Er nahm nicht die Leiter, sondern sprang direkt in die Tiefe und landete drei Meter weiter unten.

Der höhlenartige Raum war gesteckt voll. Nephilim-Männer und -Frauen in dunklen Kapuzenroben bildeten einen engen Kreis um zwei Gestalten, die er nicht klar sehen konnte. Auf einer Seite loderte ein Feuer. Ein glühendes Brandeisen lag in den Kohlen.

»Antworte mir«, ertönte eine alte, metallische Stimme in der Mitte des Kreises. »In welcher Beziehung stehst du zu dem gefallenen Engel, der Patch genannt wird ? Bist du bereit, die Nephilim anzuführen ? Wir müssen sicher sein, dass deine Treue zu uns über jeden Zweifel erhaben ist.«

»Darauf brauche ich nicht zu antworten«, feuerte die andere Gestalt – Nora – zurück. »Mein Privatleben geht euch nichts an.«

Scott trat näher an den Kreis, um besser sehen zu können.

»Du hast kein Privatleben mehr«, zischte die alte, weißhaarige Frau und stach mit ihrem dürren Finger in Noras Richtung, während ihre faltigen Wangen vor Zorn zitterten. »Du hast an nichts anderes zu denken als daran, deine Leute anzuführen und sie von den gefallenen Engeln zu befreien. Du bist die Erbin der Schwarzen Hand, und auch wenn ich nicht gegen seinen Willen verstoßen möchte, so werde ich doch gegen dich stimmen, wenn das nötig sein sollte.«

Scott schielte voller Sorge zu den verhüllten Nephilim. Einige nickten zustimmend.

Nora, rief er sie in Gedanken. Was machst du da ? Der Blutschwur. Du musst an der Macht bleiben. Sag, was immer du sagen musst. Besänftige sie.

Nora blickte wild um sich, bis ihr Blick den seinen fand. Scott ?

Er nickte und versuchte, ihr Mut zu machen. Ich bin hier. Verschreck sie nicht. Stell sie zufrieden. Und dann sorge ich dafür, dass du hier rauskommst.

Sie schluckte, versuchte sichtlich, sich zu beherrschen, aber ihre Wangen glühten immer noch vor Wut. »Letzte Nacht ist die Schwarze Hand gestorben, und ich wurde zu seiner Erbin ernannt. Man hat mich in die Führungsrolle gedrängt, von einem Treffen zum nächsten geschleift und gezwungen, Leute zu begrüßen, die ich noch nicht einmal kenne. Man hat mir befohlen, diese stickige Robe zu tragen, hat mir eine Myriade Fragen über meine persönlichen Angelegenheiten gestellt, nachgebohrt und herumgestochert, mich abgeschätzt und beurteilt, und all das, ohne dass ich auch nur einen Augenblick Luft holen konnte. Also entschuldigt, wenn ich noch ein bisschen durcheinander bin.«

Die Lippen der alten Frau pressten sich zu einer noch dünneren Linie zusammen, aber sie widersprach nicht.

»Ich bin die Erbin der Schwarzen Hand. Er hat mich ausgewählt, vergesst das nicht«, sagte Nora. Scott konnte nicht erkennen, ob sie das ehrlich meinte oder nur so tat, als ob, doch ihre Worte brachten alle zum Schweigen.

»Sag mir nur eins«, forderte die alte Frau nach einer bedeutungsschweren Pause scharf. »Was ist aus Patch geworden ?«

Bevor Nora antworten konnte, trat Dante vor. »Sie ist nicht mehr mit Patch zusammen.«

Nora und Scott sahen sich an, dann blickten sie zu Dante. Was soll das ?, fragte Nora Dante in Gedanken und ließ auch Scott mithören.

Wenn sie dich nicht jetzt gleich als Anführerin akzeptieren, dann fällst du wegen des Blutschwurs tot um, antwortete Dante. Lass mich das regeln.

Indem du lügst ?

Hast du eine bessere Idee ?

»Nora möchte die Nephilim anführen«, erklärte Dante. »Sie würde alles tun, um das Werk ihres Vaters zu vollenden. Es bedeutet ihr mehr als alles andere auf der Welt. Gesteht ihr einen Tag der Trauer zu, dann wird sie sich mit aller Kraft der Aufgabe widmen. Sie kann das. Gebt ihr eine Chance.«

»Wirst du sie ausbilden ?«, fragte die alte Frau mit durchdringendem Blick.

»Es wird klappen. Vertraut mir.«

Die alte Frau dachte eine Weile nach. »Zeichnet sie mit dem Siegel der Schwarzen Hand«, befahl sie schließlich.

Als er den wilden, panikerfüllten Blick auf Noras Gesicht sah, wurde Scott übel. Beinahe hätte er sich übergeben.

Die Albträume. Aus dem Nichts heraus wurden sie lebendig, tanzten in seinem Kopf. Schneller. Schwindelerregend. Dann kam die Stimme. Die Stimme der Schwarzen Hand. Scott presste die Hände auf die Ohren und krümmte sich. Die irre Stimme raunte und zischte, bis die Worte alle miteinander verschmolzen und klangen wie das wütende Summen eines aufgescheuchten Bienenschwarms. Er konnte nicht mehr zwischen Gestern und Heute unterscheiden.

Aus seiner Kehle drang ein Befehl: »Halt.«

Alles erstarrte. Dann bewegten sich Körper, und Scott fühlte sich plötzlich erdrückt von feindseligen Blicken.

Er blinzelte heftig, konnte keinen klaren Gedanken fassen. Er musste sie retten. Als die Schwarze Hand ihm das Brandzeichen aufgedrückt hatte, war niemand da gewesen, um ihn aufzuhalten. Scott würde nicht zulassen, dass Nora dasselbe widerfuhr.

Die alte Frau ging zu Scott hinüber, ihre Absätze klackerten in langsamem, entschiedenem Rhythmus auf dem Boden. Tiefe Furchen zogen sich durch ihr Gesicht. Wässrige grüne Augen blickten ihn aus tief eingesunkenen Höhlen an. »Findest du nicht, sie sollte ihre Treue irgendwie unter Beweis stellen ?« Ein schwaches, herausforderndes Lächeln kräuselte ihre Lippen.

Scotts Herz hämmerte. »Lasst ihre Taten sprechen«, erwiderte er.

Die Frau legte den Kopf schief. »Was meinst du damit ?«

Gleichzeitig schlüpfte Noras Stimme in seinen Geist. Scott ?, fragte sie nervös.

Er betete darum, dass er nicht alles nur noch schlimmer machte, und leckte sich über die Lippen. »Wenn die Schwarze Hand gewollt hätte, dass sie das Brandzeichen trägt, dann hätte sie es jetzt schon. Er hat ihr so vertraut, dass er ihr diese Aufgabe übertragen hat. Mir reicht das. Wir können entweder noch den ganzen Tag damit verbringen, sie weiter auf die Probe zu stellen, oder wir können endlich zum Angriff übergehen. Nicht mal dreißig Meter über euren Köpfen liegt eine ganze Stadt voller gefallener Engel. Bringen wir einen davon hier herunter. Ich kann das selbst übernehmen. Zeichnet ihn mit dem Brandzeichen. Wenn ihr wollt, dass die gefallenen Engel wissen, wie ernst es uns ist mit diesem Krieg, dann sollten wir ihnen eine Botschaft schicken.« Er konnte selbst hören, wie abgehackt sein Atem klang.

Ein Lächeln breitete sich langsam über das Gesicht der alten Frau und ließ es etwas wärmer wirken. »Oh, das gefällt mir. Es gefällt mir sogar sehr. Und wer bist du, mein guter Junge ?«

»Scott Parnell.« Er zog den Halsausschnitt seines T-Shirts weit herunter. Sein Daumen strich über die entstellte Haut, die sein Brandzeichen darstellte – eine geballte Faust. »Lang lebe die Vision der Schwarzen Hand.« Die Worte schmeckten bitter wie Galle in seinem Mund.

Die Frau legte ihre dürren Finger auf Scotts Schultern, beugte sich vor und küsste ihn auf beide Wangen. Ihre Haut war feucht und kalt wie Schnee. »Und ich bin Lisa Martin. Ich habe die Schwarze Hand gut gekannt. Lang lebe sein Geist in uns allen weiter. Bring mir einen gefallenen Engel, junger Mann, und lasst uns unserem Feind eine Nachricht senden.«

Es war schnell vorüber.

Scott hatte geholfen, den gefallenen Engel gefangen zu nehmen, einen mageren Jungen namens Baruch, der nicht älter als fünfzehn Menschenjahre aussah. Scotts größte Angst hatte darin bestanden, dass sie Nora zwingen würden, dem gefallenen Engel das Brenneisen aufzudrücken, aber Lisa Martin hatte sie in einen Nebenraum geschoben.

Ein Nephilim in Robe hatte das Brenneisen in Scotts Hände gelegt. Er hatte auf die Marmorplatte hinuntergeblickt und den gefallenen Engel daran festgekettet. Ohne auf Baruchs Racheschwüre zu achten, hatte Scott die Worte wiederholt, die der verhüllte Nephilim an seiner Seite ihm ins Ohr murmelte – eine Menge Blödsinn, der die Schwarze Hand mit einer Gottheit gleichsetzte –, und dann das glühende Eisen auf die entblößte Brust des gefallenen Engels gedrückt.

Jetzt lehnte er mit dem Rücken an der Wand des Tunnels vor dem Nebenraum und wartete auf Nora. Wenn sie noch länger als fünf Minuten drinnen blieb, würde er sie da rausholen. Er traute Lisa Martin nicht. Er traute keinem der festlich gekleideten Nephilim. Es war sonnenklar, dass sie eine Art Geheimgesellschaft bildeten, und Scott hatte auf die harte Tour gelernt, dass aus Geheimnissen nie etwas Gutes hervorging.

Knarrend öffnete sich die Tür. Nora kam heraus, warf die Arme um seinen Hals und hielt ihn ganz fest. Danke dir.

Er hielt sie, bis sie aufhörte zu zittern.

Und das alles an einem Tag, zog er sie auf, in dem Versuch, sie irgendwie zu beruhigen. Ich schicke dir die Rechnung.

Sie lachte, schniefte dann. »Ich kann dir sagen, die sind echt hocherfreut, dass ich jetzt ihre Anführerin bin.«

»Sie stehen noch unter Schock.«

»Der Schock darüber, dass die Schwarze Hand ihre Zukunft in meine Hände gelegt hat. Hast du ihre Gesichter gesehen ? Ich dachte, sie fangen gleich an zu heulen. Oder mich mit faulen Tomaten zu bewerfen.«

»Was wirst du jetzt machen ?«

»Hank ist tot, Scott.« Sie blickte ihm direkt in die Augen, dann strich sie sich mit den Fingern die Tränen weg, und er sah einen Ausdruck über ihr Gesicht huschen, den er nicht richtig deuten konnte. Zuversicht ? Selbstvertrauen ? Oder vielleicht einfach nur absolute Aufrichtigkeit ? »Ich hab’ was zu feiern.«

Eins

Heute Abend

Ich bin nicht gerade ein Party-Girl. Ohrenbetäubende Musik, herumwirbelnde Körper, betrunkenes Lächeln – das alles ist nicht so wirklich mein Ding. Meine Vorstellung von einem idealen Samstagabend besteht darin, dass ich es mir auf dem Sofa gemütlich mache und zusammen mit meinem Freund Patch eine romantische Komödie ansehe. Vorhersehbar, nichts Besonderes … normal. Ich heiße Nora Grey, und obwohl ich früher ein ganz normales amerikanisches Mädchen war, das seine Klamotten im J.-Crew-Outlet gekauft und sein Babysitting-Geld bei iTunes ausgegeben hatte, haben »normal« und ich in letzter Zeit nicht mehr viel miteinander zu tun. So wenig, dass ich Normalität nicht einmal erkennen würde, wenn sie mir direkt über den Weg laufen und mir mit dem Finger ins Auge pieken würde.

Die Normalität und ich sind getrennte Wege gegangen, seit Patch in mein Leben geschlendert ist. Patch ist zwanzig Zentimeter größer als ich, handelt nach eiskalter Logik, bewegt sich wie Rauch und lebt allein in einem supergeheimen, superprotzigen Studio unter dem Delphic-Vergnügungspark. Der Ton seiner Stimme, tief und sexy, lässt mich in weniger als drei Sekunden dahinschmelzen. Außerdem ist er ein gefallener Engel, der aus dem Himmel geworfen wurde, weil er die Sache mit dem Befolgen von Regeln etwas zu flexibel gehandhabt hat. Ich persönlich bin ja der Meinung, dass Patch die Normalität dermaßen verschreckt hat, dass sie sich in die Hose gemacht und bis ans andere Ende der Welt gerannt ist.

Also mag es sein, dass ich keine Normalität mehr kenne, aber was ich habe, ist Stabilität. Namentlich in Gestalt meiner seit zwölf Jahren besten Freundin, Vee Sky. Vee und mich verbindet eine unerschütterliche Freundschaft, die nicht einmal eine lange Liste an Unterschieden ins Wanken bringen kann. Es heißt ja, Gegensätze würden sich anziehen, und Vee und ich sind der Beweis für die Gültigkeit dieses Satzes. Ich bin schlank und eher groß – nach menschlichen Maßstäben – mit dickem, lockigem Haar, das meine Geduld immer wieder auf die Probe stellt, und ich bin eher so eine Typ-A-Persönlichkeit. Vee ist sogar noch größer, mit aschblondem Haar, schlangengrünen Augen und mehr Kurven als eine Achterbahn. Fast immer übertrumpfen Vees Wünsche meine. Und, im Gegensatz zu mir, lebt Vee für gute Partys.

Heute Abend hatte Vees Verlangen nach einer guten Party uns quer durch die ganze Stadt zu einem vierstöckigen Lagerhaus aus Backstein geführt, aus dem Clubmusik wummerte. Es war voller Leute mit gefälschten Ausweisen und völlig überfüllt. Die Körper darin produzierten vermutlich genug Schweiß, um den Ausstoß an Treibhausgasen in bisher ungeahnte Höhen zu treiben. Die Einrichtung innen war vollkommen unspektakulär: eine Tanzfläche, die zwischen einer Bar und einer Bühne eingezwängt war. Gerüchten zufolge gab es hinter der Bar noch eine Geheimtür, die ins Untergeschoss führte, und das Untergeschoss führte zu einem Mann namens Storky, der ein blühendes Geschäft mit Raubkopien von einfach allem führte. Die geistlichen Führer der Gemeinde wurden nicht müde, damit zu drohen, Coldwaters Brutstätte lasterhaften Treibens zügelloser Teenager dichtzumachen … ebenso bekannt unter dem Namen The Devil’s Handbag.

»Lass es raus, Baby«, brüllte Vee über das hirnlose Wummern der Musik hinweg, während sie ihre Finger mit meinen verschränkte und unsere Hände über unseren Köpfen hin- und herwiegte. Wir waren in der Mitte der Tanzfläche, wurden von allen Seiten angerempelt und hin und her geschubst. »So sollte ein Samstagabend sein. Du und ich zusammen, wie wir die Sau rauslassen und der gute alte Mädchenschweiß in Strömen fließt.«

Ich gab mein Bestes, um enthusiastisch zu nicken, aber der Typ hinter mir trat mir ständig von hinten auf meine Ballettslipper, und das in Fünf-Sekunden-Abständen, so dass ich immer wieder den Fuß zurück in den Schuh schieben musste. Das Mädchen rechts von mir tanzte mit ausgestreckten Ellbogen, und wenn ich nicht aufpasste, puffte sie mich in die Rippen.

»Vielleicht sollten wir uns was zu trinken holen«, rief ich Vee zu. »Fühlt sich an wie in Florida hier.«

»Weil du und ich den Schuppen hier zum Brennen bringen. Guck nur, der Typ da an der Bar. Der kann die Augen gar nicht von dir lassen, so heiß wie du tanzt.« Sie leckte an ihrem Finger, drückte ihn an meine warme Schulter und zischte laut.

Ich folgte ihrem Blick … und mein Herz machte einen wilden Satz.

Dante Matterazzi grüßte mich mit einem leichten Anheben des Kinns. Seine nächste Geste war weniger subtil.

Hätte nicht gedacht, dass du so eine wilde Tänzerin bist, sagte er in Gedanken zu mir.

Witzig, ich hätte nicht gedacht, dass du ein Stalker bist, schlug ich zurück.

Dante Matterazzi und ich gehörten beide der Rasse der Nephilim an, daher die angeborene Fähigkeit, in Gedanken zu jemandem sprechen zu können, aber damit hatte es sich auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Dante wusste einfach nicht, wann es genug war, und ich wusste nicht, wie lange ich es noch schaffen würde, ihm aus dem Weg zu gehen. Ich hatte ihn heute Morgen zum ersten Mal getroffen, als er zu mir nach Hause kam, um zu verkünden, dass gefallene Engel und Nephilim kurz vor einem Krieg stünden, und dass es jetzt meine Aufgabe sei, Letztere anzuführen. Aber jetzt brauchte ich wirklich eine Pause von all dem Kriegsgerede. Es war einfach zu viel. Vielleicht wollte ich das Ganze auch einfach nur verdrängen. Auf jeden Fall wünschte ich, er würde endlich verschwinden.

Ich hab’ dir was auf die Mailbox gesprochen, sagte er.

Ups, muss ich übersehen haben. Viel wahrscheinlicher hatte ich es gelöscht.

Wir müssen reden.

Hab’ zu tun. Um das zu beweisen, rollte ich die Hüften und schwenkte die Arme von einer Seite zur anderen und bemühte mich, Vee nachzuahmen, deren Lieblingsfernsehsender BET war; was man auch merkte. Hiphop war ihr quasi in die Seele eingeschrieben.

Ein schwaches Lächeln umspielte Dantes Lippen. Wenn du schon mal dabei bist, lass dir von deiner Freundin ein paar Tipps geben, du verhaspelst dich. Wir treffen uns in zwei Minuten am Hinterausgang.

Ich starrte ihn wütend an. Hab’ zu tun, schon vergessen ?

Das kann nicht warten. Mit einem bedeutungsschweren Hochziehen der Augenbrauen verschwand er in der Menge.

»Sein Pech«, sagte Vee. »Der verträgt die Hitze nicht, das ist alles.«

»Wegen der Drinks«, sagte ich. »Soll ich dir eine Cola mitbringen ?« Vee sah nicht so aus, als würde sie irgendwann in nächster Zeit aufhören zu tanzen, und so sehr ich auch Dante aus dem Weg gehen wollte … es war wohl doch besser, wenn ich es jetzt einfach hinter mich brachte.

»Cola mit Limette«, sagte Vee.

Ich kämpfte mich zum Rand der Tanzfläche durch und schlüpfte, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass Vee nicht hinsah, in einen Seitenflur und zur Hintertür hinaus. Die Gasse lag in blaues Mondlicht gebadet da. Ein roter Porsche Panamera parkte direkt vor mir, und Dante lehnte daran, die Arme locker vor dem Oberkörper verschränkt.

Dante ist zwei Meter zehn groß und hat den Körperbau eines Soldaten, der frisch aus dem Trainingscamp kommt. Typisches Beispiel: Allein sein Nacken hat mehr Muskeln, als ich am ganzen Körper habe. An diesem Abend trug er weite Khaki-Hosen und ein weißes, weit offenes Leinenhemd, das einen tiefen, v-förmigen Ausschnitt seiner glatten, haarlosen Haut sehen ließ.

»Nettes Auto«, sagte ich.

»Tut, was es soll.«

»Das tut mein VW auch, und der kostet deutlich weniger.«

»Für ein richtiges Auto braucht’s schon mehr als vier Räder.«

Na dann.

»Also«, sagte ich und tippte nervös mit dem Fuß auf den Boden. »Was gibt’s denn so Dringendes ?«

»Bist du immer noch mit diesem gefallenen Engel zusammen ?«

Das war erst das dritte Mal in ebenso vielen Stunden, dass er mich das fragte. Zweimal per SMS und jetzt direkt. Meine Beziehung mit Patch war durch eine Menge Höhen und Tiefen gegangen, aber der derzeitige Trend zeigte bergauf. Nicht, dass wir keine Probleme gehabt hätten. Wir lebten in einer Welt, in der Nephilim und gefallene Engel eher sterben würden, als einander anzulächeln; mit einem gefallenen Engel zusammen zu sein war also ein absolutes No-Go.

Ich richtete mich ein bisschen auf. »Das weißt du.«

»Bist du vorsichtig ?«

»Diskretion lautet das Zauberwort.« Wir brauchten Dante nicht, damit er uns sagte, wir sollten uns lieber nicht allzu oft zusammen in der Öffentlichkeit zeigen. Nephilim und gefallene Engel brauchten keine Ausreden, um sich gegenseitig Lektionen zu erteilen, und die Spannungen zwischen den beiden Gruppen nahmen mit jedem Tag zu. Es war Herbst, Oktober, um genau zu sein, und bis zum jüdischen Monat Cheschwan waren es nur noch wenige Tage.

Während des Cheschwan ergriffen gefallene Engel in Scharen Besitz von den Körpern der Nephilim. Die gefallenen Engel können dann tun, was sie wollen, und da dies die einzige Möglichkeit für sie ist, körperliche Empfindungen zu erleben, kennt ihre Kreativität keine Grenzen. Als Parasiten im Körper ihrer Nephilim-Wirte jagen sie dem Vergnügen ebenso nach wie dem Schmerz und allem anderen dazwischen. Für Nephilim ist Cheschwan ein höllisches Gefängnis.

Wenn Patch und ich von den falschen Leuten händchenhaltend gesehen würden, würden wir dafür bezahlen müssen, so oder so.

»Reden wir über dein Image«, sagte Dante. »Wir müssen ein paar positive Assoziationen mit deinem Namen verknüpfen. Den Nephilim Vertrauen in dich einimpfen.«

Ich schnippte theatralisch mit den Fingern. »Findest du es nicht auch immer schrecklich, wenn deine Quoten so schlecht stehen ?«

Dante runzelte die Stirn. »Das ist kein Witz, Nora. Cheschwan beginnt in genau zweiundsiebzig Stunden, und das bedeutet Krieg. Gefallene Engel auf der einen Seite, wir auf der anderen. Alles lastet auf deinen Schultern – du bist die neue Anführerin der Nephilim-Armee. Der Blutschwur, den du Hank geleistet hast, ist in Kraft getreten, und ich muss dich wohl nicht daran erinnern, dass die Folgen sehr, sehr real sind, wenn du ihn brichst.«

Mir wurde schlecht. Ich hatte mich nicht gerade um den Job gerissen. Dank meines verstorbenen biologischen Vaters, eines wirklich verschlagenen Menschen namens Hank Millar, hatte ich diese Position gegen meinen Willen geerbt. Mit Hilfe einer außerweltlichen Bluttransfusion hatte er mich von einem überwiegend menschlichen Wesen in eine reinblütige Nephilim verwandelt, so dass ich seine Armee übernehmen konnte. Ich hatte geschworen, diese Armee anzuführen, was durch seinen Tod in Kraft getreten war, und dass ich sterben würde, sollte ich scheitern, und meine Mutter ebenfalls. So lauteten die Bedingungen.

»Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen, die ich treffen werde, können wir deine Vergangenheit nicht vollkommen auslöschen. Die Nephilim stellen Nachforschungen an. Es gibt Gerüchte, du wärst mit einem gefallenen Engel zusammen, und deine Loyalität wäre zweifelhaft.«

»Ich bin mit einem gefallenen Engel zusammen.«

Dante verdrehte die Augen. »Noch lauter konntest du das jetzt nicht sagen, oder ?«

Ich zuckte die Achseln. Wenn du unbedingt willst. Dann machte ich den Mund auf, aber Dante stand im nächsten Augenblick neben mir und legte mir die Hand über den Mund. »Ich weiß, es ist ätzend, aber könntest du mir meinen Job nur dieses eine Mal etwas leichter machen ?«, murmelte er mir ins Ohr und suchte dabei mit offensichtlichem Unbehagen die Schatten um uns herum ab, auch wenn ich mir absolut sicher war, dass wir allein waren. Ich war erst seit vierundzwanzig Stunden eine reinrassige Nephilim, aber ich vertraute meinem neuen, schärferen sechsten Sinn. Wenn hier irgendwelche Lauscher herumlungerten, würde ich es bemerken.

»Hör mal, ich weiß, ich habe heute Morgen so dahingesagt, dass sich die Nephilim eben damit abfinden müssen, dass ich mit einem gefallenen Engel zusammen bin«, sagte ich, als er seine Hand wegnahm, »aber da habe ich nicht nachgedacht. Ich war wütend. Ich habe mir die Sache heute den ganzen Tag lang überlegt. Ich habe auch mit Patch gesprochen. Wir passen auf, Dante. Wir sind wirklich vorsichtig.«

»Schön zu wissen. Aber du musst trotzdem noch was für mich tun.«

»Und das wäre ?«

»Mit einem Nephilim ausgehen. Mit Scott Parnell.«

Scott war der erste Nephilim, mit dem ich je befreundet gewesen war. Damals war ich fünf gewesen und hatte nichts von seiner wahren Abstammung geahnt, aber in den letzten Monaten hatte er erst die Rolle meines Peinigers, dann meines Spießgesellen und schließlich meines Freundes übernommen. Wir hatten keine Geheimnisse voreinander. Allerdings ebenso wenig romantische Gefühle füreinander.

Ich lachte. »Du machst mich fertig, Dante.«

»Es wäre doch nur zum Schein, nicht in echt«, erklärte er. »Nur bis unsere Rasse mit dir warm geworden ist. Du bist erst seit einem Tag Nephilim. Keiner kennt dich. Die Leute brauchen einen Grund, um dich zu mögen. Sie müssen dir vertrauen können. Mit einem Nephilim auszugehen wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.«

»Ich kann nicht mit Scott ausgehen«, erklärte ich Dante. »Vee mag ihn.«

Dass Vee bislang kein Glück in der Liebe gehabt hatte, war noch vorsichtig ausgedrückt. In den letzten sechs Monaten hatte sie sich erst in einen narzisstischen Räuber und dann in einen hinterlistigen Schleimscheißer verliebt. Kein Wunder, dass beide Beziehungen sie ihre Instinkte in der Liebe ernsthaft anzweifeln ließen. In letzter Zeit hatte sie sich standhaft geweigert, Vertreter des anderen Geschlechts auch nur anzulächeln … bis Scott des Weges kam. Gestern Abend, nur Stunden bevor mein biologischer Vater mich in eine reinblütige Nephilim verwandelt hatte, waren Vee und ich ins Devil’s Handbag gegangen, um Scott in seiner neuen Band »Serpentine« Bass spielen zu sehen, und seitdem hatte sie nicht mehr aufgehört, über ihn zu reden. Jetzt daherzukommen und ihr Scott wegzunehmen, und sei es auch nur zum Schein, wäre wirklich ein Schlag unter die Gürtellinie.

»Es wäre doch nur gespielt«, wiederholte Dante, als würde das alles ändern.

»Würde Vee das denn wissen ?«

»Nicht wirklich. Du und Scott, ihr müsstet schon überzeugend wirken. Ein Leck würde das Ganze gefährden, also sollte die Wahrheit lieber unter uns bleiben.«

Was bedeutete, dass Scott ebenfalls ein Opfer des Betruges wäre. Ich stemmte die Hände in die Hüften, um entschiedener zu wirken. »Dann wirst du wohl jemand anders auftreiben müssen.« Ich war nicht gerade begeistert von der Idee, so zu tun, als hätte ich was mit einem Nephilim, nur um den Grad meiner Beliebtheit zu steigern. Nein, das Ganze roch jetzt schon nach einer geplanten Katastrophe, aber im Augenblick wollte ich die Sache einfach nur hinter mich bringen. Wenn Dante meinte, ein Nephilim-Freund würde meinen Ruf verbessern, in Ordnung. Es wäre ja nicht echt. Natürlich würde Patch auch nicht gerade begeistert sein … aber immer eins nach dem anderen.

Dante presste die Lippen zusammen und schloss kurz die Augen. Ein Gesichtsausdruck, den ich im Lauf des heutigen Tages schon ziemlich oft gesehen hatte.

»Er muss bei den Nephilim hoch angesehen sein«, sagte Dante schließlich nachdenklich. »Jemand, den die Nephilim bewundern, so dass sie die Sache gutheißen würden.«

Ich machte eine ungeduldige Handbewegung. »Prima. Nimm einfach nur einen anderen als Scott.«

»Mich.«

Ich blinzelte. »Entschuldigung, was ? Dich ?« Ich war zu verblüfft, um in Gelächter auszubrechen.

»Warum nicht ?«, fragte Dante.

»Willst du wirklich, dass ich anfange, Gründe aufzuzählen ? Das dauert dann nämlich die ganze Nacht. In Menschenjahren musst du mindestens fünf Jahre älter sein als ich – was absolut skandalträchtig ist –, du hast überhaupt keinen Sinn für Humor, und – ah ja – wir können uns noch nicht einmal ausstehen.«

»Es wäre eine ganz natürliche Verbindung. Ich bin dein erster Lieutenant.«

»Weil Hank dich dazu ernannt hat. Ich hatte dabei nicht mitzureden.«

Dante schien mich gar nicht zu hören, sondern fuhr mit seiner Fantasieversion der Ereignisse fort. »Wir haben uns getroffen und uns sofort voneinander angezogen gefühlt. Ich habe dich nach dem Tod deines Vaters getröstet. Es ist eine völlig glaubwürdige Geschichte.« Er lächelte. »Das gibt eine Menge guter Publicity.«

»Wenn du dieses P-Wort noch einmal sagst, dann … mach ich was Drastisches.« Wie ihm eine zu knallen. Und mir dann selbst eine runterzuhauen, dafür dass ich über diesen Plan auch nur nachgedacht hatte.

»Schlaf drüber«, sagte Dante. »Lass es dir durch den Kopf gehen.«

»In Ordnung, ich lass’ es mir durch den Kopf gehen.« Ich zählte drei Finger ab. »Fertig. Es ist kein guter Plan. Es ist sogar ein richtig schlechter. Meine Antwort lautet nein.«

»Hast du eine bessere Idee ?«

»Ja. Aber ich brauche Zeit; dann fällt mir schon was ein.«

»Klar. Kein Problem, Nora.« Er zählte drei Finger an seiner Hand ab. »Okay, die Zeit ist abgelaufen. Ich hätte heute Morgen als Erstes einen Namen gebraucht. Falls es dir noch nicht klar sein sollte, dein Image geht den Bach runter. Die Nachricht vom Tod deines Vaters und von deiner daraus folgenden Rolle als neue Anführerin verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Die Leute reden, und zwar nichts Gutes. Wir müssen dafür sorgen, dass die Nephilim an dich glauben. Wir müssen dafür sorgen, dass sie dir vertrauen und denken, dass du nur ihr Bestes willst. Dass du das Werk deines Vaters zu Ende bringen und uns aus der Knechtschaft der gefallenen Engel befreien kannst. Wir müssen dafür sorgen, dass sie sich hinter dich stellen, und wir werden ihnen dafür einen guten Grund nach dem anderen geben. Angefangen mit einem angesehenen Nephilim-Freund.«

»Hey, Kleines, alles okay ?«

Dante und ich fuhren herum. Vee stand in der Tür und beäugte uns mit ebenso viel Misstrauen wie Neugier.

»Hey ! Alles in Ordnung«, sagte ich ein bisschen zu begeistert.

»Du bist mit unseren Getränken gar nicht wiedergekommen, da hab’ ich angefangen, mir Sorgen zu machen«, sagte Vee. Ihr Blick huschte von mir zu Dante und wieder zurück. Ich sah, dass sie ihn als den Typen von der Bar wiedererkannte. »Wer bist denn du ?«, fragte sie ihn.

»Ähm ?«, ging ich schnell dazwischen. »Oh. Ah. Na ja, einfach nur so ein Typ.«

Dante trat vor und streckte ihr die Hand hin. »Dante Matterazzi. Ich bin ein neuer Freund von Nora. Wir haben uns heute Morgen kennengelernt, als unser gemeinsamer Freund Scott Parnell uns vorgestellt hat.«

Vees Gesicht leuchtete auf. »Du kennst Scott ?«

»Ist sogar ein guter Freund von mir.«

»Jeder Freund von Scott ist auch mein Freund.«

Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf.

»Und was macht ihr zwei dann hier hinten ?«, wollte Vee wissen.

»Dante hat gerade sein neues Auto abgeholt«, sagte ich und machte einen Schritt beiseite, um ihr einen unverstellten Blick auf den Porsche zu ermöglichen. »Es war stärker als er, er musste ihn einfach vorzeigen. Aber guck nicht zu genau hin. Ich denke nämlich, die Fahrgestellnummer ist weggefeilt. Der arme Dante musste ihn stehlen, weil er sein ganzes Geld schon für die Entfernung seiner Brusthaare ausgegeben hatte – aber es hat sich gelohnt. Siehst du, wie sie glänzt ?«

»Sehr witzig«, sagte Dante. Ich dachte, er würde jetzt vielleicht wenigstens einen der Hemdknöpfe zumachen, aber er dachte gar nicht daran.

»Wenn ich so einen Schlitten hätte, würde ich ihn auch herzeigen wollen«, sagte Vee.

»Ich habe versucht, Nora zu einer Probefahrt zu überreden, aber sie erteilt mir eine Abfuhr nach der anderen«, meinte Dante.

»Das liegt daran, dass sie ein richtiges Arschloch zum Freund hat. Er muss zu Hause unterrichtet worden sein, weil er all diese wertvollen Lektionen verpasst hat, die wir schon im Kindergarten lernen, wie zum Beispiel teilen. Wenn der rauskriegt, dass du Nora auf eine Probefahrt mitgenommen hast, dann wickelt er diesen schönen glänzenden Porsche um den nächsten Baum.«

»Meine Güte«, sagte ich, »wie spät das schon ist. Hattest du nicht noch was vor, Dante ?«

»Hat sich gerade erledigt.« Er lächelte, langsam und leicht, und ich wusste, dass er jeden Augenblick im Innersten meines Privatlebens genoss. Ich hatte heute Morgen gleich als Erstes klargemacht, dass jeder Kontakt zwischen uns strikt geheim bleiben musste, und er zeigte mir gerade, was er von meinen »Regeln« hielt. In einem lahmen Versuch, mit ihm gleichzuziehen, warf ich ihm den gemeinsten, kühlsten Blick zu, zu dem ich fähig war.

»Da hast du aber Glück«, sagte Vee. »Zufällig haben wir genau das Richtige, um deinen Abend noch zu retten. Sie werden mit den coolsten Mädchen aus Coldwater abhängen, Mr. Dante Matterazzi.«

»Dante tanzt nicht«, warf ich schnell ein.

»Ich mache eine Ausnahme, nur dieses eine Mal«, antwortete er, während er uns die Tür aufhielt.

Vee klatschte in die Hände und hüpfte auf und ab. »Wusste ich’s doch, dass dieser Abend klasse werden würde !«, quietschte sie und duckte sich unter Dantes Arm hindurch.

»Nach dir«, sagte er, während er seine Hand auf mein Kreuz legte und mich hineinschob. Ich schlug seine Hand weg, aber zu meinem Ärger beugte er sich zu mir vor und murmelte: »War nett, mit dir zu plaudern.«

Wir haben kein einziges unserer Probleme gelöst, sagte ich in Gedanken. Und was diese ganze Freund-Geschichte betrifft: Da ist noch nichts entschieden. Man sollte es einfach nur im Kopf behalten. Und nur fürs Protokoll: Meine Freundin sollte eigentlich nicht mal wissen, dass es dich überhaupt gibt.

Deine beste Freundin denkt, ich sollte dich bei deinem Freund ausstechen, sagte er. Es klang, als amüsierte er sich königlich.

Sie denkt, dass jedes beliebige Lebewesen besser wäre als Patch. Sie mögen sich nicht.

Hört sich vielversprechend an.

Er folgte mir durch den kurzen Flur, der zur Tanzfläche führte, und ich spürte den ganzen Weg sein arrogantes, aufreizendes Lächeln im Rücken.

Der laute, monotone Rhythmus der Musik hämmerte sich in meinen Schädel. Ich massierte mir die Nasenwurzel und spürte, wie meine Kopfschmerzen immer stärker wurden. Einen Ellbogen hatte ich auf den Tresen gestützt, mit der anderen Hand drückte ich ein Glas Eiswasser an die Stirn.

»Schon müde ?«, fragte Dante, als er Vee auf der Tanzfläche allein ließ und auf einen Barhocker neben mir glitt.

»Hast du irgendeine Ahnung, wie lange sie’s noch aushalten wird ?«, fragte ich erschöpft.

»Sieht aus, als würde sie jetzt noch mal richtig aufdrehen.«

»Nächstes Mal, wenn ich mir eine beste Freundin suche, erinnere mich daran, die Finger von den Duracell-Häschen zu lassen. Die tanzt und tanzt und tanzt …«

»Du siehst aus, als könntest du eine Mitfahrgelegenheit nach Hause brauchen.«

Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin gefahren, aber ich kann Vee nicht hier allein lassen. Im Ernst, wie lange kann sie noch durchhalten ?« Natürlich hatte ich mir dieselbe Frage schon die ganze letzte Stunde gestellt.

»Ich sag’ dir was. Fahr nach Hause, ich bleibe bei Vee. Wenn sie dann endlich zusammenbricht, bring’ ich sie nach Hause.«

»Ich dachte, du solltest dich nicht in mein Privatleben einmischen.« Ich versuchte, fest zu klingen, aber ich war müde und hatte keine Überzeugungskraft mehr.

»Deine Regel, nicht meine.«

Ich biss mir auf die Lippe. »Ausnahmsweise vielleicht. Immerhin mag Vee dich ja. Und du hast auch noch die Ausdauer, um mit ihr zu tanzen. Ich meine, das ist doch gut, oder ?«

Er knuffte mein Bein. »Na los, hör auf, Begründungen zu suchen, und sieh zu, dass du hier rauskommst.«

Zu meiner Überraschung seufzte ich erleichtert auf. »Danke, Dante. Ich schulde dir was.«

»Du kannst es mir morgen zurückzahlen. Wir müssen unser Gespräch von vorhin noch zu Ende bringen.«

Und da waren die wohlwollenden Gefühle auch schon wieder verflogen. Wieder einmal hatte sich Dante mit seiner erbarmungslosen Hartnäckigkeit in einen Dorn in meinem Fuß verwandelt. »Wenn Vee irgendwas zustößt, mache ich dich persönlich dafür verantwortlich.«

»Es wird ihr nichts passieren, und das weißt du ganz genau.«

Auch wenn ich Dante vielleicht nicht mochte, vertraute ich doch darauf, dass er tun würde, was er versprochen hatte. Immerhin war er jetzt mein Untergebener. Er hatte mir Treue geschworen. Vielleicht hatte meine Rolle als Anführerin der Nephilim am Ende ja doch noch ein paar Vorteile. Also beschloss ich, tatsächlich zu gehen.

Es war eine sternenklare Nacht, der Mond hob sich strahlend gegen das Schwarz der Nacht ab. Als ich zu meinem Auto ging, dröhnte die Musik aus dem Devil’s Handbag wie ein fernes Donnergrummeln in meinen Ohren. Ich sog die eiskalte Oktoberluft ein. Meine Kopfschmerzen ließen schon nach.

Das anonyme Handy, das Patch mir gegeben hatte, klingelte in meiner Handtasche.

»Na, wie war euer Mädelsabend ?«, fragte Patch.

»Wenn’s nach Vee gegangen wäre, wären wir noch die ganze Nacht unterwegs.« Ich schlüpfte aus den Schuhen und hängte sie mir an den Finger. »Ich will jetzt einfach nur noch ins Bett.«

»Zwei Doofe, ein Gedanke.«

»Du willst auch einfach nur noch ins Bett ?« Patch hatte mir allerdings gesagt, dass er nur selten schlief.

»Ich habe an dich in meinem Bett gedacht.«

Mein Magen machte einen von diesen seltsamen Hüpfern. Gestern war ich zum ersten Mal über Nacht bei Patch gewesen, und obwohl Anziehung und Versuchung durchaus spürbar gewesen waren, hatten wir es geschafft, in zwei verschiedenen Zimmern zu schlafen. Ich war mir nicht ganz sicher, wie weit ich unsere Beziehung gehen lassen wollte, aber mein Instinkt sagte mir, dass Patch da weniger Zweifel hatte.

»Meine Mom wartet auf mich«, sagte ich. »Blödes Timing.« Bei schlechtem Timing musste ich wieder an mein letztes Gespräch mit Dante denken. Ich musste unbedingt mit Patch reden. »Können wir uns morgen treffen ? Wir müssen reden.«

»Das hört sich aber nicht gut an.«

Ich schickte ihm einen Kuss durchs Telefon. »Du hast mir gefehlt heute Abend.«

»Der Abend ist noch nicht zu Ende. Wenn ich hier fertig bin, könnte ich noch bei dir vorbeikommen. Lass dein Schlafzimmerfenster unverriegelt.«

»Was machst du denn gerade ?«

»Überwachung.«

Ich runzelte die Stirn. »Hört sich nicht sehr konkret an.«

»Mein Ziel bewegt sich, ich muss weiter«, sagte er. »Ich komme, sobald ich kann.«

Und er legte auf.

Ich tappte den Bürgersteig entlang und fragte mich, wen Patch da überwachte und warum wohl – das Ganze hörte sich verdächtig an –, als ich mein Auto erreichte, ein weißes VW-Cabrio Baujahr 1984. Ich warf die Schuhe auf den Rücksitz und ließ mich hinters Lenkrad fallen. Dann steckte ich den Schlüssel ins Zündschloss, aber der Motor sprang nicht an. Während der Wagen angestrengt vor sich hin jaulte, nutzte ich die Gelegenheit, um mir eine Auswahl an kreativen Bezeichnungen für den wertlosen Schrotthaufen auszudenken.

Das Auto war mir als Geschenk von Scott gewissermaßen in den Schoß gefallen und hatte mir unterm Strich bisher mehr Ärger als gefahrene Meilen auf der Straße eingebracht. Ich sprang hinaus, klappte die Motorhaube auf und starrte finster auf das ölverschmierte Gewirr aus Schläuchen und Behältern. Mit Lichtmaschine, Vergaser und Zündkerzen hatte ich schon zu tun gehabt, was gab es denn sonst noch ?

»Na, springt er nicht an ?«

Ich fuhr herum, überrascht von der nasalen männlichen Stimme hinter mir. Ich hatte niemanden näher kommen hören. Noch verblüffender war, dass ich ihn auch nicht gefühlt hatte.

»Sieht ganz so aus«, sagte ich.

»Brauchen Sie Hilfe ?«

»Wohl eher ein neues Auto.«

Er hatte ein schmieriges, nervöses Lächeln. »Soll ich Sie einfach mitnehmen ? Sie sehen wie ein nettes Mädchen aus. Wir könnten uns während der Fahrt unterhalten.«

Ich hielt Abstand zu ihm, während meine Gedanken sich wild im Kreis drehten und ich versuchte, ihn irgendwie einzuordnen. Mein Instinkt sagte mir, dass er kein Mensch war. Aber auch kein Nephilim. Seltsamerweise glaubte ich aber auch nicht, dass er ein gefallener Engel sein könnte. Er hatte ein rundes, engelsgleiches Gesicht mit einem gelblich-blonden Haarschopf darüber und lappige Elefantenohren. Er sah so harmlos aus, dass es mich sofort misstrauisch machte und ich mich unwohl fühlte.

»Danke für das Angebot, aber ich lasse mich von meinem Freund abholen.«

Sein Lächeln verschwand, und er streckte die Hand aus, um mich am Ärmel zu packen. »Geh nicht«, jammerte er mit einem verzweifelten Unterton in der Stimme.

Ich stolperte erschrocken zurück.

»Das ist … ich meine, ich wollte sagen …« Er schluckte schwer, dann verhärtete sich sein Blick, bis seine Augen wie glänzende Perlen aussahen. »Ich muss mit deinem Freund reden.«

Mein Herz schlug schneller, und ein panikerfüllter Gedanke jagte mir durch den Kopf. Was, wenn er Nephilim war und ich das nicht erkennen konnte ? Was, wenn er wirklich über mich und Patch Bescheid wusste ? Was, wenn er mich heute Nacht aufgesucht hatte, um mir eine Botschaft zu überbringen – dass Nephilim und gefallene Engel sich nicht miteinander einlassen ? Ich war ein brandneuer Nephilim, könnte ihm also keine ernstzunehmende Gegenwehr bieten, wenn es zum Kampf kam.

»Ich habe keinen Freund.« Ich versuchte, ruhig zu bleiben, während ich mich langsam zum Devil’s Handbag umdrehte.

»Sag Patch, er soll sich mit mir in Verbindung setzen«, rief mir der Mann hinterher. »Er weicht mir aus.«

Ich beschleunigte meinen Schritt.

»Sag ihm, wenn er nicht aus seinem Versteck kommt, dann … dann räuchere ich ihn aus. Ich brenne den ganzen Delphic-Vergnügungspark nieder, wenn ich muss !«

Vorsichtig warf ich einen Blick über die Schulter zurück. Ich wusste nicht, worin sich Patch da reingeritten hatte, aber ein ungutes Gefühl breitete sich in mir aus. Wer auch immer dieser Mann mit dem engelsgleichen Gesicht war, er meinte es ernst.

»Er kann nicht ewig vor mir weglaufen !« Er hastete auf seinen kurzen Beinen davon, bis er mit den Schatten verschmolz, und pfiff dabei eine Melodie, die mir einen Schauer über den Rücken jagte.