Die Autorin

Dr. Nkechi Madubuko ist promovierte Soziologin, Diversity-Trainerin, ausgebildete Fernsehjournalistin (ZDF) und arbeitet als Dozentin an der Uni Kassel. Sie berät Verbände, hält Vorträge und gibt Trainings für Eltern, Erzieher_innen und Lehrpersonal zu Empowerment, rassismuskritischer Bildung und diversitätssensiblem Umgang in Bildungskontexten. Als Autorin veröffentlichte sie mehrere Artikel und Bücher zu Diskriminierungserfahrungen von Migrant_innen und Empowerment im Umgang mit Rassismuserfahrungen für Kinder und Jugendliche. Nkechi Madubuko ist dreifache Mutter.

Das Buch

Obwohl wir unsere Gesellschaft oft als tolerant wahrnehmen, finden Diskriminierungen, Rassismus und Ausgrenzungen alltäglich statt – auch unter Kindern. Und selbst Eltern, die ihre Kinder tolerant und offen erziehen möchten, fällt es manchmal schwer, eigene Vorurteile wahrzunehmen und Diskriminierung anzusprechen. Dieser alltagsnahe Ratgeber hilft Eltern mit Gesprächsbeispielen und Tipps, Ausgrenzung, Alltagsrassismus und Diskriminierung über die Erziehung der eigenen Kinder früh und wirkungsvoll etwas entgegenzusetzen. Die Diversity-Trainerin Nkechi Madubuko unterstützt Eltern dabei, ihren Kindern zu vermitteln, in erster Linie den Menschen zu sehen, nicht verletzend zu sein und sich gegen Diskriminierung einzusetzen.

Nkechi Madubuko

Erziehung
zur Vielfalt

Wie Kinder
einen wertschätzenden Umgang
mit Unterschieden lernen

Kösel

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Copyright © 2021 Kösel-Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: Weiss Werkstatt München

Umschlagmotiv: © Rawpixel.com/Shutterstock.com

Redaktion: Dr. Daniela Gasteiger

E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

Illustrationen: Ford Kelly

Zitate: siehe hier, hier, hier, hier, hier: Mungi Ngomane: I am because you are. Ubuntu – 14 südafrikanische Lektionen für ein Leben in Verbundenheit. Mit einem Vorwort von Erzbischof Desmond Tutu, Übersetzer: Gabriele Würdinger, © 2019 Kailash Verlag, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH

ISBN 978-3-641-28102-1
V001

www.koesel.de

Inhalt

Einleitung

Warum dieses Buch?

Was Sie erwartet

1
Grundgedanken einer Erziehung zur Vielfalt

Wie lernen Kinder Vorurteile?

Vielfalt wertschätzen

Die dominante Kultur aufbrechen: Kindern ein vollständigeres  Bild zeigen

Mit Solidarität Diskriminierung begegnen

Der Gerechtigkeitsbasierte Diversity-Ansatz

Ubuntu: Credo einer Erziehung in Vielfalt

2
Eltern mit ihren Vielfaltsdimensionen, Prägungen und Vorurteilen

Ihre Erziehungswünsche

Ihre Vielfaltsblume: Wo stehen Sie?

Identitäten verstehen

Vorurteile und »Geschichten« hinterfragen

Ihre neue Erziehungsbotschaft

3
Elemente einer Erziehung zur Vielfalt

Element 1: Unterschiede mitdenken

Element 2: Sprachsensibler sein und Wertschätzung zeigen

Element 3: Wenn das eigene Kind ausgrenzt: In Gesprächen Sachinformationen geben

Element 4: Wann und wie mit Kindern Unterschiede ansprechen?

Element 5: Stereotype und rassistische Zuschreibungen vermeiden – auch »positive«

Element 6: Ich-Identität stärken und Empowerment: Kinder mit der eigenen Lebenswelt annehmen

Element 7: Vielfalt im Kinderzimmer und bei den Spielmaterialien sichtbar machen

Element 8: Vielfältige Kontakte ermöglichen

Element 9: Empathie bei Kindern fördern

Element 10: Wie Kinder den Kern von Diskriminierung erkennen

Erziehung zur Vielfalt leben

4
Antirassistische Erziehung und Empowerment von
Kindern of Color

Was ist Rassismus? Die Vergangenheit entdecken, um die Gegenwart zu verstehen

Weiße Privilegien: Vorteile, für die man nichts kann

Weiße Kinder lernen ein überhöhtes Selbstbild

Antirassistisch sein und Solidarität zeigen: Ally werden

Empowerment für Kinder of Color

Deutsche oder nicht? Wie Kinder of Color eingeordnet werden

Was erleben Kinder of Color? Rassismuserfahrungen und emotionale Folgen

Empowerment als Erziehungsaufgabe

Strategien gegen rassistische Diskriminierungserfahrungen

5
Variationen an Familienformen, Vielfaltsaspekte und Lebenssituationen

Armut in der Kindheit

Kinder mit Migrationshintergrund

Regenbogenfamilien, Patchworkfamilien und Ein-Eltern-Familien

Typisch Mädchen, typisch Junge?

Interreligiöse Erziehung

Kinder mit Behinderungen

Abschließende Gedanken

Danksagung

Anhang

Checklisten

Bücher und Materialien

Literatur zu Antirassismus und rassismuskritischem Denken

Empowerment-Kinderbücher

Diversitätssensible Bücherlisten & Spielmaterialien

Glossar

Endnoten

Einleitung

Mia hat deutsche Wurzeln, ist weiß und konfessionslos, Fatimas Familie kommt aus der Türkei und ist muslimischen Glaubens. Patrik hat kongolesische Eltern und ist blind. David ist gehörlos, Marc hat zwei Mamas und spricht drei Sprachen, Janines Mutter ist alleinerziehend und hat wenig Einkommen. Nicht jedes dieser Kinder ist in Deutschland geboren, und doch besuchen sie gemeinsam eine Klasse. Alle Kinder bringen eine eigene Lebenswelt mit. Sie wachsen in Patchworkfamilien oder Ein-Eltern-Haushalten auf. Sie haben eine weiße oder dunklere Hautfarbe, sprechen zum Teil eine andere Erstsprache als Deutsch, sind von Beeinträchtigungen betroffen, haben unterschiedliche Herkunftsländer oder Wurzeln und daran gebundene Erfahrungen. Können diese Kinder auch befreundet sein und unbefangen miteinander spielen? Ich sage ja, wenn Eltern entsprechend sensibilisiert sind. Dieses Buch erklärt, woran Offenheit oft scheitert. Es zeigt Ihnen als Eltern und Bezugspersonen Wege auf, Kindern in der Erziehung eine wertschätzende Haltung gegenüber Vielfalt zu vermitteln. Denn ob Sprache, Hautfarbe, Kleidung oder Beeinträchtigungen eine Rolle für Freundschaften spielen, hängt davon ab, was die Kinder in ihrem täglichen Umfeld, besonders von Eltern und anderen Familienmitgliedern, lernen, sehen und hören, ob sie Bücher lesen und Spielsachen haben, die Vielfalt zulassen.

Vielfalt beziehungsweise Diversität oder Diversity beschäftigt sich mit Eigenschaften und Merkmalen, die Menschen voneinander unterscheiden und gesellschaftliche Zugänge und Teilhabe bestimmen – auch schon bei Kindern.1 Für sie sollte es selbstverständlich sein, beispielsweise in der Schule gleich bewertet zu werden, unabhängig von der Herkunft. Dem ist aber nicht so. Menschen werden anhand dieser Merkmale von anderen praktisch »gelesen«. Welche Merkmale sind das? Marilyn Loden und Judy B. Rosener nennen in ihrem Diversity-Ansatz Hautfarbe, Alter, ethnische und kulturelle Herkunft, sexuelle Orientierung, physische Fähigkeiten, Geschlecht, Weltanschauung/Religion, Einkommen, Sprache, eigene Bildung und die der Eltern sowie Familienstand.2 Schon Kleinkinder speichern entsprechende Bewertungen über Merkmale ab. Erwachsene sind dabei nicht immer gute Vorbilder, denn sie können falsch liegen: etwa, wenn sie Schwarze Menschen3 auf Englisch ansprechen, weil sie aufgrund der Hautfarbe davon ausgehen, diese würden kein Deutsch verstehen. Als »asiatisch« gelesene Menschen erlebten in der ersten Phase der Covid-Pandemie 2020 Beschimpfungen und rassistische Diskriminierung vor dem Hintergrund der Annahme, alle, die »chinesisch« aussähen, seien eine Virengefahr.

Unsere heutige Gesellschaft in Deutschland wird vielfach als tolerant wahrgenommen, vor allem dann, wenn man mit seinen eigenen Vielfaltskombinationen Akzeptanz erlebt. Dennoch werden Kinder und Familien täglich diskriminiert. Schmerzhaft erleben sie, was Herabsetzungen mit ihrem Leben machen. Rassismus beispielsweise hat viele Gesichter. Er begegnet Betroffenen bei der Wohnungssuche, wenn sie aufgrund des Namens und ihrer Herkunft nicht für eine Mietwohnung in Betracht kommen, wenn sie bei Bewerbungen von vornherein aussortiert oder erst gar nicht eingeladen werden, wenn ihre Kinder geärgert werden oder offene Beschimpfungen aushalten müssen. Schon die Kleinen erleben, vom Spiel ausgeschlossen zu werden. Pädagogisches Personal, dem teilweise selbst das Bewusstsein für Diskriminierung fehlt, schützt sie nicht unbedingt. Schule und Kita können so zu einem andauernden Stressfaktor werden bis zu dem Punkt, dass Kinder und Jugendliche nicht mehr hingehen möchten und schon allein bei dem Gedanken daran Bauchschmerzen bekommen. Ob sie der vermittelten »Norm« entsprechen, wird Kindern mit zunehmendem Alter bewusst, wenn sie häufiger auf eine Beeinträchtigung oder ein anderes Merkmal angesprochen oder sogar deswegen ausgegrenzt werden. Auch nehmen Kinder sehr deutlich wahr, dass ihr Merkmal beispielsweise in Kinderbüchern wenig sichtbar ist. Das bestärkt Kinder in der Annahme, nicht zugehörig und wertgeschätzt zu sein. Alles das sind Erfahrungswerte aus meiner Arbeit als Trainerin, die sich mit Wissen aus der Antidiskriminierungspädagogik, Beratungs- und Empowerment-Arbeit decken.4

Noch immer herrscht die romantische Vorstellung, Kinder hätten keine Vorurteile und würden im Kindergarten- und Grundschulalter immer offen aufeinander zugehen. Die Realität ist jedoch eine andere. Dass auch schon Kinder an Ausgrenzungen beteiligt sind, wird nicht gern zugegeben. Manche Kinder verhalten sich gegenüber Kindern anderer Hautfarbe oder Herkunft distanziert, finden sie »komisch« oder hänseln sie, weil sie sie nicht als »normal« empfinden, und lassen sie deshalb gegebenenfalls nicht mitspielen. Diesen Kindern ist es wichtig zu zeigen, was daran ungerecht ist, und ihre falschen Annahmen richtigzustellen. Zudem beobachten nicht betroffene Kinder auch Ausgrenzung von anderen Kindern und wollen wissen, was sie tun können. Leider ist das, was unsere Kinder in ihrem Umfeld lernen, geprägt von Auslassungen, Stereotypen und Vorurteilen, etwa was die Darstellungen, Zuschreibungen und Rollen in Werbung und Medien angeht. Bestimmte Gruppen sind nicht sichtbar oder werden nur in Klischees gezeigt. Aussagen von Erwachsenen geben ihren Anteil hinzu. Auf diese Art entsteht ein verzerrtes Bild, das eine offene und wertschätzende Wahrnehmung von Vielfalt verhindert. Kinder ordnen sich und andere zunehmend in diese vorgefertigten Schubladen ein. Sie lernen und erkunden die Welt auch über Kindermedien, Kinderbücher und Spielmaterialien. Hier sammeln sie Botschaften über sich, andere Menschen und die Welt. Was wird ihnen dort gezeigt, wer wir sind, und wer ist dabei nicht sichtbar? Viele von diesen Botschaften sind problematisch, wenn sie von den Kindern verinnerlicht werden.

Wie kann man diesen Prozess nun verändern? Viele Eltern wollen sich dem Thema öffnen, andere individuell wahrnehmen und einen sensibleren Umgang mit Vielfalt in der Familie und in der Erziehung leben. Der elterliche Hinweis »Alle Kinder sind gleich« ist aber wenig hilfreich, da es de facto Unterschiede im Aussehen und in den Lebenswirklichkeiten gibt. Welche Bedeutung soll Ihr Kind nun diesen Unterschieden geben? Soll es kopieren, was es in seiner Umwelt immer wieder an Stereotypen und ausgrenzendem Verhalten beobachtet? Vorurteile über andere Menschen lernen Kinder schnell, wenn sie nicht richtiggestellt werden. Oder soll es, wenn es selbst betroffen ist, Zuschreibungen, die an es herangetragen werden, glauben und denken, es sei weniger wertvoll als andere? Ganz egal, ob Ihr Kind selbst von Diskriminierung betroffen ist oder nicht: Sie als Eltern sind gefragt, Orientierung zu bieten.

Und das ist der Weg zu mehr Vielfalt in der Erziehung: Hinterfragen Sie zuerst Ihre eigene Wahrnehmung von Vielfalt. Welche Zuschreibungen haben Sie gelernt, die Sie unbedacht an Ihre Kinder weitergeben? Ich lade Sie dazu ein, Ihre eigenen Vorurteile zu reflektieren. Machen Sie sich bewusst, wie sehr Ihre Kinder in einer »dominanten Kultur« aufwachsen, die ein bestimmtes Bild von Normalität vermittelt, in der zahlreiche Vielfaltsdimensionen kaum vorkommen. Es gilt, hier bewusst neue Akzente zu setzen. Ich zeige Ihnen, welche das sein können. Studien aus der Vorurteilsforschung geben Hinweise, wie wir Vorurteile reduzieren können oder dafür sorgen, dass sie sich in der frühen Kindheit so wenig wie möglich entwickeln. Nehmen Sie Einfluss auf die Normalitätsvorstellungen Ihrer Kinder. Je mehr Sie als Eltern beispielsweise über Migration, Religionen, sexuelle Identitäten, Familienformen, Leben mit Behinderung oder einem geringen sozialen Status wissen, umso empathischer und sachlicher können Sie diese Vielfalt vermitteln. Sie können bei Ihrem Kind gezielt mit sachlichen Gesprächen, aber auch mit Ihrem Verhalten sowie ausgewählten Medienangeboten Impulse für Vielfalt setzen. Es braucht viele solcher Gespräche, um Vorurteile nach Möglichkeit überhaupt nicht erst entstehen zu lassen. Aber letztlich sind wir alle Menschen, und Gemeinsamkeiten lassen sich immer wieder entdecken. Kinder, die von vorurteilsbewussten Eltern und Pädagog_innen begleitet werden, lernen einen wertschätzenden Umgang mit Unterschieden und neigen auch weniger zur Diskriminierung.5 Wir müssen lernen, Menschen als einzigartige Individuen zu sehen und zu behandeln, statt sie in Schubladen zu stecken. Vermitteln Sie diese Haltung Ihren Kindern.

Eltern, deren Kinder Diskriminierung erleben, brauchen noch etwas anderes. Ihre Kinder benötigen Strategien zum Umgang und viel Identitätsstärkung speziell zu ihrem persönlichen Hintergrund, die ich als mein Empowerment-Konzept hier vorstelle. Die Kinder sollen nicht verinnerlichen, dass mit ihnen etwas nicht »richtig« sei, sie »dümmer« oder »hässlicher« seien oder nicht dazugehören. Sie sollten wissen, dass ihnen Unrecht geschieht und sie dem nicht ohnmächtig und wehrlos gegenüberstehen müssen. Akzeptiert zu sein, wie man ist, ist ein Grundbedürfnis in der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung. Von Diskriminierung betroffene Kinder brauchen Ihre elterliche Hilfe und Gegenerfahrungen, ohne Abwertung und Spott. Ihr Kind darf mit diesen Erlebnissen nicht allein gelassen werden, denn das kann es überfordern und sogar zu körperlichen Beschwerden führen.

Für mich ist diversitätssensible Erziehung eine Erziehung, die Vielfalt auf menschlicher Ebene mit Wertschätzung begegnet, die Empathie fördert, Unsicherheiten zu Bewertungen anderer auf sachliche Weise klärt und gezielt Impulse für mehr Vielfalt im Alltag der Kinder setzt.

Ich freue mich, mit Ihnen im Buch diesen Weg einzuschlagen.

Warum dieses Buch?

Mein Schwerpunkt als Schwarze Diversity-Trainerin ist Empowerment, das bedeutet Selbstermächtigung und Selbststärkung von Betroffenen im Umgang mit Rassismuserfahrungen. Ich hatte in meiner Arbeit als Referentin und in den Eltern-Trainings aber schon länger beobachtet, dass über rassistische Erfahrungen hinaus immer wieder auch Diskriminierungserlebnisse der Kinder mit hineinspielten, die sich z.B. um das Geschlecht oder den muslimischen Glauben drehten. Als ich mit der Arbeit an diesem Buch begann, wurde mir klar, dass es mit Blick auf die Vielfalt von Kindern wichtig ist, über Empowerment aus vielen verschiedenen Perspektiven zu schreiben: aus der des Schwarzes Kindes, des Mädchens, als Muslim, als Kind mit Beeinträchtigung. Außerdem versuche ich, Eltern anzusprechen, die selbst verschiedenste Vielfaltsdimensionen in sich vereinen. Dabei gilt es immer im Blick zu behalten: Ihr eigenes Kind könnte andere ausgrenzen oder aber auch selbst diskriminiert werden. Für beide Perspektiven wollte ich etwas anbieten.

Ihre eigenen Vorurteile und die Folgen, wenn sie von Kindern übernommen werden, sind aber ein Kernthema des Buches. Mir war es wichtig, Ihnen an mehreren Stellen Raum zu geben, darüber nachzudenken. Ich möchte Ihnen Anregungen geben, zu überlegen, welche Vielfalt Sie selbst in Ihrem Leben haben und was Sie aufgrund dessen alltäglich erleben beziehungsweise von welchen Erfahrungen Sie verschont bleiben. Über das Buch verteilt finden Sie deshalb Momente der Reflexion über Ihre Vorurteile, darüber, was es bedeutet, mit verschiedenen Zuschreibungen leben zu müssen, und welche davon für Betroffene besonders bedrückend sind. Die Reflexionsfragen sind als Lesepausen gedacht und eine Einladung an Sie, Festgelegtes einmal neu zu bewerten. Denn: Was Sie über andere denken und wie Sie sich verhalten, ist letztlich das, was Sie Ihren Kindern an Wissen und Bewertungen mitgeben.

Was Sie erwartet

Das Buch steigt ein mit meinen Grundgedanken rund um Erziehung zur Vielfalt. Ich erkläre, wie und in welchem Alter Kinder Vorurteile lernen und zeige, dass es oftmals an Wertschätzung für Vielfalt fehlt und damit ein unvollständiges Bild unserer Gesellschaft entsteht – und wie wichtig es ist, Solidarität zu zeigen.

Im zweiten Kapitel setzen Sie sich Ihr Ziel für eine Erziehung Ihrer Kinder in Vielfalt. Sie werden eingeladen, Ihr neues Erziehungsziel zu finden. An dieser Stelle lohnt es sich, sich mit den eigenen Prägungen und Vorurteilen zu beschäftigen, um Stereotype zu hinterfragen. Sie werden mehrmals die Gelegenheit haben, kleine Aufgaben und Reflexionsfragen zu beantworten.

Das dritte Kapitel ist der Kernteil des Buches, in dem ich Ihnen meine Elemente einer Erziehung zur Vielfalt vorstelle. Ich zeige, wie Sie als Eltern durch Ihr Verhalten und Gespräche, aber auch die Gestaltung des Umfelds für Ihr Kind wichtige Impulse setzen können.

Im Kapitel zur antirassistischen Erziehung möchte ich Sie auch für Ausgrenzungserfahrungen, die Sie aus eigener Erfahrung vielleicht nicht kennen, sensibilisieren. Schärfen Sie Ihr Verständnis dafür, welche Verletzungen man anderen mit Worten oder Verhaltensweisen zufügen kann. Ich zeige Ihnen aber auch, wie Sie Unterstützer_in (Ally) gegen Rassismus sein können. Außerdem behandele ich in diesem Kapitel identitätsstiftende Empowerment-Strategien für Kinder of Color und Kinder mit Migrationshintergrund. In dem Rahmen stelle ich auch mein Konzept für Empowerment gegen Rassismuserfahrungen von Kindern vor.

Im letzten Kapitel blicken wir genauer auf die Vielfaltsaspekte und Lebenssituationen, die wir in unserem Alltag vorfinden. Hier finden Sie sachliche Informationen, die Ihnen Faktenwissen an die Hand geben und helfen sollen, Sie für typische Vorurteile zu sensibilisieren. Erfahrungsberichte aus Kinderperspektive und Empfehlungen für gemeinsame Gespräche mit Ihrem Kind runden diesen Teil ab. Das Buch schließt mit Checklisten und Literatur zu diversitätssensibler und antirassistischer Erziehung.

Sieh dich selbst in anderen

»Wenn es uns gelingt, uns selbst in anderen zu sehen, erleben wir auf dieser Welt mehr Vielfalt, Liebe und Verbundenheit. Erkennen wir beim Blick auf andere uns selbst im Spiegelbild, behandeln wir unsere Mitmenschen automatisch besser. Das ist Ubuntu.«

Mungi Ngomane6