Zum Buch
Dies ist ein Buch über den Gesang der Vögel. Über die Vielfalt der Natur und die Schönheit der Erde. Über das Netz des Lebens und darüber, wie alles mit allem zusammenhängt.
Dies ist ein Buch über die Menschen. Über ihren Aufstieg zur beherrschenden Art und die Zerstörung der Natur.
Es ist auch ein Buch über unsere Zukunft.
Und darüber, wie sie gelingen könnte.
Das globale Artensterben ist das drängendste Problem unserer Zeit. Es bedroht unseren Wohlstand, unsere Sicherheit, unsere Gesundheit, es gefährdet unsere Existenz. »Terra X«-Moderator Dirk Steffens und ZEIT-Redakteur Fritz Habekuß beschreiben, was die Wissenschaft über die Krise weiß, und zeigen Wege auf, um sie zu beenden.
Zu den Autoren
Dirk Steffens, geboren 1967, ist Wissenschaftsjournalist und Moderator der Dokumentationsreihe »Terra X«. Der wohl bekannteste Artenschützer Deutschlands ist UN-Botschafter für die Dekade biologische Vielfalt. Er vertritt außerdem als nationaler Botschafter den WWF und das Jane-Goodall-Institut. Seit über einem Vierteljahrhundert unternimmt er Expeditionen in alle Regionen der Welt, um über die Natursysteme der Erde zu berichten. Er ist überdies Mitbegründer der Biodiversity Foundation, die eine Petition zur Aufnahme des Artenschutzes ins Grundgesetz auf den Weg gebracht hat. Für seine Verdienste erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Bayreuth.
Fritz Habekuß, geboren 1990, ist Redakteur der ZEIT. Er berichtet weltweit von der Zerstörung der natürlichen Vielfalt und denjenigen, die dagegen kämpfen. In seinen Reportagen beschäftigt er sich grundsätzlich mit dem Verhältnis von Mensch und Natur. Für seine Arbeit wurde er unter anderem 2018 unter die Journalisten des Jahres gewählt und mit dem Georg von Holtzbrinck Preis für Wissenschaftsjournalismus ausgezeichnet.
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DIRK STEFFENS
FRITZ HABEKUSS
ÜBER
LEBEN
Zukunftsfrage Artensterben:
Wie wir die Ökokrise überwinden
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Copyright © 2020 Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Grafiken: Anne Gerdes
Umschlaggestaltung: Büro Jorge Schmidt
Umschlagabbildungen: Markus Tedeskino, Hamburg
Umschlagillustrationen: AKG Images und © shutterstock [Coronavirus]
Satz: Vornehm Mediengestaltung GmbH, München
ISBN 978-3-641-26517-5
V005
www.penguin-verlag.de
Inhalt
Vorwort
1 Wahre Liebe
Die Natur im Zeitalter der Einsamkeit
2 Expansion
Das Dumme-Gans-Syndrom: Immer mehr ist immer besser
3 Zusammen sind wir stark
Warum Artenvielfalt für uns wichtig ist
4 Anthropozän
Warum Arten sterben
Die Grafiken
5 Ein Fluss klagt an
Wie es wäre, wenn nicht nur Menschen Rechte hätten
6 Selbstlose Vampire
Der Kapitalismus im Zeitalter der Ökologie
7 Kollaps oder Revolte?
Das Ende der Welt, wie wir sie kennen
8 Ausnahmezustand
Die Demokratie im Zeitalter der Ökologie
Dank
Literaturverzeichnis
Der zweite Teil dieses Buches ist uns schwergefallen. Wir mussten die Deckung verlassen, uns angreifbar machen. Beinahe hätten wir uns nicht getraut.
Im ersten Teil erklären wir, was die große Vielfalt des Lebens überhaupt ist und was sie für uns Menschen bedeutet: alles.
Die Biodiversität zu erkunden, lässt staunen, verschiebt Grenzen, öffnet Horizonte, verändert den Blick auf die Welt. Es macht das Leben reicher. Wie alles mit allem verbunden ist, wie alles sich gegenseitig bedingt, begrenzt, befördert, wie Billionen und Billiarden Organismen sich zu einem lebendigen Ganzen verbinden, das uns gebiert, ernährt, umhüllt, am Ende sich wieder einverleibt – in manchen Momenten fühlt sich Naturwissenschaft an wie Glaube. Nur konkreter.
Sie können auf der Erde nichts tun, nichts berühren, nichts betrachten, das nichts mit Biodiversität zu tun hat. Das Papier oder der Bildschirm, auf dem Sie diese Zeilen lesen, das Frühstück, das Sie heute Morgen gegessen haben, die Luft, die gerade durch Ihre Lungen strömt, und das Wasser, das Sie trinken: Nichts davon gäbe es ohne biologische Vielfalt. Ihr Verlust wäre unser Ende. Und deshalb ist das größte Artensterben seit dem Verschwinden der Dinosaurier die alles überragende Herausforderung unserer Zeit. Nicht einmal die eng damit verbundene Klimakrise bedroht uns so sehr in unserer Existenz – sie gefährdet zwar die Art, wie wir leben, aber nicht, ob wir leben.
Dies ist zum einen ein Buch über das, was draußen in der Natur passiert. Bis hierhin fühlen wir uns sicher beim Schreiben. Wissenschaftsjournalismus ist unser Beruf. Aber weil das Problem so groß und die Aufmerksamkeit dafür so klein ist, kamen wir um den zweiten Teil des Buches nicht herum. Darin stellen wir uns der Frage, wie es denn nun weitergehen soll mit uns Menschen auf dieser Erde.
Das wissen wir natürlich nicht. Niemand weiß es. Eine Zukunft kann man sich nicht ausdenken. Zukunft muss man leben, damit sie real wird. Deswegen ist dies zum anderen ein Buch, in dem wir uns einmal vorstellen wollen, was sich in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und vor allem in unseren Köpfen ändern muss, damit bald zehn Milliarden Menschen auf der Erde überleben können. So viel steht fest: Wir müssen uns an sie anpassen, nicht umgekehrt. Die Natur verhandelt nicht. Sie gewährt keinen Aufschub, keine Gnade, keinen Deal.
Wir beginnen mit einer Liebeserklärung an die Natur. Im zweiten Kapitel beschreiben wir die Expansionslust von Homo sapiens – den wahren Grund für die Krise. Im dritten Kapitel geht es darum, was Biodiversität eigentlich bedeutet und wieso sie Voraussetzung für unser Überleben ist. Dann geht es um die Gründe für die Umweltzerstörung: Was sind eigentlich die Treiber, was wissen wir, vielleicht noch wichtiger: Was wissen wir nicht?
In der zweiten Hälfte verlassen wir den festen Grund naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und suchen nach Lösungen. Kapitel fünf fragt, ob wir der Natur Rechte verleihen sollten und wieso eine Aktiengesellschaft vor Gericht ziehen darf, ein Fluss aber nicht. Im sechsten Kapitel denken wir über Öko-Planwirtschaft und Grünen Kapitalismus nach. Im siebten Kapitel versuchen wir herauszufinden, ob es Gesetzmäßigkeiten für die Transformationen einer Gesellschaft gibt. Und so landen wir unvermeidlich bei der Politik. Wir fragen uns also, wie sich die Demokratie fit für die Zukunft machen lässt, damit sie in der Ökokrise handlungsfähig bleibt.
Ideen sind keine Erkenntnisse und erst recht keine Wahrheiten. Vielleicht sind unsere Vorschläge noch nicht einmal gut. Machen Sie bessere! Dann können wir darüber streiten und gemeinsam nach Lösungen suchen. Das wäre ein Anfang.
Es gibt unendlich viele Bücher, Artikel und Filme über ökologische Katastrophen. So viele, dass wir oft hören: alles übertrieben, alles nicht so schlimm. Das ist natürlich Unsinn. Zwar haben weder der saure Regen noch das Ozonloch zum Weltuntergang geführt – das ist aber kein Beweis für Panikmache, sondern genau das Gegenteil: Es ist nicht so schlimm gekommen wie befürchtet, weil gewarnt und gehandelt wurde.
Wir haben kein Weltuntergangsbuch geschrieben. Denn wenn es um die Erde geht, ist Optimismus Pflicht, allein schon wegen fehlender Alternativen. Dennoch ist auf den folgenden Seiten viel von Zerstörung die Rede. Das liegt aber nicht an uns, sondern an der Welt. Sie ist so geworden, und das müssen wir benennen. Trotzdem feiern wir in diesem Buch den Gesang einer Amsel, das Wunder der Kieselalgen und überhaupt die Liebe zur Natur.
Wenn Sie uns bis zum letzten Kapitel folgen, dürfen Sie zwar kein Happy End erwarten. Aber Hoffnung.
Fritz Habekuß & Dirk Steffens
April 2020