Inhaltsverzeichnis
E inleitung
ERSTER TEIL – Kritik AUSTEILEN
Mund zu, Augen zu und aushalten
Meckern, motzen, maulen – die impotente Kr itik
Vom Mut, die Störungen tatsächlich anzusprechen
Wann ist es sinnvoll, über das Störende zu reden?
Halten Sie sich aus den Angelegenheiten anderer Leute raus
Akzeptieren Sie das, was Sie nicht ändern können
Ignorieren Sie das Unwichtige
Bevor Sie am Genervtsein ersticken
Harmoniebedürftig oder die Angst, mit der Kritik anzuecken
Das explosive Hobby der Rabattmarkensammler
Szenen einer Partnerschaft oder wie Rabattmarken gesammelt werden
Was passiert, wenn das Rabattmarkenheft voll ist
Der Zündfunke und der große Knall
Was wirklich hilft: Ändern Sie Ihre Denkweise
Raus aus den Hemmungen!
Kritisieren, ohne zu verletzen – so geht das
Geben Sie Ihrem Gegenüber ein stressfreies Feedback
Was wirklich hilft: Verzichten Sie auf Kampfhandlungen
Schlechtes Timing für ein kritisches Feedback
Die Kluft zwischen Wissen und Tun
Wie Sie Ihren Ärger ausdrücken können, ohne jemanden anzugreifen
Ärger, Aufregung und Wut – alles eine Sache des Denkens
Wie aus einer Mücke eine ganze Elefantenherde wird
Du bist schuld!
Reden Sie über die Konsequenzen
Verhandeln statt verbieten
Die Kunst der Vereinbarung oder wie Sie eine Störung beseitigen können
Sorgen Sie für eine Regelung, mit der alle leben können
Mehr als nur leeres Gerede oder wie Sie eine Vereinbarung haltbar machen
Gut kr itisier t und nix passiert?
Die sechs häufigsten Gründe, warum eine Rückmeldung keine Wirkung zeigt und was ...
Mit Samthandschuhen oder wie Sie hypersensible Menschen kritisieren können
So bleiben Sie selbstsicher, während Sie mit einem hypersensiblen Menschen reden
Darf man seinen Vorgesetzten kritisieren?
Kann man andere Menschen überhaupt verändern?
Die andere Seite der Kritik: Anerkennung, Wertschätzung und Dankbarkeit
Warum es so wenig echte Anerkennung gibt
Die Fehler werden mehr beachtet als das, was gut läuft
Wenn die Anerkennung nur eine Mogelpackung ist
Was wirklich hilft: Zeigen Sie Ihre Anerkennung und Wertschätzung
Fangen Sie an, in anderen Menschen das Beste zu sehen
ZWEITER TEIL – Kritik EINSTECKEN
Die überraschende Kritik und das Gefühl, hilflos zu sein
Kritik – Weltuntergang oder ein Geschenk?
Ergreifen Sie die Initiative statt sich der Kritik auszuliefern
Drei gute Gründe, um aktiv zu werden und andere um eine Rückmeldung zu bitten
Wenn die Kritik Sie aus heiterem Himmel trifft
Wie Sie mit einer unsachlichen Kritik gelassen fertig werden
Die vier häufigsten Gründe, warum Menschen unsachlich kritisieren
1. Unsachlichkeit: Die Einmischung in Ihre Angelegenheiten
2. Unsachlichkeit: Der Türmchenzerstörer
3. Unsachlichkeit: Dumme Sprüche und verbale Angriffe
4. Unsachlichkeit: Der Tratsch
Wenn Sachliches mit Unsachlichem vermischt wird
Eine brauchbare Rückmeldung, garniert mit kleinen Nadelstichen
Sie können die kleinen Sticheleien einfach durchwinken
Wenn Ihr Gesprächspartner seltsame Rückmeldungen abliefert
Reagieren Sie überempfindlich auf Kritik?
Hinter der Kritikempfindlichkeit steckt die Angst vor Ablehnung
Acht entspannte Überzeugungen, mit denen Sie die Kritik gelassener annehmen können
Fehler, Patzer, Missgeschicke und wie Sie die am besten wieder ausbügeln
Nach welchem Maßstab werden Sie von anderen gemessen?
Was wirklich hilft: Nehmen Sie die Kritik nicht persönlich
Ihr Schutzschild verhindert, dass Sie sich persönlich treffen lassen
Von der Macht des inneren Kritikers
Kennen Sie die nörgelnde Stimme in Ihren Gedanken?
Was spielt sich in Ihrem Kopf ab, wenn Sie einen Fehler gemacht haben?
Achten Sie darauf, was die Selbstkritik bei Ihnen anrichtet
Wenn die eigene Leistung plötzlich nichts mehr wert ist
Wie die Selbstzweifel entstehen
Wie der innere Kritiker Anerkennung vernichtet
Woher kommt die ganze Selbstkritik?
Was wirklich hilft: Glauben Sie Ihrem inneren Kritiker nicht mehr
Ohne das Kritikergeplapper sind Sie viel selbstsicherer
Auch die Selbsthilfe hat ihre Grenzen
Wenn der innere Kritiker immer leiser wird
Schlusswort
Literaturempfehlungen
Copyright
Website der Autorin
www.barbara-berckhan.de
E inleitung
Im Beruf und auch im Privatleben kommen wir nicht drum herum, anderen zu sagen, was uns stört. Und umgekehrt können wir es nicht immer vermeiden, dass wir selbst zum Störfall für andere werden. In meiner Arbeit als Kommunikationstrainerin erlebe ich häufig, dass das Thema Kritik für viele ein schwieriger Brocken ist. Da wird wochenlang, ja manchmal sogar jahrelang die Kritik runtergeschluckt und dann kommt der große Knall, der alles zerstört. Scheidung, Kündigung, Aus und Ende. Oder man möchte sich am liebsten die Ohren zuhalten, weil ständig nur gejammert und gemeckert wird. Oder statt sachlich zu sagen, was einen stört, gibt es nur bissige Bemerkungen. Und statt sich eine Kritik einfach nur in Ruhe anzuhören, wird sofort unterbrochen und gleich zurückgeschossen. Nicht selten endet der Versuch, ein Kritikgespräch zu führen, im Streit.
Aber das alles muss nicht so ablaufen.
Ich möchte Ihnen in diesem Buch zeigen, wie Sie souverän und gelassen anderen Menschen sagen können, was Sie stört. Und wie Sie umgekehrt die Kritik Ihrer Mitmenschen ruhig aufnehmen und verarbeiten können.
Dabei gehe ich auf alles ein, was dieses Thema scheinbar so schwer macht. Hier erfahren Sie etwas über den Mut, das Negative anzusprechen, über die richtige Wortwahl und über den Umgang mit Ärger und Frustration. Ich zeige Ihnen, wie Sie mit den Unsachlichkeiten und Sticheleien von anderen Leuten fertig werden. Und wie Sie überempfindlichen Menschen ein sanftes und vorsichtiges Feedback geben können. Wie in allen meinen Büchern gehe ich wieder sehr praktisch vor. Sie finden viele Schritt-für-Schritt-Strategien, die Ihnen zeigen, wie Sie die Tipps aus diesem Buch umsetzen können. Natürlich sind das alles nur Anregungen für Sie. Diese Anregungen können Ihnen helfen, Ihren eigenen Stil zu finden, Ihre ganz persönliche Art, mit der Sie Kritik sowohl aussprechen als auch aufnehmen. Lassen Sie sich inspirieren, den für Sie passenden Stil zu finden. Dabei wünsche ich Ihnen viel Spaß!
Bevor Sie beginnen, möchte ich Ihnen gerne die von mir verwendeten Symbole erklären:
Warnung! Dieses Symbol bedeutet: Streitgefahr
Mein Tipp. Dieses Symbol bedeutet: Ja, das klappt
Wichtige Frage. Dieses Symbol bedeutet: Denken Sie mal darüber nach
Werkzeug. Dieses Symbol bedeutet: Strategie für den Umgang mit sich selbst
Gesprächsstrategie. Dieses Symbol bedeutet: So können Sie das Gespräch führen
ERSTER TEIL
Kritik AUSTEILEN
Mund zu, Augen zu und aushalten
Ja, das ist etwas, das Sie womöglich stört. Etwas, das Sie nervt. Ich meine jetzt nicht die große Weltpolitik, das Abschmelzen der Polkappen oder das derzeitige Zinsniveau. Ich meine mehr die Störungen in Ihrer unmittelbaren Umgebung. Zum Beispiel die ohrenbetäubende Musik, die aus dem Zimmer Ihrer fünfzehnjährigen Tochter kommt. Das Meeting in der Firma, auf dem nur langatmige Selbstdarstellungen produziert werden. Die Nachbarin, die sich über den Kinderwagen im Hausflur aufregt. Die falschen Beschuldigungen gegen Sie, die ein Kollege in Umlauf gebracht hat.
Diese Art von Störungen meine ich. Das sind die Dinge, die uns direkt passieren, die uns nerven und auf die wir auch direkt reagieren können. Wie viele von diesen Kröten schlucken Sie so durchschnittlich im Monat? Grob geschätzt? Wie oft nehmen Sie eine Störung einfach hin, statt sich dagegen zu wehren?
Das Runterschlucken von solchen Störungen hat einige Risiken und Nebenwirkungen. Die größte Nebenwirkung besteht darin, dass sich nichts ändert, solange Sie die Sache nicht ansprechen. Ihr Schweigen wirkt auf Ihre Mitmenschen so, als würden Sie zu den Störungen Ja sagen. Wer nicht widerspricht, ist einverstanden. Und bitte sagen Sie jetzt nicht, die anderen müssten doch wissen oder merken oder ahnen, dass Sie sich gestört fühlen. Nein, Ihre Mitmenschen wissen nicht, was bei Ihnen los ist, solange Sie nicht darüber reden. Die Leute können Ihre Gedanken nicht lesen.
Gut, vielleicht machen Sie hin und wieder ein paar Andeutungen. Sie verdrehen die Augen und stöhnen genervt auf. Sie grummeln vor sich hin oder knallen mit der Tür. Aber das alles sind nur Andeutungen. Es sind keine Aussprachen.
Verwandeln Sie Ihre vage, indirekte Kritik in eine direkte Bitte. Bitten Sie Ihr Gegenüber mit freundlichen Worten darum, Ihnen entgegenzukommen oder Ihnen einen Gefallen zu tun.
Die vagen Andeutungen kann man prima ignorieren. Und wahrscheinlich tun Ihre Mitmenschen das auch. Wer nicht deutlich sagt, was ihn stört, wird nicht gehört und auch nicht verstanden.
Solange Sie Ihren Unmut einfach runterschlucken und eine Störung nicht ansprechen, gehen Sie ein persönliches Risiko ein. Sie riskieren Ihre Gesundheit. Der runtergeschluckte Unmut zerfrisst Sie. Jede nicht ausgesprochene Beschwerde bleibt in Ihnen stecken und beschwert Sie von innen her. Sie ist wie ein kleiner Stein im Schuh. Eine Mini-Anspannung, mit der Sie herumlaufen. Jede Kröte, die Sie schlucken, ist gespeicherter Stress. Schlucken Sie viele Kröten in Ihrem Alltag? Dann laufen Sie mit viel gespeichertem Stress herum.
Warnung
Es besteht die Gefahr, dass Sie körperlich und seelisch krank werden, wenn Sie ständig Ihren Frust und Ihren Unmut runterschlucken.
Sie können sehr viel leichter und innerlich ruhiger leben, wenn Sie die Störungen dort klären, wo sie entstanden sind. Den Unmut nicht einlagern, sondern nach Lösungen suchen, die die Situationen verbessern. Selbst wenn Sie es nicht schaffen, alle Frustrationen in Ihrem Alltag zu beseitigen, das Ansprechen dieser Störungen entlastet Sie. Sie drücken das aus, was Sie nervt, statt innerlich alles aufzustauen. Ausdrücken statt aufstauen – dadurch verhindern Sie chronischen Stress. Allein das Ausdrücken von dem, was Sie stört, ist bereits ein Erfolg für Sie.
Drei gute Gründe für eine Rückmeldung
1. Sie zeigen Ihren Mitmenschen, was mit Ihnen los ist. Die anderen können auf Sie nur Rücksicht nehmen, wenn Sie deutlich sagen, was Sie stört.
2. Sie sind ein gutes Vorbild und zeigen den anderen, dass es vollkommen in Ordnung ist, über etwas Störendes zu sprechen. Damit signalisieren Sie, wie wichtig Ihnen Ehrlichkeit ist.
3. Ihre Kritikfähigkeit sorgt dafür, dass Sie reibungsloser mit anderen Menschen leben und arbeiten können. Sie verhindern damit viele sinnlose Streitereien, die immer dann entstehen, wenn eine brauchbare Kritik-Kultur fehlt.
Ohne Ihre Rückmeldungen vertrocknen Ihre Beziehungen. Nicht nur Ihre Gesundheit leidet unter den geschluckten Kröten. Auch Ihre Beziehungen zu Ihren Mitmenschen verschlechtern sich, solange Sie alles in sich reinfressen. Wenn ich das Wort Beziehung benutze, dann meine ich nicht nur die Liebesbeziehung zu Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin. Es geht um alle Ihre Beziehungen. Die zu Ihren Kindern, zu Ihren Eltern, zu Ihren Kollegen und Kunden, zu Ihren Nachbarn und Freunden. In jeder dieser Beziehungen ist es wichtig, dass Sie vollständig anwesend sind. Und zur Vollständigkeit gehört auch, dass Sie Ihrem Gegenüber zeigen, was Sie mögen und was Sie nicht mögen. Ihr Gegenüber braucht diese Informationen von Ihnen, um mit Ihnen klarzukommen. Umgekehrt gilt das natürlich auch. Damit Sie mit Ihrem Gegenüber klarkommen, ist es wichtig, dass Sie wissen, was der andere mag und was ihn stört. Wenn Menschen darüber nicht mehr reden, stirbt die Beziehung.
So bringen Sie wieder Leben in eine vertrocknete Beziehung: Reden Sie mit Ihrem Gegenüber über alles, was unter den Teppich gekehrt wurde. Jeder darf sagen, was ihn stört und was er sich stattdessen wünscht.
Bevor eine Beziehung stirbt, gibt es eine Phase, in der sie langsam vertrocknet. Das sieht man von außen oft nicht. Noch scheint alles in Ordnung zu sein. Alle Beteiligten sind nett und höflich. Aber innerlich hat bereits jeder aus seinem Herzen eine kleine Mördergrube gemacht. Die unausgesprochenen Störungen gären dort leise vor sich hin. Wird das Störende jetzt immer noch nicht auf den Tisch gepackt und geklärt, verdorrt die Beziehung immer weiter. Entweder stirbt sie leise, weil keiner mehr mit dem anderen richtig redet, oder sie endet mit einem lauten Knall, bei dem das Aufgestaute explodiert.
In gut funktionierenden Beziehungen, ob nun privat oder beruflich, geben sich die Beteiligten gegenseitig Rückmeldungen. Das, was stört, kommt auf den Tisch, ebenso wie das, was gut läuft. Keiner muss Kröten schlucken. Die Beziehung ist auf dem Laufenden, weil jeder der Beteiligten mit dem anwesend ist, was ihn ausmacht. Mit seinem Ja und seinem Nein. Mit dem, was er mag und was er nicht mag. Keiner macht aus seinem Herzen eine Mördergrube.
Meckern, motzen, maulen – die impotente Kr itik
Zuerst die gute Nachricht: Wenn Sie sich dabei ertappen, dass Sie herumnörgeln oder meckern, ist das ein gutes Zeichen. Sie nehmen eine Störung wahr. Irgendetwas nervt oder ärgert Sie. So weit, so gut. Indem Sie meckern und nörgeln, zeigen Sie, dass Sie unzufrieden sind.
Jetzt die nicht ganz so gute Nachricht: Leider haben Sie eine machtlose Ausdrucksform gewählt. Lassen Sie uns diese machtlose Form der Kritik einmal genauer betrachten.
Sie als Leserin bzw. Leser dieses Buches werden vermutlich das Nörgeln und Meckern eher ablehnen. Die meisten Menschen, die Bücher wie dieses hier lesen, sind bereits sehr gut über Kommunikation informiert. Viele sind selbst Experten und mit allen psychologischen Wassern gewaschen. Auch die Leser/innen meiner Bücher gehören zu den Leuten, die auf gute Kommunikation sehr viel Wert legen. Also stehen die Chancen gut, dass Sie bereits wissen, dass das bloße Meckern nichts bringt.
Wichtige Frage
Könnten Sie ab jetzt darauf verzichten, jemals wieder zu meckern, zu jammern oder sich zu beklagen?
Lassen Sie uns einen Moment lang ganz ehrlich sein. In uns allen steckt ein kleiner Nörgler, der unser geistiges Oberstübchen von Zeit zu Zeit mit seinen Schimpftiraden überflutet. Wir alle kennen den Impuls, uns über Gott und die Welt zu beklagen und genau das tun wir – vielleicht nur in Gedanken. Unter uns: Mal so richtig vom Leder zu ziehen und lauthals herummeckern – hat das nicht etwas Befreiendes? Sich einfach jemanden schnappen, dem man die Ohren vollquaken kann oder im vertrauten Kreis von Gleichgesinnten ein gemeinsames Motz-Konzert anstimmen. Geschimpft wird natürlich nur über die Dinge, die weder Sie noch Ihre Mecker-Partner zu verantworten haben.
Den ganzen Frust runternörgeln und herrlich bittere Sätze anfangen mit den Worten: »Ist es nicht schrecklich, dass schon wieder...?« »Das ist unmöglich! Wie können die nur...« »Ich fass es nicht! Da hat der Meier aus dem dritten Stock doch glatt...«
Nörgeln, um Dampf abzulassen. Sich den ganzen Frust aus der Seele herausschimpfen. Und dabei das ganze Positiv-Denken einfach mal in den Wind schießen.
Ja, für einen Augenblick fühlt man sich stark. Und es gibt einem so richtig Kraft, wenn der Motz-Partner derselben Meinung ist. Viele Bekanntschaften und Freundschaften leben genau davon: Es wird gemeinsam genörgelt und man gibt sich gegenseitig recht. Ja, man ist sich einig im gemeinsamen Widerstand gegen das Dumme, Dreckige und Dekadente. Wenn Sie das nächste Mal beim Nörgeln und Meckern genau aufpassen, können Sie es merken: Da ist dieses Gefühl von Überlegenheit.
Während wir über andere Menschen abfällig urteilen, fühlen wir uns edel und abgeklärt. Wir durchschauen das Schändliche, nennen es beim Namen und wollen damit zeigen, dass wir selbst besser sind.
Wichtige Frage
Wenn Sie sich das nächste Mal beim Nörgeln, Schimpfen oder Meckern ertappen, stellen Sie sich folgende Frage: Wäre ich bereit zu handeln, statt nur zu schimpfen? Könnte ich die Sache anpacken und mich tatsächlich für eine Verbesserung einsetzen?
Mit unserem Nörgeln erheben wir uns moralisch über das, was wir beschimpfen. Wir sind besser als die blöden Leute, die uns nerven. Besser als die unfähigen Manager, besser als die Politiker und Behördenmenschen. Wir sind auch besser als das Fernsehen mit seinen dummen Programmen.
Als Nörgler und Meckerer wissen wir insgeheim, dass wir mit unserem Schimpfen nichts ändern. Das wollen wir auch nicht. Wir wollen uns nur einen Augenblick lang besser fühlen. Es sei uns gegönnt.
Vom Mut, die Störungen tatsächlich anzusprechen
In diesem Buch geht es nicht ums bloße Dampfablassen. Es geht um wirkliche Veränderungen. Es geht darum, wie Sie das Krötenschlucken beenden können und zwar mithilfe guter Kommunikation.
Um tatsächlich etwas zu verändern, brauchen Sie eine Sache, die beim bloßen Nörgeln und Meckern keine Rolle spielt: Sie brauchen Courage. Das ist der Mut, die Dinge tatsächlich anzupacken. Also statt sich bei Ihren Freunden über Ihre lauten Nachbarn zu beklagen, tatsächlich auf diese Nachbarn zuzugehen und mit ihnen zu reden. Statt nur Zu Hause am Esstisch über den ungerechten Chef zu schimpfen, den Chef in der Firma anzusprechen und ihm direkt zu sagen, was Sie ungerecht finden. Statt sich nur über den neuen Klassenlehrer Ihrer kleinen Tochter zu ärgern, mit dem Lehrer einen Termin auszumachen und die Sache mit ihm zu besprechen.
Ja, ein solches Gespräch zu führen, erfordert Mut und ein gewisses Know-how. Wobei Sie automatisch mutiger werden, wenn Sie wissen, wie Sie einen Kritikpunkt direkt ansprechen können, ohne dass daraus gleich ein Streit, eine Kündigung oder eine Ehescheidung wird.
Strategie: Weg von der Störung und hin zur Lösung
Hier kommt eine Strategie, die das Ziel hat, Sie buchstäblich auf andere Gedanken zu bringen. Sie hören auf, sich nur auf das Störende zu fixieren. Stattdessen gehen Sie in Gedanken weg von dem Problem und hin zu einer Lösung.
Stellen Sie fest, was Sie in Ihrem Umfeld stört. Notieren Sie hier (oder nur in Gedanken) drei konkrete Dinge, die Sie in Ihrem Job oder in Ihrem Privatleben stören.
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Bleiben Sie nicht bei den drei Problemen stehen. Schauen Sie auch auf die Lösung.
Was müsste passieren, damit die jeweilige Störung Sie nicht mehr allzu sehr stört? Durch welche kleine Änderung wären Sie ein wenig zufriedener? Notieren Sie für jede der drei Störungen eine kleine, minimale Änderung, die Sie etwas zufriedener machen würde.
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Wer ist Ihr Ansprechpartner für diese Störung? Wen könnten Sie um eine Änderung bitten?
Notieren Sie für jede der drei Änderungen jemanden, mit dem Sie darüber reden könnten.
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Überlegen Sie, was Sie gleich tun könnten, um bei diesen drei Problemen einen kleinen Schritt weiterzukommen. Was könnten Sie sofort anpacken? Welche kleine Handlung würde Sie voranbringen? Notieren Sie zu jedem Problem eine winzige Tat, die Sie gleich ausführen können.
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Ihr Mut, eine Störung tatsächlich anzupacken, wächst, wenn in Ihrem Denken mehr Platz für eine mögliche Lösung ist. Je mehr Sie innerlich davon ausgehen, dass sich die Sache bereinigen oder verbessern lässt, desto eher handeln Sie auch. Indem Sie sich fragen, wie eine Verbesserung aussehen könnte, bringen Sie Ihr Denken in eine konstruktive Richtung. Hier tun sich neue Möglichkeiten auf, die beim bloßen Meckern und Nörgeln nicht gesehen werden.
Der Nörgler und die Meckerziege
Die Grundeinstellung des Nörglers und der Meckerziege
Alles ist schlecht, so wie es ist. Die ganze Welt ist fehlerhaft und unvollkommen. Aber am unvollkommensten und am fehlerhaftesten sind die Menschen auf dieser Welt. Mit dieser Einstellung achten Nörgler und Meckerziegen ständig auf alles, was nicht in Ordnung ist. Und sie werden nicht müde, darüber zu reden. Das Nörgeln und Meckern gibt ihnen das Gefühl, sie selbst wären besser als das, worüber sie schimpfen.
Die Körpersprache des Nörglers und der Meckerziege
Die Mundwinkel sind leicht heruntergezogen und geben dem Gesicht einen verbissenen Ausdruck. Ein verächtliches Kopfschütteln gehört dazu. Die Haltung ist angespannt. Es wird gern im wütenden Stechschritt marschiert. Die Hände sind verkrampft, oft auch zu einer Faust geballt. Hin und wieder wird der Zeigefinger mahnend ausgestreckt.
So reden der Nörgler und die Meckerziege
»Ist es nicht schlimm, dass es Leute gibt, die ihr Auto einfach direkt vor der Tür parken statt hinten auf dem Parkplatz? Die sind so faul, die gehen nicht einmal einen Meter zu Fuß.«
»Das ist doch eine glatte Unverschämtheit! Wie kann man nur sein dreckiges Geschirr einfach auf dem Geschirrspüler stehen lassen? Wenn das jeder machen würde, hätten wir hier das totale Chaos.«
»Schauen Sie sich diese Unordnung an. Und manche Leute scheint das gar nicht zu stören. Da kann man reden und reden, aber niemand rührt einen Finger. Ich weiß nicht, wo das noch hinführen soll.«
»Wenn ich eines nicht verstehen kann, dann sind das Hundebesitzer, die ihren Hund nicht im Griff haben. Solchen Leuten sollte man es verbieten, einen Hund zu halten.«
»Wie kann man sich nur so viele Kinder anschaffen? Haben diese Leute noch nie was von Geburtenkontrolle gehört? Und wie die Kinder herumlaufen! Das grenzt ja schon an Verwahrlosung. Den Eltern scheint das alles egal zu sein. Die sind ja auch mit der Erziehung völlig überfordert. Und die Kinder tanzen ihnen auf der Nase herum.«
Wie Sie mit einem Nörgler oder einer Meckerziege am besten umgehen
Klären Sie zuerst die Frage, ob das Nörgelthema Sie selbst betrifft. Geht es um etwas, was Sie getan haben? Ist das Ihr Dreck, Ihre Unordnung, sind das Ihre Kinder oder Hunde, über die der Nörgler schimpft? Wenn ja, dann fordern Sie eine klare, brauchbare Rückmeldung an mithilfe dieser Fragen: »Was möchtest du mir mitteilen?«, »Was möchten Sie mir sagen?« oder »Was sollte ich Ihrer Meinung nach tun?« Mit Ihrer konkreten Frage bringen Sie das Gespräch auf eine konstruktive Ebene und machen es damit dem Nörgler oder der Meckertante schwer, die Nörgel-Litanei weiter abzuspulen.
Wenn die Nörgelei nichts mit Ihnen zu tun hat, müssen Sie nicht darauf reagieren. Am meisten Energie sparen Sie, wenn Sie das Gemecker ignorieren. Lassen Sie den anderen ausreden, ohne etwas dazu zu sagen. Sie können natürlich auch das Thema wechseln: »Ach, übrigens, dabei fällt mir etwas ganz anderes ein. Und zwar...« Und dann kommt etwas, worüber Sie viel lieber reden.
Wann ist es sinnvoll, über das Störende zu reden?
Vielleicht haben Sie eine Liste mit siebenunddreißig Kritikpunkten in Ihrer Schublade. Und alle Punkte betreffen Ihren Kollegen, mit dem Sie in einem Büroraum sitzen. Sollen Sie nun alle siebenunddreißig Punkte mit ihm besprechen? Auch die Sache mit seinen Grunzgeräuschen, die er macht, wenn er am Computer arbeitet? Müssen Sie jede Kleinigkeit besprechen, die Sie stört?
• Wie ist es mit Ihrem Schwager, der bis heute die Schlagbohrmaschine nicht zurückgebracht hat, die er sich vor einem Jahr ausgeliehen hat? Sollten Sie Ihren Schwager jetzt zu einem ernsten Gespräch vorladen? Oder noch ein Jahr warten, in der Hoffnung, dass er eines Tages mit der Bohrmaschine vor Ihrer Tür steht?
• Müssen Sie Ihren Schatz jedes Mal kritisieren, wenn er sich im Wohnzimmer seine Fußnägel abknipst?
• Müssen Sie Ihrer Nachbarin unbedingt sagen, dass ihr selbst getöpfertes Türschild furchtbar hässlich ist?
• Müssen Sie Ihrem Chef eine kritische Rückmeldung geben, weil der sich auf den Meetings immer den Keksteller schnappt und ihnen alles wegfuttert?
Schlicht gefragt: Müssen Sie wirklich alles kritisieren, was Sie nervt oder Ihnen unangenehm auffällt?
Die letzte Frage ist natürlich falsch gestellt – wegen des Wortes müssen. Sie müssen nichts. Sie müssen niemanden kritisieren. Es gibt keinen Zwang und keine Vorschriften. Ein Feedback oder eine Kritik ist eine freiwillige Angelegenheit. Um die Wahrheit zu sagen: Eine kritische Rückmeldung ist echte Arbeit. Eine Arbeit, die manchmal auch etwas anstrengend sein kann. Sie sagen Ihrem Gegenüber im sachlichen Tonfall, ganz präzise, was Sie nicht mögen, und bieten vielleicht auch noch Lösungen oder Alternativen an. Allein diese ruhige Sprechweise kann Sie schon enorm viel Kraft kosten, besonders wenn Sie lieber ein paar Tassen gegen die Wand werfen möchten. Und dann noch Ihre überlegte Wortwahl, also das Reden, ohne den anderen anzugreifen. Das verlangt eine gewisse Beherrschung. Ja, indem Sie anderen Menschen sagen, was Sie stört, erbringen Sie eine echte Leistung. Dennoch bleibt die Frage, wann es sinnvoll ist, sich anzustrengen und eine kritische Rückmeldung abzuliefern und wann nicht?
Fangen wir mit der Kritik an, die Sie sich sparen können.
Halten Sie sich aus den Angelegenheiten anderer Leute raus
Es gibt einen großen Bereich in Ihrem Alltag, in dem Ihr Feedback überflüssig ist. Und das sind die Angelegenheiten anderer Leute. Aus den Angelegenheiten Ihrer Mitmenschen können Sie sich getrost raushalten. Alles, was eindeutig in den Zuständigkeitsbereich der anderen gehört, geht Sie nichts an.
Wie sich beispielsweise Ihr Schatz den Käse aufs Brot legt, geht Sie prinzipiell nichts an. Ich weiß, nach zwanzig Ehejahren kann es einen wahnsinnig machen, jeden Morgen mit ansehen zu müssen, wie der Ehepartner die Käsescheiben turmhoch aufs Brot legt und dann noch Marmelade obendrauf streicht. Aber dieser Mensch ist erwachsen und deshalb geht Sie sein Käsebrot nichts an.
Ob Ihre Kollegin eine kreischende Lache hat, geht Sie auch nichts an.
Auch die Tatsache, dass Ihre Eltern mit einem befreundeten Ehepaar regelmäßig Strip-Poker spielen, geht Sie nichts an. Irgendwann geht es Sie auch nichts mehr an, wie sich Ihr Sohn oder Ihre Tochter kleidet und welche Musik sie hören. Und dass sich Ihr bester Freund Brustmuskelimplantate einsetzen lassen will, um eine noch männlichere Brust zu bekommen, ist auch nicht Ihre Angelegenheit.
Wenn Sie Ihr Leben wirklich vereinfachen und Ihre Seele entlasten wollen, dann heften Sie sich diesen Satz an den Badezimmerspiegel: Die Angelegenheiten anderer Leute gehen mich nichts an.
Atmen Sie aus und erlauben Sie Ihren Mitmenschen, ihr eignes Leben zu leben. Das Leben der anderen müssen Sie weder kontrollieren noch korrigieren.
Ist das nicht eine große Erleichterung? Wieder ein dicker Punkt, den Sie von Ihrer Kritikliste streichen können.
Wichtige Frage
Ab wann gehen die Angelegenheiten Ihrer Mitmenschen Sie doch etwas an?
Akzeptieren Sie das, was Sie nicht ändern können
Bei allem, was sich Ihrem Einfluss entzieht, können Sie ebenfalls auf eine Rückmeldung verzichten. Denn alles, was Sie nicht ändern können, braucht kein Feedback von Ihnen. Warum auch? Ihre Rückmeldung bewirkt nichts. Ich weiß, unter Umständen ist das für Sie eine harte Botschaft, deshalb sage