Cover

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, August 2020

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Covergestaltung Anzinger und Rasp, München

Coverabbildung Kin-Choi Lam

Schrift DejaVu Copyright © 2003 by Bitstream, Inc. All Rights Reserved.

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ISBN 978-3-644-00112-1

www.rowohlt.de

 

Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

ISBN 978-3-644-00112-1

Anmerkungen

Wunden, die die Zeit nicht heilt

Judith Wallerstein, Julia M. Lewis, Sandra Blakeslee, Scheidungsfolgen – Die Kinder tragen die Last: Eine Langzeitstudie über 25 Jahre, Weinheim: Juventa-Verlag 2004

Judith Wallerstein, Sandra Blakeslee, Gewinner und Verlierer. Frauen Männer, Kinder nach der Scheidung. Eine Langzeitstudie, München: Knaur 1992, S. 14

Jeffrie G. Murphy/Jean Hampton, Forgiveness and Mercy, Cambridge: Cambridge University Press 1988, S. 17; eigene Übersetzung

Robert D. Enright, Vergebung als Chance, Bern: Verlag Hans Huber 2006

Desmond Tutu und Mpho Tutu, Das Buch des Vergebens. Vier Schritte zu mehr Menschlichkeit, Berlin: Ullstein 2014, S. 34

Eine umfangreiche philosophie-historische Darstellung in Sachen Verzeihen bietet: Michael Kodalle, Verzeihung denken, München: Wilhelm Fink Verlag 2013

Was heißt Verzeihen?

Hannah Arendt, Vita activa oder Vom tätigen Leben, 15. Auflage, München: Piper 2015, S. 302

Shlomo Graber, Der Junge, der nicht hassen wollte. Eine wahre Geschichte, Basel: Riverfield 2017, S. 122

Eva Mozes Kor, Die Macht des Vergebens, Salzburg: benevento Publishing 2016

Antoine Leiris, Meinen Hass bekommt ihr nicht, München: blanvalet 2016, S. 60

Vergeben und Vergessen

Honoré de Balzac, Die Lilie im Tal, Frankfurt a.M. und Leipzig: Insel Verlag 1996, S. 218

Vladimir Jankélévitch, Das Verzeihen. Essays zur Moral und Kulturphilosophie, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2004; die im Text folgenden Zitate finden sich auf der S. 250

Klaus Michael Kodalle, Verzeihung denken, München: Wilhelm Fink Verlag 2013, S. 213

George Herbert Mead, Geist, Identität und Gesellschaft, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1973, S. 213

Max Brahn, Schopenhauers Aphorismen zur Lebensweisheit, Leipzig: Insel-Verlag 1922

Immanuel Kant, Die Metaphysik der Sitten, Akademie Ausgabe, Bd. VI, Berlin: DeGruyter 1914, S. 485

Die Welt, 28.11.2017

Javier Marías, Mein Herz so weiß, 5. Auflage, München: dtb 2000, S. 325

Entschuldigen

Pierre Abaelard, Scito te ipsum – Erkenne dich selbst, hrsg. von Ph. Steger, Hamburg: Felix Meiner Verlag 2006, § 37

Jeffrie G. Murphy/Jean Hampton, Forgiveness and Mercy, Cambridge: Cambridge University Press 1988, S. 20; eigene Übersetzung

Entschuldigen

Jeffrie G. Murphy/Jean Hampton, Forgiveness and Mercy, Cambridge: Cambridge University Press 1988, S. 20; eigene Übersetzung

Hannah Arendt, Vita activa oder Vom tätigen Leben, 15. Auflage, München: Piper 2015, S. 306

Philipp Roth, Nemesis, München: Carl Hanser Verlag 2011; die im Text folgenden Zitate finden sich auf den S. 230 und 203

Verständnis und Nachsicht

Fjodor M. Dostojewski, Verbrechen und Strafe, Frankfurt a.M.: Fischer Taschenbuch Verlag 1997, S. 324

Germaine de Staël, Corinna oder Italien, hrsg. von Arno Kappler, o.O.: Winkler 1979, 18. Buch, Kap. 5

Richard Hare, Moralisches Denken: seine Ebenen, seine Methode, sein Witz, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1992, S. 106

Martin Luther King Jr., Stride Toward Freedom, San Francisco: Harper 1958; eigene Übersetzung

Alexandre Dumas, Der Graf von Monte Christo, Köln: Anaconda 2008, S. 310

Victor Hugo, Die Elenden, Köln: Anaconda 2013; die im Text folgenden Zitate finden sich auf den S. 71, 91 und 120

Den Groll überwinden

DIE ZEIT, 05.07.2017

«Wenn du nicht verzeihen kannst, bist du kein Christ», in: Tagesspiegel, 03.07.2017

Paul M. Hughes und Brandon Warmke, «Forgiveness», in: The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Summer 2017 Edition); eigene Übersetzung

Jeffrie G. Murphy/Jean Hampton: Forgiveness and Mercy, Cambridge: Cambridge University Press 1988, S. 25; eigene Übersetzung

Peter F. Strawson, Freiheit und Übelnehmen, in: U. Pothast (Hrsg.), Seminar: Freies Handeln und Determinismus, Frankfurt a.M. 1978, S. 201–233

John Burnside, Lügen über meinen Vater, München: Knaur 2011, S. 22f

M.L. Stedman, Das Licht zwischen den Meeren. Roman, München: blanvalet 2016, S. 419

Adam Smith, Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg: Felix Meiner Verlag 2010, S. 12

Klaus-Michael Kodalle, Verzeihung denken, München: Fink Verlag 2013, S. 153

Joseph Butler, Fifteen Sermons Preached at the Rolls Chapel [1827], DoDo Press 2009, S. 69; eigene Übersetzung

Verzeihen als Vorrecht der Opfer

Zitiert nach: «Vergeben können nur die Opfer», DIE ZEIT, Ausgabe 45, 1995: www.zeit.de/1995/45/Vergeben_koennen_nur_die_Opfer/ komplettansicht [abgerufen am 03.01.2018]

Verzeihen als Vorrecht der Opfer

Simon Wiesenthal, Die Sonnenblume. Über die Möglichkeiten und Grenzen von Vergebung, hrsg. von Nicola Jungsberger, Berlin: Europa Verlag 1997; die im Text folgenden Zitate finden sich auf den S. 40, 43, 51, 61, 69 und 70

Olivier Abel, in: Die Sonnenblume, über die Möglichkeiten und Grenzen von Vergebung, hrsg. von Nicola Jungsberger, Berlin: Europa Verlag 1997, S. 119. Die im Folgenden zitierten Kommentare – Seitenzahlen jeweils in Klammern – stammen von dem Historiker Andrej Angrick (147), der Autorin Heidemarie Bennent-Vahle (175), dem Theologen Michael Bongardt (182) sowie der Theologin Christine Büchner (189).

John Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, Zweite Abhandlung, Kap. 3, Abs. 13., Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1977

Joseph Butler, Fifteen Sermons Preached at the Rolls Chapel, [1827], DoDo Press 2009, S. 73; eigene Übersetzung

Mit sich selbst ins Reine kommen

Gisela Mayer, in: Simon Wiesenthal, Die Sonnenblume. Über die Möglichkeiten und Grenzen von Vergebung, hrsg. von Nicola Jungsberger, Berlin: Europa Verlag 1997, S. 264. Gisela Mayer ist die Mutter einer jungen Frau, die 2009 beim Amoklauf an einer Schule in Winnenden getötet wurde. Ein Gespräch mit Gisela Mayer über die Tat und ihren Umgang damit findet sich in: Svenja Flasspöhler, Verzeihen. Vom Umgang mit Schuld, 2. Auflage, München: Deutsche Verlags-Anstalt 2016, S. 71–81

Simon Wiesenthal, Die Sonnenblume. Über die Möglichkeiten und Grenzen von Vergebung, hrsg. von Nicola Jungsberger, Berlin: Europa Verlag 1997, S. 61; die im Text folgenden Zitate finden sich auf den S. 66–68

David Owens, Shaping the Normative Landscape, Oxford: Oxford University Press 2012

«The weak can never forgive. Forgiveness is the attribute of the strong.» In: Mahatma Gandhi, All Men are Brothers. Autobiographical Reflections, New York: Columbia University Press 1958; eigene Übersetzung

Jeffrie G. Murphy, Two Cheers for Vindictiveness, in: Punishment & Society, vol. 2, no. 2, 2000, S. 131–144

Warum wir (nicht alles) verzeihen sollten

Ferdinand von Schirach, Rede zum Kleistpreis 2010, http://www.tagesspiegel.de/kultur/rede-zum-kleistpreis-jeder-kann-zum-moerder-werden/3088620.html [abgerufen am 6.8.2018]

Die Bibel, Kolosser 3, 13

Die Bibel, Johannes 8, 7

Desmond Tutu und Mpho Tutu, Das Buch des Vergebens. Vier Schritte zu mehr Menschlichkeit, Berlin: Ullstein 2014, S. 11

Hans Stolp, Die erlösende Kraft des Verzeihens. Durch aufrichtiges Vergeben alte Bande lösen und wahrhaft frei werden, Grafing: Aquamarin Verlag 2012

Konrad Stauss, Die heilende Kraft der Vergebung: Die sieben Phasen spirituell-therapeutischer Vergebungs- und Versöhnungsarbeit, München: Kösel-Verlag 2010

Sandra & Reinhard Schlitter mit Christoph Fasel, Mirco. Verlieren. Verzweifeln. Verzeihen, München: Random House 2012

Diese und andere Fälle schildert: Adelheid Müller-Lissner, Verzeihen können – sich selbst und anderen, Berlin: Ch. Links Verlag 2011

Hannah Arendt, Vita Activa oder Vom tätigen Leben, 15. Auflg., München/Zürich: Piper 2015, S. 308

Gerechtigkeit

Heinrich Heine, Gedanken und Einfälle, Kapitel I., 2. Absatz, Hamburg: tredition 2011

Oliver Hallich, Verzeihen als moralphilosophisches Problem, in: Carmen Kaminsky und Oliver Hallich, Verantwortung für die Zukunft, Berlin: LIT-Verlag 2006, S. 68f

Gerechtigkeit

Svenja Flasspöhler, Verzeihen. Vom Umgang mit Schuld, München: Deutsche Verlags-Anstalt 2016, S. 19

Daniel Pittet, Pater, ich vergebe Euch! Missbraucht, aber nicht zerbrochen, Freiburg/Basel/Wien: Herder 2016, S. 9

Im französischen Original: «Dieu me pardonnera, c’est son métier.» – Zitiert nach Alfred Meißner: Heinrich Heine. Erinnerungen, Hamburg: Hoffmann und Campe 1976, S. 259

www.ndr.de/kultur/geschichte/chronologie/Die-Rache-der-Marianne-Bachmeier,mariannebachmeier101.html [abgerufen am 27. Mai 2019]

Francis Bacon, Essays, Civil and Moral. Vol. III, Part 1, Kapitel IV, The Harvard Classics, New York: P.F. Collier & Son, 1909–14; eigene Übersetzung

Heinrich Heine, Gedanken und Einfälle, Kapitel I., 2. Absatz, Hamburg: tredition 2011

Joseph Butler, Fifteen Sermons Preached at the Rolls Chapel [1827], DoDo Press 2009, S. 69; eigene Übersetzung

Immanuel Kant, Die Metaphysik der Sitten, 1. Teil, Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, Akademie Ausgabe, Berlin/New York: DeGruyter 1973, Bd. VI, S. 332

Unrecht verhindern

John Stuart Mill, Über die Freiheit [1869], Stuttgart: Reclam 1974, S. 83

Oliver Hallich, Verzeihen als moralphilosophisches Problem, in: Carmen Kaminsky und Oliver Hallich, Verantwortung für die Zukunft, Berlin: LIT-Verlag 2006, S. 70

Immanuel Kant, Die Metaphysik der Sitten, in: Immanuel Kant, Werke in zehn Bänden, hrsg. von Wilhelm Weischedel, Bd. 7, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1956, S. 573; auch für die im Text folgenden Zitate

Markus Wehner, «Die anderen schweigen», in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.7.2017

Katja Ilken, Konfrontation mit der Hölle, in: Spiegel online, 23.03.2018

James K. McNulty, The Dark Side of Forgiveness: The Tendency to Forgive Predicts Continued Psychological and Physical Aggression in Marriage, in: Personality and Social Psychology Bulletin, Volume: 37, issue: 6, S. 770–783, hier S. 770; eigene Übersetzung

Wolfgang von Löhneysen (Hg.): Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1986, § 13

Richard Hare, Moralisches Denken: seine Ebenen, seine Methode, sein Witz, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1992, S. 93

Jeffrie G. Murphy/Jean Hampton: Forgiveness and Mercy, Cambridge: Cambridge University Press 1988, S. 31; eigene Übersetzung

Selbstachtung

Luisa Francia, Starke Medizin. Handbuch zur Selbstheilung, München: Verlag Frauenoffensive 1994, S. 10

Peter Schaber, Instrumentalisierung und Würde, Paderborn: mentis 2010, S. 52

John Rawls, Gerechtigkeit als Fairness. Ein Neuentwurf, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2006, S. 99

Selbstachtung

Avishai Margalit, The Decent Society, Cambridge: Harvard University Press 1996, S. 24; eigene Übersetzung

Thomas Hill, Autonomy and Self-Respect, Cambridge: Cambridge University Press 1991, S. 13; eigene Übersetzung

Immanuel Kant, Die Metaphysik der Sitten, in: Immanuel Kant, Werke in zehn Bänden, hrsg. von Wilhelm Weischedel, Bd. 7, 1956, S. 437

David Novitz, Forgiveness and Self-Respect, in: Philosophy and Phenomenological Research, vol. 58, no. 2 (Jun., 1998), S. 299–315, hier S. 299; eigene Übersetzung

Jeffrie G. Murphy/Jean Hampton: Forgiveness and Mercy, Cambridge: Cambridge University Press 1988, S. 17; eigene Übersetzung; das im Text folgende Zitat findet sich auf S. 19

Jessica Wolfendale, The Hardened Heart: The Moral Dangers of Not Forgiving, in: Journal of Social Philosophy, vol. 36, no. 3, Fall 2005, S. 344–363, hier S. 345f; eigene Übersetzung

Jessica Wolfendale, The Hardened Heart: The Moral Dangers of Not Forgiving, in: Journal of Social Philosophy, vol. 36, no. 3, Fall 2005, S. 344–363, hier S. 346; eigene Übersetzung

Eve Garrard und David McNaughton, In Defence of Unconditional Forgiveness, in: Proceedings of the Aristotelian Society, New Series, Vol. 103 (2003), S. 39–60, hier S. 35; eigene Übersetzung

David Novitz, Forgiveness and Self-Respect, in: Philosophy and Phenomenological Research, Vol. 58, No. 2 (Jun., 1998), S. 299–315, hier S. 299; eigene Übersetzung

Beide Geschichten finden sich in: PhilosophieMagazin, Nr. 01/2019, S. 49f

Hubertus Siegert, Beyond Punishment. Dokumentarfilm, Deutschland 2015

Um Verzeihung bitten

«Es ist schlimm, so schlimm – eine sehr bedrückende Situation, und sie wird immer absurder. Warum können wir nicht darüber reden? Mir scheint, ‹Entschuldigung!› ist das schwierigste Wort.» (Elton John, Sorry Seems to Be the Hardest Word, in: ders., Blue Moves, The Rocket Record Company 1976; eigene Übersetzung)

Christopher Bennett, The Apology Ritual: A Philosophical Theory of Punishment, Cambridge: Cambridge University Press 2008

Schreiben von Papst Franziskus an das Volk Gottes, s. https://w2.vatican.va/content/francesco/de/letters/2018/documents/papa-francesco20180820lettera-popolo-didio.html [abgerufen am 18.09.2019]

FAZ, 11.01.2016

Handelsblatt, 02.08.2019

Luc Bovens, Apologies, in: Proceedings of the Aristotelian Society, vol. 108 (2008), S. 219–239, hier S. 219; eigene Übersetzung

Ambrose Bierce, The Devil’s Dictionary, New York: Dover Press 1958, S. 12; eigene Übersetzung

Nicholas Tavuchis, Mea Culpa. A Sociology of Apology and Reconciliation, Stanford: Stanford University Press 1991, S. 5; eigene Übersetzung

Zitiert nach: Luc Bovens, Apologies, in: Proceedings of the Aristotelian Society, vol. 108 (2008), S. 219–239, hier S. 224f; eigene Übersetzung

Um Verzeihung bitten

Philippe Djian, Betty Blue, London: Abacus 1989

Nicholas Tavuchis, Mea Culpa. A Sociology of Apology and Reconciliation, Stanford: Stanford University Press 1991, S. 8; eigene Übersetzung

Jeffrie G. Murphy / Jean Hampton, Forgiveness and Mercy, Cambridge: Cambridge University Press 1988, S. 28; eigene Übersetzung

Die Bibel, Lukas 15, 21

Menschlichkeit

Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, 3. Buch, Abs. 274, Hamburg: Felix Meiner Verlag 2014

Bernard Williams, Der Gleichheitsgedanke, in: ders., Probleme des Selbst, Stuttgart: Reclam 1991, S. 369

Pascal, Pensées (Gedanken), Stuttgart: Reclam 1997, S. 358

Mattha Busby, Campaign group in Finland crowdsource for ‹forgiveness› emoji in: The Guardian, 23.09.2019

Eve Garrard/David McNaughton, Forgiveness, Durham: Acumen 2010, S. 116; eigene Übersetzung

Eve Garrard/David McNaughton, In Defence of Unconditional Forgiveness, in: Proceedings of the Aristotelian Society, New Series, Vol. 103 (2003), S. 39–60, hier S. 54; eigene Übersetzung

«The evil man must be forgiven every day. He must be loved, because something of each of us is in the most evil man in the world and something of HIM is in each of us. He is ours and we are his. None of us is separate from any other. The peasant’s prayer is my prayer, the assassin’s crime is my crime. Last night you cried because you began to know these things.» In: William Saroyan, The Human Comedy, Boston: Houghton Mifflin Harcourt 1989, S. 156; eigene Übersetzung

Mariano Crespo, Das Verzeihen. Eine philosophische Untersuchung, Heidelberg: C. Winter 2002, S. 114

Joanna North, The ‹Ideal› of Forgiveness, in: R.D. Enright und Joanna North, Exploring Forgiveness, Madison: The University of Wisconsin Press 1998, S. 26

Charles Griswold, Forgiveness, Cambridge: Cambridge University Press 2007, S. 57

Augustinus, Ausgewählte Briefe, übers. von A. Hoffmann, München: Kösel und Pustet 1917, Brief 153, 3; II. Band, S. 81

Max Frisch, Du sollst dir kein Bildnis machen, in: Max Frisch, Die Tagebücher, Berlin/Darmstadt/Wien: C.A. Koch, o.J., S. 29

Hannah Arendt, Vita activa oder Vom tätigen Leben, 15. Auflage, München: Piper 2015, S. 302

Vladimir Jankélévitch, Das Verzeihen. Essays zur Moral und Kulturphilosophie, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2004, S. 250

Seneca, Vom Zorn oder Über den Zorn (De Ira), II, 29, in: Seneca, Philosophische Schriften, übersetzt und herausgegeben von Otto Apelt, Wiesbaden: Marix 2004

United States, Congress, Congressional Record, vol. 160, part 3, March 6, 2014

«Und der Mensch heißt Mensch,

Weil er irrt und weil er kämpft

Und weil er hofft und liebt,

Weil er mitfühlt und vergibt.»

Herbert Grönemeyer, Mensch

Im Jahr 2001 veröffentlichte die amerikanische Psychologin Judith Wallerstein unter dem Titel Scheidungsfolgen die Ergebnisse einer aufwendigen Langzeitstudie zum Einfluss von Ehescheidungen auf Familien.[1] Das Buch erregte einiges Aufsehen und wurde schnell zum Bestseller. Wallerstein und ihr Team hatten insgesamt sechzig von einer Scheidung betroffene Familien mit mehr als einhundertdreißig Kindern regelmäßig über ihr Leben und ihre Empfindungen befragt. Sie wollten beobachten, wie die Beteiligten auf die Krise reagieren, und herausfinden, wie sie sie bewältigen. Das Forschungsprojekt war zunächst auf ein Jahr angelegt, denn die Wissenschaftlerinnen gingen davon aus, dass für die meisten Menschen zwölf Monate reichen würden, um die größten Probleme einer Scheidung zu überwinden. Doch diese Annahme entpuppte sich schon bald als falsch: «Als wir unsere Familien ein Jahr bis achtzehn Monate später wieder interviewten, stellte sich heraus, dass viele der Erwachsenen immer noch wütend waren. Sie fühlten sich gedemütigt und zurückgestoßen.»[2]

Man beschließt, das Projekt fortzusetzen. Am Ende wird sich die Studie über den erstaunlichen Zeitraum von fünfundzwanzig Jahren erstrecken und bemerkenswerte Daten liefern. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass «die Hälfte der Frauen und ein

Die meisten Menschen kennen solche Wunden, die die Zeit nicht heilt. Im Zusammenleben mit anderen sind Verletzungen unausweichlich, und je enger die Beziehungen zwischen uns sind, desto höher ist das Risiko, einander weh zu tun. Familien sind vielleicht das beste Beispiel dafür, dass besondere Vertrautheit mit besonderer Verletzlichkeit einhergeht. Die tiefsten und nachhaltigsten Wunden erleiden wir oft durch diejenigen, die uns am nächsten stehen, und manche davon schmerzen noch nach Jahren. Der amerikanische Philosoph Jeffrie Murphy liefert dafür eine einleuchtende Erklärung: «Die Menschen, mit denen wir am vertrautesten sind, sind die Menschen, vor denen wir unsere Wachsamkeit aufgegeben und unsere Verwundbarkeiten bloßgestellt haben. Verletzungen erleben wir hier oft nicht einfach nur als Unrecht, sondern auch als Verrat.»[3]

Dabei verbirgt sich hinter solchen Verhaltensweisen längst nicht immer eine böse Absicht. Wir alle wissen, dass es sich mitunter nicht vermeiden lässt, anderen weh zu tun – auch und vielleicht gerade denjenigen, die uns viel bedeuten. Doch zum Leben

Seit Jahrtausenden beschäftigt Menschen die Frage, wie man angemessen mit der Erfahrung umgeht, dass wir einander Unrecht tun, und ähnlich alt ist eine ganz bestimmte Antwort darauf, die jeder kennt und die das Thema dieses Buches bildet. Es ist die Empfehlung, denen, die uns schuldhaft verletzt haben, zu verzeihen und ihnen – im sprichwörtlichen Sinne – eine zweite Chance zu geben. Was geschehen ist, ist nun mal geschehen. Niemand kann rückgängig machen, was er getan hat, und Schuld lässt sich nicht ausradieren. Um mit uns selbst und anderen in Frieden weiterleben zu können, müssen wir einen Weg finden, die Wunden heilen zu lassen, und das, so heißt es oft, wird nur gelingen, wenn wir die Vergangenheit ruhen lassen, unseren Zorn überwinden und einander verzeihen. Diese Überzeugung war über viele Jahrhunderte hinweg ein unumstrittener Teil des Kanons religiöser und weltlicher Weisheitslehren, und sie ist nach wie vor populär.

Doch stimmt es wirklich, dass wir gar nichts falsch machen können, wenn wir denen entgegenkommen, die uns belogen, verraten oder im Stich gelassen haben? Hat tatsächlich jeder Mensch eine zweite Chance verdient? Oder sollten wir in Sachen Vergebungsbereitschaft lieber zurückhaltend sein und, wenn überhaupt, nur denen verzeihen, die glaubwürdig bereuen, was sie getan haben, und ernsthaft bemüht sind, sich zu bessern?

Früher oder später sind wohl die meisten von uns mit diesen

Die Frage nach dem Verzeihen stellt sich uns in dieser Rolle nicht persönlich, und sie betrifft uns nicht direkt. Dennoch kann sie uns beschäftigen. Manchmal bittet uns jemand um Rat, der nicht weiß, wie er mit dem Erlebten umgehen soll, oder wir selbst leiden unter dem Unfrieden in unserer Umgebung und überlegen, ob wir die Streithähne nicht auffordern sollten, einander doch endlich zu vergeben.

Viele Menschen sind auch beruflich mit dem Thema Verzeihen konfrontiert. Psychologinnen und Psychiater, Priester, Sozialarbeiterinnen, Journalistinnen, Anwälte, Richterinnen oder Bewährungshelfer haben jeden Tag mit Menschen zu tun, die Unrecht erlitten oder anderen Unrecht zugefügt haben. Das Problem des angemessenen Umgangs mit eigener und fremder Schuld spielt in diesen Begegnungen oft eine Rolle.

Doch unsere Beziehung zum Unrecht beschränkt sich nicht auf die vergleichsweise distanzierte Position von Zeuginnen oder Beratern. Sie hat eine zweite Dimension, die deutlich persönlicher ist und sich daraus ergibt, dass wir selbst mitunter Schuld auf uns laden. Moralisches Unrecht beginnt nämlich nicht erst dort, wo Menschen systematisch gedemütigt werden oder schwere Gewalt erfahren. Auch wer ohne Not sein Wort bricht, tut Unrecht, und

Kurzum: Wir alle machen moralische Fehler, und längst nicht immer werden wir aus ihnen klug. In solchen Situationen wünschen wir uns manchmal, dass andere uns verzeihen, und sind zugleich unsicher, ob wir darum bitten sollten. Ist es nicht eher eine Zumutung, ausgerechnet diejenigen, die unter unserem Verhalten zu leiden hatten, mit unserem schlechten Gewissen zu behelligen? Dürfen wir überhaupt von ihnen erhoffen, dass sie uns dabei behilflich sind, unsere Schuldgefühle zu überwinden, und uns eine zweite Chance geben? Häufig ist es die Erfahrung eigener Unzulänglichkeit, die Menschen dazu bringt, über die Möglichkeiten und Grenzen des Verzeihens nachzudenken.

Dabei können die moralischen Schulden, die wir mit der Zeit auf uns laden, durchaus bedrückend sein, und nicht selten hinterlassen die Wunden, die wir anderen zufügen, auch bei uns selbst Narben. Zu wissen, dass wir den Lauf der Dinge nicht zurückdrehen und nicht ungeschehen machen können, was wir getan haben, ist unter Umständen sehr belastend. Weitaus prägender als die Erfahrung eigener Schuld sind für viele Menschen jedoch die Verletzungen, die sie selbst durch andere erlitten haben. Das

Wir alle wissen, wie es sich anfühlt, wenn man uns Unrecht tut. Einige Menschen müssen das schon sehr früh erleben: Sie sind bereits in ihrer Jugend Gewalt, Demütigungen und Missachtung ausgesetzt, und die Behauptung, dass solche Erfahrungen ein ganzes Leben zerstören können, ist keine Übertreibung. Doch auch das eher alltägliche menschliche Versagen in Sachen Moral hat manchmal nachhaltige Folgen: Die Unfairness eines Lehrers, der Verrat einer Freundin, die Untreue eines Partners, die Rücksichtslosigkeit einer Kollegin – all das sind Erlebnisse, die manchen über Jahre hinweg belasten und sich wie ein Schatten auf sein Empfinden legen. Dabei ist es nicht immer möglich, eine einzelne konkrete Tat zu benennen, die man dem anderen zum Vorwurf macht. Oft geht es um Kleinigkeiten, die sich häufen und eine Beziehung mit der Zeit in Schieflage bringen. Die Wunden, die die Zeit nicht heilt, entstehen mitunter nach und nach und werden erst allmählich spürbar.

Wenn man von außen auf solche Geschichten blickt, wünscht man den Beteiligten bisweilen, sie würden einander doch endlich verzeihen. Aber sobald wir persönlich betroffen sind, merken wir, dass das gar nicht so einfach ist. Einige Verletzungen sind so tief, dass wir uns nicht einmal vorstellen können, jemals wieder ohne Wut auch nur an die Person zu denken, die uns das angetan hat. Der Schmerz und die Empörung sind einfach zu groß. Mitunter wollen wir unseren Groll auch gar nicht überwinden. Vielleicht können wir ganz gut mit ihm leben und sehen nicht ein, warum wir ausgerechnet denen, die uns das Leben schwer machen, entgegenkommen sollten.

Neben diesen psychologischen Hürden gibt es jedoch auch moralische Bedenken, die Menschen davon abhalten, erlittenes Unrecht zu verzeihen: Wenn sie sich bemühen würde, könnte meine

Von der Antwort auf diese Frage hängt einiges ab, denn wie wir mit der Erfahrung von Unrecht umgehen, hat großen Einfluss darauf, wie unser Leben verläuft und ob unser Zusammenleben mit anderen gelingt. Nicht nur die Verletzungen, die man uns zugefügt hat, sondern auch unsere Reaktion darauf kann die Beziehungen zwischen uns und anderen – schlimmstenfalls dauerhaft – belasten. Angemessen zu reagieren, wenn wir selbst oder andere Unrecht erleiden, gehört zu den grundlegenden Herausforderungen unserer Existenz, und die Frage nach der Moral des Verzeihens ist in diesem Zusammenhang zentral. «Der Mensch heißt Mensch, weil er mitfühlt und vergibt», singt Herbert Grönemeyer, den ich eingangs zitiert habe, und tatsächlich ist es nicht nur die Möglichkeit, Unrecht zu tun, sondern auch die Fähigkeit, zu vergeben, die den Menschen von anderen Wesen unterscheidet und ihn als menschlich auszeichnet.

Manche Philosophinnen und Philosophen unterscheiden dabei zwischen dem «menschlichen» Verzeihen und der «göttlichen» Vergebung, um darauf hinzuweisen, dass wahre Vergebung – das heißt: die Aufhebung von Schuld – Gott allein vorbehalten bleibt.

In den Ohren vieler Menschen haben diese beiden Wörter einen positiven Klang, denn die Bereitschaft zu verzeihen genießt im Allgemeinen einen guten Ruf. Mitunter bewundern wir andere dafür, dass sie dazu imstande sind, zu vergeben, was ihnen angetan wurde, vor allem, wenn es dabei um besonders schwerwiegendes Unrecht geht. Nelson Mandela, der jahrzehntelang unschuldig im Gefängnis saß, hat es fertiggebracht, denen, die dafür verantwortlich waren, dennoch mit Wohlwollen zu begegnen. Für viele ist er schon aus diesem Grund ein moralisches Vorbild.

Vergebungsbereitschaft gilt aber nicht nur als ein Wesenszug, den wir an Menschen wertschätzen. Manche betrachten das Verzeihen sogar als eine Art moralische Pflicht. In religiösen Kontexten und insbesondere im Christentum ist diese Auffassung weit verbreitet, und sie findet sich auch in der sogenannten weltlichen Alltagsmoral wieder, etwa wenn es heißt, dass jeder eine zweite Chance verdient hat.

Das klingt ganz so, als sei Vergebung nicht bloß ein Akt der Güte und Menschenfreundlichkeit, sondern etwas, das wir einander schuldig sind. Demnach dürfen wir niemanden abschreiben, der uns Unrecht getan hat. Selbst die, die schwerste Schuld auf sich geladen haben, haben die Möglichkeit verdient, einen neuen Anfang zu machen und aus ihren Fehlern zu lernen. Aber stimmt das wirklich? Und wie sieht es aus, wenn jemand seine zweite Chance nicht nutzt? Wie sollen wir mit denjenigen umgehen, die sich ein ums andere Mal über unsere Ansprüche hinwegsetzen oder die gar nicht erst um Verzeihung bitten, weil ihnen entweder

Spätestens in solchen Fällen zeigt sich bei vielen eine ambivalente Haltung in Sachen Verzeihen. Tatsächlich hat die menschliche Vergebungsbereitschaft ihren Status als unumstrittene Tugend mittlerweile eingebüßt. Sowohl in der Öffentlichkeit als auch innerhalb der akademischen Philosophie gibt es seit einigen Jahrzehnten eine kontroverse Debatte zum Thema Verzeihen. Hier wird nicht nur darüber gestritten, wann und warum wir anderen gegebenenfalls verzeihen sollten, sondern auch diskutiert, ob die Bereitschaft zu verzeihen nicht auch etwas Schlechtes sein kann. Ist es, beispielsweise, überhaupt vertretbar, denen zu vergeben, die für sexuelle Gewalt an Kindern und Frauen in der katholischen Kirche verantwortlich sind? Viele der Beteiligten haben sich zu ihrer Schuld bekannt und um Verzeihung gebeten, doch längst nicht jeder ist davon überzeugt, dass es richtig wäre, diese Bitte zu erfüllen. Sind nicht manche Taten schlicht unverzeihlich, sodass wir es uns selbst – als Einzelne oder vielleicht auch als Gesellschaft – geradezu schuldig sind, den Verantwortlichen jedes Entgegenkommen zu verweigern?

Diese Auffassung wird auch von Philosophinnen und Philosophen vertreten. Als paradigmatisches Beispiel für das schlechthin Unverzeihliche gelten dabei die Verbrechen der Nazi-Zeit. Es war die politische Kontroverse um die juristische Verjährung dieser Gräueltaten, die in den 1960er Jahren das philosophische Interesse am Thema Verzeihen neu belebte. Mittlerweile hat sich die philosophische Verzeihensdebatte allerdings von diesem Ausgangspunkt entfernt. Philosophinnen und Philosophen beschäftigen sich mit dem Verzeihen als einem Phänomen, das im alltäglichen Zusammenleben der Menschen eine große Rolle spielt und uns nicht erst in moralischen Extremsituationen vor grundsätzliche Herausforderungen stellt. Neben der Verständigung darüber,

Darin unterscheiden sich die philosophischen Beiträge von der umfangreichen populärpsychologischen Literatur zum Thema Vergebung. In den zahlreichen Ratgeber- und Lebenshilfebüchern, die sich mit dem Phänomen beschäftigen, sucht man in der Regel vergeblich nach kritischen Stimmen. Die meisten dieser Bücher singen ein Loblied der Vergebungsbereitschaft und betonen die therapeutische Kraft des Verzeihens, das dabei oft als eine Art Allheilmittel für jene Wunden gilt, die die Zeit nicht heilt. Auch aus der wissenschaftlichen Psychologie erhält die Auffassung Unterstützung, dass Verzeihen etwas durch und durch Positives ist und entscheidend zum Wohlbefinden von Menschen beiträgt. So hat etwa der amerikanische Psychologe Robert Enright in zahlreichen Studien eindrucksvoll belegt, dass der Entschluss zu verzeihen die seelische und körperliche Gesundheit von Menschen stärken kann, ihre Resilienz im Umgang mit Krisen erhöht und ihre Lebensqualität deutlich verbessert.[4] Enright hat das Internationale Institut für Vergebung gegründet, das unter anderem Kurse anbietet, in denen man lernen kann, wie man verzeiht.

Von der heilsamen Kraft der Vergebung sind aber nicht nur viele Psychologinnen und Psychologen überzeugt. Auch Vertreter der Weltreligionen setzen auf die segensreiche Wirkung des Verzeihens. Zu ihnen gehört der Friedensnobelpreisträger Erzbischof Desmond Tutu, der in der menschlichen Vergebungsbereitschaft eine Voraussetzung für persönliche Befreiung, Frieden und Versöhnung sieht. In seinem Buch des Vergebens, das er gemeinsam mit seiner Tochter Mpho vor einigen Jahren veröffentlicht hat, betont er: «Vergebung ist gesund. Vergebung befreit uns von der Vergangenheit, von den Tätern, von der Festschreibung unserer

Desmond Tutu weiß, wovon er spricht, wenn es um Unrecht geht. Als Vorsitzender der Wahrheits- und Versöhnungskommission in Südafrika, die 1995 ins Leben gerufen wurde und politisch motivierte Verbrechen während der Zeit der Apartheid untersuchte, hat er den Schilderungen entsetzlicher Gräueltaten zugehört und er hat diejenigen, die darunter zu leiden hatten, darin bestärkt, den Schuldigen zu verzeihen. Jahre später war er an der Gründung des Forgiveness Project beteiligt, auf dessen Homepage sich zahlreiche Berichte von Menschen finden, die Unrecht erlitten und verziehen haben. Nicht alle sind Opfer schwerer Verbrechen geworden, in manchen Fällen geht es auch um vergleichsweise alltägliche Verletzungen. Doch Desmond Tutus Empfehlung, um des eigenen Wohlergehens willen zu vergeben, gilt unterschiedslos. Sie richtet sich an die Opfer von Vergewaltigung und Terror ebenso wie an die Frau, die immer wieder von ihrer Schwester herabgesetzt wird, oder den Mann, dessen Frau ein Verhältnis mit seinem besten Freund hatte.

Dieses Buch ist kein psychologischer Ratgeber, und es ist auch kein Leitfaden zur friedlichen Beilegung von politischen, sozialen oder persönlichen Konflikten. Im Folgenden geht es stattdessen um eine philosophische Betrachtung des Verzeihens, die der Ambivalenz in Sachen Verzeihen nachgeht und fragt, welche Überlegungen sich hinter unserer zwiespältigen Einstellung zum Verzeihen verbergen. Dabei werden viele Beispiele zur Sprache kommen. Einige stammen aus Romanen und sind rein fiktiv. Andere schildern historische Ereignisse, und wieder andere verdichten typische Szenarien, die uns im Alltag mit dem Problem des Verzeihens konfrontieren. Die Beispiele unterscheiden sich dabei deutlich mit Blick auf das Ausmaß des Unrechts, um das es jeweils

Manches davon gilt als unverzeihlich. Bei anderen, eher banalen Vergehen klingt es dagegen fast zu dramatisch, hier vom Verzeihen zu sprechen. Wie sich zeigen wird, sind es allerdings gerade die Grenzfälle, die dem facettenreichen Phänomen des Verzeihens Kontur geben und uns besser verstehen lassen, worum es dabei im Kern geht. Zudem werden wir sehen, dass Menschen sich aus gutem Grund in all diesen Fällen mit der Frage nach dem Verzeihen beschäftigen und dabei zu unterschiedlichen Antworten kommen. Es ist das Anliegen dieses Buches, die Überlegungen dahinter freizulegen und über den Einzelfall hinausgehend die Frage zu diskutieren, was es bedeutet, jemandem zu verzeihen, und was aus moralischer Perspektive dafür- und was dagegenspricht.

Die philosophische Perspektive bietet sich dabei auch deswegen an, weil das Nachdenken über das Verzeihen innerhalb der Philosophie eine lange Tradition hat. Viele Philosophinnen und Philosophen haben sich mit dem Thema beschäftigt – Aristoteles, Immanuel Kant, David Hume, Georg Friedrich Wilhelm Hegel, Søren Kierkegaard, Arthur Schopenhauer, Martin Heidegger, Jacques Derrida, Karl Jaspers, Emmanuel Lévinas und Hannah Arendt sind nur einige von ihnen. Manche ihrer Gedanken werden in diesem Buch zur Sprache kommen. Wer jedoch an einer umfassenden philosophiegeschichtlichen Darstellung in Sachen Verzeihen interessiert ist, wird hier nicht fündig werden.[6] Diesem Buch liegt kein historisches, sondern ein systematisches Interesse

In seiner berühmten Schrift Was ist Aufklärung?