Dieses E-Book ist der unveränderte digitale Reprint einer älteren Ausgabe.
Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg
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Umschlaggestaltung Anzinger | Wüschner | Rasp, München
Impressum der zugrundeliegenden gedruckten Ausgabe:
ISBN Printausgabe 978-3-499-21322-9
ISBN E-Book 978-3-688-11151-0
www.rowohlt.de
ISBN 978-3-688-11151-0
Für Leandra
und Allyssa
«Oh mein Gott!», rief ich und zerrte Liz hinter ein Gebüsch.
Liz stolperte und hielt sich nur mit Mühe auf den Beinen. «Was ist los, Sanny? Spinnst du?»
«Er darf uns auf keinen Fall sehen!», stieß ich panisch hervor.
Liz schüttelte meine Hand ab und hielt sich einen Ast vom Gesicht weg.
«Wer denn? Und was ist überhaupt los?»
«Liz, er hat mich geküsst!»
«Wer?»
Was war das denn für ein Frage? Als ob die Jungs bei mir Schlange stehen würden, um mich zu küssen.
«Theo?», fragte Liz nach.
«Mensch, Liz!» Liz war wirklich perfekt darin, den Finger genau auf den wunden Punkt zu legen. «Vielen Dank, dass du mich daran erinnerst!»
Gerade hatte ich es einigermaßen überwunden, dass der Junge, den ich liebe, mich nicht liebt.
«Okay, Sanny, nicht aufregen. Wer war es denn?»
«Nick!»
«Nick?»
«Ja, doch!»
«Nick …», überlegte Liz inzwischen laut vor sich hin. «Der Theater-Nick?»
«Ja. Und da drüben geht er gerade.»
Liz strahlte: «Mann, Sanny, das ist ja irre! Endlich passiert in deinem Leben mal was Gutes!»
Damit sprang sie hinter dem Gebüsch hervor und wedelte wie wild mit den Armen.
«Hey, Nick!», rief sie.
Ich erstarrte.
Nick kam zu ihr rübergelaufen.
«Hallo, wie geht’s?» Liz überschlug sich fast vor Freundlichkeit.
«Oh, ich könnte nicht glücklicher sein», antwortete Nick. «Ist Sanny bei dir?»
«Klar. Äh … Sanny … hey, los, komm her!»
Ich stöhnte leise auf, drängte mich noch tiefer ins Gebüsch und hoffte auf ein Wunder.
Keine Chance. Zwei Sekunden später waren Liz und Nick hinter dem Gebüsch und schauten mich erwartungsvoll an.
«Hast du was verloren?», fragte Nick hilfsbereit und begann auch gleich den Boden abzusuchen. Ich warf Liz einen wütenden Blick zu und trat zwischen den Ästen hervor. Liz machte eine hilflose Geste und murmelte: «Was hast du denn?»
«Hör auf zu suchen, Nick, ich hab nichts verloren», stoppte ich Nick. Der richtete sich wieder auf und hielt mir triumphierend ein zertretenes Marzipanherz in rotem Papier entgegen. «Wer suchet, der findet. Darf ich es dir zu Füßen legen?»
Ich knurrte: «Es lag mir bereits zu Füßen, nein danke.»
Liz verbiss sich das Lachen.
Nick strahlte mich an. «Wir haben uns ja noch gar nicht begrüßt», meinte er und näherte sich zielstrebig.
«Und jetzt ist keine Zeit mehr dafür!», rief ich in Panik und rannte davon.
Ein paar Minuten später holte Liz mich ein. «Jetzt blieb doch mal stehen, Sanny!», rief sie atemlos.
Ich rannte weiter.
«Er ist nicht mehr da, er musste zur Theaterprobe.»
Ich stoppte.
«Ich soll dir seine ‹aus tiefstem Herzen empfundenen besten Wünsche› übermitteln», grinste Liz.
Ich verdrehte die Augen.
«Was war denn das eben?» Liz schaute mich besorgt an.
«Nick!»
«Das hab ich gesehen, ich meine, wieso verhältst du dich so merkwürdig?» Liz lächelte. «Dein erster Kuss, das ist doch klasse!»
«Eben nicht!»
«Also, das erklär mir jetzt mal bitte. Was ist wann wo und warum passiert? Nick hat dich geküsst. Wo?»
«Auf den Mund.»
«Blödsinn: Wo? An welchem Ort?»
«Im Theater. Wir standen auf der Bühne. Nick hat mich dahin geschleppt. Es war eine Probe, und wir waren Statisten. Und nachdem mir Nick gesagt hat, dass er mich liebt, hat er mich geküsst! Vor allen anderen Schauspielern! Und bevor du fragst: Nein, es war nicht Bestandteil des Stückes, er hat mich ganz freiwillig geküsst.»
«Bei einer Theaterprobe?!»
«Ja.»
«Mitten auf der Bühne?!»
«Ja.»
«Vor allen Leuten?!!»
«Jaaa!»
«Also das ist echt schräg. Bei dir läuft wirklich nichts normal!»
Sie hatte Recht. Trotzdem versuchte ich mich zu verteidigen. «Aber es war mein erster Kuss!»
«Jaaa! Das ist sooo aufregend! Wie war es? Erzähl doch. War es romantisch? Wie hat es sich angefühlt?»
«Na ja, es hätte sich vielleicht etwas romantischer angefühlt, wenn Nick nicht diese alberne Strumpfhose angehabt hätte», überlegte ich.
«Strumpfhose? Über dem Kopf?»
«Nein, an den Beinen! Das Stück war ‹Romeo und Julia›, wir mussten so merkwürdige Kostüme tragen. Du weißt schon!»
«Ach, Strumpfhose hin, Strumpfhose her, dein erster Kuss! Hurra! Und wieso läufst du jetzt vor Nick davon?»
«Nick ist echt nett und so, aber ich glaube nicht, dass ich in ihn verliebt bin.»
«Hm.»
«Dabei wäre es so perfekt, wenn ich in ihn verliebt wäre», überlegte ich.
«Bist du sicher, dass du nicht vielleicht wenigstens ein kleines bisschen in ihn verliebt bist?»
«Wie meinst du denn das?»
«Na, vielleicht brauchst du nur etwas länger, bis du merkst, dass du verliebt bist.»
«Du meinst, ich bin schon in Nick verliebt, habe es aber noch nicht gemerkt?»
«Könnte doch sein, oder? Vielleicht hat dich der Kuss verwirrt.»
«Ich weiß nicht …»
«Es soll schon Fälle gegeben haben, wo es einfach ein bisschen länger gedauert hat, bis man sich verliebt hat.»
«Und was willst du damit sagen?»
«Na, es muss ja nicht immer Liebe auf den ersten Blick sein.» Liz lachte. «… oder in deinem Fall auf den ersten Kuss. Das Verliebtsein kann ja auch ein bisschen später kommen.»
«Du meinst, wenn ich mir Mühe gebe, kann ich mich vielleicht doch noch in Nick verlieben?»
«Warum nicht?»
Liz ist nicht nur meine beste Freundin, sondern auch extrem pragmatisch und in Sachen Verlieben und erste Küsse wesentlich erfahrener als ich. Immerhin hatte sie schon zwei Freunde und wurde auch schon mehr als einmal geküsst. Ich beschloss also, mich ihrer Expertenmeinung zu unterwerfen.
«Ich versuch’s.»
«Prima», lobte mich Liz. «Immerhin sind wir bisher noch nie so weit gekommen. Die Chance sollten wir uns nicht entgehen lassen!»
Da hatte sie allerdings Recht. Was hatten Liz und ich schon alles versucht, damit ich mich verliebe! Und als ich es dann endlich geschafft hatte und mich Hals über Kopf in Theo verliebte, war er nicht in mich verliebt. Die ganze Sache mit Liebe und Jungs war bei mir wirklich sehr mühsam.
«Los, Sanny, wir gehen zur Theaterprobe.»
«Nein! Ich will ihn nicht sehen!»
Liz stemmte empört die Arme in die Seite: «Also eben hatten wir uns doch noch geeinigt, dass du versuchen wirst, dich in ihn zu verlieben!»
«Muss ich ihn dafür treffen?»
Liz schaute mich nur böse an.
Ich seufzte. «Aber heute nicht. Und nicht wieder in der Nähe eines Theaters», versuchte ich zu verhandeln.
Liz ging darauf ein. «Okay, dann gehst du mit Nick ein Eis essen.»
«Und dann?»
«Dann wartest du ab, was passiert.»
«Und wenn nichts passiert?»
«Dann … dann … ach, irgendetwas wird schon passieren. Da bin ich mir bei dir ganz sicher.»
«Ich war mit Sarah im Kino, ratet, was passiert ist!», schmetterte ich Felix und Kai entgegen, als sie kaum durch die Haustür waren.
Bevor die beiden reagieren konnten, schob mich mein kleiner Bruder zur Seite. «Ihr seid meine Gefangenen!», empfing er die beiden. «Ergebt euch!»
«Wuff!», machte Karl, die Mischung aus Bobtail und überdimensionalem Wischmopp. Der Hund war meinem fünfjährigen Bruder Kornelius treu ergeben und musste zu so ziemlich allem noch einen abschließenden «Wuff»-Kommentar abgeben. Die beiden steckten in ihrem Piraten-Outfit, denn mein Bruder hatte sich vor einiger Zeit entschieden, die Piraten-Laufbahn einzuschlagen.
Ich nahm meinem kleinen Bruder das Seil ab, das er bereits um Kai und Felix geschlungen hatte: «He, du Sonntags-Pirat, lass meine Gäste in Frieden, fang was anderes!»
Ich wandte mich wieder an meine Freunde: «Also, ratet! Sarah und ich im Kino. Was ist passiert?»
«Sie hat dir verboten, dich mit uns am Weiher zu treffen?», riet Kai.
«Ja, genau», fing nun auch Felix an, «was hat Sarah mit unserem Weihertreffen zu tun?! Wieso konnten wir uns nicht zum Angeln treffen, wie geplant? Geht das jetzt schon wieder los, bloß wegen eines blöden Mädchens?!»
«Was heißt hier ‹blödes Mädchen›?! Also hör mal … ähm, ist ja auch egal, Tatsache ist, dass ich nicht zum Weiher kann, weil ich hier den Babysitter spielen muss», sagte ich und deutete auf meinen kleinen Bruder. Das heißt, ich wollte auf meinen Bruder deuten, aber der war nicht da.
«Verflixt! Vor einer Minute war er doch noch hier! Habt ihr gesehen, wo er hingegangen ist?»
Kai nickte: «Zur Haustür raus und rüber zum Garten von eurer Nachbarin.»
«Und du lässt ihn einfach weglaufen? Also wirklich, Kai, wo bleibt denn dein Verantwortungsbewusstsein?» Ich schüttelte den Kopf, ließ Kai und Felix stehen und ging auf Piratensuche.
Eigentlich hätte ja mein Vater auf Kornelius aufpassen müssen. Nach einem Streit mit meiner Mutter, bei dem es um das wundervolle und entspannte Leben ging, das sie seiner Meinung nach als Hausfrau führte, hatte sie kurzerhand einen Rollentausch vorgeschlagen und auch sofort in die Tat umgesetzt. Da meine Eltern beide Architekten mit eigenem Architektur-Büro sind, war das organisatorisch kein Problem. Nun ging sie ins Büro, und mein Vater versuchte, hier (definitiv mehr schlecht als recht) den Haushalt zu meistern.
Seitdem war nichts mehr in meinem Leben so, wie es mal war. Ständig drückte mein Vater mir die Verantwortung für meinen kleinen Bruder aufs Auge, weil der sonst über alle Berge wäre und eine Schneise der Verwüstung und des Chaos hinter sich lassen würde. So ein Teenager-Leben ist weiß Gott anstrengend genug, jetzt kamen auch noch unbezahlte Babysitter-Pflichten dazu. Dabei wäre meine Zwillingsschwester Sanny wirklich besser für den Job geeignet, weil sie nämlich das total ereignislose Leben führt – also von ein paar verzweifelten Versuchen, sich zu verlieben, mal abgesehen – und jede Menge Zeit hat. Aber Kornelius hat mich zu seinem Helden auserkoren und will nur von mir beaufsichtigt werden. Zum Zeichen seiner Bewunderung hatte er eines Tages erklärt: «Ich will so heißen wie du!», und seitdem müssen wir Kornelius ebenfalls ‹Konny› nennen. Das nervt.
Eigentlich heiße ich Konstantin, meine Schwester heißt Kassandra, aber kein Mensch nennt uns so. Na ja, meine Mutter manchmal, wenn sie oberwütend ist. Jedenfalls gibt es also einen ‹großen› Konny und einen ‹kleinen› Konny, und damit die Namensverwirrung in der Familie Kornblum noch größer wird, nennt der kleine Konny unseren Hund Karl nicht ‹Karl›, sondern ‹Puschel›. Puschel der Piratenhund. Ganz toll!
Besagter Pirat mitsamt Hund war gerade mal wieder auf einer seiner Beute-Touren in Frau Flohmüllers Garten. Er bedrohte ein paar Blumen mit seinem Kochlöffel-Säbel.
«He, Kleiner, pass auf, da hinten rotten sich schon die Gänseblümchen zum Angriff zusammen. Komm, ich bring dich hier raus», flüsterte ich ihm zu, warf ihn mir dann über die Schulter und sprintete aus dem feindlichen Garten, bevor Frau Flohmüller davon Wind bekommen und sich wieder bei meiner Mutter beschweren konnte. Piraten-Puschel kam fröhlich bellend hinter uns hergesprungen.
Zurück im Flur, setzte ich den kleinen Konny ab.
«So, du hältst jetzt hier Wache. Pass auf, dass keine feindlichen Schiffe durch die Haustür reinkommen!», befahl ich Kornelius und drehte ihn in Richtung Haustür.
«Wie lange muss ich denn die Tür bewachen?»
«Bis ich wieder runterkomme.»
«Und was machst du oben?»
«Ich beobachte die Straße von oben und warne dich rechtzeitig, wenn Schiffe zu sehen sind.»
Der Kleine nickte ernsthaft und stellte sich in Positur. Gut, das wäre erledigt.
Kai und Felix setzten sich in Bewegung.
«Halt, ihr müsst hier bleiben, ihr seid doch meine Gefangenen.»
Oh Mann, wir sollten den Kleinen echt zur Adoption freigeben. «Ich übernehme die Gefangenen, du hast mit Haustürbewachen genug zu tun.»
«Stimmt.»
Ich schob Kai und Felix zur Treppe. «Also, ihr werdet nicht glauben, was passiert ist», begann ich.
«Ich glaub’s, erzähl mal!», rief der kleine Konny und folgte uns.
«Wuff!», machte Karl und folgte uns ebenfalls.
Ich drehte mich zu dem Kleinen um. «Kornelius – die Tür!»
«Ich heiß Konny!»
«Konny, bewach die Tür.»
Konny nahm wieder seinen Posten ein, Kai schaute mich zweifelnd an: «Feindliche Schiffe, die durch die Haustür kommen?!»
Ich verlor langsam die Nerven, ich wollte meine Sensation loswerden, also blökte ich an Ort und Stelle:
«Sarah hat mich geküsst!»
«Waaaas?!», Kai konnte es nicht fassen.
«Dich? Einfach so?», fragte Felix.
«Is ja eklig!», rief der kleine Konny. «Piraten würden niemals küssen!»
Kai war erschüttert. «Mensch, Konny, dann müssen wir ja ab jetzt wieder Wache bei dir stehen und dürfen dich nicht aus den Augen lassen. Diese Küsserei tut dir ja nie gut. Womöglich wirst du jetzt wieder Blödsinn anstellen und so …»
«Na, den hat er ja wohl schon angestellt», grinste Felix.
«Der stellt immer Blödsinn an», klärte ihn Kornelius auf. «Deshalb müssen Karl und ich ja auch auf ihn aufpassen!»
Ich fragte mich wirklich, warum ich ausgerechnet diesen beiden Quarkköpfen die Geschichte erzählte. Aber diese Quarkköpfe waren nun mal zufällig meine besten Freude.
Ich versuchte, möglichst cool und nebensächlich zu klingen. «Nein, nein, alles easy. Diesmal ist das alles ganz anders. Auf dem Heimweg wollte sie weder Händchen halten, noch musste ich den Arm um sie legen, und sie hat auch nicht geflötet, von wegen, dass wir beide uns jetzt täglich sehen müssen und so. Die Beziehung ist perfekt.»
Kai nickte ehrfürchtig. «Wow!»
«Redet ihr jetzt nur noch von küssen und verliebt sein?», maulte der kleine Konny gelangweilt. Wir ignorierten ihn.
Felix feixte. «Und du bist sicher, dass sie in dich verliebt ist?»
«Was soll das denn jetzt wieder?! Natürlich, du Schnarchschaf, was denn sonst?», erwiderte ich.
«Klingt aber nicht so», meinte Felix provozierend.
Nun meldete sich der Kleine wieder zu Wort: «Wenn das so ist, dann geh ich nämlich lieber mal wieder zu Frau Flohmüller und suche ein paar Piratenschätze.»
Ich nickte dem kleinen Konny kurz zu und wandte mich wieder an Felix: «Glaub mir, diesmal ist es ganz anders.»
Felix grinste: «Also kein Verstecken auf unserem Schulklo in den Pausen?»
Der Typ ist echt die Pest. Bei meiner letzten Freundin, Kim, war das etwas anstrengend. Sie wollte ständig Händchen halten und jede Sekunde mit mir verbringen. Und aus lauter Verzweiflung hatte ich mich tatsächlich in den Pausen auf dem Schulklo versteckt. Peinlich genug. Deshalb hab ich damals dann auch ganz schnell wieder Schluss gemacht.
«Nee, diesmal doch nicht», kam mir mein Kumpel Kai zu Hilfe.
Ich nickte ihm wohlwollend zu.
«Sarah ist doch gar nicht auf unserer Schule. Konny könnte sich höchstens auf dem Klo in ihrer Schule verstecken», überlegte der Intelligenzbolzen.
Ich seufzte auf, und mein Wohlwollen Kai gegenüber schwand wieder. Die Möglichkeit, mit dem Hund über Sarah zu reden und ihm zu erzählen, wie sie mich im Kino geküsst hatte, erschien mir immer reizvoller. Er würde mir wenigstens zuhören und keine blöden Kommentare abgeben. Außer einem Wuff, aber damit könnte ich leben.
«Also wirklich, Leute, ich weiß gar nicht, warum ihr so eine große Sache daraus macht.»
«Machen wir doch gar nicht. Aber du! Du hast wie ein total Durchgeknallter bei uns angerufen und uns hierher bestellt, hast wild rumgejapst und warst erst nach dem dritten Durchgang zu verstehen», grinste Felix.
«Stimmt!», nickte Kai. «Du warst total aufgeregt.»
In diesem Moment kam mein Vater zur Haustür rein.
«Konny», begrüßte er mich gut gelaunt. «Du ahnst nicht, was ich eben gefunden habe.»
Nein, ich ahnte es wirklich nicht. Das Einzige, was ich ahnte, war, dass es für mich bestimmt erst mal Arbeit bedeutete.
«Los, komm, hilf mal ausladen.»
Na bitte, sag ich doch: Arbeit. Jetzt sah mein Vater Kai und Felix. «Ihr könnt auch beim Ausladen helfen», bot er großzügig an.
Die beiden guckten mich an, Felix erklärte, dass sie leider keine Zeit hätten, weil sie noch was erledigen mussten.
«Was haben wir denn zu erledigen?», fragte Kai Felix leise beim Rausgehen.
Und weg waren sie. Ja, es geht doch nichts über Freunde in der Not.
An das Ausladen schloss sich dann noch ein Aufbauen beziehungsweise ein dreimaliges Aufbauen an. Mein Vater hatte nämlich ein Büro-Regal für Eigenmontage gekauft. Und als Architekt musste man natürlich keine Bauanleitungen lesen. Die ersten beiden Versuche endeten in moderner Kunst am Holz, und dann gab er endlich nach, und wir durften die Anleitung benutzen. Und am Ende stand es tatsächlich.
«Na, das ist doch auch eine richtig schöne Vater-Sohn-Aktivität, was?», freute sich mein Vater.
Ich war zu sehr außer Atem, um zu antworten.
«Apropos Vater-Sohn-Aktivität», überlegte mein Vater. «Wo ist eigentlich dein Bruder?»
«Keine Ahnung, aber jetzt ist sowieso nichts mehr zu tun», maulte ich und versuchte meinen Pulli aus dem Regal zu zerren, den ich wohl offensichtlich mit angeschraubt hatte.
Mein Vater schüttelte den Kopf. «Solltest du nicht auf deinen Bruder aufpassen?»
Ich zuckte die Schultern. «Sollte ich?»
Mein Vater sah mich bedeutungsvoll an.
«Okay, ich sollte.» Das war der Moment, in dem sowohl meinem Vater als auch mir klar wurde, was das bedeutete: Der Kleine war schon wieder weg!
Wir rannten hektisch durch das Haus, drehten jeden Teppich um und durchwühlten jeden Piratenschlupfwinkel. Nichts.
Mein Vater wurde panisch.