Cover

Colette Baron-Reid

The Map

Entdecke die Landkarte deiner Seele

Aus dem Englischen von Horst Kappen

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

Über Colette Baron-Reid

Colette Baron-Reid ist Autorin, Medium und gefragte Trainerin für Persönlichkeitsentwicklung in den USA.

www.colettebaronreid.com

Impressum

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2011

unter dem Titel »The Map – Finding the Magic and Meaning in the Story of Your Life« bei Hay House, Inc., Carlsbad, Kalifornien.

 

eBook-Ausgabe 2012

Knaur eBook

© 2011 Colette Baron-Reid

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2012 Knaur Verlag

Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt

Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Redaktion: Ralf Lay

Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Coverabbildung: © Jena DellaGrottaglia Maldonado; FinePic®, München

ISBN 978-3-426-41349-4

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Fußnoten

1

Xiuping Li, Liyuan Wei und Dilip Soman: »Sealing the Emotions Genie: The Effects of Physical Enclosure on Psychological Closure«, in: Psychological Science, Juli 2010; doi: 10.1177/0956797610376653.

 

 

 

Dieses Buch ist all den außergewöhnlichen Menschen gewidmet, die mir einen Einblick in die Magie ihres Lebens gewährt und mir erlaubt haben, die Landkarte ihres Lebens zu zeichnen.

Hafen

von Nancy Levin

aus diesem schwellenzustand

wiedergeboren

in einen spalt zwischen den welten

 

zeigt sich uns

durch nebelgebilde

die karte eines anderen weges

wir sehen – blitzartig –, wie das Leben sein könnte

 

können wir zum gewohnten zurückkehren

um es uns zu erneuern

und im vertrauten das wunderbare entdecken

oder brechen wir gemeinsam zu einer

abenteuerlichen ausgrabungsarbeit auf

 

überlassen wir uns

einer rasanteren selbstentdeckung

die allein durch das heraufbeschwören

schlummernder kräfte zustande kommt

nutzen wir diesen aussichtspunkt

und lassen das vergangene erinnerung sein

 

dieser kurze halt zwischen gegenwart und zukunft

ist die alchemie

die uns erweckt

uns entbindet

uns verwandelt

 

kaum einen moment gibt es

nicht einmal in der morgendämmerung

in dem ich vergesse

daran zu denken

dass dieser wechsel jetzt geschieht

 

ich bin ein licht im hafen

und lasse das gewicht des vergangenen

auf see zurück

der wandel ist mein anker

tief im innern

ist der friede so nah

Zum Geleit

von Denise Linn

Heute Morgen habe ich in aller Frühe die Lektüre dieses außergewöhnlichen und bewegenden Buchs von Colette Baron-Reid beendet. Die Weisheit ihrer Worte hat mich im Kern meines Wesens berührt, und ich spüre sie noch tief in mir nachwirken. Es gelingt ihr geradezu auf majestätische Weise, die Mächte zu erfassen und zu beschreiben, die über unsere Lebensumstände bestimmen. Sie gibt uns damit zugleich eine Karte an die Hand, mit deren Hilfe wir neue und erfüllte Wege in die Zukunft zu entdecken vermögen.

Während die Essenz ihrer Worte noch in mir nachklang, erstieg ich einen kleinen Hügel, um hier den Sonnenaufgang zu erwarten. In der Stille der Dämmerung sah ich zu, wie sich aus den nebelerfüllten Tälern die Dunkelheit der Nacht allmählich zurückzog und das Morgenlicht über die fernen Berge im Osten kletterte. Ich liebe diese Landschaft: Worauf mein Blick auch fällt, es verbindet mich mit der Erde – die Silhouette einer einsamen Eiche im Licht der aufgehenden Sonne, das hohe, sich im Morgenwind wiegende golden schimmernde Gras, der schroffe, sich scharf gegen den roten Himmel abzeichnende Gebirgskamm. Es ist, als senkten sich meine Wurzeln tief in die Erde, auf der ich stehe; und dieses Gefühl erinnert mich daran, dass ich nur ein Spross am uralten Stamm meiner Vorfahren bin, der Ureinwohner Amerikas. Zugleich erlaubt dieser irdische Zufluchtsort meiner Seele, sich in die Lüfte zu erheben und mich damit an den kühnen Gedanken zu erinnern, dass ich Teil dessen bin, was meine Ahnen das »Große Mysterium« nannten. Hier lauscht die Seele dem, was der Geist nicht zu vernehmen vermag. An diesem Ort bin ich aufgerufen, der reichen inneren Landschaft innezuwerden, von der Colette so beredt zu erzählen vermag.

Die meisten Menschen verbringen ein ganzes Leben mit dem Versuch, den Sinn ihres Daseins zu entschlüsseln. Wir wollen ihn finden, indem wir die Umstände unserer Kindheit erforschen, indem wir den Hindernissen nachgehen, die sich uns in den Weg gestellt, den Nöten, die wir erlitten, den Siegen, die wir errungen haben. Wir halten nach Anleitung und spirituellen Konzepten Ausschau, nach einer Strategie, mit deren Hilfe wir uns durch die Wirren unseres Lebens steuern können, um zu einer Einsicht in den größeren Plan zu gelangen, der allem zugrunde liegt. Wir sind auf der Suche nach diesem Plan, nach einer Karte, die uns hilft, die Vergangenheit zu verstehen, uns in der Zukunft zurechtzufinden, und die uns unseren Platz innerhalb des Ganzen erkennen lässt.

In alten Zeiten hatten die heiligen Karten, die den Menschengeschlechtern einen Weg durch das Leben wiesen, ihren Ursprung in den Landschaften der natürlichen Umwelt. Die archaischen Mythen und Geschichten, die es den Menschen erlaubten, ihre Herkunft zu verstehen und ihren Platz im großen Zyklus des Lebens zu finden, hatten als Hintergrund immer die Natur. Dieser Zugang zu unseren tiefsten Seelengründen ist uns mittlerweile verschlossen, und er wurde durch das hektische Tempo einer Lebensführung ersetzt, die weder die Seele nährt noch das Herz besänftigt.

Während die natürliche Umwelt in unserem Umfeld mehr und mehr verschwindet, büßen wir zugleich weite Bereiche des ursprünglichen Lebens in uns selbst ein. So wie der Gesang der Vögel durch den Verkehrslärm übertönt und der Duft der Blumen durch Abgase überdeckt wird, so erschöpft sich auch nach und nach der fruchtbare Nährboden der Seele in uns. Mit dem Anwachsen der Kluft zwischen Mensch und Natur stirbt auch in uns etwas ab. Wir fühlen uns von der Welt, die uns umgibt, getrennt und erleben eine zunehmende Verarmung von Herz und Seele. Es ist an der Zeit, uns wieder daran zu erinnern, wer wir sind, und von neuem eine Brücke zu einer beseelten Welt zu schlagen.

Viele Jahre lang habe ich Menschen auf eine spirituelle Suche in die Natur geführt, damit sie zu einer tiefen Verbindung mit der Erde zurückfinden. Auf diesen Exkursionen erfüllte sich für sie eine tiefe Sehnsucht nach echtem Kontakt zu Bergen und Bäumen, zum Meer, zum Himmel und zur Heiligkeit allen Lebens. Was sie in der Stille der Natur erfuhren, war zugleich eine Vereinigung mit den heiligen Bezirken ihres Inneren. Diese Erfahrungen in der Natur waren überwältigend und zutiefst verwandelnd. Die Kräfte der Natur wurden für sie zum Auslöser für eine heroische Reise zu ihrem wahren Selbst.

Nicht jeder hat die Zeit oder die Möglichkeit, sich auf eine solche Selbstfindung in der Natur zu begeben. Colette Baron-Reid führt Sie in ihrem bemerkenswerten Buch daher auf eine innere Visionssuche und gibt Ihnen dabei eine Magische Karte an die Hand, von der so viel Klarheit und Einsicht ausgehen, als zöge man sich in einer sternenklaren Nacht in die Stille der Natur zurück. Dieses Buch ist ein magischer Prüfstein, der Sie zu einem tiefen Verständnis der innersten Kräfte Ihres Wesens führen kann. Sie begeben sich mit ihm auf eine »Heldenreise«, auf der Sie die verleugneten, verdrängten und verletzten Anteile Ihrer selbst erkennen und lernen, diese Aspekte wieder in das größere Ganze Ihres Seins zu integrieren.

Colette zeigt Ihnen, wie Sie in Ihrer eigenen Seelenlandschaft navigieren können, um der Ausblicke gewahr zu werden, die dieser Landschaft innewohnen. Mit der Weisheit, die sie in der Arbeit mit Tausenden von Menschen gewonnen hat, ist Colette in einzigartiger Weise und wie vielleicht niemand sonst in der Welt berufen, Wegweiserin zu sein … und spirituelle Führerin auf der Reise, die nun vor Ihnen liegt.

* * *

Vorwort

Als ich vor 22 Jahren meine Praxis als medial-intuitive Beraterin aufnahm, wurde mir schon bald eines klar: Wenn ich Menschen wirklich helfen wollte, reichte es nicht aus, einzelnen Ereignissen in ihrem Leben nachzugehen. Ich konnte wohl die großen Umschwünge sehen, einen Arbeitsplatzwechsel, vielleicht den Namen eines Liebhabers – alles Mögliche, was ein Mensch in der Vergangenheit erfahren hat oder in Zukunft noch erfahren würde. Doch wusste ich auch, dass der springende Punkt der innere Prozess war, aus dem sich erklärt, warum jemand überhaupt einem bestimmten Menschen begegnet oder sich in diesen oder jenen Lebensumständen wiederfindet.

Ich erkannte, dass meinen Klienten mehr damit gedient war, wenn ich ihnen dabei half, ihr gesamtes Leben als eine Landkarte zu betrachten, als wenn wir uns lediglich auf einzelne Ereignisse ihrer Biographie konzentrierten. Wenn ich in der Lage wäre, ihnen zu zeigen, wo sie schon in ihrem Leben gewesen und wie sie an den Punkt gelangt sind, an dem sie jetzt stehen, würde die Geschichte ihres Lebens an Gehalt und Bedeutung gewinnen, und sie würden zu einem tieferen Verständnis ihrer selbst finden. Wenn ich die verborgenen Verknüpfungspunkte ihres Schicksals und ihrer Bestimmung in den scheinbar zusammenhanglosen Erfahrungen aufzeigte, könnte ich sie damit in die Lage versetzen, zu besseren Entscheidungen für ihr Leben zu gelangen.

So fing ich an, mich als eine Art »Schicksalskartographin« zu betrachten. Man könnte auch sagen, dass ich so etwas wie eine Zeichnerin »biographischer Landkarten« bin. Dank meiner Intuition entdecke ich die Landschaft wichtiger Ereignisse im Leben eines Menschen und trage dann in seine Karte die topographischen Details ein, mit denen ich das seelische und existenzielle Terrain umreiße. Mit Hilfe dieser Daten kann ich diesem Menschen sodann einen Überblick vermitteln, von dem ich hoffe, dass er etwas in ihm bewirkt: so etwas wie einen »Aha-Effekt«, der ihn erkennen lässt, was er nicht zu sehen vermochte, bevor er diese Karte kannte, die ihm den Weg zu sich selbst weisen soll.

Wenn ich bei einer meiner medialen Sitzungen die Karte eines Klienten erarbeite, so vernehme ich oft Reaktionen wie: »Ja, jetzt kann ich sehen, wo ich früher war, wie ich damals reagiert habe, was mich auf diesen Weg geführt hat. All das hat mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin! Jetzt sehe ich die Synchronizitäten und meinen Anteil daran! Ich kann selbst mein Schicksal bestimmen und bin nicht das Opfer seiner Launen!« Es erinnert mich irgendwie auch an die riesigen Puzzlebilder, die ich als Kind zusammensetzte und die den gesamten Esszimmertisch einnahmen. Indem ich an den Ecken begann, setzte ich Teil an Teil und fand heraus, wie das Ganze zusammenpasste.

Ich ging dazu über, meine Arbeit als »intuitive Beratung« zu bezeichnen, weil der Begriff mir eine bessere Beschreibung meines Tuns zu bieten schien, das sich über die rein mediale Deutungsarbeit hinaus entwickelte. Meine Gabe als Medium erlaubt mir, Ereignisse, Namen und Schauplätze zu sehen, die die groben Umrisse oder Kapitelüberschriften des Lebenswegs eines Klienten darstellen; als intuitive Beraterin blicke ich hinter die Oberfläche der Dinge und in das komplizierte Geflecht hinein, das hinter den Lebensgeschichten steht: die Motive, die unerkannten Muster, die verborgenen Absichten und die Erblasten. Auf diese Weise kommt die Karte zustande und erfüllt sich mit Leben.

*

Natürlich musste ich die Feinheiten dieses transformativen Prozesses der Kartenerstellung erst einmal selbst erlernen. Ich musste mich zunächst durch meine eigene Lebensgeschichte arbeiten, um die Hoffnung zu finden, die Wandlung an mir selbst zu erfahren und die Magie und den Sinn des Ganzen zu entdecken. Meine eigene Lebensreise wurde mir so zum Muster des Prozesses, der in diesem Buch beschrieben wird. Dabei habe ich mich auch auf das gestützt, was ich in 22 Jahren aus den Lebensgeschichten meiner Klienten gelernt habe, die aus 29 Ländern stammen.

Mit anderen Worten: Dieses Buch beruht auf Erfahrung, nicht auf Theorie. Das Material dazu wurzelt aber vor allem in meinen eigenen Erfahrungen. In meinem Leben gab es viele Prüfungen und vieles zu heilen. Als Kind einer Mutter, die den Holocaust überlebt hat und die Wahrheit über die Herkunft unserer Familie vor uns verborgen hielt, wuchs ich mit einer sehr speziellen und befremdlichen Überlebensthematik auf, die für mich erst einen Sinn ergab, als meine Mutter endlich die Katze aus dem Sack gelassen und erklärt hatte, dass sie uns sicherheitshalber als Christen erzogen habe … obwohl wir in Wahrheit Juden seien. Dass ich mit elf Jahren den Wunsch hatte, katholische Nonne zu werden, war für sie wohl problematischer, als mir zu jener Zeit klar sein konnte. Zurückblickend würde ich sagen, dass wir auf originelle Weise orientierungslos waren.

Als Kind mit einer seherischen Begabung war ich meistens überfordert und besaß nur ein begrenztes Vermögen, gesunde Grenzen wahrzunehmen. Zu meiner Erlebniswirklichkeit gehörte es, um Geheimnisse zu wissen, die mir eigentlich verschlossen sein sollten, und um Geschehnisse, noch bevor sie eintraten. Zeit und Raum stellten sich mir anders dar als anderen Menschen. Dies, zusammen mit dem Verdacht, von einer Babysitterin sexuell missbraucht worden zu sein, warf einen Schatten auf meine Kindheit, die keineswegs »normal« war. Und natürlich war es niemals leicht für mich, irgendwo dazuzugehören.

Meine Teenagerjahre waren schwierig – wofür ich niemandem die Schuld geben will, denn meine Eltern taten sicher ihr Bestes. Es waren liebevolle Menschen, die auf ihre Weise vollkommen waren und zugleich ihre Fehler hatten. Sie hatten beide ihre eigene komplizierte Lebensgeschichte, die von ihren Eltern beeinflusst worden war und die sich nun wiederum auf meinen Lebensweg auswirkte.

Auf das Leben reagierte ich massiv. Mit vierzehn entwickelte ich eine Bulimie, hatte mit fünfzehn meinen ersten Blackout durch Alkohol, und schließlich riss es mich in einen Strudel der Selbstzerstörung, nachdem ich mit neunzehn von mehreren Männern vergewaltigt worden war. Von da an hatte ich, bis ich 27 war, eine schmerzvolle Beziehungserfahrung nach der anderen, Beziehungen, in denen Promiskuität, sexueller Missbrauch, Gewalt, Drogen- und Alkoholsucht an der Tagesordnung waren. Ich lernte damals, Traumatisierungen als Normalität zu betrachten und … wie man Kokain inhaliert. Nur wer sich selbst aus der Drogenabhängigkeit befreit hat, kann die Dankbarkeit verstehen, die ich heute für die niederschmetternde Art empfinde, mit der ich damals auf den Hund gekommen war: Ich befand mich auf dem direkten Weg zur Hölle, um zu einer echten spirituellen Erweckung zu finden.

Am 2. Januar 1986 wachte ich clean und nüchtern auf – das zwanghafte Verlangen nach Alkohol und Drogen war auf wunderbare Weise verschwunden – und bin es seither geblieben. Während der ersten Jahre meiner Abstinenz folgte ich dem Zwölf-Schritte-Genesungsprogramm der Anonymen Alkoholiker und unterzog mich einer tiefgreifenden Psychotherapie. Langsam fand ich meine Würde und Selbstachtung wieder und überließ mich dem Gefühl der Vergebung. Dieses Loslassen war von entscheidender Bedeutung, um mich von meiner Opferidentität zu lösen, die bis dahin das beherrschende Motiv in meinem Leben gewesen war.

Mein Heilungsprozess nahm einige Zeit in Anspruch, aber ich hatte einen unersättlichen Hunger nach Wissen und dem Verständnis der Psychologie des Heilwerdens. Ich wollte wissen, was Leute mit einer Problematik wie der meinen umtreibt, warum guten Menschen Böses widerfährt und warum gute Menschen Böses tun. Ich wollte mich vor allem selbst verändern und nicht mehr an meinen alten Vorstellungen festhalten. Damals fing ich auch an, meinen Traum von einer Karriere als Sängerin und Songschreiberin zu verwirklichen.

Während ich also auf dem Weg war, ein »Rockstar« zu werden, hatte das Göttliche Prinzip andere Pläne mit mir. Das war sicherlich frustrierend, aber heute bin ich unendlich dankbar für den guten Stern, der mich dahin geführt hat, wo ich jetzt bin. Ich begann meine Laufbahn als Medium eher zufällig, indem ich versuchte, mich tagsüber mit Aromatherapie-Massagen über Wasser zu halten, während ich auf meinen großen Durchbruch in der Musikbranche hoffte. Jedes Mal, wenn ich Menschen berührte, erfuhr ich dabei etwas über sie. Ich teilte ihnen mit, was ich sah, und plötzlich wollte niemand mehr eine Massage, sondern eine Weissagung. Meine Karriere als Musikerin hingegen scheiterte kläglich.

Ich wollte gar kein Medium sein, da ich ein gewaltiges Problem mit diesem Wort und dem Klischee hatte, das sich damit für mich verband (erst in jüngster Zeit, nach 22 Jahren, begann ich damit, mich mit diesem Begriff zu identifizieren). Außerdem passte das nicht zu meiner Vorstellung von einer abstinenten Sängerin und Songschreiberin, die vor Massen hingerissener Fans sanfte Balladen über den Sinn des Lebens singt. Aber es verschaffte mir ein Auskommen, die Arbeit mit meinen Klienten faszinierte mich, und meine Karriere als Medium (oder als »intuitive Beraterin«, wie ich mich damals lieber nannte) war nicht mehr zu bremsen. Natürlich platzte der Traum von der umjubelten Sängerin, obwohl schließlich ein Vertrag mit der EMI zustande kam und meine Platten hervorragende Kritiken hatten, allerdings nur sehr begrenzten Erfolg. Ich hatte also reichlich Gelegenheit, mich in Bescheidenheit zu üben.

*

Als Medium bin ich natürlich sehr an den verschiedensten Spielarten der Schicksalsdeutung interessiert – sowohl an den archaischen, einfachen Formen spiritueller Befragungen, wie sie bei den Urvölkern üblich waren, als auch an den komplexeren Systemen wie dem I Ging, den nordischen oder keltischen Runen und dem Tarot. All diese Systeme der Weissagung stützen sich weitgehend auf Symbole und Archetypen, die dazu dienen, von der menschlichen Erfahrungswelt zu erzählen. Symbole, Archetypen und Metaphern wurden seit den Anfängen der überlieferten Geschichte in der Seelenführung als eine Form therapeutischer Sprache benutzt. Ich selbst habe zwei sehr präzise, aus alten Traditionen stammende Orakelsysteme entwickelt, die auf Symbolen und Metaphern beruhen und die als Kartenset und Computerprogramm erhältlich sind. Der Gebrauch von Metaphern als Mittel zur Selbstfindung ist einer der wichtigsten Ansätze dieses Buches. Die Landkarte ist im Wesentlichen eine Metapher für Ihren Lebensweg und all die Gegenden, die Verbündeten und die Kontrahenten, von denen Sie sehen werden, dass sie Symbole Ihrer tiefsten Erlebniswelten sind.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil dieses Buches entstand aus der inneren Arbeit, die ich zu leisten hatte, um mein verletztes Ego zu heilen. C. G. Jung hat dieses ungeheilte Ego in seinem wegweisenden psychologischen Werk den »Schatten« genannt – er enthält jene Anteile unseres Selbst, die wir ablehnen, verleugnen oder unterdrücken. Erst als ich fähig war, diejenigen Anteile meiner selbst zu benennen und zu akzeptieren, die auf meine Verletzungen verweisen, war ich auch in der Lage, die Person zu werden, die ich sein wollte.

Diese schmerzliche Arbeit der Selbsterforschung und Anerkennung meiner Schattenseite stellte für mich die größte Herausforderung dar, brachte mir persönlich aber auch am meisten ein. Es reizte mich, während meiner medialen Sitzungen auf Indizien für die Existenz des Schattens zu achten, und ich entdeckte, dass die Leidensmuster meiner Klienten sich wiederholten, wenn sie ihren Schatten verleugneten. Die Wirklichkeit, die wir uns erschaffen, hat weit mehr mit den Anteilen unseres Seelenlebens zu tun, die wir nicht wahrnehmen und verleugnen, als mit den positiven Zielen, die wir uns setzen.

Nehmen wir den Kobold. Ich kam auf diese Figur während einer geführten Meditation, die mich mit einer geistigen Form meines »Egos« bekannt machen sollte. Die Übung bestand darin, dass ich mein »Ego« als eine kraftvolle, eigenständige Wesenheit wahrnehmen sollte. Ich sollte also während der Meditation mein »Ego« auffordern, aus mir herauszutreten und zu mir zu sprechen. Ich erwartete, das Bild einer schlanken, schönen, selbstbewussten und klugen, wenn auch leicht egozentrischen Prinzessin vor mir erscheinen zu sehen. Was stattdessen vor meinem inneren Auge Gestalt annahm, glich eher einer Plastikspielfigur, die die Form einer Kartoffel hat, war in meinem Fall aber eine hässliche, übelriechende, rülpsende und haarige Kreatur, die ein Schild um den Hals hängen hatte, auf dem »fett« stand.

Ich war darüber so bestürzt, dass ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte. Ich folgte stattdessen den Anweisungen und forderte diese Personifizierung meines »Egos« auf, das Wort an mich zu richten. Was ich von diesem imaginären Wesen dann zu hören bekam, war eine fürchterliche Litanei, die nur aus Kritik und Beleidigungen, Anschuldigungen und Schmähungen bestand. Dann entdeckte ich meine rosa Lieblings-Babydecke, in die ich das Geschöpf prompt einwickelte. Ich weinte mir die Augen aus, als ich begriff, dass ich mit diesem Wesen, das meine seelischen Verletzungen darstellte, eine innere Beziehung unterhielt. Der Schatten hatte für mich Gestalt angenommen: Es war ein hässlicher kleiner Kobold.

Diesen komplexen Teil meiner selbst, durch den ich Eigensabotage betrieb, als ein eigenständiges und von mir getrenntes Wesen agieren zu sehen, als etwas, was sich außerhalb von mir befand und deshalb nicht mein ganzes Ich sein konnte, das hatte auf mich eine Wirkung, als hätte ich zehn Jahre Psychoanalyse im Schnelldurchlauf absolviert.

Einige Jahre später machte mich eine Freundin mit einem von den Psychologen Hal und Sidra Stone entwickelten Verfahren namens »Stimmendialog« bekannt, mit dem ich mich dann intensiver beschäftigte und das mich schließlich zu der Frage führte: »Warum erlaubst du dem Kobold nicht, die Stimme des Schmerzes zu sein, aus dem er entstanden ist?« Ich begann, die Figur des Kobolds als ein zentrales Motiv in meine Seminararbeit einzubeziehen, und setzte sie außerdem als ein spezielles Hilfsmittel in Coaching-Sitzungen ein, weil ich es meinen Klienten erleichtern wollte, sich von ihrem inneren Kritiker zu distanzieren und damit in sich zu einer neutraleren und damit gesünderen Position zu finden.

Wenn es in jedem von uns einen Widersacher gab, eine verneinende Stimme, auf die wir hören – so sagte ich mir –, dann musste es auch eine verbündete und bejahende Seite in uns geben, mit der ebenfalls eine Zwiesprache möglich war; was mich dann zu der Entdeckung all der anderen Figuren mit ihren verschiedenen Eigenschaften führte. Es handelt sich dabei nicht um ein völlig neues Konzept, und die einzelnen Wesen stammen auch aus bekannten Mythen und Märchen. Das Erzählen von Geschichten als Mittel der Selbstfindung wurde allmählich ein wesentlicher Teil meiner Seminararbeit. Denn wir selbst sind Märchen, jeder Einzelne von uns ist ein Held auf seiner Lebensreise. Joseph Campbells wegweisende Arbeit Der Heros in tausend Gestalten hat dabei vieles zu den Konzepten beigetragen, die in diesem Buch vorgestellt werden.

Schließlich entwickelte ich ein eigenes Verfahren, in dem ich Elemente aus Hal und Sidra Stones »Stimmendialog« mit den Techniken des »Aktiven Träumens« kombinierte – einer sehr wirkungsvollen Form der Visualisierung, die es der Phantasie ermöglicht, verborgene oder unbewusste Strukturen und Geschichten zu beschreiben, die dem bewussten und logisch denkenden Verstand nicht ohne weiteres zugänglich sind. All dies mündete in die Entwicklung des In-Vizion®-Verfahrens, auf dem alle Übungen dieses Buches basieren. Während zahlreicher, in Sedona, Arizona, abgehaltener Seminare und Wochenend-Intensivkurse, in die ich dieses Material einbezog, konnte ich bei praktisch allen Teilnehmern immer wieder nachhaltig positive Veränderungen im Sinne einer inneren Wandlung und gewachsener Autonomie miterleben.

*

Der wohl wichtigste Bestandteil dieses Buches resultiert aus einer Frage, die sich mir stellte, als ich über die archetypischen Aspekte der Heldenreise nachdachte. Wenn der Held tausend Gestalten hat und wenn er (der ja uns repräsentiert) all diese Abenteuer besteht: Würde ihn seine Reise dann nicht über tausend Orte führen? Könnten diese Orte und Gegenden symbolisch für die inneren Orte stehen, die wir bewohnen? Wie wäre es wohl, wenn man sich von der Konzentration auf das Selbst löste, die Position des inneren Beobachters verließe und von außen die symbolischen Plätze betrachtete, die uns vielleicht eigene Geschichten zu erzählen haben? Könnte es vielleicht so sein, dass wir nach dem Verlust unserer Verbindung mit der lebendigen Außenwelt zu dieser zurückfinden, indem wir uns mit der Lebendigkeit unserer inneren Welt in Beziehung setzen?

Die erdverbundenen Naturreligionen und alle ursprünglichen Bräuche verehren den Planeten als ein lebendiges und fühlendes Wesen, mit dem wir in heiligem Austausch stehen. Für sie ist die Erde kein Objekt voll lebloser Dinge, deren man sich bedienen und die man beherrschen kann. Nach meiner eigenen spirituellen Überzeugung ist die Achtung vor der Natur eine wesentliche Voraussetzung, um sich mit dem lebendigen Göttlichen Bewusstsein in Verbindung zu setzen. Ich glaube, dass jeder von uns sich auf diese heilige Verbindung mit der Natur, in der wir leben und deren Teil wir sind, zurückbesinnen muss. Und die Verbindung kann sich ebenso in uns erneuern, indem wir unsere inneren Landschaften erkunden – getreu dem hermetischen Grundsatz: »Wie oben, so unten. Wie außen, so innen.«

Und damit kehren wir zum Ausgangspunkt, nämlich der Kartenerstellung zurück. Wenn wir in der Lage sind, unser Leben als eine Reise zu betrachten, die uns durch spirituelle Orte der Seele führt anstatt durch eine Reihe archetypischer Personifizierungen, verändert sich für uns die Perspektive in dramatischer Weise. Statt uns dauernd einen Spiegel vorzuhalten, blicken wir »nach außen«, um – paradoxerweise – in unserem Leben einen tieferen Sinn zu entdecken. Darin liegt zugleich eine Erinnerung für uns an die mystische und geheimnisvolle Magie in der uns umgebenden Welt.

Die Natur dient uns in intuitiver Weise als Verbindungsglied zum Göttlichen. Sie ist voller Orakel, und wenn wir eine heilige Verbindung mit allem Leben herstellen, sind wir in der Lage, die Hinweise zu sehen und zu hören.

In gleicher Weise können wir unsere eigenen Orakel und Weisheiten in unseren persönlichen inneren Landschaften entdecken, wenn wir uns in die Karte hineinbegeben. Indem wir der Logik und dem Verstand ihren gebührenden Platz zuweisen, statt uns von ihnen beherrschen zu lassen, und in die magische Welt der Intuition und Phantasie eintreten, finden wir Antworten, die uns im Hinblick auf unsere Bestimmung, den Sinn und die Hoffnung in unserem Leben kompetenter werden lassen.

Die in diesem Buch vorgestellten Prozesse und Konzepte sind erprobt und bewährt. Alles, was Sie tun müssen, ist, in die Landkarte einzutreten und die Magie offenbar werden zu lassen … während sie Ihnen zugleich Ihr eigenes Wesen offenbart.

Möge dieses Buch zur Vertiefung Ihrer Weisheit, Ihres Seelenfriedens und Ihrer Lebensfreude beitragen!

Colette

Einführung

Ihre Magische Karte

Wo befinden Sie sich innerlich in diesem Augenblick? Schließen Sie die Augen und beschreiben Sie, wo Sie sich gefühlsmäßig befinden: Sind Sie im Feld der Träume, auf dem Sie die Samen Ihrer Ziele aussäen und gespannt darauf warten, die Resultate zu sehen? Haben Sie sich in einer wasserlosen Wüste verirrt, in der Sie von jedem Überfluss abgeschnitten sind? Wandeln Sie im Tal der Tränen?

Es kann sein, dass Ihre innere Landschaft keinerlei Ähnlichkeit mit dem Ort aufweist, an dem Sie sich real in Raum und Zeit aufhalten. Vielleicht sitzen Sie in einem sonnendurchfluteten Zimmer, sehen hinaus auf einen wunderschönen Hafen und fühlen sich dennoch in einer rauhen und unwirtlichen Landschaft Ihres Inneren gefangen. Denn was Sie glauben, hat einen großen Einfluss darauf, an welchem Ort Sie sich wiederfinden, wenn Sie den Blick in Ihr Inneres richten.

Glauben Sie, dass das Leben eigentlich mehr zu bieten hat als das, womit Sie sich begnügen? Oder sind Sie voller Zweifel, weil Sie nicht wissen, wie Sie mehr aus Ihrem Leben machen könnten? Vielleicht denken Sie, Sie täten bereits alles, was Sie können, doch ohne dass die Ergebnisse je dem entsprächen, was Sie sich erhofft haben. Möglicherweise betrachten Sie auch die Probleme, mit denen andere Menschen im Leben zu kämpfen haben, und fühlen sich außerstande, ihren Stress zu minimieren oder ihren Schmerz zu lindern.

Sehnen Sie sich nach Erfüllung, Sinn – oder sogar nach Magie in Ihrem Leben?

Ich gehe davon aus, dass Sie bereit sind, hart dafür zu arbeiten und alles Richtige zu tun, um an Ihr Ziel zu gelangen: an jenen glanzvollen Punkt auf der Karte, der mit verheißungsvollen Bildern von Geborgenheit, Fülle, Harmonie und Seligkeit winkt. Ein kurzer Rückblick auf Ihren bisherigen Weg wird Sie jedoch daran erinnern, dass die Route niemals so absehbar und beeinflussbar ist, wie Sie es sich wünschen. Ein bisschen Magie wäre da schon hilfreich, nicht wahr?

Wenn ich in diesem Buch von Magie spreche, so meine ich damit nicht die Tricks, Illusionen und Manipulationen, mit denen uns ein Zauberkünstler fasziniert. Die Art von Magie, die ich hier meine, ist vielmehr das lebendige Zeugnis des weisen und dynamischen Wesensgrundes, aus dem alles Stoffliche und Nichtstoffliche erschaffen ist, der alles formt, transformiert und wieder neu kreiert. Die Magie, von der in diesem Buch die Rede ist, erschließt sich Ihnen durch die Kraft Ihrer eigenen Wahrnehmung und durch die Bereitschaft, sich spielerisch-ernsthaft mit Ihrer Phantasie und Ihrem Höheren Selbst auseinanderzusetzen.

Die Kraft der Magie hat von jeher bestanden, sie besteht jetzt und wird immer bestehen. Man kann sie nicht intellektuell verstehen oder logisch analysieren, und doch ist es möglich, auf der tieferen Ebene des Herzens und der Seele intuitiv um sie zu wissen. Diese Magie ist schöpferisch und lebenspendend. Sie ist nicht etwas, was sich kontrollieren ließe, aber es ist möglich, sich auf sie einzustimmen und sogar an ihrer Seite zu »schwimmen«, so wie ein Delphin sich den Bewegungen eines Schwimmers anpasst, den er im Wasser begleitet. Wenn Sie bereit sind, mit dem Göttlichen Prinzip in Beziehung zu treten, und zulassen, dass Ihre Phantasie von ihm befruchtet und inspiriert wird, werden Sie von den Ergebnissen verblüfft sein. Wenn Sie aus dem linearen Denken der linken Gehirnhälfte ausscheren und in die kreative Dimension der Intuition und Phantasie eintreten, werden Sie leicht zu Ihrer eigenen, ganz persönlichen Verbindung mit der Magie hinfinden.

Warum gebrauche ich die Metapher von einer »Landkarte«? Die Sprache der Symbolik erlaubt uns den Zugang zu Erlebnisschichten, die im Unterbewussten gespeichert sind und dem Alltagsbewusstsein vielfach verborgen bleiben. Hier finden wir die Überzeugungen und Vorstellungen, die darüber bestimmen, wo es uns hinzieht und was wir in unserem Leben Gestalt annehmen lassen. Metaphern werden durch Intuition entschlüsselt, und es ist nicht der rationale Geist, sondern die Seele, die sie in ihren vielschichtigen Bedeutungen genauer versteht. Eine metaphorische Sprache erlaubt uns, hinter die Oberfläche der Dinge zu gelangen und in eine tiefere Wirklichkeit vorzudringen, die dem Verstand allein so nicht zugänglich ist.

In uns allen gibt es beispielsweise von unseren Gefühlen und Gedanken geschaffene Seelenlandschaften – das Feld der Stürme, auf dem es uns umtreibt, wenn wir uns angegriffen fühlen, oder der stickige Sumpf, in den wir hineingezogen werden, wenn die Last unserer Aufgaben uns niederdrückt. Wenn ich Sie frage: »Wo befinden Sie sich jetzt?«, werden Sie vielleicht spontan antworten: »Ich habe mich verirrt!«, »Am Grund eines tiefen Lochs, in dem ich gefangen bin«, »Im Morast«, »Im Treibsand, der mich verschlingt« oder »In einem öden Niemandsland, in dem ich umherirre«. Für den Gehalt und die Intensität Ihrer Erfahrung sind diese anschaulichen Bilder sehr viel aussagekräftiger, als es eine bloße faktische Aufzählung Ihrer Lebensumstände wäre.

Sobald Sie für Ihre innere Landschaft sensibilisiert sind, werden Sie sich auch daranmachen, Ihre Welt neu zu formen, indem Sie – statt sich auf die äußere Wirklichkeit zu konzentrieren – diese innere Landschaft verändern. Wenn Sie die dunklen Wolken in Ihrem Inneren vertrieben haben, werden Sie sehen, dass das Gefühl von Geborgenheit und Ruhe, das Sie nun innerlich verspüren, sich in den äußeren Umständen widerspiegelt. Nach und nach sehen Sie jetzt auch die einzelnen Ereignisse in Ihrem Leben im Kontext eines größeren Zusammenhangs. Dies ist der Augenblick, in dem Sie die wahre Magie und den Sinn in der Geschichte Ihres Daseins finden – zusammen mit dem Mut, der Kraft und der Weisheit, eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen.

Sie haben eine Karte mit magischer Kraft

Stellen Sie sich einmal vor, dass eine Magische Karte Sie seit der Geburt auf Ihrer Reise durch das Leben begleitet, von Ihrem ersten Atemzug bis zu dem Moment, in dem es Zeit wird, Ihren Körper zu verlassen und wieder in das Göttliche Prinzip einzugehen. Auf dieser Landkarte sind all die Gegenden verzeichnet, durch die Sie wahrscheinlich kommen werden. Sie können die Karte benutzen, um sich zu orientieren, den Weg auf ihr wiederzufinden, wenn Sie sich verirrt haben, eine Route zu einem ausgewählten Ziel zu erarbeiten oder den Heimweg ausfindig zu machen. Auf der Karte sind Schauplätze des Kampfes dargestellt, Ruheplätze, Berge, die es zu besteigen, Meere, die es zu überqueren, und neue Territorien, die es zu entdecken gilt. Sie zeigt mögliche Ziele und wahrscheinliche Ereignisse.

Die Karte ist anders als jede andere, die Sie schon gesehen haben. Die meisten Landkarten sind zweidimensional und aus Papier. Entfaltet sind sie flach und bedeckt mit Einzeichnungen, die den Verlauf des Geländes wiedergeben. Sie verändern nicht den, der sie betrachtet. Wenn man neue Gebiete entdeckt, muss man eine neue Landkarte anlegen, um neue Merkmale und bis dahin unbekannte Orte darauf einzutragen. Man kann so eine Karte in Händen halten, aber nicht etwa kopfüber hineinspringen. Man könnte es vielleicht, aber das Ergebnis wäre nur ein großes Loch im Papier und eine Beule am Kopf …!

Die Landkarte unserer Seele ist ganz anderer Art. Es ist eine multidimensionale Karte, die aus Gedanken, Gefühlen, Vorstellungen, Erinnerungen und inneren Zielen besteht. Sie besteht aus der seelischen Essenz von Kreativität und Phantasie.

Treten Sie ein in die Karte, und sie befördert Sie unversehens in das Land, das zu entdecken Sie sich vorgenommen haben! Sie fragen sich, wo Sie wohl sein mögen? Unversehens befinden Sie sich in einer Landschaft, in der Sie etwas über Ihre Lebensumstände erfahren, über Umstände, die Sie nicht im mindesten zu sehen vermochten, als Sie von Ihren Emotionen vollständig verschlungen und außerstande waren, diese objektiv zu betrachten.

Und noch etwas anderes gilt es zu bestaunen: Die Landkarte Ihrer Seele verwandelt sich automatisch, sobald Sie sich selbst verwandeln. Ein neuer Blickwinkel, eine veränderte Wahrnehmung genügen, um sie zu modifizieren. Ihre Geschichte kann aus einer anderen Perspektive betrachtet werden, und Sie können neue Gebiete und neue Zugänge auf der Karte entstehen lassen, während diese sich in Ihre Zukunft hinein weiter ausformt.

Sie sind auf der Karte ständig in Bewegung, können Beschränkungen hinter sich lassen und neue Gegenden aufsuchen, wann immer Sie sich dazu entschließen. Sobald Sie einen neuen Ort kennengelernt haben, wird er Teil Ihrer Erfahrung und damit auch Teil der Karte. Das neue Territorium ist Ihnen jetzt schon ein wenig vertraut, so dass Sie sich bei einem erneuten Besuch nicht mehr ganz so verloren und orientierungslos vorkommen. Sie besinnen sich rasch darauf, dass Sie einen Kompass haben, der Ihnen auf Ihrem Weg weiterhilft, und Verbündete, die sich zu Ihnen gesellen.

Vielleicht wird Ihre innere Landschaft sich gerade dann verwandeln, wenn Sie es am wenigsten erwarten. Sofern Sie jedoch versuchen, mit Ihrer Umgebung rhythmisch im Einklang zu bleiben, können Sie zu erspüren lernen, wann der Boden unter Ihren Füßen sich umzugestalten beginnt. Sie können dann instinktiv ausweichen, bevor Sie in eine Erdspalte fallen, von einem Bergpass abrutschen oder eine tiefe Schlucht hinunterstürzen.

Wenn man seinen Weg »blind« geht, entwickelt sich die Karte anders, als wenn man wach und bewusst auf ihm unterwegs ist. Falls Ihnen beispielsweise jemand etwas sagt, was Gefühle in Ihnen auslöst, die Sie nicht sofort »einzuordnen« vermögen, so können Sie eine Pause einlegen, die Landschaft in Ihrem Umfeld als Metapher und Symbol beschreiben, die Weisheit zu sich kommen lassen und Ihren Weg fortsetzen, ohne direkt – möglicherweise falsch oder unangemessen – reagieren zu müssen. Seien Sie sich immer dessen bewusst, dass Sie die Karte selbst gestalten können. Sagen Sie sich etwas wie: »Heute bin ich nicht im Land des Unglücks. Ich muss nicht in diesem Zustand mit diesen Gedanken, Gefühlen und Vorstellungen verharren. Ich werde das ›Orakel‹ finden, und es wird mir den passenden Ausweg zeigen.«

Ihre Karte ist einzigartig, und niemand anders als Sie selbst wird sie jemals besitzen, weil sie Ihre persönliche Geschichte erzählt. Keine zwei Seelen haben die gleichen Karten, selbst wenn es sich um dieselben Gebiete und Landschaften handeln sollte, weil niemand die Ereignisse genauso wie ein anderer Mensch erfährt. Es ist möglich, dass von zwei Menschen, die nebeneinandersitzen, der eine innerlich einsam und verdurstend eine Wüste durchstreift und der andere sich voller Behagen in einer herrlichen Oase entspannt.

Dennoch weiß jeder, der schon das Tal der Tränen aufgesucht hat, was es heißt, am Tiefpunkt angelangt zu sein, an Felswänden hochzusehen, die viel zu steil erscheinen, um sie zu erklimmen, und sich zu fragen, wie man der Schlucht entkommt, um wieder in höhere Gefilde zu gelangen. Wir haben alle schon am Fuß des Unverrückbaren Berges gestanden und uns mit einem Hindernis konfrontiert gesehen, das uns den Weg abzuschneiden schien.

All das, was Sie sind, je waren oder sein könnten, ist auf der Landkarte der Seele dargestellt. Sie müssen sie nur zu benutzen wissen, um sich von ihr durch die Irrungen und Wirrungen der einzigartigen Abenteuerreise Ihres Lebens führen zu lassen.

Die Magische Karte wird Ihnen sichtbar, wenn Sie sich bewusst dafür entscheiden, wach zu sein, um etwas zu erkennen, das größer ist als wir, und sich für die Möglichkeit zu öffnen, dass es vom Göttlichen Prinzip geschaffene Muster gibt, die wir nicht von jedem Ort aus erkennen können. Sie müssen bereit sein, in allem das Göttliche Prinzip walten zu sehen und zu akzeptieren, dass es hinter den Ereignissen in Ihrem Leben Millionen unsichtbarer Verbindungsfäden gibt. Diese Verbindungen sind ständig in Bewegung, gelenkt von einer Intelligenz, die Sie niemals ganz verstehen werden und der Sie trotzdem vertrauen müssen.

Wenn Sie sich dem Göttlichen Prinzip hingeben und um Erleuchtung bitten, offenbart sich Ihre Magische Karte in ihrer ganzen Herrlichkeit, und Sie erkennen, dass Sie in Ihrer Tasche einen Spirituellen Kompass haben, der immer in die wahre Richtung zeigt: in die Ihres Höheren Selbst, dessen Führung Sie niemals im Stich lassen und das in seinen Bemühungen um Sie niemals nachlassen wird, ob Sie nun darum wissen oder nicht.

Der Aufbruch zu einem magischen Abenteuer

Um die Magie und den Sinn in unserem Leben zu finden, müssen wir nach meiner Überzeugung zuerst lernen, mit der Landschaft unseren Frieden zu machen, die wir gerade bewohnen. Je hartnäckiger wir versuchen, ihr zu entkommen, desto massiver finden wir uns in sie zurückgeworfen. Auch in dieser Landschaft kann es verborgene Schätze geben, auf die wir stoßen können, wenn wir diese Gegend erkunden und ihre Botschaft verstehen, indem wir sie in ihrem Wesen begreifen. In jeder Landschaft gibt es ein Orakel, und in diesem Buch werde ich Sie lehren, mit Orakeln Zwiesprache zu halten.

Sind Sie mit Ihrem gegenwärtigen Aufenthaltsort unzufrieden oder unglücklich? Dieser »Ort« ist nur ein Flecken auf der Karte. Sie können hier verweilen und all die verborgenen Schätze entdecken oder den Geschichten lauschen, die die Felsen dem Wind zuflüstern. Aber Sie können auch zu einem neuen Ort aufbrechen. Sie können an die Plätze denken, an denen Sie schon waren, oder sie auch erneut aufsuchen, aber Sie können, wie der alte Weisheitsspruch lautet, nicht zweimal in denselben Fluss steigen. Und auch dieser Ort ist wie jeder andere ohnehin nur für einen vorübergehenden Aufenthalt, weil die Karte in ständiger Veränderung begriffen ist.

Alles hat seine Zeit und seinen eigenen Lebenszyklus. Kein Unwetter verweilt an einer Stelle, und auch wenn Ihr Boot auf stürmischer See zu kentern droht, so wird sich der Wind doch legen, wie er es immer tut, und die Wellen werden sich wieder beruhigen. Vielleicht erkennen Sie beim Erkunden dieser Landschaft und während Sie ihre verborgenen Schätze entdecken, dass Sie gar nichts »tun« müssen, um ihr zu entkommen. Sie verändert sich, weil Sie Ihre Einstellung geändert haben. Öffnen Sie sich dieser Erfahrung, und Sie werden sehen, dass Ihr Leben kein solch harter Kampf zu sein braucht.

Wir alle müssen uns mit dem Paradox anfreunden, dass der Wandel das einzig Beständige ist, obwohl diese Erkenntnis mittlerweile schon fast so etwas wie eine Binsenweisheit geworden ist. Tierherden ziehen umher, der Wind rauscht und legt sich wieder, die Erde dreht sich, und die Planeten kreisen beharrlich um die Sonne. Auch Sie sind in Bewegung, unterwegs auf Ihrer Reise. Und durch eine kleine Berichtigung Ihrer Wahrnehmung können Sie diese Reise zu einem magischen und geheimnisvollen Abenteuer machen.

Weil dies aber ein Abenteuer ist, werden Sie auf Ihrem Weg auch mehr oder weniger Dramatisches erleben: Gefahren, Intrigen, Romanzen, aber auch Anlässe zum Feiern. Die Dinge geschehen. Es wird steinige Wege geben, steile Hänge und kristallklare Seen. In dem Fantasy-Epos Der Herr der Ringe von J. R. R. Tolkien beginnt die Geschichte in der süßen Geborgenheit des Auenlandes und verlagert ihren Schauplatz in das höllengleiche Gebiet von Mordor. In der Harry-Potter-Reihe findet sich der junge Zauberer inmitten einer fiesen und unfreundlichen »Muggel«-Familie und im weiteren Verlauf der Geschichte im Zauberinternat Hogwarts, in dem Treppenaufgänge unter seinen Füßen plötzlich in eine andere Richtung schwenken. Im Buch Der Zauberer von Oz wird Dorothy Gale von ihrer Farm in Kansas durch einen Wirbelsturm ins magische Land von Oz befördert, wo ein gelber Ziegelsteinweg durch das Munchkinland und den Zauberwald bis in die Smaragdstadt führt.

In jeder dieser großen Erzählungen kommen viele Orte vor, von denen jeder seine eigenen Herausforderungen, Geheimnisse und Schätze hat, die unsere inneren Landschaften widerspiegeln. Es geht in diesen Geschichten um einfache Menschen, die wie so viele von uns das Gefühl haben, am falschen Ort zu sein, und nicht wissen, ob sie wirklich dorthin gehören, wo sie sich gerade befinden. Sie wagen sich aber weiter auf ihrem Weg und stellen sich den Gefahren und Versuchungen, während sie zu erreichen hoffen, was wir alle uns wünschen: das Gefühl, nach Hause zu kommen, an einen Ort des Friedens und des Glücks, das wir mit treuen Freunden und Gefährten teilen können. In jeder der Erzählungen sind die Abenteurer ebenso auf der Suche nach einem Sinn, nach einem Beweis dafür, dass ihre Leiden und Kämpfe zu etwas gut sind.