Willkommen in der Depression! Vielleicht hat Sie eine schlimme Beziehung, ein Kindheitstrauma, eine Nahtoderfahrung, eine knappe Nahtoderfahrung oder ein Adele-Konzert zu uns geführt. Oder aber Sie haben keine Ahnung, wie Sie hierher gelangt sind.

Es ist immer wieder überraschend, dass es viele Menschen gibt, die die Existenz von Depressionen leugnen. Sie betrachten sie als ein menschliches Konstrukt, wie etwa den Kapitalismus, einen Magisterabschluss in Kommunikationswissenschaften oder Gott.

Tatsache ist, dass viele Erkenntnisse, die wir über Depressionen haben, herbeiphantasiert sind. Gerade in diesem Augenblick denke ich mir Dinge aus. Wissenschaftler bezeichnen dies als »anekdotischen Beweis«. Es sind Einzelberichte von einigen wenigen. Oder, im Fall der Depression, Elend und Verzweiflung von Milliarden.

Aber ohne eine eindeutige Ursache (beziehungsweise mangels einer Methode, Tränen abzumessen) ist es unmöglich, die Existenz einer Depression zu belegen. Daher wäre es unplausibel, ja sogar richtiggehend verantwortungslos, Geld und Zeit in die Heilung zu investieren. Schließlich können wir noch nicht mal sicher sein, dass die Ursache von Tränen nicht der Mensch selbst oder die Umwelt ist. Können Sie sich vorstellen, welche negativen Auswirkungen es auf die Wirtschaft und die Arbeitsplätze hätte, wenn es eine Heilmethode gäbe? Ohne die Existenz von Depressionen wären Ärzte, Geistliche und Spiritisten arbeitslos – ganz zu schweigen davon, dass es weder Glückskekse noch Wunschbrunnen, Tattoo-Studios oder Kneipen gäbe.

Vielleicht fragen Sie sich dennoch: »Warum sollte ich mich für eine Depression entscheiden?«

Na, raten Sie mal? Sie haben sich schon entschieden.

Ach, Sie dachten, es handele sich nur um ein kleines Tief? Eine blöde Woche oder zehn nicht so gute Jahre? Dieser Meinung sind viele Quereinsteiger. Es ist sogar gar nicht mal so ungewöhnlich, dass einen andere darauf hinweisen müssen, dass man depressiv ist. Der Grund dafür besteht darin, dass eine Depression ganz unmerklich einsetzt. Toilettenpapier unter der Sohle bemerkt man ja auch nicht unbedingt sofort, es muss erst jemand darauf deuten.

Tja, eine Depression ist heimtückisch. Sie kann sich auf verschiedenen Wegen einschleichen. Sie kann beispielsweise die Folge eines traumatischen Erlebnisses wie die eigene Geburt sein oder eines wirklich traumatischen Erlebnisses wie die Geburt der Schwester. Manchmal beginnt eine Depression als Nebenprodukt einer Katastrophe, die das ganze Leben verändert, bisweilen kann sie aber auch Jahre später, nachdem das eigentliche Trauma bereits lang in Vergessenheit geraten ist, zur vollen Entfaltung kommen.

Dieser Leitfaden ist Ihre Chance, gleich hier und jetzt zu beginnen – ganz gleich, ob Sie niedergeschlagen, einfach nur neugierig auf Depressionen oder längst schon reif für die Klapse sind. Es ist ein Taktikhandbuch, mit dessen Hilfe Sie sich die Zeit vertreiben können. Sei es, dass Sie freiwillig hier sind, von einem Freund oder Freundin mitgeschleppt wurden oder auf der Mailingliste eines beliebten Radiosenders standen – Sie werden hier eine Menge Spaß haben.

Schließlich noch eine Bemerkung an die glücklichen Menschen: Haben Sie eigentlich schon bemerkt, dass Sie immer weniger werden? Natürlich nicht, Sie sind zu sehr damit beschäftigt, fröhlich zu pfeifen – was nebenbei bemerkt nur für den Pfeifenden schön ist. Viele von Ihnen sind zu uns übergelaufen. Niemanden lässt das Leben unversehrt.

Doch ist dieses Buch nicht nur für die klinisch Depressiven gedacht oder für diejenigen, die diesen Status anstreben. Es wurde für die Menschen geschrieben, die sich der Unabwendbarkeit von den verkehrsberuhigten Zonen des Lebens, den schrecklichen Verlusten wie Scheidung, Tod und schlechtem Internetempfang stellen wollen. Es ist denjenigen gewidmet, die schon einmal die dunklen Blitze erlebt und sich gefragt haben: Hä? Was war denn das?

Aber Sie, Sie Glückliche oder Glücklicher, Sie sind nicht deprimiert. Warum sollten Sie dann dieses Buch lesen? Sehen Sie, hier geht es um Fairness, schließlich haben wir auch alle Ihre Schmöker gelesen.