Kerim Pamuk

Der Islam, das Islam, was Islam?

Ein Lexikon für Durchblicker

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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Alle Zitate aus dem Koran nach: Der Koran, übersetzt von Rudi Paret, 12. Auflage, Stuttgart 2014.

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Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln

Umschlaggestaltung: Gute Botschafter GmbH, Haltern am See

Umschlagmotiv: entstanden unter Verwendung von

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ISBN 978-3-641-21025-0
V002

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Vorwort


Wollten Sie schon immer wissen, warum es Männer schwul macht, wenn Frauen Auto fahren? Wieso der Muslim im Fastenmonat Ramadan fünf bis zehn Kilo zunimmt, das aber natürlich ganz demütig? Warten auf den Märtyrer im Paradies wirklich 72 Jungfrauen oder nur eine 72-jährige Jungfrau? Hat Muhammad, der Prophet des Islam, wirklich all das gesagt, getan und gedacht, was ihm sämtliche Mullahs von Grönland bis Australien in den Mund legen? Halten Sie »Schiiten« auch für Globuli? (»Schatz, gib unserem Leon bitte drei Schiiten, er fühlt sich nicht.«) Ist Dschihad die islamische Form der Butterfahrt? Was macht den Islam für junge deutsche Männer, die auf dem Sexualmarkt schwer zu vermitteln sind, so attraktiv? Und wieso darf der Muslim ausnahmsweise auch einmal ein ganzes Schweineschnitzel verdrücken, ohne vom Blitz getroffen zu werden?

DER ISLAM, DAS ISLAM, WAS ISLAM? beantwortet Ihnen unterhaltsam und hochseriös sämtliche Fragen zu Islam, islamischer Welt und Muslimen, was ja für viele irgendwie das Gleiche ist. Selbstverständlich auch Fragen, die Sie sich nie gestellt haben. Von A wie Allah über B wie Burka und Bikini, SCH wie Scharia und Schnauzer bis zu Z wie Zahnschmerz und Zuckerfest. Die Auswahl der Themen entspricht selbstverständlich der Auslegung jedes wahrhaft Gläubigen: Sie ist selektiv, subjektiv und sakrosankt!

Was ist »der Islam« denn nun? Für den verbiesterten Abendland-Retter ist der Islam schuld an Terrorismus, niedrigen Renten und dem Tsunami im eigenen seelischen Schrebergarten – eigentlich ist der Islam schuld an allem. Für den verbohrten Gläubigen ist der Islam die Lösung schlechthin. Ob es um Seelenheil geht, den Hartz IV-Antrag oder den richtigen Handyklingelton, der Islam ist die Antwort, immer.

Aber man darf die Religion nicht den Religiösen überlassen. Fragen wir also weder die dogmatischen Zottelbärte noch die chronischen Islamhasser. Halten wir es lieber hochtrabend mit Immanuel Kant, der sagte: »Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!« Und Muhammad sagte es genauso. Zumindest so ähnlich. Also denken Sie selbst und lesen Sie selbst. Sie werden sogar Freude haben – vallah ischwör!

PS

Hinweis an alle Arabisten, Islamwissenschaftler und andere Orient-Nerds: Die in diesem Buch verwendete Umschrift ist nicht wissenschaftlich, sondern willkürlich. Auch dem Autor ist bewusst, dass es natürlich eigentlich »Quran« und nicht »Koran« heißen müsste und der zweite Kalif »Umar« und nicht »Omar« heißt, aber hier geht es um Verbraucherfreundlichkeit und nicht um formal-wissenschaftliche Fleißpünktchen. Dazu ist die verwendete Umschrift durch das Hadith 10672,5 aus der Sammlung von Muslim Al-Buhari ibn Isa at-Tirmidhi autorisiert und zertifiziert worden. Und wie sagte der Prophet und Philologe Muhammad: »Gefühlte Aussprache ist wichtiger als korrekte Umschrift.«

A

ABFALL VOM ISLAM Eigentlich nicht vorgesehen und auch nicht notwendig, da der Islam nach eigenem Verständnis die vollkommenste monotheistische Weltreligion ist, denn sie ist ja die jüngste. Wozu also den Verein wechseln? Wenn es einen Muslim aber trotzdem spirituell juckt und er zu neuen Ufern aufbrechen will, weil er den Dalai Lama so friedlich und fröhlich findet oder die Dreifaltigkeit Jesu für viel sexier als die Einfaltigkeit Muhammads hält, ist die Apostasie, also die Abwendung vom Glauben, nicht sonderlich schwer: Er muss nur in mündigem, nüchternem Zustand und freiwillig das islamische Glaubensbekenntnis »Es gibt keinen Gott außer Gott und Muhammad ist sein Gesandter« leugnen. Oder ein islamisches Heiligtum schänden, zum Beispiel eine Koranausgabe als Tischstütze benutzen oder nackt um die Kaaba tanzen.

Generell wird über den Apostaten die Todesstrafe verhängt, seine Ehe für aufgelöst erklärt und sein Eigentum an seine muslimischen Erben weitergereicht. Wenn er keine Erben hat, sackt der Staat das Hab und Gut ein. Tatsächlich gibt und gab es große Schwankungen in der Sanktionierung von Apostaten, weil viele Details strittig sind und waren. Gelten die Sanktionen beispielsweise nur für geborene Muslime oder auch für Konvertiten? Müssen Frauen und Männer unterschiedlich behandelt werden? Ganz sicher wurde Apostasie im wahrsten Sinne des Wortes als Totschlagargument missbraucht, um Rivalen und Gegner gründlich zu erledigen. Gegenwärtig benutzen steinzeitliche Mullahs mit theologischer Halbbildung und Dschihadisten das sogenannte Takfir (»jemanden zum Ungläubigen erklären«) als Rechtfertigung zum Töten von Muslimen. So kann man schnell und scheinbar theologisch sauber ganze Landstriche entvölkern, indem man deren muslimischen Bewohnern kurzerhand abspricht, wahre Muslime zu sein.

Eine besonders originelle und bei der konservativen islamischen Geistlichkeit total beliebte Variante der Apostasie ist die Erfindung einer neuen Religion: wenn der Muslim plötzlich Stimmen hört, zu viel kifft oder Borderliner ist und sich dann kurzerhand selbst zum Propheten erklärt. Wer Muhammad spielt und seinen Status als »Siegel der Propheten« infrage stellt, wird sich in manchen Ländern recht schnell in einem verschnürten Leinentuch wiederfinden.

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ALI (ca. 600-661 unserer Zeitrechnung [im Folgenden: u.Z.]) Cousin und zugleich Schwiegersohn des Propheten. Ob er mit Muhammad noch um andere Ecken verwandt war, ist nicht bekannt. Ein glühender Anhänger der ersten Stunde, der schon im Pubertätsalter seinem großen Vetter nacheiferte und später dessen Tochter Fatima heiratete. Vermutlich wollte er um jeden Preis Muhammads Nachfolge als Chef antreten. Zeugte mit Fatima die einzigen männlichen Nachkommen des Propheten, Hassan und Hussain. Ali war der erste Streber des Islam und wusste vor allem nach dem Tod des Propheten alles besser. Als gegen seinen Willen Muhammads Schwiegervater Abu Bakr zum ersten Kalifen gewählt wurde, zum »Nachfolger des Gesandten Gottes«, schmollte Ali ein halbes Jahr lang, bis auch er Abu Bakr als Stellvertreter Muhammads anerkannte. Die nächsten beiden Jahrzehnte verbrachte Ali mit Motzen und Meckern, und als gute zwanzig Jahre nach dem Tod des Propheten endlich seine Stunde schlug, entpuppte er sich als Oskar Lafontaine des Islam: Wegen sinnloser Prinzipienreiterei scheiterte sein Kalifat relativ schnell.

In vielen Darstellungen wird Ali als tapferer Krieger und mutiger Löwe beschrieben und gemalt. Löwengleich war wohl auch sein Frauenbedarf, denn mit neun geehelichten Frauen und diversen Konkubinen zeugte er drei Dutzend Kinder. Und eine stattliche literarische Begabung gehörte ebenfalls zum Portfolio seiner persönlichen Talente. Ein gewiefter Taktiker und gerissener Politiker war er aber ganz sicher nicht. Ein Teil der islamischen Frühgemeinde, die ihn 656 u.Z. zum neuen Kalifen ernannte, hatte seinen Amtsvorgänger Osman in dessen eigenem Haus umzingelt und ermordet. Osman hatte mit der Beute aus den eroberten Gebieten einen Staatsschatz angehäuft, statt sie an die kämpfenden Muslime weiterzugeben, wie es bis dahin Brauch war. Prompt handelte sich Ali Ärger mit der Prophetenwitwe Aischa ein, die zusammen mit den beiden alten Weggefährten des Glaubensgründers, Talha und az-Zubair, nach Basra ging, um Ali von dort aus das Kalifenleben zu vergällen. Bei Basra kam es 656 u.Z. schließlich zur Schlacht zwischen Alis und Aischas Truppen. Dieser Kampf ging als »Kamelschlacht« in die Geschichte ein, weil Madame auf einer Kamelsänfte saß, während ihre Armee von Alis Truppen vernichtet wurde. Aischas Rebellion gegen Alis Neukalifat war damit erledigt.

Fataler und verhängnisvoller war für Ali der Konflikt mit Muawiya, der zu der Zeit Statthalter in Syrien und – Überraschung! – ein Vetter des ermordeten Osman war. Muawiya erkannte Alis Wahl nicht an, schließlich war dieser nur durch Mord ans Kalifat gekommen, und selbstverständlich musste Osmans Blut gerächt werden. Nach vielen Scharmützeln und vergeblichen Schlichtungsversuchen zwischen beiden Lagern lieferten sich Alis und Muawiyas Heere 657 u.Z. am Euphrat eine blutige Schlacht. In größter Bedrängnis und offensichtlich schon fast von Alis Heer geschlagen, wurde Muawiya nur von seinem gewitzten Berater gerettet. Der kam auf die originelle Idee, Korane an die Lanzen der noch stehenden Soldaten zu heften. Die Botschaft lautete: »Der Koran ist die Antwort und wir sind doch Glaubensbrüder«. Auf diese Finte fiel Ali herein und stimmte einer erneuten Schlichtung zu. Beide Kampfhähne ernannten Bevollmächtigte, die zu einem für beide verbindlichen Schiedsspruch kommen und den Kalifen bestimmen sollten.

Damit leitete Ali seinen Untergang ein, weil schon die Einwilligung zur Mediation unter seinen Leuten Streit auslöste und ein Teil der Gefolgsleute sich gegen ihn erhob und sogar offen bekämpfte. Die Mitglieder dieser Gruppe wurden später Charidschiten genannt. Sie waren die Urfanatiker des Islam, die Proto-Salafisten.

Zermürbt durch den Kleinkrieg im eigenen Lager und das zähe und langwierige Gefeilsche bei der Schlichtung verlor Ali zusehends an Ansehen und Macht und wurde 661 u.Z. vom Charidschiten Ibn Mulgam ermordet. So fiel der »Löwe Gottes« nicht seinem Feind Muawiya, sondern dem Dolch eines bitterlich enttäuschten und fanatischen Ex-Anhängers zum Opfer. Muawiya setzte sich als Kalif durch und die Anhänger Alis, sammt seiner Söhne Hassan und Hussain, zogen im weiterhin schwelenden, ersten innerislamischen Bürgerkrieg den Kürzeren. Am Ende dieses Krieges kam es zur endgültigen Spaltung der islamischen Gemeinde in Schiiten und Sunniten.

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ALLAH Selbstverständlich männlich. Und ewig. Es gab ihn schon immer. Der eine, einzig Wahre. Die Juden nennen ihn seit der Erschaffung der Welt Yahwe oder Elohim, die frühen Christen auch, und die Araber nannten ihn al-ilah, was schlicht »der Gott« heißt. Wurde dann zu Allah zusammengezogen. Allah ist also kein Privat-Gott der Muslime, sondern derselbe Gott, den alle Eingott-Gläubigen der Welt anbeten. Darum ist die bekannte Phrase »Der Muslim betet zu seinem Allah ...« Quatsch. Genauso könnte einer sagen: Der Franzose preist seinen »Dieu«, die Queen ihren »God« und der Latino seinen »Dios«. Was auch Quatsch wäre.

Allah war schon vor dem Islam für die Araber eine Art Obergott. Allerdings hatten sie auch noch eine ganze Reihe von Untergöttern und, last but not least, Stammesgötter. Interessant für Feministinnen und selbstbewusste Girlies: Sie beteten auch drei weibliche Gottheiten an, nämlich al-Lat (Ishtar, Sonnengöttin), al-Uzza (Venus) und Manat (Schicksalsgöttin). Sie galten als die »Töchter« Allahs. Pragmatisch wie Muhammad war, adaptierte er Allah und stellte ihn ins Zentrum des neuen Glaubens. Seitdem ist Allah der Überchef. Allmächtig. Allwissend. Sterne, Planeten, Menschen und Silberfische kommen und gehen. Allah bleibt. Der Mensch muss vor IHM Rechenschaft ablegen. ER höchstens vor sich selbst. Und ganz schlecht ist Allah auf andere Gottheiten zu sprechen, die es aber eh nicht mehr gibt und noch nie gegeben hat. Aber um ganz sicher zu gehen und für alle Fälle muss der Muslim jedes Gebet mit »Allahu akbar« beginnen, »Gott ist größer« oder »Gott ist am größten«. (Die formal-logische Frage »Größer als wer nochmal?« sparen wir uns jetzt mal mit Rücksicht auf unsere Gesundheit.)

Seinen Namen nimmt der Muslim täglich mehrere tausend Male in den Mund. Offensichtlich kann ER sich an seinem eigenen Namen (»Allah« und die 98 anderen wie »Preiswürdiger, Demütiger, Inhaber aller Reichtümer«) nicht satthören. Ist für Belohnung und Bestrafung und noch etwa eine Million anderer Themen zuständig. Verarbeitet täglich die Gebete, Wünsche und Verwünschungen von etwa eineinhalb Milliarden Muslimen. Verglichen mit SEINER Rechenleistung ist der größte und schnellste Computer der Welt ein Taschenrechner von Casio aus den Achtzigern.

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AUTOFAHREN Sehr heikle und die Volksgesundheit gefährdende Tätigkeit, vor allem in Saudi-Arabien. Kamal Subhi, ein ehemaliger Professor der King Fahd University in Dhahran, stellte in einem hochwissenschaftlichen Gutachten fest, dass es Männer schwul macht, wenn Frauen Auto fahren. Wo aber bei anderen Professoren der Wissensdurst gestillt wäre, forschte Subhi, der seinen glühenden Entdeckergeist hinter zwei halb­offenen Dackelaugen versteckt, mutig weiter. Seine erschreckenden Erkenntnisse gefährden die Zukunft der Menschheit: Wenn Frauen Auto fahren, werden nicht nur die Männer schwul, sondern die Fahrerinnen verlieren dabei auch ihre Jungfräulichkeit. Ob der Verlust möglicherweise mit sachfremder und exzessiver Nutzung von Gangschaltung und Blinker zu tun hat, konnte der Wüsten-Kinsey nicht vollständig belegen. Stattdessen stieß er auf einen anderen bisher unbekannten Zusammenhang: Wenn Frauen sich hinters Steuer klemmen, gibt es im dem Land auch automatisch mehr Prostitution. Sobald Frauen nämlich mobil sind, kommen sie auf dumme Gedanken. Und füllen ihre reichlich vorhandene Freizeit zwischen Stilldemenz, Latte macchiato und Yoga womit? Richtig! Mit Anschaffen. Sie verdienen sich etwas dazu, aus Langeweile.

Nach der Methode von Herrn Subhi lässt sich auch durch Analogieschluss lupenrein erklären, warum saudische Männer regelmäßig Haushaltshilfen aus den Philippinen und Bangladesch schwängern und sie anschließend zurück in die Heimat schicken. Da nur Männer in Arabien seit Jahrzehnten Auto fahren, sind alle ihre Frauen lesbisch geworden. Was nützt dem Pascha zu Hause der Stall voller Jungfrauen, wenn alle lesbisch sind? Also kann er gar nicht anders, als sich an anderen Frauen zu vergreifen. Das ist nun mal die saudische Form der Notwehr.

Als Kamal Subhi die gesammelten Früchte seiner Exploration publik machte, reagierte die Weltöffentlichkeit schockiert und der UN-Sicherheitsrat wurde umgehend zu einer Krisensitzung berufen. Nur Taliban und biodeutsche männliche Speed-Dschihadisten reagierten gelassen, da sie schon immer wussten, welche fürchterlichen Folgen es hat, wenn Frauen Auto fahren.

B

BASMALA (Bismillah) Ist die Kurzform von bismi llahi r-rahmani r-rahim, »Im Namen des barmherzigen und gütigen Gottes«. Steht im Koran am Anfang jeder Sure, nur in der neunten nicht. Bereits die vorislamischen Araber benutzten eine ähnliche Einleitungsformel, wenn sie ihre vielen Götter anriefen. Basmala benutzt der Muslim als Intro für etliche alltägliche Handlungen. Beim Betreten des Hauses, vor jeder Mahlzeit, vorm ehelichen Sex (was bei handfesten und pragmatischen Ehefrauen regelmäßig Kicheranfälle auslöst), beim Schlachten eines Tieres, vor jedem Reiseantritt und beim Betten des Verstorbenen ins Grab. Streng verboten ist das Aufsagen der Basmala vor dem Gang zur Toilette. Beim Verlassen derselben ist aber ein Allaha șükür »Gott sei Dank« erlaubt.

Anhänger des Bonuscard-Islam, die gerne durch quantitative Frömmelei Punkte für das Ticket ins Paradies sammeln, beten tägliche mehrere Rosenkränze mit der Basmala, um Allah zu beeindrucken. Das halbe Ticket ins Paradies ist dann schon mal sicher, egal was für ein Halunke du sonst bist.

Die Basmala gilt als Segenspenderin und wird überall in mehr oder minder schöner, schriftlicher Ausformung neben dem »blauen Auge« (ein Talisman aus Glas in Form eines blauen Auges) angebracht. Es gibt sie eingefasst in Schmuck, als Amulett, Anhänger oder Aufkleber an Lastwagen. Sie baumelt vom Rückspiegel orientalischer Sammelbusse, und jeder Gewerbetreibende und Gastronom klebt sie mindestens an eine Wand seines Ladens. Sie ist eines der häufigsten Motive islamischer Kalligraphie, und ein glaubwürdiges Hadith verspricht dem Schreiber einer besonders schön verzierten Basmala sogar das Paradies. Wenn der Glaube also nicht ganz so fest und fromm, aber künstlerische Begabung vorhanden ist, kann man auch mit dem Zeichnen schöner Basmalas Punkte sammeln, anstatt sich den Mund an der Gebetskette fusselig zu brabbeln.

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BITTGEBET (arab. dua) Das Bittgebet ist der theologische Kaugummi im Mund des Gläubigen und er kaut gern täglich und ausgiebig. Wünsche, Bitten und auch Verwünschungen darf man in jeder Sprache äußern, vom Vergeben der Sünden, bis Gesundheit, Geld, Gold, Reichtum und die Pest an den Hals des Nachbarn. Erlaubt ist fast alles. Dua ist der verbale Wunschzettel des Muslims und Allah ist der Weihnachtsmann. Beim Bittgebet gilt Freestyle: Man kann an jedem Ort und zu jeder Zeit und welcher Zunge auch immer Gott um einen oder mehrere Gefallen bitten. Lustig wird es, wenn der Allmächtige die Wünsche nicht erfüllt und man für die Nichterfüllung Ursachen finden muss.

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BÖSER BLICK Der Glaube an die zerstörerische Kraft des Auges ist ein unausrottbarer Bestandteil der orientalischen Alltagskultur. Schon vor dem Islam glaubten Araber an den bösen Blick und selbst Muhammad soll sich davor gefürchtet und zum Schutz davor Suren auf Papyrus gekritzelt haben, die man zusammengeknüllt und in Tuch eingefasst als Anhänger tragen konnte. (Wäre interessant zu erfahren, wie er die Suren geschrieben hat, als Analphabet.) Auch die Frommsten hängen für alle Fälle ein »blaues Auge« oder »die Hand der Fatima« in ihr Geschäft, in Wohnung und Büro. Sie hängen es an Babies, Autos, beschnittene Jungen, Kühe, Lämmer und Grills, um sich vor dem bösen Blick zu schützen. Ein anderes bewährtes Schutzmittel ist Wasser. Tritt zum Beispiel die Familie eine Reise an, wird ihr in Anatolien gerne ein Eimer Wasser auf die Heckscheibe gekippt, was die mitgebrachten deutschen Freunde gern für einen seltsamen Waschanlagenersatz halten.

Den »Nazar«, den bösen Blick, können alle aussenden, egal ob Mann oder Frau, jung oder alt. Man muss nur genug Missgunst, Neid und Hass empfinden, und schon kann man alles Wertvolle und Kostbare via eigener Pupille zerstören: Schönheit, Goldzähne, Handys, Autos, Kinder. Der Orientale und vor allem die Orientalin weiß immer, wann wer und was warum vom bösen Blick getroffen wurde, kann aber selten den Täter eindeutig identifizieren. Wie jede gute Hellseherin belässt sie es dann meistens bei geraunten Andeutungen: »Der böse Blick hat das arme Geschöpf getroffen, und ich ahne auch von wem, aber bei Gott, ich kann es nicht beschwören ...«

Die Herstellung insbesondere des »blauen Auges«, von der Größe eines Cents bis zu der eines Tennisschlägers, beschäftigt in China eine ganze Industrie und wird noch auf Jahrzehnte für gesicherte Arbeitsplätze sorgen. Falls je ein türkischer Astronaut die Reise zum Mond antreten sollte, wird er an sein Raumschiff sicher ein stattliches blaues Auge und die Basmala neben die türkische Flagge hängen.

Mögen islamische Autoritäten auch seit Jahrhunderten den Kult um den bösen Blick verdammen und als unislamische Götzendienerei verfluchen – an den einfachen Menschen perlt das damals wie heute ab. Allah ist groß und mächtig und beschützt den Gläubigen, aber was ist gegen eine kostengünstige, kleine, blaue Zusatzversicherung einzuwenden?

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BURKINI Zweiteiliger Badeanzug aus biologischem Elastan. Erhältlich in den aktuellen Farben der Saison von hellschwarz bis dunkelschwarz und in knalligem Grau. Die Halal-Antwort der modernen Muslima auf den gottlos-verwerflichen Bikini. Erlaubt ungezwungenen Badespaß für Fundis an nach Geschlechtern getrennten Stränden. Inklusive der integrierten Kopfbedeckung ideal geeignet für Sandspiele und Sonnenbaden. Optisch und ästhetisch ein Genuss, da der Burkini an den traditionell großgewachsenen Orientalinnen immer passgenau sitzt. Nur in seltenen Fällen ist für das Ausziehen und Reinigen des Burkinis und der Trägerin ein Hochdruckreiniger erforderlich. Wird zum »Must-have« der »It-Girls« von Paris bis New York, nachdem Madonna 2022 auf ihrer »Fuckin’ virgin«-Welttour drei Songs im Burkini von Versace performt hat.