Julia Seiderer-Nack:

Der große Patientenratgeber
Morbus Crohn
Colitis ulcerosa

„Nicht die Umstände bestimmen des Menschen Glück, sondern seine Fähigkeit zur Bewältigung der Umstände.“

Aaron Antonovsky

Julia Seiderer-Nack

Der große
Patientenratgeber

Morbus Crohn
Colitis ulcerosa

Zuckschwerdt Verlag München

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Die Erkenntnisse der Medizin unterliegen laufendem Wandel durch Forschung und klinische Erfahrungen. Autorin und Verlag haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass die erstellten Informationen und (therapeutischen) Angaben dem aktuellen Wissensstand entsprechen.
Das entbindet den Benutzer dieses Buches aber nicht von der Verpflichtung zu überprüfen, ob die hier genannten Angaben, Indikationen und Dosierungen sachlich richtig sind, insbesondere nicht davon, bei allen medizinischen Problemen einen Arzt zu konsultieren. Wie allgemein üblich, sind Warenzeichen und Handelsnamen, soweit überhaupt verwendet, nicht durchgängig gekennzeichnet.

Alle Rechte, insbesondere das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert werden.

© 2013 by W. Zuckschwerdt Verlag GmbH, Industriestraße 1, D-82110 Germering/München.

ISBN Print: 978-3-86371-077-4
ISBN PDF: 978-3-86371-078-1
ISBN EPUB: 978-3-86371-193-1

Vorwort

Auf einmal ist nichts mehr, wie es war …

Die Diagnose einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED) wird von den meisten Betroffenen und ihren Angehörigen als deutlicher Einschnitt in die Lebensgeschichte erlebt. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa bedeuten täglich Herausforderungen im Alltag und zeigen über den Befall des Verdauungstraktes hinaus auch Auswirkungen auf Partnerschaft und Familie, Schule und Ausbildung, Freizeitgestaltung und Berufsleben.

In dieser Situation möchte Ihnen dieser Patientenratgeber Mut machen – Mut zu einem offenen Umgang mit Ihrer Erkrankung und zur aktiven Mitarbeit in der Gestaltung einer lebensbegleitenden Aufgabe.

Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa können heute aufgrund rasanter Fortschritte in der Medizin auf eine Vielfalt an Behandlungsmöglichkeiten und eine normale Lebenserwartung vertrauen. Angesichts der Fülle von Informationen, klinischen Studien und Fortschritten in der Forschung ist es jedoch manchmal gar nicht so einfach, als Patient den Überblick über die Chancen und Risiken verschiedener Behandlungsverfahren zu behalten und durch den eigenen Lebensstil aktiv Komplikationen vorzubeugen. Chronische Erkrankungen fordern die ständige Mitarbeit der Betroffenen, um gemeinsam mit ihrem Arzt ihre Behandlung als „informierter mündiger Patient“ zu verstehen und aktiv mitzugestalten.

Der vorliegende Patientenratgeber möchte Sie daher auf Ihrem Weg als Patient begleiten – mit Informationen über den Darm und seine Funktionen, mit neuesten Erkenntnissen zur Entstehung von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sowie deren Diagnostik und einem ausführlichen Überblick über verschiedene medikamentöse und operative Verfahren und unter Berücksichtigung der aktuellen deutschen und europäischen Leitlinien zur Behandlung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Im Sinne eines ganzheitlichen Behandlungsansatzes werden auch komplementärmedizinische Verfahren und ihre mögliche Anwendung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen vorgestellt. Zudem werden auch wichtige Fragen zu den Themen Ernährung, Impfungen, Kinderwunsch und Möglichkeiten der Prävention von Komplikationen ausführlich behandelt – weil Ihre aktive Mitarbeit wichtig ist!

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude beim Lesen und alles Gute.

Mein Dank gilt dem engagierten Team vom Zuckschwerdt-Verlag, das diesen Patientenratgeber von Beginn an mit großem Elan unterstützt hat, sowie Frau PD Dr. med. Karin Herrmann und Herrn PD Dr. Thomas Ochsenkühn für die Bereitstellung von Bildmaterial.

München im Februar 2013

Julia Seiderer-Nack

Kontakt zur Autorin: info@mein-darm.de

sowie mehr Informationen unter www.mein-darm.de

Wichtige Fachausdrücke für Patienten erklärt
Abdomen Bauchraum
Abszess Abgekapselte Eiteransammlung
Antiinflammatorisch Gegen die Entzündung gerichtet
Anus Darmausgang, After
Biopsie Entnahme von Gewebe zur weiteren Untersuchung
CDAI Crohn‘s disease activity index
CED Chronisch entzündliche Darmerkrankung
CRP C-reaktives Protein, Entzündungsmarker, der im Blut bestimmt werden kann
CT Computertomografie
Dilatation Aufdehnung von Engstellen, z. B. im Darm
Duodenum Zwölffingerdarm
Endoskopie Spiegelung von Hohlorganen (z. B. Darm) mit einem schlauchartigen Instrument (Endoskop) von innen
Fistel Normalerweise nicht vorhandener Verbindungsgang zwischen Hohlräumen im Körper (z. B. zwischen Darm und Harnblase)
Ileokoloskopie Endoskopische Untersuchung des Dickdarms und des letzten Abschnitts des Dünndarms (terminales Ileum)
Ileum Letzter Abschnitt des Dünndarms (auch terminales Ileum)
Ileus Darmverschluss
Ileitis Entzündung des Ileums
Inflammation Entzündung
Jejunum Mittlerer Teil des Dünndarms
Klysma Darmeinlauf, z. B. zur lokalen Verabreichung von Medikamenten
Kolektomie Operative Entfernung des Dickdarms
Kolon Dickdarm
Koloskopie Spiegelung des Dickdarms mit einem Endoskop
Konglomerattumor Entzündlich verbackene Darmschlingen, die wie ein Tumor aussehen (aber nicht bösartig sind)
Laktose-Intoleranz Unverträglichkeit von Milchzucker
MCT-Fette Fette mit mittelkettigen Fettsäuren
MRT Magnetresonanztomografie, Kernspintomografie
Obstipation Verstopfung
Osteopenie Reduzierte Knochendichte
Osteoporose Schwund des Knochengewebes mit erhöhter Gefahr für Brüche
Pankolitis Entzündung des gesamten Dickdarms
Pankreatitis Entzündung der Bauchspeicheldrüse
Parenterale Ernährung Zufuhr aller Nahrungsbestandteile über den Blutkreislauf unter Umgehung des Verdauungssystems (z. B. über die Vene)
Perforation Durchbruch (z. B. der Darmwand)
Pouch Ein Reservoir, das durch eine operative Verbindung von Dünndarmanteilen entsteht und den Dünndarm nach Entfernung des Dickdarms mit dem After verbindet
Proktitis Entzündung des Enddarms
PSC Primär sklerosierende Cholangitis
Pyoderma gangraenosum Hautgeschwüre als extraintestinale Manifestation einer CED
Rektoskopie Endoskopische Untersuchung des Rektums (letzter Abschnitt des Dickdarms)
Rektum Letzter Abschnitt des Dickdarms
Remission Beschwerdefreiheit/Schubfreiheit
Resorption Aufnahme von Nährstoffen aus dem Darm in den Blutkreislauf
Rezidiv Erneuter Schub
Steatorrhö Fettstühle; Ausscheidung von unverdautem Nahrungsfett über den Stuhl
Stenose Einengung des Darms als Folge vernarbender Entzündungen
Stoma Künstlicher Darmausgang
TCM Traditionelle Chinesische Medizin
TNF-alpha Tumor-Nekrose-Faktor-alpha
TSO Trichuris suis ova (Eier des Schweinepeitschenwurmes)

Professor Dr. med. Julia Seiderer-Nack

ist Fachärztin für Innere Medizin und war lange Jahre in der CED-Ambulanz im Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität München tätig.

Mehr Informationen auf:
www.mein-darm.de

Neben der klinischen Erfahrung in der Betreuung von Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa hat sie im Rahmen ihrer Habilitation zahlreiche wissenschaftliche Studien zum Thema CED veröffentlicht. Sie organisiert regelmäßig Fortbildungen und Seminare zum Thema.

Durch ihre Zusatzausbildungen auf dem Gebiet der Ernährungsmedizin, Homöopathie und Traditionellen Chinesischen Medizin hat sie in der Behandlung von CED auch ganzheitliche Therapieformen im Blick.

Inhalt

Vorwort

Der Darm – mehr als nur Verdauungstrakt

Das größte Organ des Menschen …

Wichtigster Schauplatz des menschlichen Immunsystems

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

… besser verstehen

Was versteht man unter chronisch entzündlichen Darmerkrankungen?

Was bedeutet Morbus Crohn?

Was bedeutet Colitis ulcerosa?

Was sind die Ursachen von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen?

Was genau passiert bei CED im Darm?

Was ist der Unterschied zwischen einem Reizdarm und chronisch entzündlichen Darmerkrankungen?

Was versteht man unter Fisteln?

Warum kommt es zu Engstellen im Darm (Stenosen)?

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

… und ihre Begleiterkrankungen

Was sind extraintestinale Manifestationen?

Was ist eine primär sklerosierende Cholangitis (PSC)?

Wie kommt es bei CED zu einer Anämie?

Wie kann eine Anämie festgestellt werden?

Wie kann eine Anämie therapiert werden?

Warum haben CED-Patienten ein erhöhtes Risiko für Osteoporose?

Wie kann man eine Osteoporose feststellen?

Wie kann man eine Osteoporose behandeln?

Wie kann man einer Osteoporose vorbeugen?

Wie hoch ist mein Risiko als CED-Patient, an Darmkrebs zu erkranken?

Was ist ein Gallensäureverlustsyndrom?

Was ist ein Kurzdarmsyndrom?

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

… richtig diagnostizieren

Welche Bedeutung haben die Krankengeschichte und die körperliche Untersuchung?

Was kann die Blutuntersuchung feststellen?

Warum werden Stuhluntersuchungen durchgeführt?

Was ist eine Darmspiegelung?

Wie oft brauche ich eine Darmspiegelung?

Wann ist eine Magenspiegelung sinnvoll?

Wie kann der Dünndarm untersucht werden?

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

… effektiv behandeln

Therapiekonzepte – was ist wichtig?

Welche Medikamente stehen für die Therapie eines akuten Schubes bei Morbus Crohn zur Verfügung?

Welche Therapieoptionen stehen im akuten Schub einer Colitis ulcerosa zur Verfügung?

Welche Patienten benötigen eine Langzeittherapie zum Erhalt der Remission?

Medikamentöse Therapie

Wie wirken Steroide?
Welche Langzeitnebenwirkungen sind durch Steroide zu befürchten?
Warum muss man Steroide langsam ausschleichen?
Was versteht man unter den Begriffen Steroid-Resistenz und Steroid-Abhängigkeit?
Welche Rolle spielen die Aminosalicylate in der CED-Therapie?
Welche Nebenwirkungen haben die Aminosalicylate?
Welche Rolle spielen Antibiotika?
Was versteht man unter einer immunsuppressiven Therapie bei CED?
Besteht bei der Langzeittherapie mit Immunsuppressiva ein erhöhtes Krebsrisiko?
Was muss ich bei einer immunsuppressiven Therapie beachten?
Wie lange dauert eine immunsuppressive Therapie bei CED?
Was versteht man unter Biologics?
Wie wirken TNF-alpha-Antikörper?
Was ist der Unterschied zwischen Infliximab (Remicade®) und Adalimumab (Humira®)?
Wann werden TNF-alpha-Antikörper bei CED-Patienten eingesetzt?
Welche Nebenwirkungen haben TNF-alpha-Antikörper?
Was ist vor und während einer Therapie mit TNF-alpha-Antikörpern zu beachten?
Welche Möglichkeiten der Schmerztherapie gibt es bei CED?

Operative Therapie

Wann ist bei Patienten mit M. Crohn eine Operation sinnvoll?
Wann ist bei Patienten mit C. ulcerosa eine Operation sinnvoll?
Was versteht man unter einem Pouch?
Was versteht man unter einem Stoma?

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

… unterstützend komplementärmedizinisch behandeln

Welche komplementären Heilmethoden können bei M. Crohn und C. ulcerosa hilfreich sein?

Welche Möglichkeiten bieten die Naturheilverfahren?

Was versteht man unter Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM)?

Was ist Homöopathie?

Was hat es mit den Eiern des Schweinepeitschenwurms auf sich?

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

… durch Ernährung und Lebensstil beeinflussen

Warum ist das Thema Ernährung für CED-Patienten so wichtig?

Kann eine falsche Ernährung die Ursache für eine chronisch entzündliche Darmerkrankung sein?

Was darf ich als Patient mit M. Crohn oder C. ulcerosa überhaupt noch essen?

Worauf ist bei der Ernährung zu achten, wenn es Stenosen im Darm gibt?

Wie ernähre ich mich nach der Anlage eines künstlichen Darmausganges oder eines Pouches?

Was versteht man unter den Begriffen parenterale und enterale Ernährung?

Welche Nahrungsergänzungen sind bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sinnvoll?

Was versteht man unter Probiotika und Präbiotika?

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Rauchen und CED?

Welche Nahrungsmittel enthalten viel Eisen?

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

… und die Besonderheiten bei Infektionen und Impfungen

Sind Impfungen während einer immunsuppressiven Therapie möglich?

Welche Impfungen sind bei Auslandsreisen möglich?

Wie kann ich mich ansonsten vor einer Infektion unter einer immunsuppressiven Therapie schützen?

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

… und Familienplanung, Schwangerschaft und Stillzeit

Welche Verhütungsmethoden werden bei CED empfohlen?

Können Männer und Frauen mit CED überhaupt Kinder zeugen bzw. bekommen?

Kann eine chronisch entzündliche Darmerkrankung vererbt werden?

Wann ist der beste Zeitpunkt für eine Schwangerschaft?

Müssen während der Schwangerschaft alle Medikamente abgesetzt werden?

Welche Art der Geburt wird für Schwangere mit CED empfohlen?

Können Frauen mit CED stillen?

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

… bei Kindern und Jugendlichen

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

… und die Psyche

Welche Rolle spielt die Psyche bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen?

Welche Hilfe gibt es für CED-Patienten mit psychischen Problemen?

Was versteht man unter Mind-Body-Medizin?

Welche Entspannungsverfahren können für CED-Patienten hilfreich sein?

Krankheitsbewältigung – eine große Herausforderung?

Anhang

Hilfreiche Adressen für Patienten

Weitere hilfreiche Seiten im Internet

Der europäische Toilettenschlüssel

Stichwortverzeichnis

Bildnachweis

Der Darm – mehr als nur Verdauungstrakt …

Das größte Organ des Menschen …

Mit etwa acht Metern Länge ist unser Darm das größte Organ des Menschen und wichtigster Teil des Verdauungssystems. Im Darm wird täglich Höchstleistung erbracht – im Laufe unseres Lebens werden etwa 30 Tonnen Nahrung und 50 000 Liter Flüssigkeit durch den Darm transportiert. Dabei werden lebenswichtige Kohlenhydrate, Fette, Proteine, Vitamine, Salze und Wasser über die Darmschleimhaut in den Körper aufgenommen. Gleichzeitig ist unser Darm auch die größte Kontaktfläche des Körpers mit der Umwelt und muss den Organismus vor dem Eindringen schädlicher Krankheitserreger schützen.

Der Verdauungstrakt des Menschen im Überblick.

Der menschliche Darm wird in Dünndarm und Dickdarm unterteilt, die verschiedene Aufgaben während des Verdauungsvorganges wahrnehmen. Der Dünndarm ist der längste Abschnitt des Verdauungstraktes – beim Erwachsenen beträgt seine Länge zwischen drei und sechs Metern. Er beginnt unmittelbar nach dem Magenausgang und besteht aus drei Abschnitten: dem Zwölffingerdarm (Duodenum), dem Krummdarm (Jejunum) und dem Leerdarm (Ileum) (siehe dazu Abbildung S. 5).

Fakten: Der menschliche Darm

Dünndarm

Duodenum (Zwölffingerdarm)

Jejunum (Krummdarm)

Ileum (Leerdarm)

Ileozökalklappe (Übergang)

Dickdarm (Kolon)

Coecum mit Appendix
(Blinddarm mit Wurmfortsatz)

Colon ascendens
(aufsteigender Dickdarm)

Colon transversum
(querlaufender Dickdarm)

Colon descendens
(absteigender Dickdarm)

Colon sigmoideum (Sigma)

Rektum (Enddarm)

Der Dünndarm ist der wichtigste Darmabschnitt für die Verdauung und die Aufnahme von Nahrungsbestandteilen wie Kohlenhydrate, Eiweiß und Fette. In den ersten Teil des Dünndarms, den Zwölffingerdarm (Duodenum), gelangen die Verdauungssäfte aus der Gallenblase und der Bauchspeicheldrüse. Der Name Zwölffingerdarm kommt daher, weil die Länge dieses Darmabschnittes etwa zwölf Fingerbreiten entspricht, das sind ca. 30 Zentimeter. Gemeinsam mit den Enzymen des Dünndarms sorgen die Verdauungssäfte dafür, dass der Nahrungsbrei in seine einzelnen Bestandteile zerlegt wird – also in Kohlenhydrate (z. B. aus Brot oder Nudeln), in Fettsäuren (z. B. aus Butter oder Öl) oder Eiweiß (z. B. aus Fleisch oder Eiprodukten).

Im zweiten Abschnitt des Dünndarms, dem Krummdarm (Jejunum), werden die zerlegten Nahrungsbestandteile über die Darmwand aufgenommen und gelangen über den Blutweg zur Leber, wo sie weiterverarbeitet werden und dem Körper dann als Energielieferant zur Verfügung stehen. Im dritten Abschnitt des Dünndarms, dem Leerdarm (Ileum), werden zusätzlich Vitamine, Spurenelemente und Gallensäuren aufgenommen (resorbiert).

Die Darmschleimhaut (Mukosa) bildet die innere Grenzschicht zum Darminhalt. Sie ist umgeben von der Submukosa, die Blut- und Lymphgefäße und viele Nerven enthält, und einer äußeren Muskelschicht, die den Darm in Bewegung bringt. Um die Bestandteile der Nahrung gut aufnehmen zu können, ist die innere Oberfläche des Dünndarms durch spezielle Ausstülpungen der Schleimhaut – Falten, Zotten und Mikrovilli – enorm vergrößert. Die gesamte Oberfläche des Dünndarms erreicht dabei ca. 200 m2, das entspricht etwa der Größe eines Tennisplatzes. Eine enorme Oberfläche ist also auf engstem Raum zusammengefaltet, um eine maximale Aufnahme von Nährstoffen zu ermöglichen.

Aufbau der menschlichen Darmwand.