Bibelzitate, sofern nicht anders angegeben, wurden der Schlachter Bibelübersetzung entnommen. Bibeltext der Schlachter, Copyright © 2000 Genfer Bibelgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten. Alle Bibelübersetzungen wurden mit freundlicher Genehmigung der Verlage verwendet. Hervorhebungen einzelner Wörter oder Passagen innerhalb von Bibelzitaten wurden vom Autor vorgenommen.

ELB Revidierte Elberfelder Bibel © 1985, 1991, 2006, SCM R.Brockhaus, Witten.

 Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, Copyright © 2016 Kath. Bibelanstalt GmbH, Stuttgart.

GNB Gute Nachricht Bibel, Copyright 2000 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart.

HFA Hoffnung für alle © by Biblica, Inc.®, hrsg. von Fontis.

LUT Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart.

NEÜ Neue evangelistische Übersetzung, Copyright © Karl-Heinz Vanheiden.

NGÜ Neue Genfer Übersetzung – Neues Testament und Psalmen, Copyright © 2011 Genfer Bibelgesellschaft.

NLB Neues Leben Bibel, Copyright © 2006, SCM R.Brockhaus, Witten.

Umschlaggestaltung: spoon design, Olaf Johannson
Umschlagfoto: Tonktiti / shutterstock.com
Autorenfoto: Pete Ruppert
Illustrationen: pablomfz / fiverr.com
Lektorat: Thilo Niepel, Gabriele Kohlmann
Satz: Grace today Verlag
Druck: CPI − Clausen & Bosse, Leck
Printed in Germany

1. Auflage 2018

© 2018 Grace today Verlag, Schotten
Paperback: ISBN 978-3-95933-110-4, Bestellnummer 372110
E-Book: ISBN 978-3-95933-111-1, Bestellnummer 372111

Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages.

www.gracetoday.de

Für Tine

Du bist immer mit mir
unter dem Schirm des Höchsten!

Inhalt

Vorwort

1. Geistliches Über-Leben im 21. Jahrhundert

2. Richtungsbestimmung mit dem Kompass – die Bibel und ihre Akteure

3. Grundlegende Überlebensfähigkeiten durch Anbetung

4. Auf dem Marsch zu Gott

5. Erste-Hilfe-Paket der Anbetung

6. Das Basislager der Anbetung – die Stiftshütte

7. Über-Lebensstrategien der Anbetung

8. Praxistraining

9. Schlussbemerkungen

Anhang: Wiederholung der praktischen Übungen

Worshipnetzwerk und Workshop

Literaturverzeichnis und Lesetipps

Vorwort

Interessierst du dich für eine echte und lebensbereichernde Begegnung mit Gott? Suchst du nach neuen Möglichkeiten, Gemeinschaft mit ihm zu haben? Magst du Musik? Singst du gerne Lieder zur Ehre Gottes oder bist sogar ein erfahrener Worshipmusiker? Triffst du dich mit Freunden, um über Gott zu reden, oder trägst du sogar Verantwortung mit einem Dienst in der Gemeinde? In all diesen Fällen ist dieses Buch genau für dich geschrieben! Es geht darum, der Person, die uns am allermeisten liebt und sich leidenschaftlich nach uns sehnt, auf eine authentische, der Bibel entsprechende und doch zeitgemäße Weise persönlich zu begegnen: Jesus! Lass dich dazu einladen, von Geschichten und Erfahrungen aus der Praxis zu profitieren und biblische Geheimnisse zu entdecken. Gott will dich aufleben lassen, und durch dich sollen auch andere belebt werden! Im Praxisteil des Buches hast du zudem die Gelegenheit, unterschiedliche Fragestellungen konkret zu dir und deiner Situation passend zu bearbeiten.

»Worship« ist in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend zu einer festen Größe in meinem Leben geworden. Die Auswirkungen kann ich in Beziehungen, zu Hause, im Beruf, in der Gemeinde und bei ganz alltäglichen Dingen entdecken. Durch die Anbetung Gottes werde ich beflügelt, wirklich zu leben. Wenn ich zurückschaue, erkenne ich, wie sehr ich schon früher – zunächst unbewusst – auf der Suche nach der Herrlichkeit Gottes war. Aus der Freude an Musik und einer Sehnsucht nach Gott hat sich allmählich eine robuste Beziehung mit ihm entwickelt, die sich emotional in Liedern ausdrückt, auf erstaunliche Weise durch die Bibel kultiviert wurde und mich immer stärker in die Lage versetzt hat, Barrieren in meinem Leben zu überwinden. Sie ist die Kraftquelle meines Lebens.

Worshipmusik war in meinem Leben aber auch immer wieder ein stark umkämpftes Betätigungsfeld. Nicht selten kam es mir so vor, als sollte gezielt verhindert werden, dass ich Gott auf meine persönliche Art mit Liedern lobe. Dessen ungeachtet überwogen im Rückblick immer die unverkennbaren Spuren des Segens Gottes – vielleicht weil ich mir so oft meine eigene Hilflosigkeit eingestehen musste. Sowohl im privaten Leben als auch an den Orten, an denen wir als Gemeinschaften Gott gelobt und zu ihm gebetet haben, wurde sein Segen deutlich sichtbar. In der Anbetung Gottes werden Menschenherzen auf ganz besondere Weise verändert; Sorgen und Probleme fallen ab und eine gehörige Portion Freude, Leben und Kraft wird hinzugegeben. Am Schönsten ist für mich allerdings diese innige Gemeinschaft mit Jesus! In seiner Gegenwart herrscht Friede, und ich kann mich überschäumend freuen! Menschen, mit denen ich gemeinsam Worshipmusik gespielt habe, wurden zu ganz besonderen Freunden, und auch in unserer Familie ist gemeinsamer Lobpreis immer wieder die Quelle großer Freude.

Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass mein Herz für Anbetung brennt! Das hätte mich jedoch normalerweise nicht automatisch auf die Idee gebracht, ein Buch darüber zu schreiben. Wieso auch gerade ich? Da gäbe es doch bestimmt noch ganz andere Kaliber. Anstatt mich mit Selbstzweifeln zu plagen, habe ich aber entschieden zu bekennen, dass genau solche Möglichkeiten, wie zum Beispiel dieses Buch hier zu schreiben, Auswirkung der unverdienten Gunst Gottes sind! Gott führte mich geradewegs an diesen Punkt. Durch meine langjährige Arbeit als Worshipleiter hatte ich schon einige Erfahrung, sowohl in der geistlichen und musikalischen Vorbereitung als auch in der Durchführung von Anbetungszeiten, wobei wir manches Mal auch aus Fehlern lernen und langwierige Prozesse durchstehen mussten. Gelegentliche Workshops oder Kleingruppenphasen zur Thematik halfen dabei, Strukturen zu bilden, und weckten die Lust, die erlebten heilvollen Begegnungen mit Gott auch für andere leichter zugänglich zu machen. Eigentlich habe ich mich aus Leidenschaft für Jesus immer stärker danach ausgestreckt, Zusammenhänge besser zu verstehen und eine tiefere Beziehung zu ihm aufzubauen. Nachdem ich die Worshipzeit beim Grace-Festival 2017 (einer Veranstaltung des Grace today Verlags zur Ehre Gottes für sein kraftvolles Wirken durch die veröffentlichten Bücher) mit einer tollen Band geleitet hatte, war es, als würde Gott plötzlich eine Tür aufstoßen. Wir hatten mit großer Freude Gott angebetet, ungeachtet jeglicher kirchlich-religiöser Hintergründe, und erlebten Gottes Liebe und Freiheit. Bei einem gemütlichen Kaffee fragte Gerald Wieser, der Verlagsinhaber, mich dann, ob ich mir vorstellen könne, eine kleine Einleitung zum Thema Worship, zum Beispiel für ein CD-Booklet, zu schreiben. Ich reagierte positiv darauf, weil ich mir wirklich wünsche, dass viel mehr Menschen erleben, wozu die Anbetung uns freisetzen und beflügeln kann.

Wie üblich fragte ich Gott, wie ich diesen Text anfangen solle. Und dann kam alles anders! Ich hörte sehr konkret, dass ich zu unserem großen Bücherregal gehen solle. Dort zeigte Gott mir ein spezielles Buch. Irgendwie war klar, welches Buch er meinte, als wäre ein Scheinwerfer darauf gerichtet gewesen. Als ich es aus dem Regal zog, war ich allerdings sehr überrascht. Sein Titel war »US Army Survival Handbuch«. Meine Frau hatte mir das Buch wegen meiner großen Leidenschaft für Wanderungen vor Jahren geschenkt und ich hatte auch gezielt einzelne Abschnitte gelesen, aber das war wirklich schon lange her. Dann hörte ich eine ganz deutliche Stimme in meinem Kopf, die sagte: »Mach es genauso!« Wenn Gott so direkt spricht, habe ich mir angewöhnt, mich erst einmal ohne Widerrede darauf einzulassen. Zu oft hatte sich daraufhin schon überraschender Erfolg eingestellt. Als ich das Inhaltsverzeichnis durchblätterte, fiel es mir dann wie Schuppen von den Augen. Die Überschriften machten plötzlich völlig Sinn und eine Idee von dem, was Gott meinte, keimte in mir auf. Alles, was ich bisher gemacht und gedacht hatte, meine Ausbildung und verschiedenen Berufe, die Arbeit in der Gemeinde und überregional fügten sich zu einem Gesamtbild zusammen.

Da ein Familienurlaub auf La Palma anstand, nahm ich mir vor, dort meinen Inspirationen nachzugehen. Immer wenn alle schliefen oder aus anderen Gründen Ruhepausen entstanden, nahm ich Zettel und Stift und schrieb einfach drauflos. Was dann folgte, kann ich nur als »Flow« bezeichnen. Irgendwie passte alles zusammen, und ich habe wohl jetzt schon am meisten von allen davon profitiert, weil ich mir über vieles bewusst werden musste und plötzlich Strukturen erkennen konnte. Es war, als würde man seinen Schreibtisch aufräumen und plötzlich entdecken, welche Schätze da eigentlich drauf liegen. Das meine ich mit der unverdienten Gunst Gottes. Sie beflügelt uns einfach, Dinge zu tun, die wir zuvor nicht für möglich gehalten hätten! Da ich gerne lese, waren und sind meine Gedanken natürlich auch von den verschiedensten Autoren, Lehrern und Vorbildern geprägt, deren Erkenntnisse auch bewusst mit in dieses Buch einfließen. So entstand auf diesem Weg eine besondere Zusammenstellung. Ich glaube fest, dass Gott durch dieses Buch auf unterschiedliche Art und Weise Leben freisetzen möchte, und bete dafür, dass du heute davon profitierst.

Ohne die Unterstützung verschiedenster Menschen wäre die Arbeit an diesem Buch aber niemals möglich gewesen. An dieser Stelle möchte ich den wichtigsten Personen kurz dafür danken! Tine ist die wundervollste Ehefrau, die ich mir vorstellen kann. Sie steht immer zu mir, hält mir immer wieder den Rücken frei und liebt mich auf diese unverwechselbare Art und Weise. Die Substanz dieses Buches hat sich in meinem Leben mit dir herausgebildet! Unsere drei Kinder Antonia, Claudio und Domenico sind die Freude unseres Lebens und sie machen uns wirklich stolz! Auch die restlichen Mitglieder unserer beiden Familien sind immer für uns da und bereichern unser Leben! Gerald Wieser ist ein konstanter Lichtpunkt in meinem Leben, der mich schon seit über einem Jahrzehnt ermutigt, mitreißt und segnet und durch den Gott auf eine besonders kraftvolle Weise spricht. Er war mein Gegenüber in der Vorbereitung des Buches und ich habe ihm dabei viel zu verdanken! Es gab außerdem etliche Menschen, die ich als die geistlichen Väter meines Lebens bezeichnen würde: Uli Schröder, Uli Probst, Hans Peter Royer und Benji Morf. Sie alle sind die Männer, mit denen ich entscheidende geistliche Umbrüche erlebte. Außerdem gibt es eine ganze Reihe von Menschen, die ich als glaubensstärkende Freunde bezeichnen würde, die ich hier nicht alle nennen kann. Vielen Dank! Auf eine unglaublich feinfühlige und tiefgründige Weise haben Thilo Niepel und Gabriele Kohlmann die Texte lektoriert und ich bedanke mich in aller Form für diese großartige Arbeit.

1.

Geistliches Über-Leben im 21. Jahrhundert

Es gibt Hoffnung für dich und mich! In meinem Beruf als Lehrer an einer Integrierten Gesamtschule komme ich täglich mit tollen jungen Menschen ins Gespräch, die enormen Belastungen ausgesetzt sind. Sie haben diese Sehnsucht nach echtem Leben, die sich scheinbar nur schwer stillen lässt. Vielleicht kennst du dieses Gefühl ja. Es bewegt mich und macht mich zugleich traurig, welche Kämpfe in Familien, unter Freunden und aufgrund des gesellschaftlichen, beruflichen und schulischen Erwartungsdrucks gekämpft werden. Selbst in Kirchen bleiben wir davon nicht verschont. Dabei sind wir wissenschaftlich und technisch auf dem höchsten Stand aller Zeiten. Aber die Fülle der uns heute zur Verfügung stehenden Informationen überfordert uns auch schnell und ist kaum noch überschaubar. Von allen Seiten prasseln gegensätzliche Aussagen auf uns ein. Wo ist es nun, dieses »echte Leben«? Wie können wir im 21. Jahrhundert noch geistlich überleben?

Ich behaupte, es gibt eine Lebensform, die dem gewöhnlichen Leben weit überlegen ist, also ein »Über-Leben«. Das war damals, zur Zeit der ersten Christen so, ist heute so und wird sich auch in Zukunft nicht ändern! Es ist ein Leben, das von Hoffnung geprägt ist. Es gibt nämlich diese Hoffnung, die weit höher ist, als unsere Vernunft! Sie kommt mit geballtem Frieden daher (siehe Phil 4,7) und will uns vollkommen befreien. Als Jesus zu seinen Jüngern von dieser Freiheit sprach, erklärte er ihnen, dass sie durch seine Worte die Wahrheit erkennen werden, und diese Wahrheit sie frei machen werde (siehe Joh 8,32). Es ist eigentlich gar nicht so kompliziert: Jesu Worte hören, die Wahrheit erkennen und dann frei sein! Es wurden schon viele christliche Bücher geschrieben und ich bin froh, dass diese grundlegende Wahrheit immer wieder durchdringt: Gott liebt dich und mich!

Halte einfach einen Moment inne und sauge diesen Gedanken noch einmal ganz langsam und mit allen damit einhergehenden Emotionen auf: Gott liebt dich und mich so sehr, dass er seinen einzigen, geliebten Sohn, der gemeinsam mit ihm Milliarden von Galaxien bis ins kleinste Detail geplant und erschaffen hat, darunter auch die Erde mitsamt ihren Naturgesetzen und einzigartigen Lebewesen, zu uns gesandt hat, um auf diesem winzigen Planeten als noch viel winzigeres und verletzliches Geschöpf Mensch ein beispielloses Leben zu führen und sich an unserer Stelle für unsere Schuld hinrichten zu lassen (siehe Joh 3,16–17)! Ist das nicht unbegreiflich? Gott ist ein gnädiger Gott, das ist wirklich wahr! Wir können das Maß der Gnade, mit dem er dich und mich gerecht spricht, unmöglich noch durch unser eigenes Verhalten steigern (siehe Hebr 10,12.14)!

Das wäre so, als würde der Besitzer der edelsten Gitarrensammlung der Welt mir liebevoll mein Trauminstrument schenken, weil er etwas in mir sieht, das ich vielleicht noch nicht sehe. Anstatt die Gitarre zu nehmen und glücklich damit zu spielen, verkrampfe ich aber. Ich versuche herauszufinden, welche Musik dieser Gönner mag und spiele fortan nur noch Musik, die ich als seine Lieblingsmusik vermute. Dabei liegt mir diese Art von Musik nicht wirklich und ich spiele uninspiriert und weit unter meinem Niveau. Weil mir das selbst auffällt, will ich ihm auf keinen Fall unter die Augen treten, bevor ich nicht viel besser spielen kann. Dazu stelle ich mir Regeln auf, quäle mich und verurteile mich selbst für mein Unvermögen. Bei all dem Stress, den ich dabei erlebe, vergesse ich völlig, dass dieses Geschenk aus freien Stücken und mit einer liebevollen Zuneigung überreicht wurde. Es gab keine Bedingungen oder Auflagen, kein Kleingedrucktes und keine Fallen! Im Gegensatz zu all meinen Befürchtungen war das Geschenk dazu gedacht, mein Potenzial zu fördern, mir Mut und Hoffnung zu machen, zu sehen, was er in mir sieht. Der Gönner wollte sich gerne mit mir treffen, um sich gemeinsam der großen Liebe zur Musik hinzugeben. Mir war nicht klar, dass er der beste Gitarrenlehrer aller Zeiten ist und seit Langem darauf wartet, mir endlich einige seiner besten Motive auf der Gitarre beizubringen.

Was, wenn Gott wie dieser Gönner ist? Was, wenn er schon lange darauf wartet, dir und mir ein kostbares »Instrument« zu schenken, das Hoffnung, Freiheit und Friede heißt, und uns zeigen will, wie wir für unser Leben und das unserer Mitmenschen davon profitieren können? In 1. Timotheus 1,1 sagt der Apostel Paulus, dass Jesus diese Hoffnung ist und er uns Freiheit und Friede bringt – Friede im Inneren und in unseren Beziehungen, Stärkung in Momenten der Hilflosigkeit und Heilung für unseren Körper. Doch dieses Geschenk kann nur durch Gnade empfangen werden. Jesus hat von sich gesagt: »Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich« (Joh 14,6 ). Jesus verkörpert diese Gnade. Mit seinem Tod am Kreuz hat er uns freien Zugang in die Gemeinschaft mit dem Vater ermöglicht und in seiner Auferstehung schenkte er uns neues – ewiges – Leben, indem er zu unserer Gerechtigkeit wurde. Diese Wahrheit von der Gnade Gottes sollten wir nicht als christliches »Anfängerwissen« abtun. Sie ist vielmehr die Substanz für jede Begegnung mit Gott und die Basis für unser Über-Leben – auch heute, im 21. Jahrhundert. Und durch seinen Geist, den er in uns gelegt hat, können wir die Früchte dieses neuen Lebens schon jetzt genießen.

In einem Buch von Joseph Prince habe ich gelesen, was dieser über unsere Gerechtigkeit in Christus schreibt. Von ihm habe ich übernommen, zu mir selbst zu sagen: »Ich bin die Gerechtigkeit Gottes in Christus!« (siehe 2Kor 5,21). Zuerst kam mir das etwas ungewohnt und sogar komisch vor. Schließlich bin ich bei Weitem nicht fehlerlos. Mir wurde aber klar, dass Gott mich stets durch die Gerechtigkeit, die Jesus für mich erworben hat, sieht. Und je mehr ich daran glaubte und es auch selbst aussprach, desto stärker wurde der Friede Gottes für mich spürbar, und ich konnte leichter schlechte Gewohnheiten ablegen.

Wenn wir uns dieser Wahrheit der Gnade Jesu bewusst werden, wollen wir das emotional im Einklang mit dem Heiligen Geist zum Ausdruck bringen, was in der Anbetung geschieht – also beim »im Geist und in der Wahrheit anbeten« (Joh 4,23). Trotzdem ist es auch eine körperliche Handlung, weil es an einem Ort der sichtbaren Welt stattfindet. Anbetung beginnt immer beim Kreuz! Wir nehmen also diese geschenkte Gitarre und spielen aus Liebe unsere schönsten Lieder. Manchmal spielen wir vielleicht auch nur einen einzelnen Ton – und staunen über diesen lebendigen Klang mit all seinen Farben. Manchmal spielen wir vielleicht gar nicht und lassen unser Herz einfach in Liebe pulsieren. Ein anderes Mal hören wir vielleicht eine dieser wundervollen Melodien und Harmonien Gottes und versuchen sie nachzuspielen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Lebensstil der Anbetung eine Lebensweise hervorruft, die von Hoffnung geprägt ist und die wiederum unser Über-Leben sichert. Anbetung hat viele Facetten, grundlegend ist aber die Liebe zu Jesus. Die Erfahrung zeigt, dass ich aus Zeiten der Anbetung gesegnet, gestärkt, autorisiert, ermutigt und hoffnungsvoll herausgehe, um das Licht Jesu in der Welt scheinen zu lassen.

In den vergangenen Jahren hatte ich in unserer Kirche das Amt eines Ältesten inne. Als geistliche Leitung der Gemeinde haben wir für uns eine Definition von Glaube ausgearbeitet.

G. L. A .U. B. E. bedeutet für uns:

Gnade als Grundlage unseres Lebens

Lebensfreude und Freiheit als Lebensstil

Aufblühen in Geist und Gemeinschaft

Unterwegs zu sinnerfüllten Zielen

Begeistert von Gott und seinen Werken

Ermutigt, in Christus zu leben

In den nächsten Kapiteln wollen wir erkunden, wie diese Wahrheit ihren praktischen Ausdruck in der Anbetung finden kann.

2.

Richtungs­bestimmung mit dem Kompass – die Bibel und ihre Akteure

Die Bibel ist Gottes Liebesbrief an uns. Sie enthält Offenbarung um Offenbarung, wir müssen sie nur noch für uns entdecken. Vor etlichen Jahren führten meine Frau Christine und ich ein Projekt mit dem Namen »Wortschatz, die Mitmachbibliothek« durch. Wir hatten selbst erlebt, wie uns ein Schweizer Pastorenehepaar, Daniela und Benji Morf, völlig unverhofft und unabhängig voneinander jeweils ein Buch auf einer Party in der Schweiz schenkten, nachdem wir lange Gespräche über unseren Glauben geführt hatten und feststellen mussten, dass sie, sofern sie die Wahrheit sagten, Dinge mit Gott erlebten, die für uns damals schier unvorstellbar waren. Diese Bücher und weitere Treffen haben unser Leben nachhaltig verändert. Wir erlebten, dass es tatsächlich viele Kanäle hin zu Gott gibt, wie Richard Foster es einmal in seinem Buch »Viele Quellen hat der Strom« formulierte. Wenn einmal einer dieser Kanäle verstopft ist, habe ich noch andere Möglichkeiten, in die Gegenwart Gottes zu treten. Das Erlebte nahmen wir zum Anlass, besonders wertvolle Bücher mit Menschen aus dem Ort und der Gemeinde kostenlos zu teilen und darüber ins Gespräch zu kommen. Im Zuge dieser Arbeit luden wir Reinhard Kannenberg von der Bibelliga Deutschland zu einem Vortrag ein. Abends sprachen wir noch lange darüber, wie in Jesus das Wort zu Fleisch geworden ist (siehe Joh 1,14). An diesem Abend wurden mir die Augen dafür geöffnet, wie viel mehr mit mir passieren konnte, wenn ich Bibellesen anders praktizierte, nämlich mit einer anbetenden Haltung und der Erwartung, dass die Wahrheit seines Wortes auch in mein Fleisch übergeht. Es ist ein Mysterium, aber ich kann einen Text lesen, den ich schon am Tag zuvor gelesen habe, doch heute lasse ich es zu, dass Gott seine Wahrheit in mich hineinlegt.

Ich bin der festen Überzeugung, dass Gott der Vater von Anfang an auf Jesus hinweisen wollte – indem er Menschen inspirierte, die Schriften der Bibel zu schreiben. Alles deutet auf ihn hin, und nur wenn wir die Bibel auf die Person Jesu hin auslegen, können wir sie überhaupt verstehen. Die Bibel mit Jesus im Fokus gelesen – das ist unsere Richtschnur in sämtlichen Fragen des Glaubens. Lass uns also einige Kostproben von ihr im Blick auf das Thema Anbetung nehmen, um zu verstehen, welch große Bedeutung ihr durch die Geschichte der Menschheit hindurch zukommt.

Die Anbetung des Namens Gottes beginnt in der Bibel mit der Erkenntnis von Adam und Eva, dass Gott sie trotz allem noch liebt und es gut mit ihnen meint. Spulen wir ein wenig in der Geschichte zurück, um den Zusammenhang zu verstehen: Am Anfang hat Gott die Welt mit allem, was lebt, erschaffen, und er schuf den Menschen zu seinem Ebenbild. Der Mensch ist in der Lage, sein Leben sinnhaft, zielgerichtet, emotional und kreativ zu gestalten. Gott wollte, dass er seinen Inspirationen folgt, eine Lebensmelodie komponiert, und er wollte sich gemeinsam mit ihm daran erfreuen. Die darin enthaltene Freiheit wurde allerdings zum Stolperstein. Mit dem sogenannten Sündenfall erfolgte als Konsequenz der Ausschluss aus dem Garten Eden, also aus der unmittelbaren Gegenwart Gottes. Hier wird schnell klar, dass Gott von Anfang an die Freiheit der eigenen Entscheidung als grundsätzliche Voraussetzung für das Zusammenleben mit ihm festlegt. Das ist heute noch so. Keiner muss Gott anbeten, weder Christen noch sonst eine Person. Adam und Eva entschieden sich dagegen, die Gegenwart Gottes als den besten Ort anzusehen. Die Folge davon waren Angst, Scham und – im weiteren Verlauf – der durch ihren erstgeborenen Sohn verübte Mord am kleinen Bruder.

Auch in diesem Konflikt ging es um die Gegenwart Gottes. Diese ersten Menschen hatten angefangen, Gott Opfer zu bringen, ihr Gewissen hatte eingesetzt, und schon damals gingen die Menschen hiermit unterschiedlich um. Es wird nicht genau berichtet, wieso Gott Abels Opfer positiver ansah als das von Kain, aber vielleicht ist die Beobachtung von Joseph Prince nicht unerheblich, dass Kains Opfer das Ergebnis eigener harter Arbeit und damit Teil des Fluches (1Mo 3,17) war. Es liegt außerdem der Gedanke nahe, dass es mit der jeweiligen Herzenshaltung zu tun gehabt haben könnte. Kain musste die Familie verlassen (übrigens schützte Gott sogar das Leben des ersten Mörders der Menschheitsgeschichte). Erst als Eva noch ein weiterer Sohn geschenkt wurde, Set, der dann mit seiner Familie bei ihnen lebte, »begannen die Menschen, den Herrn anzubeten« (1Mo 4,3 NLB). Anbetung war von Anfang an die Reaktion auf das gnädige Handeln Gottes am Menschen. Schon die ersten Menschen merkten, dass Gott sie immer noch liebte, obwohl sie ihm den Rücken zugekehrt hatten. Er erwies ihnen seine Gunst, indem er ihr Geschlecht weiter bestehen lassen wollte. Nur durch Gottes Gnade kam es zur ersten wirklichen Familie. Gott setzte sich leidenschaftlich für sie ein und Gnade bestimmte sein Handeln.

Auch im weiteren Verlauf der biblischen Geschichte entscheiden sich die Menschen immer wieder gegen die Gemeinschaft mit Gott. Es muss furchtbar frustrierend sein, immer wieder abgewiesen zu werden! Aber Gottes Liebe war immer schon größer als jeder Frust. Er fand immer wieder Personen, die sich auf ihn einließen, und er kommunizierte und hatte Gemeinschaft mit ihnen. Durch sie wollte er auch die Einladung an die restlichen Menschen aussprechen, sich von ihm lieben zu lassen. Er begann mit einem einzelnen Volk und meinte doch schon immer alle Menschen.

Ich will an dieser Stelle nur einige bedeutende Namen nennen. Sicher werden sie dir bekannt sein, aber wir wollen uns einmal auf die Auswirkung ihrer Anbetung konzentrieren. Abraham, der Stammvater vieler Völker, geriet völlig unverhofft in einen lebenslangen Dialog mit Gott. Gott sah, dass Abraham ihn liebte und an ihn glaubte, »und das rechnete Er ihm als Gerechtigkeit an.« (1Mo 15,6). Trotz aller Schwächen und Fehler sieht man bei Abraham den Lebensstil der Anbetung in den wiederkehrenden Dialogen. So bereitete er dem Herrn ein Ehrenmahl, als der vor dem erschütternden Ereignis von Sodom und Gomorra zu Besuch kam und sich danach sogar von Abraham penetrant bitten ließ. Abraham, der zu jener Zeit ja noch Abram hieß, vertraute Gott darüber hinaus das Leben seines Sohnes Isaak an, und zwar ohne Vorbehalte, mit Haut und Haar. Abraham prägte alle Menschen, die seinen Weg kreuzten, wie beispielsweise seinen Diener, mit dem Lebensstil der Anbetung. Das kann man im Fortgang der Erzählung nachlesen.

In der ganzen Geschichte schwingt eine besondere Hoffnung mit, die Abraham den nächsten Schritt im Vertrauen auf Gott gehen lässt. Auch Jakob, Abrahams Enkelsohn, ein Betrüger, wie er im Buche steht, erlebt auf der Flucht vor seinem ums Erbe betrogenen Bruder Esau Gottes Gegenwart auf besondere Weise. In einem Traum erscheint ihm Gott mit seiner übernatürlichen Liebe, er sieht Engel, die geschäftig zwischen Himmel und Erde auf- und absteigen, und erhält Gottes reichen Segen. Gott selbst stellt sich ihm vor. Als Jakob erkennt, wie sehr sich Gott um ihn kümmert und für die Menschheit einsetzt, ändert sich sein ganzes Leben. Er errichtet einen Stein der Anbetung als Denkmal und sagt: »Hier ist wirklich das Haus Gottes, das Tor des Himmels.« (1Mo 28,17 NEÜ). Das bedeutet ihm alles. Auch später wird klar, dass er sich schwierigen Situationen nur noch mit der Gewissheit über Gottes Segen entgegenstellen will.

So könnten wir jetzt die ganze Bibel durchgehen und würden überall das gleiche Muster erkennen. Josef erlebt Visionen von Gott, die ihn ermutigen, Wagnisse im Vertrauen auf Gott einzugehen. Durch Josef wird das gesamte Zentrum der damaligen Welt gesegnet. Mose erlebt Gottes Gegenwart zuerst in einem endlos brennenden Dornbusch und pflegt eine derart tiefe Beziehung mit Gott, dass er »der Freund Gottes« (siehe 2Mo 33,7–11) genannt wird. Und auch er leuchtet im wahrsten Sinne des Wortes als Gottes Licht in der Welt, legt sich mit dem mächtigsten Mann der damaligen Welt an, befreit sein gesamtes riesengroßes Volk, erlebt unglaubliche Wunder und veranlasst den Bau der Stiftshütte, die die Gegenwart Gottes unter die Menschen bringt. Später war es dann beispielsweise David, der von Gott »ein Mann nach meinem Herzen« (Apg 13,22 NLB) genannt wird. Im Vertrauen auf Gott besiegt er Riesen, gewinnt Kriege und wird auf der Flucht vor dem König immer wieder bewahrt. David vertreibt mit seinem Harfenspiel böse Geister und begründet mit seinen Liedern und Instrumenten eine neue Kultur der Anbetung in der Gegenwart Gottes. Er holt die Bundeslade in seine Stadt und sagt, dass er lieber einen Tag in den Vorhöfen des Tempels, also in der Gegenwart Gottes, verbringen möchte, als 1000 andere Tage zu erleben (siehe Ps 84,11). Dabei ist David nicht einmal Priester und darf nicht in das Allerheiligste.

Außerdem wird in der Bibel von vielen Sehern, Propheten und Prophetinnen erzählt, die mit Gott kommunizierten. Alle diese Personen wurden durch die Gegenwart Gottes bereits unter dem alten Bund grundlegend verändert. Der Heilige Geist kam immer wieder über sie und Gott segnete sie. Das machte sie so stark, dass sie Gottes Licht in der Welt leuchten lassen konnten.